Tagespflege

Hallo allseits,

eine Betreute sollte mal in die Tagespflege. Es scheiterte letztlich daran, dass sie sich weigerte, mitzufahren. Wenn ich dabei war, klappte es ein, zwei Mal, dann war Schluss. Ihre Demenz schritt fort. Erst einmal angekommen, fühlte sie sich wohl, bis auf die für sie langweilige Mittagspause, wo einige ihr Nickerchen machten. Außerdem gab es immer wieder heftige Auseinandersetzungen mit anderen TeilnehmerInnen der Tagespflege.

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Könnt ihr es empfehlen? Wie habt ihr die Schwierigkeiten gemeistert?

Gruß Heinz

[heiner]

Hallo heinz,

ich habe von Tagespflege oder häuslicher Pflege bei Demenz mittlerweile Abstand genommen.

Drei Vortragsabende letzten Winter, bei einem auf Demenzkranke spezialisierten Professor, haben in dieser Hinsicht mein "Koordinatensystem" total verändert.

Dort habe ich erfahren welchen Stress es für diese Menschen bedeutet, sich auf Veränderungen einzustellen.

Ich habe meine dementen Betreuten in so genannten Demenzstationen untergebracht. Dort leben sie mit anderen Demenzen zusammen. Betreut werden sie ausschließlich von geschulten Fachkräften.

Es hat sich herausgestellt, dass Demenzkanke unter sich weitaus besser harmonieren, als mit Gesunden oder gesunden Familienangehörigen.
Der Tag - Nacht Rhythmus hat sich nach relativ kurzer Zeit fast wieder normalisiert.
Die Menschen wurden wesentlich ruhiger (ohne Medikamente) und auch ihre z.T. auftretende Aggressivität legte sich oder verschwand ganz.
Demenzkranke unter sich bringen wohl mehr Verständnis füreinander auf und ihr Leben verläuft stressfreier.

Voraussetzung ist aber wie o. a. angeführt, dass die Abteilung von speziell geschultem Personal geführt wird. Es gibt mittlerweile extra ausgebildete Pflegekräfte. Auch muss die Station besonders eingerichtet sein.
Bei mir gibt es mittlerweile drei solcher Einrichtungen. Die Menschen bekommen neben der alltäglichen Pflege besonders viel Hingabe.

Die Familien haben ebenfalls eine enorme Entlastung. Sie können wenn sie es wollen, ihre Angehörigen stundenlang besuchen oder aber bei der Pflege mithelfen. Ich habe in Gesprächen mit Angehörigen bestätigt bekommen, ihnen seien erst jetzt ihre Fehler in der Vergangenheit, im Umgang mit ihren Angehörigen bewusst geworden. Obwohl alles aus Liebe und Verständnis geschah. Auch hatten viele den Eindruck, dass die Demenzkranken einen "glücklicheren" Eindruck machten.

Ich glaube, dass die medizinische- wie auch die Verhaltensforschung in den nächsten Jahren weitere Erkenntnisse offenbart. Die eigentliche Forschung steht, nach Auffassung von Fachleuten, wohl noch am Anfang.

Wie gesagt, dies sind meine eigenen Erfahrungen. Vielleicht habe ich mit den Einrichtungen auch einfach nur Glück. Träger sind im Übrigen nur die katholische Kirche. Bei anderen habe ich zwar auch Demenzstationen gesehen, aber ohne professionelle Leitung und Pflege. Dort werden halt die Kranken auf einer Station untergebracht, aber gepflegt und behandelt wie Gesunde.

Würde mich interessieren wie andere ihre Erfahrungen gemacht haben.

Gruß
Heiner

[Draconis]

Hallo Heinz,

meine Großmutter war auch mal in einer Tagesklinik. Haben damit ähnliche Erfahrungen gemacht. Damals (vor 6 Jahren) war ihre Demenz noch nicht so ausgeprägt wie heute. Es ging die ersten Tage gut, dann weigerte sich meine Großmutter in den "Altenkindergarten" zu gehen. (So hat sie es selbst bezeichnet) Ich habe sie überredet, doch wieder hinzugehen. Habe sie dann dort besucht und war schockiert.

Es lief ab wie im Kindergarten. Das Gedächtnistraining war zu Ende und die alten Leute gingen händchenhaltend in zweier Reihen zum Speisesaal. Dort ging dann das Gezänke um die besten Plätze los. Die eine wollte da nicht sitzen, die andere durfte dort nicht sitzen, andere versuchten sich ganz klein zu machen weil das Geschrei ihnen Angst machte.

Das Personal war überfordert, kaum ausgebildete Pflegekräfte für die Demenzkranken. Kurz - es war schrecklich! Das ganze wurde damals ganz schnell beendet - war auch besser so.


Seit 3 Jahren lebt meine Großmutter im Heim, es geht ihr dort um einiges besser als die ganzen Experimente mit Tagesklinik + Betreuung im eigenen Haushalt. Dort sind ausgebildete Fachkräfte die die Demenzkranken Leute betreuen. Meine Großmutter ist derzeit so beschäftigt, das sie schon erzählt hat, sie müsse ihre Zeitung am nachmittag lesen, da ihr morgens die Zeit dazu fehlt.

Ich will damit ausdrücken, das ich die gleichen Erfahrungen wie Heiner gemacht habe. Auch mir sind erst durch das geschulte Personal Fehler bewusst worden, die ich in der Vergangenheit aus Unkenntnis gemacht habe.

Auch ich bin sehr interessiert daran, welche Erfahrungen andere gemacht haben.

Gruß

Draconis

[BetrKl]

Ich habe auch eher nicht so gute Erfahrungen in Tagespflegen gemacht. Allerdings habe ich eine Tagespflege, in der direkt eine Demenzgruppe mit geschulten Personal besteht und wo es dementsprechend besser läuft.

Eher bin ich aber ein Freund von den Demenz WG´s geworden. Dort gibt es meist eine gute personelle Besetzung und es kann individueller auf die Menschen eingegangen werden, als in manchem Heim.

[goda]

Hallo zusammen,
ich habe gute Erfahrung mit Demenzbegleiterinnen gemacht.AWO,Caritas usw.Die Betreuten können in ihrem gewohnten Umfeld bleiben.Ich setze die DB 4-5 Std.ein.Kann über PfK. abgerechnet werden,seit vergangenem Jahr.
Gruß Goda

[Giesela]

Hallo Heinz,

ich habe in zwei Fällen, wo die Teilnahme an der Tagespflege scheiterte, einen "Besuchsdienst" oder Laienhelfer engagiert.
Das sind in der Regel Medizin-/Psychologiestudentinnen, die die Betreuten stundenweise begleiten und betreuen.
Eine läuft über einen Haushaltsscheck (400.-€-Basis) und die anderen sind freiberuflich tätig.

Freundliche Grüße, Giesela