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Betreuer 01.11.2006 16:12

Hilfe!!!!
 
Hallo,

bin wie die Jungfrau zum Kinde gekommen. Und wie gehts nun weiter...

Zur Situation:
Meine Mutter ist erkrankt. Der behandelnde Arzt im Krankenhaus riet mir im "Eilverfahren" für meine Mutter die Betreuung zu beantragen. Bin zum Gericht und innerhalb weniger Stunde hielt ich einen Betreuerausweis in der Hand. Dieser umfasst alle Aufgabengebiet.

Meine Mutter wohnt in einer Mietwohnung seit über 20 Jahren. Kündigungsfrist: 6 Monate. Muß diese eingehalten werden, oder gibt es sowas wie eine außerordentliche Kündigung?

Sie ist hoch verschuldet. Kann für keine weiteren Mieten mehr aufkommen.

Wie sieht es mit der Räumung der Wohnung aus? Wer muß dafür aufkommen? Kann ich als Betreuer damit jemanden beauftragen?

Nicht ganz klar ist mir auch nicht, was sind in dieser Situationen meine Aufgaben als Tochter und welche als Betreuer.

Muß ich einen Privatinsolvenzantrag für sie stellen? Wenn ja, wie geht das? Und auch da, wer trägt die Kosten?

Es werden jetzt Dutzende von unbezahlten Rechnungen bei mir eintreffen, wie mit diesen Verfahren?

Ich glaub das ist das wichtigste in Kürze :-)

Würde mich über Eure Hilfe/Rat sehr freuen!

Falls ich was vergessen haben sollte, was ich umgehend angehen sollte, bitte sagt es mir!

Nach dem KH kommt sie übrigens ins Pflegeheim. Der Antrag ist gestellt, genehmigt, Pflegeeinstufung ist vorgenommen worden. Einen Grundsicherungsantrag bekomme ich zugeschickt.

Ach ja, wo soll ihre Rente hin. Das Konto ist überzogen. Da wäre diese dann weg, kann ich es auf meines fließen lassen und weiterleiten? Oder eines auf meinem Namen nur für sie einrichten?

Fragen über Fragen...

Nochmals allen herzlichen Dank im voraus!

Edith

AndreasLübeck 01.11.2006 17:42

ohne
 
Hallo,

na dann herzlichen Glückwunsch. Und jetzt geht es los:

1) Wenn die Mutter mit der Kündigung der Wohnung einverstanden ist, sich dies schriftlich (!!!) bestätigen lassen, Kopie dem Amtsgericht zur Kenntnis. Weiter mit 1.2)

1.1) Wenn sie nicht will, schriftlich beim Amtsgericht die Zustimmung zur Kündigung und Wohnungsauflösung beantragen. Das ist ganz wichtig, sonst gibt es richtig Mecker vom Gericht. Sie bekommen dann die schriftliche Genehmigung.

1.2) Wohnung kündigen. Verhandeln, ob die Kündigungsfrist verkürzt werden kann. Auf die finanzielle Situation hinweisen.
Hinsichtlich der Miete, Entrümpelung, Renovierung: es ist kein Geld da, tut mir Leid, kann alles nicht bezahlt werden. Ist dann Pech für den Vermieter, der bleibt auf seinen Kosten sitzen.

Aufgaben als Tochter: nach dem moralischen Empfinden. Aufgaben als Betreuerin: googeln, hier fragen, Amtsgericht fragen.

2) Privatinsolvenz ? Sinnlos. Grundsicherung im Alter beantragen, fertig. Gepfändet werden kann nur bei Vermögen, ich gehe bei Allem hier davon aus, dass nirgendwo Vermögen vorhanden ist (!).

3) Rechnungen ? Können nicht bezahlt werden, kein Geld da. Schriftlich mitteilen, fertig.

Vielleicht kann man sich - falls vom Taschengeld, das das Sozialamt zahlt - noch etwas übrig bleibt, über Ratenzahlung einigen. Wie hoch sind denn die Forderungen ?

Die Rente wird in aller Regel an das Sozialamt abgetreten. Dafür gibt es ein Formblatt, entweder im Heim besorgen oder beim Sozialamt.

Bitte bei allen Banken im Umkreis anfragen, ob nicht doch ein Konto besteht (persönlich hingehen, Personalausweis, Bestellung mitnehmen).

Folgende Stellen informieren, dass Sie die Betreuung übernommen haben: Sozialamt, Krankenkasse, Ordnungsamt, Polizei (falls sie mal wegläuft aus dem Heim), Bank, Rentenversicherungsträger (amtlich beglaubigte Kopie der Bestellung muss hier sein). Alles schriftlich.

Ich wünschen Ihnen eine gute Hand bei der Betreuung, so schwer ist das nicht, und Ihrer Frau Mutter alles Gute.

Gruß

Andreas


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chaos-pilot 01.11.2006 21:09

Hallo

ich hab da ein paar Anmerkungen:

1. Wenn die Mutter die Wohnung selbst kündigen kann, dann soll sie das tun, wie üblich schriftlich mit ihrer eigenen Unterschrift.
Kann sie nicht mehr selbst sinnvoll handeln, muss auf jeden Fall eine Genehmigung vom Gericht beantragt und abgewartet werden. erst danach darf der Betreuer die Wohnung kündigen.

2. Kann die Mutter ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, dann ist das eben so. Betreuerin sollte nur auf ausdrücklichen Wunsch der Betreuten Raten oder ähnliches zahlen. Sie sollten sich gelegentlich mal die Pfändnugsfreigrenzen bei google raussuchen. Die sind überraschend hoch. Liegt das Einkommen ihrer Mutter unterhalb dieser Grenzen, wird nicht mehr bezahlt.
3. Kündigungsfristen für Wohnraum gelten nicht, wenn der Mieter in ein Heim übersiedeln muss (nicht will) Also Heimnotwendigkeitsbescheinigung vom Arzt aushändigen lassen.

4. Entrümpelung oder Wohnungsauflösung kann ebenso erst nach der Genehmigung durch das AG erfolgen. Wenn die Betreute selbst dazu nicht in der Lage ist, sich auch niemand anderes findet und sie das auch nicht bezahlen kann, so hat der Vermieter Pech gehabt und bleibt auf den Sachen und den nicht bezahlten Mieten sitzen.

5. Allgemeines:
Als Betreuerin handeln sie immer im Sinne der Betreuten. Die Frage lautet also immer, was würde die Betreute machen, wenn sie zu einer normalen Entscheidung fähig wäre und wie kann ich das für sie durchsetzen.
Also würde die Betreute die Zustimmung zu einer bestimmten Behandlung verweigern, dann muss auch die Betreuerin die Zustimmung verweigern und umgekehrt natürlich auch.
Als Tochter kennen Sie Ihre Mutter natürlich besonders gut und lange also sind Ihnen sicherlich viele Grundeinstellugen Ihrer Mutter bekannt. Ihre eigenen Einstellungen spielen in der Betreuung keine Rolle.
Also, wenn Sie z. B. meinen, dass eine bestimmte Behandlung angemessen wäre, aber wissen oder vermuten, dass Ihre Mutter anderer Ansicht ist, dann gilt die Meinung Ihrer Mutter, auch wenn ihr selbst daraus Nachteile erwachsen würden.

Im Übrigen besteht in jeder kreisfreien Stadt und in jeden Kreis eine Betreuungsbehörde. Die sind verpflichtet Sie bei Ihrer Tätigkeit zu unterstützen und zu beraten. Im Zweifelsfall besteht auch die Möglichkeit den jeweilig zuständigen Richter oder Sachbearbeiter beim AG zu Rate zu ziehen.

MFG
A. Singendonk, Berufsbetreuer

Betreuer 02.11.2006 12:47

Hallo,

vielen Dank für Eire umfangreichen Antworten!

Bin erstaunt, zu lesen, das das Gericht die Zustimmung zur Kündigung der Wohnung geben muß. Als ich das erste Mal bei Gericht war, klärte die Dame dort, welche Aufgabenbereiche es gibt als Betreuer. Hat mir alles nicht sonderlich viel gesagt. Also habe ich ihr aufgezählt, was ich alles machen muß: Wohnung kündigen, mich um einen Heimplatz kümmern, etc. Dementsprechend hat sie die Aufgabenbereiche angekreutzt. Spätestens in dem Moment, hätte sie mich doch darüber informieren müssen, das ich die Wohnung gar nicht einfach so kündigen kann. Wie auch immer, werde mir also die Kündigungsabsicht von denen nun schriftlich geben lassen.

Ein ganz anderes Problem:
Auf eines der überzogenen Konten ist nun ihre Rente eingegangen. Habe ich eine Möglichkeit an diese Rente für sie ranzukommen? Bzw. derjenige der es dorthin überwiesen hat? Einzüge konnte ich ja widersprechen, geht das bei einer Überweisung auf ihr Konto auch?

Danke im voraus!

Edith

chaos-pilot 02.11.2006 13:19

Rente
 
Hallo,

alle Sozialleistungen SGB II oder XII o.ä. sind prinzipiell von einer möglichen Pfändung frei.
Das gilt auch für Renten, soweit sie die Höhe der Sozialleistungen nicht überschreiten.
Prinzipiell sollten Sie aber auf jeden Fall ein Gespräch mit der Bank suchen. Ziel ist es den Dispokreditrahmen auf Null zu bringen. Da die Betreute aber die Schulden nicht zahlen kann, besteht hier nur die Möglichkeit den Dispokredit in einen normalen Kredit umzuwandeln. Der kann aber ebenfalls nicht bezahlt werden. Wie gesagt, Sozialleistungen und Einnahmen unterhalb der Pfändungsfreigrenzen können auch in diesem Fall nicht gepfändet werden. (Ich finde man sollte sich auch nicht auf Ratenzahlungen einlassen, wenn das Einkommen der Betreuten unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegt, unsere Aufgabe ist nicht die Banken oder andere Gläubiger glücklich zu machen!!!) So ein Gespräch verläuft immer hochinteressant, vor allem, wenn man der Bank mitteilt, dass sie voraussichtlich gar nix bekomen werden:-)
Im Zweifelsfall kann man das Konto auflösen, auch mit Minus und dann rechtzeitig bei einer anderen Bank (hier bleiben allerdings nicht viele Möglichkeiten, weil es ja die SchuFa gibt) ein neues Konto einzurichten. Auch besteht die Möglichkeit, dass, wenn die Betreute nirgendwo mehr ein Konto bekommt ein entsprechendes Dienstkonto des Betreuers einzurichten. Hier ist aber, genauso, wie bei allen anderen Konten, die der Betreuer für die Betreute führt auf genaueste Buchhaltung zu achten, damit nachgewiesen werden kann, wer wann wie viel, wofür ausgegeben hat.

MFG Andreas


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