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Rechte des vollständig Betreuten

Dies ist ein Beitrag zum Thema Rechte des vollständig Betreuten im Unterforum sonstige Rechtsfragen , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo, als Polizist bin ich letztens auf folgenden Sachverhalt gestoßen: Eine Dame erschien auf dem Revier, um Anzeige gegen eine ...


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Alt 15.05.2017, 10:18   #1
Neuer Gast
 
Registriert seit: 14.05.2017
Beiträge: 2
Standard Rechte des vollständig Betreuten

Hallo,

als Polizist bin ich letztens auf folgenden Sachverhalt gestoßen:

Eine Dame erschien auf dem Revier, um Anzeige gegen eine bekannte Person wegen Sachbeschädigung zu erstatten. Eine kurze Recherche dieser Person im System ergab, dass sie einen Betreuer in allen Angelegenheiten hat.
Nun ist unser Studium zwar umfangreich, umfasst aber nicht das Betreuungsrecht. Als relativ neuer Berufseinsteiger bin ich auch bis dato noch nicht auf einen Sachverhalt gestoßen, der Kenntnisse darin erforderte. Egal, die Nummer der Betreuerin war angegeben, und nach nur etwa 5 Stunden und 20 Versuchen an einem Werktag erreichte ich dann die Betreuerin, um sie zu rechtlichen Dingen zu befragen. Genau wollte ich wissen, ob die Betreute überhaupt rechtlich in der Lage ist, Anzeige zu erstatten und ggf. Strafantrag zu stellen.
Da wurde ich auf äußerst unfreundliche Weise abgekanzelt, ich müsse dies wissen, das wisse jeder halbwegs intelligente Mensch doch von selbst und als Polizist müsse ich selbstverständlich auch im Betreuungsrecht auskennen.

Nun meine Frage:
Ist der Betreuer in geschilderten Fall schon zur Anzeigeerstattung notwendig oder muss er nur schriftlich den Strafantrag unterzeichen?
Darf der/die Betreute überhaupt Anzeige erstatten?

Wie gesagt: war alles kein Thema in der Ausbildung.

Mit freundlichen Grüßen

toschef
toschef ist offline  
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Alt 15.05.2017, 11:29   #2
Stammgastanwärter
 
Registriert seit: 05.07.2014
Beiträge: 492
Standard

Hallo,

hier mal ein link zu einer Seite, auf der Sie die gewünschten Informationen finden:

Strafprozess ? Betreuungsrecht-Lexikon

und hier nocheinmal der relevante Passus im Klartext:

Betreuter als Opfer einer Straftat

Das Opfer einer Straftat kann im Strafverfahren seine Rechte durch einen gesetzlichen Vertreter wahrnehmen (vgl. § 77 Abs. 3 StGB). Die Vertretung des Opfers im Strafverfahren ist daher ein Aufgabenkreis, der dem Betreuer übertragen werden kann. Es ist wohl ausreichend, wenn die Straftat einen Bereich betrifft, dessen Erledigung zu einem anderen Aufgabenkreis des Betreuers gehört. Wegen § 77 Abs. 3 StGB kann ein Betreuer, der ausschließlich den Aufgabenkreis Vermögenssorge hat, allerdings das Opfer im Strafverfahren nicht vertreten, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um eine Vermögensstraftat handelt.
Die Entscheidung zur Stellung eines Strafantrags gemäß § 247 StGB gegen Angehörige, auf den auch § 263 a Abs. 2 StGB verweist, berührt vorrangig familienrechtliche und nicht vermögensrechtliche Interessen. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber dem Interesse von Angehörigen auf Wahrung des Familienfriedens Vorrang vor dem Strafverfolgungsrecht des Staates eingeräumt. Als höchstpersönliches Recht betrifft es daher die Angelegenheit der Personenfürsorge und nicht der Vermögenssorge (so bereits OLG Hamm, NJW 1960, 834, 835). Daraus folgt, dass der Aufgabenkreis der Vermögenssorge den Betreuer nicht zur Strafantragsstellung gegen Angehörige des Betreuten berechtigt (so auch LG Hamburg, NStZ 2002, 39, Rdnr. 18.; OLG Köln, 20.05.2005 - 8 Ss 66/05 - 63, wistra 2005, 392 Rdnr. 11 nach juris). Soweit in der zivilrechtlichen Kommentarliteratur eine andere Auffassung vertreten wird und dabei eine Entscheidung des LG Ravensburg aus dem Jahr 2000 zitiert wird (LG Ravensburg FamRZ 2001, 937; vgl. Münchener Kommentar BGB Schwab, 6. Aufl., § 1896 Rdnr. 100), so betrifft die genannte Entscheidung eine andere Konstellation. In dem vom Landgericht Ravensburg entschiedenen Fall war der Betreuer nämlich nicht nur für den Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten bestellt, sondern auch Personensorgeberechtigter.
Die deutsche Rechtsordnung unterscheidet zwischen sog. Offizialdelikten und sog. Antragsdelikten. Bei Offizialdelikten (z.B. Untreue, Freiheitsberaubung) müssen die Ermittlungsbehörden von Amts wegen tätig werden, wenn sie von einer Straftat Kenntnis erlangen (d.h, dass auch jeder Betreuer, gleich welchen Aufgabenkreis er innehat, Strafanzeigen erstatten darf.
Antragsdelikte werden nur auf Strafantrag hin verfolgt. Und zwar nur auf Antrag des Berechtigten. Das bedeutet, dass nur derjenige, der Inhaber eines Anspruchs ist, diesen geltend machen kann. Ausnahme ist die gesetzliche Vertretung durch einen Betreuer. Volljährige Personen, die wegen einer psychischen Erkrankung oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig sind, werden ausschließlich von ihrem gemäß § 1896 BGB bestellten Betreuer im Rahmen dessen Aufgabenkreises vertreten (Tröndle/Fischer, a.a.O., § 77 Rdnr. 16; OLG Hamm, 2 Ss 367/03).
Die Antragsdelikte gliedern sich wiederum auf in absolute und relative Antragsdelikte. Bei absoluten Antragsdelikten (wie z.B. der Beleidigung) ist stets ein Strafantrag desjenigen notwendig, zu dessen Nachteil die Straftat begangen wurde. Liegt ein solcher Antrag nicht vor, ist das Verfahren zwingend einzustellen.
Bei relativen Antragsdelikten ist grundsätzlich auch ein Strafantrag des Geschädigten notwendig. Jedoch kann hier ein Verfahren auch ohne Strafantrag weiter betrieben werden, wenn die Staatsanwaltschaft ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Wann ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung zu bejahen ist, liegt im Ermessen der Staatsanwaltschaft. Grundsätzlich läuft ein Ermittlungsverfahren folgendermaßen ab: Die Polizei erlangt Kenntnis von einer (möglichen) Straftat. Daraufhin führt sie Ermittlungen durch. Erhärten diese Ermittlungen den Verdacht einer Straftat, wird die Sache nach Abschluss der Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Diese prüft dann, ob Anklage zu erheben ist. Dabei prüft sie auch, ob Strafanträge notwendig sind und ob diese vorliegen. Liegt kein Strafantrag vor und handelt es sich um ein relatives Antragsdelikt (und nicht um ein absolutes Antragsdelikt), entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht oder nicht.



ps.
Wenn ich Durchwahlnummern eines Mitarbeiters der Polizei habe, kann es sein, dass ich mehr als 5 Stunden niemanden erreiche.


Berufsbetreuer habe eine Tätigkeitkeit, die man nicht nur am Schreibtisch ausübt.
Schnieder ist offline  
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Alt 15.05.2017, 18:53   #3
Admin/Berufsbetreuer
 
Benutzerbild von Imre Holocher
 
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,598
Standard

Moin moin

Schnieder hat mit dem Passus herrlichstes Juristendeutsch in die Diskussion gebracht.
Eine kurze Übersetzung wäre:

Ja, die Betreute kann selber eine Anzeige erstatten. Auch wenn als Betreuungsaufgabe "alle Angelegenheiten" benannt wurden.
Erst wenn ein Einwilligungsvorbehalt für alle Angelegeheiten oder auch nur für Behördenangelegenheiten) beschlossen wurde, dann müßte die Betreuerin einwilligen.

Grundsätzlich soll ein Mensch durch das Betreuungsrecht nicht in seinen Rechten beschnitten werden - oder wenn, dann nur so wenig wie möglich (deshalb Einwilligungsvorbehalte).
Ein Betreuer wird den Betreuten "zur Seite gestellt" und nicht oben drauf gesetzt.

Ansonsten kann ich allen Betreuern und auch Polizisten wärmstens empfehlen, sich miteinander zu unterhalten und voneinander zu lernen. Und sei es auch einfach nur um zu begreifen, was der jeweils andere tun kann und wo seine Grenzen sind - also was der andere nicht tun kann.
Berührungspunkte gibt es sowieso genug und damit Gelegeheiten besser miteinander auszukommen und sich gegenseitig besser zu verstehen.

MfG

Imre
__________________
Fehler sind dazu da, um sie zu machen
und daraus zu lernen.
Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen.
Imre Holocher ist offline  
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Alt 16.05.2017, 19:17   #4
Neuer Gast
 
Registriert seit: 14.05.2017
Beiträge: 2
Standard Danke

Ich bin nun ausreichend informiert. Vielen Dank. Da kann ich da nächste mal durchaus kompetent reagieren... 😜

Viele Grüße

Toschef
toschef ist offline  
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Alt 16.05.2017, 20:20   #5
Held der Arbeit
 
Registriert seit: 28.02.2010
Beiträge: 436
Standard

Hallo toschef,

in welchem System konntest du nachschauen, dass die Person betreut wird?
Würde mich persönlich interessieren.

Vg
Bt-nrw
bt-nrw2010 ist offline  
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