Dies ist ein Beitrag zum Thema gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen im Unterforum Situation der Betreuer/innen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Hey ihr Lieben,
ich möchte gerne euren Rat hören. Manchmal ist es nicht verkehrt, die Meinung anderer Menschen zu hören/lesen.
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20.02.2016, 16:35 | #1 |
Forums-Azubi
Registriert seit: 18.06.2010
Beiträge: 50
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gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen
Hey ihr Lieben,
ich möchte gerne euren Rat hören. Manchmal ist es nicht verkehrt, die Meinung anderer Menschen zu hören/lesen. Ich betreue ehrenamtlich einen jungen Mann, aufgrund psychischer Erkrankungen und Behinderungen. Der Schwerbehindertenausweis mit GdB 50 liegt vor und er arbeitet in Vollzeit. Weiterhin bewohnt er eine kleine Wohnung ganz in der Nähe des Arbeitgebers. Zurzeit zeigt mein Klient verhaltensweisen, die ich sehr besorgniserregend finde: Er vernachlässigt seine Wohnung, seine sozialen Kontakte und hat scheinbar seinen Tages-/Nachtrythmus durcheinander gebracht. Gerne erläutere ich das mal kurz anand eines realen Beispieles: Wenn mein Klient Besuch erhält, der vorher mit ihm abgesprochen ist, erscheint er halb nackt an der Tür und völlig verschlafen, da er geweckt wurde. Wenn sich jemand mit ihm in einem Café o. ä. treffen möchte, erscheint er nicht, da er - nach eigener Aussage - verschläft. Diese Termine können auch am Nachmittag geplant sein - gleiche Situation. Seine Wohnung befindet sich außerdem in einem chaotischen Zustand - ja sogar gesundheitsgefährdenden Zustand. Es wird nur unregelmäßig abgewaschen, sodass sich in der Küche Schimmel bildet. Auch Ungeziefer habe ich antreffen müssen. Die Wohnung ist insgesamt in einem dreckigen und ungepflegten Zustand, der mit normaler Unordentlichkeit nicht mehr vergleichbar ist. Da er Neurodermitis an den Schienbeinen hat, sind diese zeitweise aufgekratzt. Die Entzündungsgefahr ist bei diesem Wohnungszustand enorm hoch. Er kümmert sich lediglich halbherzig um die Wohnung, wenn ich mich zum Besuch ankündige. Wenn ich mehrere Wochen nicht vorbei schaue, ist die Wohnung wieder im chaotischen Zustand. Seine Freunde treffen beim Besuch natürlich auf den gleichen Wohnungszustand wie ich. Das ihn somit niemand besuchen möchte, ist verständlich. Seine Freunde/Familie halten aus den Gründen Abstand zu ihm. Er beschwert sich regelmäßig bei mir, dass er keinen Besuch bekommen würde und dass niemand ihn treffen wolle. Ich gebe ihn zu verstehen, woran das - in meinen Augen - liegt und rede mit ihm, dass er bei sich anfangen müsse, was zu ändern. Seine Argumentation: "Wofür soll ich aufräumen? Kommt doch eh niemand!" Dann hat er - wie bereits angesprochen - das Problem, dass er seinen Tages-/Nachtrythmus durcheinander bringt. Er arbeitet generell von 14.30 Uhr bis ca. 22 Uhr (der Arbeitgeber weiß warum). Sobald er Abends zuhause ist, macht er die Spiele-Konsole an. Die wird erst gegen 5 Uhr morgens aus gemacht. Dann schläft er bis 13 Uhr ca. und macht sich wieder fertig für die Arbeit. Diesen Rythmus hat er seit Monaten, wie ich kürzlich erfuhr. Dass er dann an seinen freien Tagen bis Abends schläft und seine Kontakte nicht pflegen kann, ist ebenfalls verständlich. Auch für mich ist dieses Verhalten sehr anstrengend, denn ich erreiche ihn in seiner Freizeit, wenn es kurzfristig etwas zu besprechen gilt, nicht. Auch Termine die vormittags liegen (Ärzte, Behörden ect.), können von ihm nicht wahrgenommen werden. Oder aber, er bleibt die Nacht komplett wach um den Termin wahrnehmen zu können, wie er mir kürzlich sagte. Wie an solchen Tagen sein geistger Zustand ist, muss ich nicht näher erläutern. Ich schaffe es zwar mit viel Engagement ihn aus dieser Situation zu holen. Dann verbessert sich die allgemeine Situation von ihm. Jedoch kostet es mir viel Zeit und Aufwand. Ich glaube bzw. hoffe, dass ich irgendwoher Unterstützung erhalten könnte. Ich habe z. B. bereits öfter psychologische Hilfe ersucht, jedoch geht mein Klient selbstständig nur ganz gelegentlich und nicht regelmäßig zu den Ärzten. Und auch nur, wenn ich ihn täglich daran erinnere und dränge, Arzttermine wahrzunehmen. So kam es also auch bei der psychologischen Unterstützung, dass er einmal vorstellig wurde und dann nie wieder... Ich bin da momentan mit meinem Latein am Ende und hoffe von euch ein paar hilfreiche Tipps zu erhalten, die ihn und mir helfen können. Ich bedanke mch schonmal und wünsche einen schönen Samstag! |
20.02.2016, 17:18 | #2 | ||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Zitat:
Wenn ich abends um 22 Uhr erst aufhöre zu arbeiten brauchts mindestens bis 2 Uhr in der Früh bis ich schlafen kann, eher 3 Uhr. Dass ich dan morgens um 10 Uhr nicht fit bin oder Termine z.B. um 9 Uhr nicht wahrnehmen kann ist vollkommen logisch. Man sollte auch bedenken, dass grundsätzlich bei einer Form von Nachtarbeit, ich kenne das z.B. gerade von Sozialarbeitern aus dem Jugendzentrum, die sozialen Verhältnisse grundsätzlich schwierig werden. Man konnte sich damals kaum noch sozialverträglich für alle verabreden. Zitat:
Kann gut sein, das der Rest der Probleme auch damit zusammenhängt. Keiner wird es toll finden wenn der Nachbar anfängt abends um 1/2 12 Uhr zu staubsaugen z.B.
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diese kommunikation wurde im rahmen der überwachungsgesetze auf ihre kosten dauerhaft gespeichert und wird jederzeit weltweit gegen sie verwendet werden. danke für ihre kooperation. |
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20.02.2016, 20:27 | #3 |
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,592
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Moin moin
Ob die Arbeit oder der Betreute für den bestehenden Tag-/ Nachtrhythmus verantwortlich ist, ist wie die Frage nach dem Huhn und dem Ei. Es gibt genug Menschen, die zu dieser Zeit arbeiten. Manche Arbeiten nur Nachts. Das geht auch. Wie sieht denn der Betreute seine Situation. Ist er damit selber zufrieden, will er sie so? Oder möchte er eigentlich was anderes, kann es aber nicht so einfach formulieren? Wg. des Hinweises, dass er bis morgens um 5:00 h an seiner Spielekonsole herumdaddelt, würde ich noch mal nachhaken: Spielt er, weil er es so toll findet, oder weil er keine Gesellschaft findet und allein ist. Viel und täglich viel herumdaddeln an der Konsole macht durchaus süchtig. Und diese Sucht loszuwerden ist mindestens so hart wie Alkohol. Gegen den Willen des Betreuten würde ich erst dann etwas unternehmen, wenn er selber überhaupt keine Vorstellung davon hat, was er möchte, wie er es möchte und seine eigene Situation überhaupt nicht mehr peilt. Also als ultima ratio, um sein Leben zu retten. Nicht vorher, wenn er eigentlich noch gar nichts an seiner Situation ändern möchte. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
20.02.2016, 21:37 | #4 | ||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Zitat:
Evtl. das zusammen mit einer psychischen Erkrankung macht den Alltag nicht leichter. Zitat:
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21.02.2016, 14:53 | #5 | ||||||
Forums-Azubi
Registriert seit: 18.06.2010
Beiträge: 50
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Hallo ihr Lieben und herzlichen Dank für den hilfreichen Gedankenaustausch!!
Gerne möchte ich auf eure Argumente/Fragen/Anregungen wie folgt eingehen: Zitat:
Der Mensch braucht einen Schlaf zwischen 7 und 8 Stunden. Ich rechne großzügig und setze eine Stunde rauf. Wenn er erst gegen 02 Uhr nachts einschläft, sollte er spätestens um 11 Uhr wach und ansprechbar sein - ist er aber nicht! Zitat:
Es hat sich somit sein Verhalten nicht an die Arbeitszeit angepasst, sondern die Arbeitszeit an sein Verhalten. Zitat:
Zitat:
Ich habe aber das Gespräch zu seinen Freunden gesucht. Und die haben mir mitgeteilt, dass es auch nicht ok ist, wenn man sich mit ihm einen Termin vereinbart und mein Klient erscheint nicht - bzw. liegt noch im Bett - Abends. Dass das kaum ein Freund auf Dauer mit macht, kann ich auch nachvollziehen. Und nicht jeder kann mit psychischen Erkrankungen umgehen. Und selbst wenn seine Freunde zu besuch erschienen sind, wurde sie in eine "Müllhalde" eingeladen. Das mag auch kaum ein Mensch. "Einmal und nie wieder", wie man sich ausdrückte. Hier beißt sich die Katze einfach in den Schwanz. Das Problem ist eben, dass mein Betreuter den Grund seiner Probleme nicht einsieht. Natürlich muss man selber den Antieb finden, wenn man unzufrieden ist. Und bei psychischen Erkrankungen ist das nochmal schwerer. Aber die Probleme wie ein bockiges Kleinkind nicht einsehen zu wollen und zu argumentieren wie ein Kleinkind, sich andersrum aber beschweren, ist auch nicht das gelbe vom Ei. Zitat:
An eine Sucht dachte ich auch schon. Wie sollte ich vorgehen, um mir diese Vermutung bestätigen zu lassen - oder eben als unbegründet bescheinigen zu lassen? Zitat:
Wie ich bereits schrieb: Er will schon was ändern, aber er will dafür nichts machen und auch nichts bezahlen. So funktioniert aber das Leben nicht! Er ist geistig auf dem Stand eines 16-jährigen (per Gutachten) und genauso handelt und argumentiert er. Er zeigt kaum Einsicht. Dennoch gefährdet sein Verhalten seine Gesundheit und auch sein soziales Umfeld, was für jeden Menschen existenziell ist. Und ich überlege da eben schon, ob ich da nicht härter durchgreifen sollte... Schließlich habe ich mich dazu verpflichtet seinem (gesundheitelichen) Wohl zu entsprechen und zu verbessern. Und nicht nur deswegen: Er tut mir leid. Er ist so ein lieber Kerl, der nur ausgenutzt und verarscht wird - selbst von der eigenen Familie. Er ist mir ans Herz gewachsen (ich ihm auch) und das auch deswegen möchte ich seine Situation verbessern. Ich bedanke mich nochmals für eure Zeit und wünsche einen angenehmen Sonntag. Liebe Grüße |
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21.02.2016, 15:43 | #6 | ||||||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Zitat:
Du sagst allerdings bei ihm sei es ein Prinzip und nicht wegen der Arbeitszeit. Das hatte ich anfangs nicht verstanden. Zitat:
Ihn ab und an vielleicht auch damit konfrontieren: Zitat:
Zitat:
Zitat:
Es ist zweifelsfrei ungut was das Kerlchen da macht aber es ist seine Entscheidung und sein Leben. Eine Gefährdung die Betreuerhandeln rechtfertigen würde kann ich nicht erkennen. Zitat:
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21.02.2016, 17:37 | #7 |
Forums-Azubi
Registriert seit: 18.06.2010
Beiträge: 50
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Hallo Michaela,
wie sieht es denn rechtlich aus? Habe ich die Möglichkeit, ihm eine Haushaltskraft irgendwoher zu organisieren? Dann wäre zumindetsens der gesundheitliche Gefährdung viel gerringer. Er sieht die Gefahr natürlich nicht - aber er ist ja auch behindert (muss ich mal ganz klar sagen - nicht böse gemeint). Etwas einzuschätzen fällt ihm eben schwer - deswegen steht er ja u. a. unter Betreuung. Ich für meinen Teil, sehe hier jedenfalls schon eine Gefährdung. Keine akute, lebensbedrohliche Gefährdung. Aber wenn das so weiter geht, gefährdet er sein Leben schon massivst. Stimmt, arbeiten geht er. Und das möchte auch so bleiben. Wenn ihm auch noch berufliche Konsequenzen aufgrund seines Fehlverhaltens bevor stehen, ist es zu spät etwas zu machen. Und naja, das Wort Kündigung hat sein Arbeitgeber mir gegenüber bereits benutzt gehabt. Es ist eben eine sehr schwere Situation. Ich fühle mich machtlos... Wie Eltern bei Teenagern :-) Liebe Grüße und Danke für die Worte |
21.02.2016, 17:59 | #8 | ||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Zitat:
Wer in der Grusi oder ähnlichem ist kann von dort eine Haushaltshilfe bekommen aber jemand ohne "Amtshilfe" .... fällt mir jetzt wirklich nichts ein. Zitat:
Hast du schon mal über BeWo nachgedacht? Das könnte evtl mit Ach und Krach gehen und da hätte er zumindest Unterstützung. Das könnte ein richtiger Ansatz auch für das Einsamkeitsproblem sein- u.U. wenn er das annehmen kann.
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22.02.2016, 14:06 | #9 | |||
Forums-Azubi
Registriert seit: 18.06.2010
Beiträge: 50
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Hallo ihr Lieben!
Zitat:
Oder kann hier jemand von anderen Erfahrungen berichten? Zitat:
Ich meinte völlige Vereinsamung, finanzielle und wirtschaftliche Schädigung. Ein "herausfallen" aus der Gesellschaft. Und das aufgrund seiner Gesamtsituation. Ich denke, dass alle seine Problem eng verknüpft sind: Unreine Wohnung, "Spielsucht", verlagerter Tagesrythmus, das Fehlen von persönlichen Kontakten ect. Und als Betreuerin bin ich ja schon dafür da, solche Gefährdungen zu vermeiden durch Organisationen von Hilfen, Geltendmachung von Ansprüchen, ect. Oder sehe ich das falsch? Zitat:
Dahingehend werde ich mich mal weiter informieren. Danke |
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22.02.2016, 17:26 | #10 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Zitat:
Die von dir angesprochenen"härteren" Massnahmen gibt es nicht- noch nicht. Du solltest auch nicht vergessen, dass jeder das Recht auf seine eigene Schädigung hat.
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