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Unterbringungsbeschluss, aber keine perspektive. Was nun?

Dies ist ein Beitrag zum Thema Unterbringungsbeschluss, aber keine perspektive. Was nun? im Unterforum Aufenthalt - Freiheitsentziehung , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Moin Florian In der Situation war es eigentlich völlig kreuz und quer, paradox bis zum geht nicht mehr, aber es ...


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Alt 10.12.2023, 17:32   #11
Admin/Berufsbetreuer
 
Benutzerbild von Imre Holocher
 
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 9,099
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Moin Florian


In der Situation war es eigentlich völlig kreuz und quer, paradox bis zum geht nicht mehr, aber es mußte etwas passieren, um Gesundheit und Leben des Betreuten nicht zu gefährden bzw. aus der Gefahrenzone (wg. Sepsis) herauszuholen.



Im Prinzip eine Sache für §1831BGB, wenn nicht gerade eine akute Gefährdung vorliegen würde und der Betreute niemals freiwillig einen RTW besteigen würde. Wegen der Akutheit (jetzt brennt's und nicht erst morgen) ist PsychKG angesagt.

Mit Arzt vor Ort gewesen. Auf dem Weg dahin Polizei angerufen und um Untersützung durch Ordnungsbeamten wg. PsychKG hingewiesen. Die Ordnungsbeamte verwies auf §1831 BGB, weil es einen Betreuer gibt.

Weil der Betreute nie freiwillig einen RTW besteigen würde wurde Unterstützung durch Polizei beantragt - deshalb: für den konkreten Auftrag zum Loslegen ist die Ordnungsbeamtin notwendig.

Die Richterin ließ dann die gesamte Unterbringung nach PsychKG laufen und sagte sehr deutlich, dass sie das Gehampel der Behörde um PsychKG oder BGB für absolut unsinnig hält.

Nebeneffekt: Wg der Unterbringung gem. PsychKG konnte sich das Krankenhaus nicht drücken...


Das verquirlte an der Situation war es, einen geistig behinderten Menschen mit einer beginnenden Sepsis am Fuß und notorischen Ärzte- /Behandlungsverweigerung in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, von dem aus das benachbarte somatische Krankenhaus konsiliarisch um die notwendige Behandlung gebeten werden konnte. Die Psychiatrie fand das nicht so toll, weil der Betreute im Prinzip wirklich nicht ihr Klientel ist, und die Somatik war es auch nicht gerade gewohnt mit solchen Patienten umzugehen.



Ergebnis: Der Betreute der zum Termin der Unterbringung mit seinem schon angeschwärzten Fuß nicht einmal mehr vom Sofa aufstehen konnte, hat den Fuß nicht verloren und kann sogar wieder gehen - wenn auch mit einem Rollator. Er ist zäh und gibt nicht auf.



Wenn ich bei so einer Gefahrensituation die Gesundheit oder das Leben meiner Betreuten nur damit retten kann, in dem ich alle über den Tisch ziehen muss, die sich sonst wegen Unzuständigkeit aus der Affaire ziehen würden, dann verteile ich auch Schierseife auf dem Tisch, damit es gut flutscht. In diesem Fall hat es richtig Spaß gemacht, auch wenn die 6 Stunden auf einen Sonntag gefallen sind.



MfG
Imre
__________________
Fehler sind dazu da, um sie zu machen
und daraus zu lernen.
Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen.
Imre Holocher ist offline  
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Alt 11.12.2023, 06:56   #12
Held der Arbeit
 
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Beiträge: 410
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Zitat:
Zitat von Imre Holocher Beitrag anzeigen
Moin Florian


In der Situation war es eigentlich völlig kreuz und quer, paradox bis zum geht nicht mehr, aber es mußte etwas passieren, um Gesundheit und Leben des Betreuten nicht zu gefährden bzw. aus der Gefahrenzone (wg. Sepsis) herauszuholen.



Im Prinzip eine Sache für §1831BGB, wenn nicht gerade eine akute Gefährdung vorliegen würde und der Betreute niemals freiwillig einen RTW besteigen würde. Wegen der Akutheit (jetzt brennt's und nicht erst morgen) ist PsychKG angesagt.

Mit Arzt vor Ort gewesen. Auf dem Weg dahin Polizei angerufen und um Untersützung durch Ordnungsbeamten wg. PsychKG hingewiesen. Die Ordnungsbeamte verwies auf §1831 BGB, weil es einen Betreuer gibt.

Weil der Betreute nie freiwillig einen RTW besteigen würde wurde Unterstützung durch Polizei beantragt - deshalb: für den konkreten Auftrag zum Loslegen ist die Ordnungsbeamtin notwendig.

Die Richterin ließ dann die gesamte Unterbringung nach PsychKG laufen und sagte sehr deutlich, dass sie das Gehampel der Behörde um PsychKG oder BGB für absolut unsinnig hält.

Nebeneffekt: Wg der Unterbringung gem. PsychKG konnte sich das Krankenhaus nicht drücken...


Das verquirlte an der Situation war es, einen geistig behinderten Menschen mit einer beginnenden Sepsis am Fuß und notorischen Ärzte- /Behandlungsverweigerung in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, von dem aus das benachbarte somatische Krankenhaus konsiliarisch um die notwendige Behandlung gebeten werden konnte. Die Psychiatrie fand das nicht so toll, weil der Betreute im Prinzip wirklich nicht ihr Klientel ist, und die Somatik war es auch nicht gerade gewohnt mit solchen Patienten umzugehen.



Ergebnis: Der Betreute der zum Termin der Unterbringung mit seinem schon angeschwärzten Fuß nicht einmal mehr vom Sofa aufstehen konnte, hat den Fuß nicht verloren und kann sogar wieder gehen - wenn auch mit einem Rollator. Er ist zäh und gibt nicht auf.



Wenn ich bei so einer Gefahrensituation die Gesundheit oder das Leben meiner Betreuten nur damit retten kann, in dem ich alle über den Tisch ziehen muss, die sich sonst wegen Unzuständigkeit aus der Affaire ziehen würden, dann verteile ich auch Schierseife auf dem Tisch, damit es gut flutscht. In diesem Fall hat es richtig Spaß gemacht, auch wenn die 6 Stunden auf einen Sonntag gefallen sind.



MfG
Imre
Problem hatte ich auch: Betreuter mit starker Sepsis im Arm, musste unbedingt operiert werden. Absolut keine Krankheitseinsicht. Der Tot kopfte schon an der Türe, wenn nicht sofort operiert würde. Dann ging das Kompetenzgerangel los: Behörde wollte kein PsychKG da ja ein Betreuer vor Ort sei, Betreute wollte sich nicht operieren lassen, Notrichter wollte keinen Beschluss machen, das wäre ein Fall für die Ordnungsbehörde. Psychiatrie wollte ihn nicht nehmen, nach OP. Schwere Vorwürfe der Ärzteschaft bekommen. Aufgrund eines wirklich kompetenen Ärzteteams, Anästesist etc. ging es dann so schnell, dass der Betreuter das gar nicht mitbekommen hat. Wurde im Bett operiert ....hätte ich nicht reagiert, dann wäre er gestorben. Keine Ahnung, warum die Behörden das PsychKG zur Zeit so meiden wie der Teufel das Weihwasser. Ist mir schon öfter passiert.
Just ist offline  
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Alt 11.12.2023, 10:01   #13
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Registriert seit: 24.03.2005
Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 6,775
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Einmal natürlich aufgrund des alten Verwaltungsgrundsatzes: lass andere die Arbeit machen.

Aber tatsächlich zeigen eure beiden letzten Beispiele die Grenze des PsychKG auf: nach diesen Gesetzen ist nämlich nur die Zwangsbehandlung der „Ursprungserkrankung“ zulässig. Das ist aber nicht die Sepsis, wie im letzten Beispiel, sondern die psychische Krankheit. Alle somatischen Behandlungen gehen nur freiwillig oder über §§ 1831, 1832 BGB. Oder Ärzte nehmen den übergesetzlichen Notstand (§ 34 StGB) als Rechtfertigungsgrund, wie offenbar zuletzt geschildert. Wenn Sie den A. in der Hose haben. Die Rechtsprechung wird das goutieren, wobei es eh extrem unwahrscheinlich wäre, dass es in so einer Situation zum Strafverfahren kommt.
__________________
Mit vielen Grüßen
Horst Deinert

Weitere Infos:

https://www.lexikon-betreuungsrecht.de
HorstD ist offline  
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Alt 11.12.2023, 10:57   #14
Held der Arbeit
 
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Ort: NRW
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Zitat:
Zitat von HorstD Beitrag anzeigen
Einmal natürlich aufgrund des alten Verwaltungsgrundsatzes: lass andere die Arbeit machen.

Aber tatsächlich zeigen eure beiden letzten Beispiele die Grenze des PsychKG auf: nach diesen Gesetzen ist nämlich nur die Zwangsbehandlung der „Ursprungserkrankung“ zulässig. Das ist aber nicht die Sepsis, wie im letzten Beispiel, sondern die psychische Krankheit. Alle somatischen Behandlungen gehen nur freiwillig oder über §§ 1831, 1832 BGB. Oder Ärzte nehmen den übergesetzlichen Notstand (§ 34 StGB) als Rechtfertigungsgrund, wie offenbar zuletzt geschildert. Wenn Sie den A. in der Hose haben. Die Rechtsprechung wird das goutieren, wobei es eh extrem unwahrscheinlich wäre, dass es in so einer Situation zum Strafverfahren kommt.

Das heißt, wenn der Beteute aufgrund der Psychose die Gefahr der Sepsis nicht erkennt, dann greift das PsychKG auch nicht?
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Alt 11.12.2023, 12:28   #15
Routinier
 
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: Im Weserbergland (NRW)
Beiträge: 1,063
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Zitat:
Zitat von Just Beitrag anzeigen
Das heißt, wenn der Beteute aufgrund der Psychose die Gefahr der Sepsis nicht erkennt, dann greift das PsychKG auch nicht?
Hallo Just, HorstD stellte hier wohl auf die Behandlung ab. Die Unterbringung PsychKG als solche ist naklar möglich bei fehlender Krankheitseinsicht aufgrund einer psychischen Erkrankung, wie Du richtigerweise annimst. Weitere Voraussetzung ist dabei eine gegenwärtige erhebliche Gefahr (bedeutsames Rechtsgut in erheblicher Weise betroffen, unmittelbar bevorstehender oder bereits staatgehabter und andauernder Schadenseintritt), dies mit der Maßgabe der Regelungen/Rspr. zur berechtigten Selbstschädigung. Letztere darf (und muss) durch Maßnahmen nach dem PsychKG unter den bekannten Voraussetzungen "durchbrochen" werden. Dabei implizit miterfasst wird jedoch zunächst die Behandlung der zugrundeliegenden psychischen Erkrankung, die den Mangel der Einsichtsfähigkeit verursacht. Die somatische Erkrankung (Bsp. akute generalisierte Sepsis) geht in der Folge dann betreuungsrechtlich (siehe HorstD), bei Verwigerung. Bei einer akuten Sepsis kann man sich naklar alles andere sparen, wenn nicht ganz vorrangig zunächst und sofort diese behandelt würde. Daher die Hinweise auf § 34 StGB (Rechtfertigender Notstand) pp. MfG Florian

Geändert von Florian (11.12.2023 um 12:44 Uhr)
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