Dies ist ein Beitrag zum Thema Führerscheinentzug im Unterforum Strafsachen und Bußgelder , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo,
ich habe seit ein paar Wochen einen Betreuten, der manchmal (eher selten) an Anfällen leidet, ausgelöst durch Ängste. Er ...
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06.12.2016, 14:04 | #1 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 06.05.2013
Ort: Hessen
Beiträge: 122
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Führerscheinentzug
Hallo,
ich habe seit ein paar Wochen einen Betreuten, der manchmal (eher selten) an Anfällen leidet, ausgelöst durch Ängste. Er wird dann für einige Zeit unvermittelt bewusstlos. Vor kurzem kam es wieder zu einem Anfall. Ich habe dies der Führerscheinstelle gemeldet. Die möchte den Führerschein einziehen. Der Betreuer des betreuten Wohnens des Betroffenen hat mit Unverständnis reagiert, dass ich dies gemeldet habe. Begründung: Das Autofahren sei ein sicherer Ort für den Betroffenen. Hier sei es noch nie zu Anfällen gekommen und es sei nach seiner Ansicht auch nicht damit zu rechnen. Wie seht ihr das? Gruß Ruby |
06.12.2016, 14:18 | #2 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 12.11.2016
Ort: Nürnberg
Beiträge: 157
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Hallo Ruby,
Panikattacken können überall auftreten, auch im Auto, somit besteht die potentielle Gefahr der Selbst- und Fremdgefährdung, m. E. hast du verantwortungsbewusst gehandelt. Gruß gabyhp |
06.12.2016, 18:33 | #3 |
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,598
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Moin moin
Da gab es sicherlich schon das eine oder das andere Mal eine Diskussion dazu. Und: Ja , es war verantwortungsvoll gehandelt, aber vielleicht auch nicht ganz geschickt. Es wäre sicherlich gut gewesen das Problem mit dem Haus- bzw Facharzt zu besprechen und dessen Meinung dazu einzuholen. Wenn von ärztlicher Seite eine Meinung dazu (egal ob Pro oder Contra) geäußert wird, dann ist das auf jeden Fall eine Rückendeckung für das eigene Handeln. Und je nach Lage könnte man dann auch überlegen, wer die Meldung vornimmt. Als Betreuerin riskierst Du schon Deine Vertrauensposition mit der Meldung. Das sollte dann auch schon mit dem Betreuten besprochen sein, was sicherlich nicht einfach ist. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
06.12.2016, 18:55 | #4 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Grundsätzlich schliesse ich mich Imre an.
Zitat:
Hole dir zu der Frage jetzt schriftlichen ärztlichen Rat ein wenn das geht. Die meisten machen das nicht gerne (evtl. wegen einer möglichen Verantwortung?)aber vielleicht kannst du ja wenigstens ein grundsätzliches Arztgespräch zu diesem Thema zusammen mit deinem Betreuten beim Arzt führen? Vielleicht lässt sich so auch das sicherlich angeknaxte Vertrauensverhältnis bißchen wieder herrichten.
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06.12.2016, 23:42 | #5 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 06.05.2013
Ort: Hessen
Beiträge: 122
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Hallo,
danke für eure Antworten! Kennt ihr die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung? Gemäß der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, 5/2014 besteht bei Zustand nach unklarer Bewusstlosigkeit mit hohem Wiederholungsrisiko keine Kraftfahreignung für 12 Monate, sofern in der Zwischenzeit kein weiteres Anfallsgeschehen auftritt. In diesem Fall besteht jeweils ab dem letzten stattgehabten Anfall keine Kraftfahreignung für 12 Monate. Grüße Ruby |
07.12.2016, 08:12 | #6 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Guten Morgen,
du solltest dich wegen der weiteren Anmerkungen zur Kraftfahrzeugeignung nicht angegriffen fühlen. Dein Satz: Zitat:
Der Satz steht erst mal und daraus könnte man folgern: das war`s. Dem ist nicht zwingend so. Es gibt zu allen gesetzlichen Grundlagen gleichzeitig auch immer Einschränkungen, Spezifizierungen usw. usw. Auch wenn wir die Leitlinien kennen sind wir keine Kraftfahrzeugsführungsspezialisten die Entscheidungen zu treffen haben. Es ist völlig verständlich und nachvollziehbar, dass man aus Angst um den Betreuten und andere Menschen sich des Problems annimmt. Die Frage die in dem Zusammenhang auftaucht ist aber die - unabhängig vom weiteren Verlauf zwischen Betreutem und Betreuer-ob es Betreueraufgabe ist solche Vorkommnisse sozusagen auf Grund einer (Laien) Privatmeinung an offizielle Stellen ohne Wissendes Betreuten weiterzugeben. Das ist schon eine Diskussion wert.
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07.12.2016, 08:28 | #7 |
Routinier
Registriert seit: 17.01.2015
Beiträge: 1,882
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Dann will ich mal in die Diskussion einsteigen und meine Meinung dazu äußern
Ja, ich finde, als Betreuer (und auch als jeder andere Mensch, der davon gesicherte Kenntnis hat) sollte man sowas weiter geben. Ich würde wohl den Klienten vorher über mein Vorhaben in Kenntnis setzen, mich aber auch nicht von einer Meldung abbringen lassen. Begründung: stellt euch vor, der Betroffene erleidet einen solchen Anfall am Steuer und rast unkontrolliert in eine Menschenmenge. Oder fährt gegen einen Baum und verunfallt tötlich? Wie wird wohl die Schlagzeile am nächsten Tag lauten? Viel schlimmer noch für mich persönlich: ich würde mir eine Mitschuld an der Tragödie geben und weiß nicht, ob ich damit leben könnte. Man hätte immer im Hinterkopf die Frage: würden diese Menschen noch leben wenn ich es damals gemeldet hätte? An das Führen eines Kraftfahrzeugen werden hohe Anforderungen gestellt. Und eine wie auch immer geartete Krankheit, die zu plötzlicher Bewusstlosigkeit führt, ist ein guter Grund, die Fähigkeit zum Autofahrern in Frage zu stellen. Der Klientenwille zählt, klar. Aber auch nur so lange, wie dieser Wille nicht seinem Wohl entgegen steht. Und m.E. Ist das Wohl in diesem Falle durchaus in Frage zu stellen. Außerdem würde ich als Laie meine Privatmeinung lediglich den Fachleuten mitteilen. Diese müssen dann entscheiden, ob es wirklich zum Führerscheinentzug kommt. Ich nehme ihm den Führerschein ja nicht ab, nur weil ich persönlich denke, er dürfe nicht mehr Auto fahren. Ich informiere lediglich die Experten und bitte um Prüfung. Wenn ich mich irre, passiert gar nichts. Aber auch dann könnte mir hinterher niemand mehr die Schuld für ein eventuelles Unglück geben. Auch ich mir selbst nicht. LG Boomer |
07.12.2016, 08:38 | #8 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Danke dir @Boomer, es gibt nur ein kleines Missverständnis.
Zitat:
Mit diesem Beispiel hatte ich lediglich verdeutlichen wollen, dass ein klarer Sazt, eine scheinbar unverrückbare Richtlinie nicht immer der Weisheit letzter Schluss ist. Ich sagte, es gibt immer noch Besonderheiten, Auslegungen, Einzelfallentscheidungen usw. Ich bin sehr vorsichtig geworden mit der Meinung: das und das ist einfach so. Mein Beispiel war echt blöd gewählt, sorry aber diesen Zusammenhang mit dem Willen des Betreuten hatte ich bestimmt nicht herstellen wollen! Die Sorge um andere kann ich natürlich nachvollziehen, das ginge mir auch als erstes in den Kopf. Trotzdem bleibt bei mir ein grosses Aber übrig. Die wirkliche Einschätzung einer möglichen Gefahrensituation in einem Bereich in dem ich mich einfach nicht gründlich auskenne überlasse ich dann lieber den Fachleuten. Das wäre in diesem Fall für mich nicht die Kraftfahrzeugstelle sondern der Facharzt. Vor einer Handlung, bzw. zu der Frage die mein weiteres Handeln determiniert hole ich mir, auch aus den von dir genannten Haftungsgründen nach allen Richtungen hin, doch lieber die Meinung eines Fachmanns ein.
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07.12.2016, 10:18 | #9 |
Forums-Geselle
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Ort: Hessen
Beiträge: 122
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Im Arztbrief nach seinem letzten Anfall wurde explizit erwähnt, dass keine Kraftfahreignung gemäß den Begutachtungsrichtlinien besteht.
Ich hatte das mit dem Betreuten besprochen, er hatte eine sehr ablehnende Haltung. Ja, die Szenarien, was passieren könnte, gehen mir auch nicht aus dem Kopf. |
07.12.2016, 17:55 | #10 |
Admin/Berufsbetreuer
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Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,598
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Moin Ruby und alle anderen auch.
Zu Deinem Betreuten: Wenn da im Arztbrief nach dem letzen Anfall schon drin steht, dass eine Fahrtüchtigkeit nicht mehr gegeben ist, dann hat der Fachmann sein Wort dazu gegeben. Mir würde in diesem Fall die Idee kommen, mich mit dem Betreuten und dem Arzt gemeinsam an einen Tisch zu setzen und darüber zu reden, was mit dem Führerschein passieren soll. Der Betreute könnte ihn Dir zu treuen Händen geben, damit Du ihn aufbewahrst, bis eine Fahrtauglichkeit (vom Arzt bescheinigt) möglicherweise wieder besteht. Wenn sich der Betreute da überhaupt nicht darauf einlassen will, dann kann der Arzt ihm ja mal was von seiner Mitteilungspflicht erzählen, wenn er weiß, dass der Fahruntüchtige Patient trotz Warnung weiterhin ein Auto fährt. Es stehen für den Betreuten durchaus Alternativen zur Wahl. Dem Betreuer bzgl. seines Vorgehens auch. Und an alle anderen: Natürlich gibt es Risiken beim Autofahren und auch Risiko-Fahrer. Die Vorstellung, dass jemand in eine Menschenmenge reinsemmelt ist natürlich nicht schön, wird aber genauso auch von völlig "gesunden" Autofahren realisiert. Darüber hinaus gibt es mehr als zu viele völlig gesunde Autofahrer, die die Straße als Kriegsgebiet ansehen, in dem sie sich wie Rambo V benehmen müssen. Und mit Sicherheit ist eine ernsthaft große Anzahl an Verkehrstoten einem Suizid geschuldet und nicht den üblichen von der Polizei genannten Gründen (Ich finde es schon OK, wenn die Polizei ihre Lieblingsursache (unangepaßte Geschwindigkeit) anführt und nicht: Suizid). Jeder hat im Straßenverkehr eine eigene Verantwortung und auch ein eigenes Risiko zu tragen. Als Betreuer kann ich nicht das Risiko eines Betreuten tragen, oder dessen Verantwortung. Aber bevor ich einem Betreuten den Lappe wegnehmen lasse, will ich das vorher gründlich mit ihm und Fachleuten besprochen haben. Die Mitarbeiter der Führerscheinstelle sind keine Fachleute für eine gesundheitliche Risikoeinschätzung, sondern Verwaltungsangestellte einer Behörde, die das Einsacken des FS umzusetzen hat. Dort soll man erst arbeiten müssen, wenn die Voraussetzungen geklärt sind. Vorher nicht. MfG Imre
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