Dies ist ein Beitrag zum Thema Nichteinhaltung der Corona Quarantäne durch Betreuten im Unterforum Aufenthalt - Freiheitsentziehung , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Moin,
ich stehe hier ein wenig zwischen den Stühlen, da ich nicht
weiß, wie ich mich hier korrekt verhalten soll.
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06.11.2020, 09:52 | #1 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 02.03.2010
Ort: Hannover/Niedersachsen
Beiträge: 98
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Nichteinhaltung der Corona Quarantäne durch Betreuten
Moin,
ich stehe hier ein wenig zwischen den Stühlen, da ich nicht weiß, wie ich mich hier korrekt verhalten soll. Ich habe gestern mit einem Betreuten telefoniert, der mir berichtete, dass er mit Covid 19 infiziert ist. Er hat keine starken Auswirkungen der Infektion und geht daher auch noch Einkaufen und Spazieren. Er vermummt sich dann und achtet auf die Abstände. Ich habe ihn dann auf die Quarantäne hingewiesen. Das er durch sein Verhalten andere Menschen gefährdet und im schlimmsten Fall sogar töten könnte. Zudem muss er, falls er erwischt wird, ein Bußgeld zahlen und evtl könnten auch Schadenersatzforderungen auf ihn zukommen. Er meinte daraufhin, dass ihm ein, zwei Bekannte schon Hilfe angeboten haben und er die jetzt in Zukunft wohl auch annehmen will. Aber auf eine komplette Quarantäne könne er sich nicht einlassen. Er muss zumindest einmal täglich an die Luft und spazieren gehen (Großstadt). Er war an einer stärkeren Psychose erkrankt, ist jetzt aber gut eingestellt und kümmert sich auch um seine Gesundheit. Zu einer freien Willensbildung ist er eindeutig in der Lage. Sollte ich diesen Fall dem Gesundheitsamt melden? Das dient natürlich nicht der guten Zusammenarbeit, andererseits könnte er andere Menschen gefährden, auf ihn könnten Forderungen zukommen und schlußendlich ja auch auf mich. Auf Grund der großen Entfernung gebe ich die Betreuung in ca 3 Wochen ab. Ich habe schon mit der Betreuungsstelle telefoniert, aber die haben hierzu auch keine klare Meinung. Gruß und Danke für Ideen, bzw. klare Vorgaben. marza Geändert von marza (06.11.2020 um 10:37 Uhr) |
06.11.2020, 10:42 | #3 | |
Forums-Geselle
Registriert seit: 02.03.2010
Ort: Hannover/Niedersachsen
Beiträge: 98
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Zitat:
oder hat das auch Gültigkeit, wenn sich jemand nicht an die durchzuführenden Maßnahmen (Quarantäne) hält? |
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06.11.2020, 15:05 | #4 | |
Stammgast
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: NRW
Beiträge: 662
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Hallo marza,
da Du schriebst ist alles recht klar soweit, denke ich. Du bist als gesetzl. Betreuerin nicht zwingend Überwachungsgarantin für Deinen Betreuten und musst daher m. E. auch nicht zur Anzeige bringen, dass er (möglicherweise) hier und da gegen die Regelungen des IfSG verstößt und dadurch ordnungswidrig oder (je nachdem) gar strafbar handelt. Du bräuchtest ohnehin auch einen entsprechenden AK, um hier (wie auch immer) tätig zu werden. Ich würde da zunächst einmal nichts unternehmen. Der Betreute schädigt sich ja nicht selbst, allenfalls durch die Begehung von Owis o. Straftaten, ggf. auch z. N. anderer. Letzteres genügt jedoch nicht unbedingt für die Begründung einer Garantenstellung im strafrechtlichen Sinne (und damit auch nicht zu einer Strafbarkeit von Dir durch etwaiges Unterlassen). Betreute, insbesondere Deiner (einwilligungsfähig), haben nicht nur das "Recht auf Verwahrlosung [BGH], sondern auch eines auf die Begehung von Straftaten (oder OWis). Ggf. müsste das Gesundheitsamt, das ja grds. Kenntnis von dem Infektionsfall haben dürfte, von sich aus tätig werden. Zitat: Zitat von HorstD Der rechtliche Betreuer ist bei den in § 8 IfSG genannten Personen nicht aufgeführt. Zitat:
Gruß Holger |
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06.11.2020, 15:43 | #5 | |
Berufsbetreuer
Registriert seit: 30.07.2007
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 2,642
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Zitat:
Das mag zwar rechtlich so alles stimmen, aber irgendwo hört der Spass auf. Ich würde meinen Betreuten darauf hinweisen, dass er sich gefälligst an die Quarantäne-Bestimmungen zu halten hat oder er dann mit rechnen muss, dass ich ihn (als Privatperson) verpfeife. Dasselbe gilt für (Straf)Taten des Betreuten, wo seine oder die Gesundheit Anderer in Gefahr geriete. mfg
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06.11.2020, 16:20 | #6 |
Moderator
Registriert seit: 24.03.2005
Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 5,788
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Verstöße gegen Coronaquarantänemaßnahmen sind (nach landesrechtlichen Bestimmungen) lediglich Ordnungswidrigkeiten nach dem OWiG. Dort gibt es (wie auch bei den meisten geplanten Straftaten) keine Anzeigepflichten. Ausnahmen stehen in § 138 StGB. Da gehts um Mord und Totschlag, Terrorattentate usw.
Es drohen bei Quarantäneverstößen Bußgelder bis 25.000 €. Darauf sollte man den Betreuten natürlich mit gebotener Härte hinweisen.
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
06.11.2020, 16:54 | #7 | |
Forums-Geselle
Registriert seit: 23.03.2020
Ort: BERLiN <3
Beiträge: 86
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Zitat:
habe null verständnis dafür, wenn man hier überhaupt überlegt! |
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06.11.2020, 17:10 | #8 |
Stammgast
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: NRW
Beiträge: 662
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@Carlos:
Ich bin (mit dem nötigen Augenmaß) ebenfalls für eine konsequente Umsetzung der Pandemieregelungen, keine Frage. Von der Infektion hast Du jedoch nicht als Privatperson erfahren. Inwiefern das Geheimhaltungsinteresse hier höher wiegt als der Schutz Dritter sei dahingestellt - Einzelfallbetrachtung. "Nur", weil der Betreute trotz angeordneter Quarantäne spazieren geht, würde ich ihn jedenfalls nicht dem Gesundheitsamt melden. Was soll denn (neben einer OWI-Anzeige) überhaupt auch die Folge sein? Eine Unterbringung? Ich bin da bei HorstD und würde den Betreuten eindringlich (meinetwegen unter Androhung des "Verpfeifens") aufklären... @HorstD: Mein Hinweis auf Strafbarkeiten (außerhalb Nichtanzeige, § 138 StGB) war in Richtung der Eingangsfrage von marza bezügl. möglicher Unterlassungsstrafbarkeiten (KV pp.) des Betreuers gerichtet...ist naklar alles zunächst recht abstrakt...aber das weisst Du ja auch Grüße FH |
06.11.2020, 22:21 | #9 | |
Berufsbetreuer
Registriert seit: 30.07.2007
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Beiträge: 2,642
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Zitat:
Ob ich ihn dann wirklich verpfeifen würde, mal sehen; siehe hierzu auch: https://www.swr.de/swraktuell/baden-...eisen-100.html mfg
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07.11.2020, 00:02 | #10 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 28.08.2018
Beiträge: 235
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Ich würde so jemanden definitiv melden.
Und ihm aber vorher Unterstützung anbieten, in der Hoffnung dass er dann doch daheim bleibt - z. B. durch Telefonate? - , denn Quarantäne ist gerade für Singles etwas sehr Hartes, das sogar psychisch gesunde Menschen krank machen kann. Aber es gibt Quarantäne und Quarantäne. Es gibt zig Menschen in Quarantäne, die sich vorbildlich dran halten und lediglich wegen Kontakt zu einem Infizierten für die Dauer der Inkubationszeit vorsichtshalber in Quarantäne müssen und selbst NICHT infiziert sind. Bei so jmd. würde ich denken: ok, muss er selber wissen und wenn ihm das spazieren so wichtig ist. Aber bei jmd., der nachweislich infiziert ist, hätte ich null Verständnis, wenn der weiterhin einkaufen und spazieren ginge. Er kann zig Leute anstecken, hat er vielleicht sogar schon. Zeig mir den Supermarkt, in dem man tatsächlich permanent den Abstand einhalten kann. Im ganzen Land kämpfen ganze Branchen ums Überleben, sehr, sehr viele Menschen schränken ihre Kontakte wieder massiv ein - das alles um andere, besonders die Risikogruppen, zu schützen. Ich könnte das mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, einen Infizierten fröhlich durch die Weltgeschichte rennen zu lassen. |
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