Freiheitsentzug durch Türcodierung
Hallo,
anscheinend ist es rechtlich umstritten, ob eine Türcodierung im Heim - hier muss man die Jahreszahl eintippen, damit sich die Tür öffnet - als freiheitsenziehende Unterbringung zu werten ist oder nicht. Wie sind Eure Erfahrungen hierzu? mfg |
Bei uns wird das manchmal so und manchmal so beurteilt. Kommt scheinbar auch darauf an wie die Einrichtung/Klinik das selbst benennt.
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Hindert die Türcodierung den jeweiligen Bewohner wirksam daran, das Heim zu verlassen?
Wenn ja, ist es natürlich Freiheitsentziehung. Ist der Bewohner dagegen in der Lage, das Heim dennoch zu verlassen (z.B. weil er die Tür selbst mit dem Code öffnen kann), dann ist es auch keine Freiheitsentziehung. Wie das Heim die Sache nennt, dürfte rechtlich eher weniger bedeutend sein. |
Moin moin
FFB spricht da die Genehmigungspflicht an. Will jemand raus, schafft aber den Code nicht, dann ist es Freiheitsentziehung und genehmigungspflichtig. Entscheidend ist da der Wille der betreffenden Person und nicht der Umstand, den Trick nicht zu beherrschen. Das wird aber von Gerichten auch durchaus unterschiedlich gesehen. Manche meinen, dass so ein Türcode bei desorientierten Menschen mit Weglauftendenz eine Schutzmaßnahme sei und ein freier Wille nicht mehr so weit vorliegen, dass er das Schutzbedürfnis überwiegen würde. Andere Gerichte sehen das anders... MfG Imre |
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Nur weil eine freiheitsentziehende Maßnahme eine "Schutzmaßnahme" ist (d.h. zum Schutz des Betroffenen notwendig ist), ändert das nichts an ihrem freiheitsentziehenden Charakter. Aber nur "Schutzmaßnahmen" sind überhaupt nach § 1906 BGB (mit gerichtlicher Genehmigung) zulässig. Genauso ändert das Fehlen eines freien Willens nichts am freiheitsentziehenden Charakter, sondern ist Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit. Wenn der Betroffene seinen Willen noch frei bestimmen kann, ist eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 1906 BGB generell unzulässig. |
Mh, wir haben hier eine Geronto Station das ist die ganze Wand in der die Tür drin ist als grosses Bücherregal gestaltet.
Sieht so aus wie wenn niemand ne Tür sucht dem Hören- Sagen nach und scheinbar hat auch noch keiner versucht das "Bücherregal" zu öffnen. Freiheitsentziehung? |
Unter genehmigungspflichtiger Freiheitsentziehung verstehe ich Medikamente, Fixierungen, verschlossene Türen etc. Die vermeintlichen Bücherregale hindern Menschen ja nicht am Verlassen des Raumes. Wahrscheinlich erleben sie sogar täglich, dass sie geöffnet und geschlossen werden, werden vielleicht sogar täglich durch die Türen aus dem Wohnbereich begleitet zu Spaziergängen, zum Essen etc. Aber die Türen in erster Linie nicht als Türen wahrzunehmen, nimmt dementen Menschen den Druck sie zu öffnen und sich immer weiter zu bewegen auf der Suche nach....das wissen sie leider nicht mehr und suchen und suchen .....
Ich bin eine klare Befürworterin solcher Hilfsmittel, die die Begrenzung der Bewegungsräume (wenn sie groß genug sind) markieren, ohne ein aktives Hindernis wie eine verschlossene Türe zu sein. Wichtig ist doch, dass erst gar nicht das Gefühl von Freiheitsentziehung entsteht. Daher finde ich diese "Bücherregale" auch sehr viel geeigneter als codierte Schlösser und sehe sie nicht als freiheitsentziehende Maßnahmen. Eher so wie einen Rundlauf. Allerdings muss ich zugeben, dass diese Sicherheitsmaßnahme eher niedrigschwellig ist, so dass der Schutz für manche Menschen leider nicht ausreicht. |
Wird denn der Code überhaupt allen Bewohnern mitgeteilt?
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Der hängt in grosser Schrift am Eingang zwei Mal aus. Zumindest bei uns.
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In der betr. Einrichtung sind auch Bewohner, die nicht freiheitsentziehend untergebracht sind. Diese akzeptieren diese Jahreszahl-Codierung und können ja raus, wenn sie das aktuelle Jahr wissen und fähig zum Eintippen sind. Da handelt es sich also wohl unstrittig um keinen Freiheitsentzug. Das Problem sind die dementen Bewohner, die das aktuelle Jahr nicht wissen und/oder des Eintippens nicht fähig sind. Diese könnten zwar raus (die Tür ist ja nicht abgeschlossen), können aber (krankheitsbedingt) nicht. Meines Erachtens stellt dies keinen Freiheitsentzug dar - was viele Gerichte - aber eben nicht alle - auch so sehen. Eine klare Ansage wäre hier von Nöten - besonders aus Sicht der Verfahrenspfleger. mfg |
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Dass die Maßnahme nur bei den dementen Bewohnern funktioniert, die gewisse geistige Einschränkungen haben, scheint mir dabei zweitrangig. Kannst du eine Gerichtsentscheidung nennen, die den freiheitsentziehenden Charakter einer derartigen Türcodierung verneint? Zitat:
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Nein, ich kenne aber auch keine Entscheidung, die dies klar als Freiheitsentziehung definiert. Ungeachtet dessen hat die Codierung natürlich auch eine schützende Funktion im Hinblick auf eine erhöhte Eigen- und Fremdgefährdung, z.B. im Straßenverkehr. Man kann zwar darüber streiten, ob hier im juristischen Sinne eine Freiheitsentziehung vorliegt oder nicht - sinnvoll erscheint diese Maßnahme allemal. Zitat:
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mfg |
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Die schützende Funktion nimmt einer Maßnahme nicht ihren freiheitsentziehenden Charakter, sondern macht die Maßnahme allenfalls – mit gerichtlicher Genehmigung – zulässig. Eine freiheitsentziehende Maßnahme, die noch nicht einmal vor Selbstgefährdung schützt, wäre von vornherein unzulässig. Zitat:
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Mich wundert es sehr, dass dein Betreuungsgericht hierzu unterschiedliche Auffassungen hat. Wie begründen sie denn ihre Auffassung? Ich überlege, ob hier die Arbeitserleichterung für die Gerichte eine Rolle spielen könnte. +++++++ Ich hatte schon mal für eine bettlägerige Betreute eine freiheitsentziehende Unterbringung beantragt. Dies wurde vom Gericht als nicht genehmigungsfähig angesehen, da die B. aufgrund ihrer Imobilität nicht am Weglaufen gehindert würde. Ich sehe das nach wie vor anders, da Imobilität mit personaler Hilfeleistung überwindbar ist. Auch kognitive Einschränkung (Türcode) lässt sich mit personaler Unterstützung kompensieren. Wenn in allen anderen Lebensbereichen der behinderte Mensch Recht auf Unterstützung hat, dann hat er doch auch das Recht, dass ihm jemand beim Türcode behilflich ist. Oder einfach nur beim Runterdrücken einer Türklinke, wenn man das selbst nicht kann. |
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Das kommt auf die Argumentation an. Die codierte Tür ist im Prinzip offen. Der eine sagt, gut. Der andere sagt, man muss die persönlichen Kapazitäten des Betreuten dabei in den Vordergrund stellen- damit ist die Tür praktisch zu. Ausserdem wissen wir doch inzwischen aus der Praxis, die eine, einzig richtige Rechtsauslegung gibt es nicht. Weshalb also die Suche danach? Zitat:
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@Michaela: ich sehe das umgekehrt. Die codierte Tür ist nicht offen, sondern abgeschlossen. Öffnen können sie nur die Menschen, die dazu in der Lage sind.
Nehmen wir eine normale Tür, die abgeschlossen ist. Ich hänge den Schlüssel aber in 2 m Höhe daneben. Sehr kleine Menschen oder Rollstuhlfahrer oder oder können diese Tür dann nicht öffnen und sind eingesperrt. Da kann der Schlüssel noch so sichtbar da hängen. |
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Ein Mensch von 1,50 m kann natürlich(?) etwas in der Höhe von 2 Metern nicht errreichen. Passt das Beispiel wirklich? Evtl passt auch dieses Beispiel nicht: in Frankreich gibt es kaum mehr noch die "normalen" Klingeln, es gibt schon fast standardmässig über- all nur noch einen Code, ist das Freiheitsberaubung für die Bewohner? Wer den Code nicht hat kommt nicht herein! |
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Genauso darf man einem Gehbehinderten, der zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen ist, seinen Rollstuhl nicht einfach wegnehmen. Zitat:
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Du hattest dich im Thema- Zusammenhang sehr gewundert dass nicht alle Gerichte den Sachverhalt gleich oder einheitlich sehen. Hier liegt der Hund usw. Als Beispiel: wir hier haben derzeit wirklich riesige Probleme mit Fixierungen während einer Unterbringung. Dazu gibt es ja das neue, in meinen Augen stark begrüssenswerte Urteil der BGH. Jetzt solte man meinen dass dies vom Gericht auch so gesehen und in den Entscheidungen umgesetzt wird. Was sagt der Richter dazu: ich halte mich an die bisherige Gesetzeslage. Wenn die Justiz diese geändert hat werde ich mich auch danach orientieren. Bis dahin habe ich zwar des BGH Urteil zur Kenntnis genommen aber ich werde danach nicht grundsätzlich entscheiden da dieses Urteil immer noch auch Fallbezogen erging. Durchaus auch eine rechtlich haltbare Poition. Soviel zur "Einheit der Rechtsordnung":nein: Zu deinem Beispiel: Zitat:
Gerade in der letzten Zeit fühle ich mich durch die vielen Gesetzesänderungen, Postulate usw. sehr gefordert, um nicht zu sagen fast überfordert. Auch ich hätte gerne rechtliche Klarheit beim agieren. Je tiefer ich zufällig auf bestimmte Punkte/Gesetze stosse und darin wühle desto mehr bin ich (rechtlich) unsicher. An dem Thema Fixierung erleben wir gerade hautnah wie Positionen sich verändern in der Handhabung obwohl doch alles so klar und eindeutig schien. Gut ist das nicht und zudem sind wir keine Juristen, ist nicht unser Job alleinig zumindest. Ich besinne mich dann auf das Wohl meiner Kunden und ziehe mich letztendlich darauf zurück. Auch das ist nicht gut aber ne andere Lösung fällt mir dazu einfach nicht ein aber davon haben meine Leute wenigstens was. |
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Dafür beantrage ich auch keine Genehmigung. Das kann ich sehr wohl begründen, weil das Leben dieser Dame viel eingeschränkter wäre, wenn diese Fototapete nicht da wäre. Entscheidend für mich dabei ist, dass sie durch diese niederschwellige Raumveränderung nicht in ihrem Wunsch den Raum zu verlassen eingeschränkt wird, sondern ein zusätzlicher Reiz der Weglauftendenz entfällt und das Bedürfnis den Raum zu verlassen erst gar nicht entsteht. Anders würde ich allerdings handeln, wenn die Tür codiert wäre und sie immer wieder versuchen würde hinauszugelangen und das einfach nicht könnte,weil sie den richtigen Code nicht eingeben kann. Dann stelle man sich noch folgende Situation vor: eine hochdemente aber mobile Betreute verlässt den Wohnraum, während die eine Pflegekraft gerade Pflege am Bett macht, die andere Pflegekraft eine sturzgefährdete Bewohnerin in den Essensraum begleitet und die dritte Medikamente stellt..... |
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Einheit der Rechtsordnung
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Wenn eine Betroffene dagegen gar nicht zum Weglaufen neigt, dann muss man es auch nicht verhindern, und dann darf man es auch gar nicht. Die freiheitsentziehende Maßnahme ist dann nicht erforderlich und somit generell unzulässig. Mit anderen Worten: Eine Betroffene ohne Weglauftendenz darf auf keinen Fall hinter einer codierten Tür untergebracht werden, die sie nicht öffnen könnte. Zitat:
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Genau in dieselbe Kategorie fällt dann das: Zitat:
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Wir haben hier eine geschlossenen Einrichtung in der Nähe, wenn ich keine andere Möglichkeit bei dem Kunden sehe bringe ich dort auch unter aber- schön und angenehm, vor allem Förderung sieht deutlich anders aus. Es ist ja jeder nicht gleich voll daneben, bei einigen mit dem Problem sind immer noch Kompetenzen sichtbar und werden auch genutzt. Soll ich diese mit einer geschlossenen Unterbringung "vernichten"? Ich denke solche Überlegungen in diese Frage mit einfliessen zu lassen machen auch den Job des Betreuers aus- soziale Abwägungen zu treffen. Ansonsten, wenn es um die reine Lehre der Justiz ginge, könnten oder müssten Betreuungen ja alleine von Anwälten geführt werden. Dafür wären sie geeignet und ausgebildet, wir als Soz.Päds o.ä. hätten da dann gar nichts zu suchen. |
Moin moin
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MfG Imre |
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In meiner Region gibt es eine ganze Reihe von Seniorenpflegeheimen mit "beschützenden" (geschlossenen) gerontopsychiatrischen Abteilungen. Dort werden Ausgangstüren versteckt und/oder verschlossen, sodass die Bewohner nicht von selbst hinaus können. Um jemanden dort unterzubringen, braucht man eine gerichtliche Genehmigung nach § 1906 BGB. |
Es dreht sich. Da sind zwei verschiedene Möglichkeiten-bei den einen geht es so, bei den anderen anders.:winke:
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