Dies ist ein Beitrag zum Thema Unterbringung bei Immobilität im Unterforum Aufenthalt - Freiheitsentziehung , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo in die Runde,
hoffentlich ist das keine ganz blöde Frage, aber ich habe bereits ewig ergebnislos recherchiert ...
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28.10.2016, 22:29 | #1 |
Stammgast
Registriert seit: 28.12.2014
Ort: München
Beiträge: 566
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Unterbringung bei Immobilität
Hallo in die Runde,
hoffentlich ist das keine ganz blöde Frage, aber ich habe bereits ewig ergebnislos recherchiert ... Meine B. ist dement und komplett bettlägerig/imobil und eine häusliche ambulante Versorgung ist nicht mehr verantwortbar, weil sie mehr Beaufsichtigung benötigt. Ihr natürlicher Wille zu einer Unterbringung in einem Pflegeheim ist nicht eindeutig ermittelbar. Sie macht dazu je nach Tagesform verschwurbelte Angaben, Tendenz aber gegen Umzug ins Pflegeheim. 1) Setzt eine Genehmigung auf Pflegeheim-Unterbringung gegen den natürlichen Willen eine geschlossene Unterbringung zwingend voraus (ich denke: Ja)? 2) Wäre eine freiheitsentziehende/geschlossene Unterbringung überhaupt genehmigungsfähig, wenn die B. aufgrund ihrer kompletten Imobilität nicht weglaufen kann? 3) Dürfte ich die Verlegung in einen offenen Bereich im Pflegeheim veranlassen mit ihrer verschwurbelten Zustimmung? Mit Antrag auf Genehmigung oder ohne? Ich wäre Euch dankbar für jeden Recherche-Hinweis - mir fehlt der Anfang vom roten Faden. Danke und LG, Annegret |
28.10.2016, 23:26 | #2 | |
Stammgast
Registriert seit: 25.04.2015
Ort: Nordost-Thüringen
Beiträge: 992
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Für die Verlegung in ein "normales offenes" Pflegeheim ist auch gegen den Willen eines Betreuten möglich. Hier ist § 1901 Abs. 3 BGB zu beachten und zwar insbesondere der 2. Halbsatz:
Zitat:
Schwieriger ist hier die Wohnungskündigung, denn hier bedarf es der betreuungsgerichtllichen Genehmigung gem. § 1907 Abs. 1 BGB. Je nachdem, wieviel Geld deine betreite Person hat, ist es möglich, dass deine Betreute entweder sofort umziehen kann und in derzeit die doppelte Belastung tragen kann. Wenn sie jedoch vermögenslos ist, solltest du dich sofort um die betreuungsgerichtliche Genehmigung für die Kündigung beantragen lassen. Damit kannst du dann kündigen und anschließend den Umzug organisieren. Hinsichtlich der Tatsache, dass es die Übernahme der doppelten Kosten der Wohnung gibt es einschlägige Rechtsprechung. Ich denke jedoch, dass diese, soweit ich es verstanden habe, nur für Fälle einschlägig ist, in denen der Umzug plötzlich und unvorhergesehen erfolgen muss, weil sich die Gesundheit plötzlich verschlechtert hat. Für Fälle, wo der rechtzeitige Umzug aufgrund schleichender Verschlechterung der Gesundheit nicht geschafft wurde, sind diese Urteile nicht anwendbar.
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29.10.2016, 09:30 | #3 | |||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Zitat:
Zitat:
Der "Gummi"Satz mit Wohl und Wille ist dehnbar wie ne Hüpfschnur und auch nirgendwo mit Inhalt gefüllt. Das geht erstes schon mal beim praktischen los, kein Sani wird jemanden der "Nein" sagt transportieren. Vielleicht agt sie sogar im entscheidenden Moment Ja aberdann kann es passieren, dass sie in der neuen Umgebung sagt, sie will weg. Du schreibst, sie ist immobil. In dem Zusammenhang habe ich ein erhebliches ethisches Problem. Klar kann jemand der immobil ist sich nicht mehr auf die Socken machen und weggehen wenn er will. Trotzdem finde ich gerade auch in solchen Momenten hat jemand das Recht dass seine Situation umfassend geklärt wird. Umfassende Klärung bedeutet hier: Antrag auf Unterbringung, muss das sein oder nicht wird sich durch das Gutachten herausstellen, evtl. gibts dazu dann hoffentlich auch noch einen Verfahrenspfleger. Wenn die Entscheidung dann für eine geschlossenen Eirichtung fällt dann kann ich als Betreuer wenigstens sicher sein, dass mein Kunde nicht wegen seiner Immobilität einfach mal so "überfahren" und evtl. übervorteilt wurde. Zitat:
Aber dazu ist gerade ein Kollege mit Klärung dieser Frage hinsichtlich einer völlig unerwarteten Entscheidung u.a. auch mit dem Gericht beschäftigt, ich denke/hoffe, er wird sich dazu nochmal melden.
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diese kommunikation wurde im rahmen der überwachungsgesetze auf ihre kosten dauerhaft gespeichert und wird jederzeit weltweit gegen sie verwendet werden. danke für ihre kooperation. |
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29.10.2016, 12:21 | #4 |
Einsteiger
Registriert seit: 11.10.2016
Beiträge: 19
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Hallo Annegret,
ich finde Deine Fragen auch etwas verschwurbelt und hoffe, dass ich sie richtig interpretiere: Eine geschlossene Unterbingung ist eine freiheitsentziehende Maßnahme, z. B. BGB § 1906. Da die gute Dame nicht mehr mobil ist (nichtmal mit Rollstuhl?), wird Dir das aber kein Richter genehmigen. Denn wozu jemanden einsperren, wenn er nicht weglaufen kann? Eine Verlegung ins Pflegeheim scheint notwendig, und sofern Du das Aufenthaltsbestimmungsrecht hast, darfst Du das auch gegen den natürlichen Willen. Nicht aber gegen den freien Willen. Da die Dame dement ist, ist der freie Wille vermutlich nicht vorhanden. Kann Dir aber nur ein Gutachter sagen. Wegen der Wohnung einfach die Betreuungsbehörde fragen. |
30.10.2016, 01:17 | #5 | ||
Stammgast
Registriert seit: 28.12.2014
Ort: München
Beiträge: 566
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Zitat:
Ich habe mit Hilfe eurer Anregungen (vielen Dank!!!) weiter recherchiert und möchte euch fragen, ob ihr dem zustimmt: In den Kommentaren dazu habe ich gefunden, dass es bei Freiheitsentziehung nicht nur auf die Einschränkung der tatsächlichen, körperlichen Fortbewegungsmöglichkeit (Mobilität) ankommt, sondern auch auf den Fortbewegungswillen. Die Bewegungsfreiheit könnte auch mit fremder Hilfe in Anspruch genommen werden. Daraus folgt das, was Michaela bereits angeführt hat, was meines Erachtens eine genehmigungspflichte Unterbringung in einem geschlossenen Bereich zwingend notwendig macht: Zitat:
Die Betreute ist aktuell im Krankenhaus zur chirurg. Behandlung ihrer Wunden, die sie sich zugefügt hat. Der KH-Sozialdienst wie üblich im Urlaub und angeblich nicht zuständig (Bayern!). Kurzzeitpflegeplätze weit und breit ausgebucht. LG, Annegret |
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30.10.2016, 09:51 | #6 |
Einsteiger
Registriert seit: 11.10.2016
Beiträge: 19
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Wäre schön, wenn du geschrieben hättest, wofür der Sozialdienst hier zuständig sein soll? Sonst muss man raten.. und gönn ihm doch seinen Urlaub.
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30.10.2016, 16:12 | #7 | |||
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,574
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Moin Annegret
mal ganz abgesehen davon, dass Kurzzeitpflegeplätze gerade nicht so leicht zu finden sind... So wie Du es schilderst, ist Deine Betreute dement und ihre Meinung schwankt - wenn auch mit einer Tendenz eher gegen ein Heim. Das betrifft ihren natürlichen Willen, der im Prinzip so ausfällt, wie bei den meisten Menschen mit ähnlicher Problematik. Interessant ist in Deinem Fall aber auch der "freie" Wille. Kann sie diesen noch bilden? Erkennt sie noch die Gefahren und Risiken, die sie bei einer Rückkehr nach Hause eingehen würde? Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie weit mehr Pflege und Beaufsichtigung benötigt - Selbstgefährdung(?). Wenn sie das noch überblickt und dementsprechend einen Freien Willen bilden kann, dann bräuchtest Du eine Genehmigung zur Unterbringung ein einer geschlossenen Einrichtung. Wenn sie einen freien Willen nicht mehr bilden und die Gefahren der Selbstgefährdung nicht mehr erkennen kann, dann kannst Du sie besser ohne Beschluss in einer offenen Einrichtung unterbringen, da sie immobil ist. Aufgrund der Immobilität würde das Gericht möglicherweise sowieso fragen, was der Unterbringungsantrag soll. Mit einem Unterbringungsbeschluss wäre sie in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen, die noch schlechter zu finden ist als Kurzzeitpflegeplätze. Zitat:
Ausnahme: eine geschlossene Pflegeeinrichtung Zitat:
Bei der Frau, wegen derer die letzten BGH und BVG Urteile zur Zwangsbehandlung gefällt wurden, wurde die Ungterbringung wg. Immobilietät aufgehoben bzw. nicht verlängert. (Deshalb wurden die höchsten Gerichte bemüht) Zitat:
Und dann mal sehen, wie sich die Dame entwickelt - also alle Optionen für die Zukunft offen halten, bis klar ist, wie es weitergehen kann und soll. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
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31.10.2016, 10:28 | #8 | |||
Stammgast
Registriert seit: 28.12.2014
Ort: München
Beiträge: 566
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Hallo Imre,
Zitat:
Zitat:
Hallo Sandmann, Zitat:
LG, Annegret |
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31.10.2016, 11:31 | #9 |
Stammgast
Registriert seit: 28.12.2014
Ort: München
Beiträge: 566
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Nach tel. Auskunft sieht die zuständige Rechtspflegerin den Fall so:
Durch die Immobilität (mangels Weglaufgefahr) ist die B. in eine offene Pflegeeinrichtung zu bringen - ohne Genhemigung Genehmigt werden müsse nur die Wohnungskündigung. Ein bisschen Bauchschmerzen hab ich dabei schon, da es ja irgendwie eine "quasi-Freiheitsberaubung" ist. LG Annegret |
31.10.2016, 12:24 | #10 |
Stammgast
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Ort: Nordost-Thüringen
Beiträge: 992
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Ich finde, in dieser Diskussion ist zu sehr auf die zwangsweise Unterbringung abgestellt. Das lässt sich ganz einfach vermeiden und damit ist auch keine Genehmigung erforderlich.
Da die Betreute überhaupt nicht mehr kann, wie sie will, gibt es überhaupt keine freiheitsentziehenden Maßnahmen mehr. Da die Betreute weder ein Bett geschweige denn ein Heim aus eigener Kraft verlassen kann, ist auch die Verlegung in ein Heim gegen den Willen des Betreuten keine genehmigungspflichtige Zwangsmaßnahme. Genau so, wie das hoch gezogene Bettgitter bei einer bewegungsunfähigen Person keine freiheitsentziehende Maßnahme ist. Hier wird dermaßen über 1) und 2) aus Post #1 nachgedacht, dass 3) überhaupt nicht mehr beachtet wird. Aber gerade dieser Punkt 3) bringt uns auf die richtige Fährte und macht 1) und 2) gänzlich überflüssig. Hier ist Imre in #7 auch nochmal kurz drauf eingegangen, aber es hat m.E. in dieser Diskussion zu wenig Augenmerk. Geh den leichtesten Weg, auch gegen den "vermuteten" oder "geäußerten" Willen deiner Betreuten. Zu Hause kann sie nicht bleiben, da sie nicht mehr mobil ist. Also in ein offenes Haus, auch gegen den Willen. Somit ist dies keine freiheitsentziehende Maßnahme und damit bedarf es keiner Genehmigung. Das spart dir und dem Gericht diese Arbeit. Die Frage, ob das alles mit oder gegen den Willen des Betreuten erfolgt, kommt dann sowieso noch aufs Trapez, wenn es um die Genehmigung der Wohnungskündigung geht. Eine Freiheitsberaubung ist es auch nicht, da die Freiheit, sich nach eigenem Willen zu bewegen, hat sie krankheitsbedingt sowieso nicht mehr.
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