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Joeseph 12.07.2017 13:38

Psychisch erkrankte Frau, Zwangseinweisung?
 
Hallo,

ich bin Ehemann einer psychisch erkrankten Frau (50 Jahre), die in den 5 Jahren ihrer Erkrankung weder Krankheitseinsicht (hält sich für verflucht) noch entsprechend angepasstes Verhalten zeigt, d.h. da die verschriebenen Medikamente/Therapien den Wahn nicht durchbrechen, so weigert sie sich die Medi's zu nehmen bzw nach wenigen Wochen Akut-Klinikaufenthalt (2-3 Mal im Jahr) verlässt sie diese auf eigenen Wunsch. Der Alltag mit ihrer Krankheit ist sehr sehr nervenaufteibend da der Wahn ihr ganzes Denken beansprucht (sie ist deswegen auch Erwerbsunfähig und nicht in der Lage einen eigenen Haushalt zu führen, da ausgeprägtes Grübeln, Passivität usw keinen strukturierten Alltag ermöglichen).

Welche Möglichkeiten gäbe es z.B. durch eine rechtliche Betreuung (zur Zeit führe ich alle ihre Aufgaben und Pflichten) eine 'Zwanseinweisung' in eine Psychiatrie durch zu führen. Meine Hoffnung ist dass durch einen längeren Klinikaufenthalt und damit eine längere, kontrollierte Therapie, es nicht doch besser werden könnte? Sie ist weder fremd- noch eigengefährdend, nur 'verwahrlost'.

Danke. Joe

michaela mohr 12.07.2017 13:48

Zitat:

Welche Möglichkeiten gäbe es z.B. durch eine rechtliche Betreuung (zur Zeit führe ich alle ihre Aufgaben und Pflichten) eine 'Zwanseinweisung' in eine Psychiatrie durch zu führen.
Das hängt immer sehr von der jeweiligen Situation und dem Krankheitsbild ab.

Eine rechtliche Betreuung könnte dich auf jeden Fall auch erst mal von der Grübelei: was ist richtig, was ist falsch, was könnte ich sonst noch tun, entlasten.

Mein Vorschlag wäre, dass du mal intensiv im Forum in den verschiedenen Bereichen liest. Dort tauchen immer wieder ähnliche Fragen und Probleme wie deines auf und du hättest so eine erste Orientierung.
Ich will dich nicht abwürgen, du kannst zu jeder Zeit weiterfragen wenn etwas unklar erscheint.

Imre Holocher 12.07.2017 18:22

Moin Joseph

Wenn du bisher alle Sachen für zw. auch mit ihr regelst, dann ist dach schon einmal gut. Falls es dazu eine Vollmacht geben sollte, würde diese eine Betreuung überflüssig machen, weil Du dürftest dann auch in dem Fall stellvertretend handeln, wenn Deine Frau krankheitsbedingt selber keine Entscheidung fällen kann.

Was Unterbringungen angeht:
Wenn Deine Frau bereit ist freiwillig ins Krankenhaus zugehen, ist alles gut. Du kannst sie nicht gegen ihren Willen unterbringen ohne zum Betreuer bestellt zu sein (Aufgabenbereiche Gesundheit und Entscheidung über die Unterbringung).

Unterbringungen gegen den Willen Deiner Ehefrau können Euer Eheleben ganz gewaltig belasten. Früher oder später steckst Du selber mit drin in dem Wahnsystem und Deine Frau wird Dir die Schuld an all ihrer Miesere anlasten. Nicht gut...

Du kannst Dir aber überlegen, ob Du den nervigen Part der Unterbringung an einen externen Betreuer abgibst. Damit bist Du schon mal aus der Schusslinie.
Diese Rolle habe ich schon mehrfach übernommen und die jeweiligen Ehesituationen konnten sich deutlich entspannen.

MfG

Imre

agw 12.07.2017 18:32

Zitat:

Du kannst sie nicht gegen ihren Willen unterbringen ohne zum Betreuer bestellt zu sein (Aufgabenbereiche Gesundheit und Entscheidung über die Unterbringung).
Ist m.E. so ausschließlich nicht ganz richtig. Falls eine Vollmacht bereits vorliegen sollte kann der Vollmachtnehmer natürlich auch unterbringen. Er benötigt dann jedoch trotzdem die betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1906 Abs.5 BGB.

Imre Holocher 12.07.2017 22:13

Moin moin

Sofern eine entsprechende Vollmacht vorliegt, ist das natürlich richtig.
Aber auch bei einer ausreichenden Vollmacht muss man sie die gerichtliche Genehmigung zur Unterbringung gegen den Willen einholen. (Wird gerne auch mal übersehen oder vergessen und ist gar nicht komisch...)

MfG

Imre

Pillusch 12.07.2017 23:57

stimmt das Überhaupt sieht so aus als ob sich das jemand
Ausdenkt um jemanden unter Betreuung zu bekommen . . .

MfG
Thomas Pillusch

Annegret 13.07.2017 01:31

Zitat:

Sie ist weder fremd- noch eigengefährdend, nur 'verwahrlost'.
Gegen den Willen der betroffenen Person wird ein gesetzlicher Betreuer oder Bevollmächtigter eine gerichtliche Genehmigung zur Unterbringung in einer Klinik oder Zwangsmedikation nur bekommen, wenn eine erhebliche Selbstgefährdung vorliegt.

Zitat:

Der Alltag mit ihrer Krankheit ist sehr sehr nervenaufteibend da der Wahn ihr ganzes Denken beansprucht (sie ist deswegen auch Erwerbsunfähig und nicht in der Lage einen eigenen Haushalt zu führen, da ausgeprägtes Grübeln, Passivität usw keinen strukturierten Alltag ermöglichen).
Es reicht nicht, dass die betroffene Person durch die fehlende Behandlung keine Lebensqualität hat. Soweit die von dir bezeichnete "Verwahrlosung" nicht eine erhebliche Selbstgefährdung mit sich bringt (z.B. mangelnde Nahrungsaufnahme etc.) gibt es keine Möglichkeit zur Unterbringung.

Ich habe derzeit auch eine Betreute mit einer unbehandelten Wahnerkrankung unter der sie selbst sehr leidet. Eine Selbstgefährdung liegt aber (noch) nicht vor, so dass ich ihren unglücklichen Zustand aushalten muss.

Die bestehenden Gesetze dazu finde ich eigentlich sinnvoll und richtig. Andererseits würde ich mir aber für mich wünschen, dass mir jemand gegen meinen Wilen eine Glückspille in den Tee tut, wenn ich so leide.

Im Moment sehe ich nur die (geringe) Möglichkeit, deine Ehefrau durch Überzeugungsarbeit für eine Medikation zu gewinnen. Kannst du einen sozialpsychiatrischen Dienst hinzuziehen, der Hausbesuche macht und sie unterstützt? Manchmal sind Außenstehende erfolgreicher, weil es keine private Beziehungsvermischung gibt.

In deinem Beitrag klingt an, dass du mit der Situation sehr belastet bist. Vielleicht wäre es gut, die rechtliche Betreuung "auszulagern" (oder Teile davon), damit du mehr Kraft hast für dich und die Alltagsunterstützung deiner Frau?

LG Annegret

Joeseph 17.07.2017 14:40

Danke fuer die zahlreichen Antworten.

Ein paar Eckpunkte zu den Rahmenbedingungen: die Ehe ist praktisch gescheitert, es besteht von meiner Seite aus keinerlei Interesse mehr an einer Fortfuehrung, ich habe resigniert und aus Selbstschutz mich emotial getrennt (raeumliche Trennung weitgehend, unter Woche ziehe ich es inzwischen vor Ort auswaerts, in der Naehe des Arbeitsplatzes, zu uebernachten) der Rest es ist ein leidliches Nebeneinander. Wenn es nicht noch ein kuschelbedueftiges Kind/Jugendlichen gaebe dann waere die Trennung da, aber so moechte ich Kind/Jugendlichen nicht vor die schmerzhafte Wahl stellen (Papi vs Mami; wobei Mami selbst sagt das sie nicht in der Lage ist sich um irgendjemand zu kuemmern).

Sozialpsychiatrischer Dienst nicht wirklich hilfreich, die 1-2 Stunden woechentlicher Besuch bringt nichts, eine Therapie haben die auch nicht. Es gab auch keine Unterstuetzung bei den Erziehungsaufgaben seitens Jugendamt, so lange ich das einiger massen allein hin bekomme koennen die auch nicht helfen. Es gab mal zwischenzeitlich eine ambulante Medikamentenaufsicht, aber auch nach wenigen Wochen nicht verlaengert worden. Das Gesundheitssystem hat hier, neben anscheinend fallbezogen weitgehend wirkungslosen Medikamenten, auch keine weiteren Therapien bieten zu wollen. In den Jahren zuvor gabs viele, teils monatelange Versuche mittels diverser Kliniken und zahlreicher Therapien (Aerzte, Psychiater, ... Geistheiler, teils privat finanziert) , alles ohne bleibenden Erfolg. Seit 5 Jahren glaubt sie ihren Wahn dass sie verflucht ist.

Da eine Zwangsunterbringung zwecks therapeutischer Behandlung nicht moeglich ist bleibt mir nichts anderes uebrig als noch 1-2 Jahre auszuhalten bis Kind/Jugendliche aus dem Kuschelalter draussen sind und, wie die aelteren Geschwister, eine Trennung von sich aus nachfragen.

Dann kommt das uebliche Verfahren, Scheidung und getrennte Wege, moege sich die Sozialindustrie dieses Schicksal verwaltend uebernehmen, ich kann und will es nicht mehr. Da sie auch nicht in der Lage ist sich um die anfallendenden Formalitaeen/Schriftverkehr zu kuemmern wird dann frueher oder spaeter auch die rechtliche Betreuung auf sie zu kommen.

Die 'paar' Aufgaben, die ich bisher als Ehemann 'nebenbei' fuer sie verwalte (Rechnungen, Schriftverkehr Behoerden usw), machen den Kohl auch nicht fett bzw sind keine Mehrbelastung da ich diese Entscheidungen im Rahmen der Ehe-Gemeinschaft sowieso zu klaeren habe, eine dritte Partei im Form einer rechtlichen Betreung sind da kostenaufwendig und zeitlich sehr ineefizient. Das klaere ich dann direkt mir selbst. Ich braeuchte eher Unterstuetzung durch eine Haushaltshilfe und Kinderbetreuung incl Fahrdienste (ggfs rund um die Uhr, inc Wochenende), das was Hausfrauen und Muetter eben so leisten.

Nimmt's mir nicht uebel. Danke.

Sohn55 22.07.2017 03:34

Zitat:

Zitat von Joeseph (Beitrag 106257)
(...) Sie ist weder fremd- noch eigengefährdend, nur 'verwahrlost'.

(..)

Dann besteht (mE zu Recht) auch keine Grundlage für eine Zwangseinweisung. Zudem müsste für eine Zwangseinweisung nach PsychKg auch Geschäftsunfähigkeit (komplett mangelde Einsicht in die Kranheit) vorliegen.

"Verwahrlosung" ist kein Einweisungsgrund, das Recht dazu hat jeder.

Sohn55 22.07.2017 03:44

Zitat:

Zitat von Imre Holocher (Beitrag 106276)
Moin moin

Sofern eine entsprechende Vollmacht vorliegt, ist das natürlich richtig.
Aber auch bei einer ausreichenden Vollmacht muss man sie die gerichtliche Genehmigung zur Unterbringung gegen den Willen einholen. (Wird gerne auch mal übersehen oder vergessen und ist gar nicht komisch...)

MfG

Imre

So ist es.

Dazu ist noch bedenken: hat man einmal z.B. mit seiner Vorsorgevollmacht einen Antrag auf Unterbringung bei Gericht gestellt und durchbekommen, dann nehmen die Dinge ihren Lauf, ohne dass man selbst noch viel zu tun und zu sagen hat, dann ist die untergebrachte Person eingewiesen und man bekommt sie ohne einen erneuten Antrag nicht so einfach wieder heraus, wenn man das dann doch wieder will. Die Verantwortung ist also groß, und man sollte sich einen solchen Schritt, bei dem man durch seine Unterschrift einem Menschen mal kurz seine Freiheit nehmen kann, wirklich gut überlegen. In dem beschriebenen Fall sehe ich eigentlich keinen Grund, dies zu tun.


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