Dies ist ein Beitrag zum Thema Unterbringung bei Alkoholmissbrauch im Unterforum Aufenthalt - Freiheitsentziehung , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Moin,
ich würde gern einen Fall schildern, bei dem ich aktuell an meine Grenzen stoße:
B (21 Jahre, alkoholabhängig) lebt ...
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#1 |
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Forums-Geselle
Registriert seit: 18.04.2022
Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 280
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Moin,
ich würde gern einen Fall schildern, bei dem ich aktuell an meine Grenzen stoße: B (21 Jahre, alkoholabhängig) lebt in einer "besonderen Wohnform" für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung. Man ist dort auf das Thema "Sucht" spezialisiert. Die Einrichtung tut alles, um dem B ein abstinentes Leben zu ermöglichen. Der B hat zahlreiche Entgiftungen in der (glücklicherweise) nahegelegenen Suchtsklinik hinter sich. Er wird nahezu wöchentlich rückfällig (wenn man das so nennen möchte) und wird dann mal freiwillig, mal in Polizeibegleitung zur Entgiftung gebracht. Die Einrichtung hat angekündigt, dass er langsam nicht mehr tragbar ist, da er verständlicherweise andere Bewohner*innen "triggert". Eine Rehamaßnahme (qualifizierter Entzug) hat er auch schon mal über zwei Monate über sich ergehen lassen. Im Anschluss hat er binnen weniger Tage wieder getrunken. Es ist nicht wirklich ein Abstinenzwille da. Der B wird, sobald Alkohol intoxikiert, "pöbelig" und auch agressiv. Dabei bleibt es meistens bei verbaler Agressivität, er hat aber auch schon Polizisten angegriffen und es kam zum Prozess. Die Mitarbeitenden der Einrichtung kennen das Spiel mittlerweile und lassen ihn dann in Ruhe oder rufen auch schon mal die Polizei. Er rückt auch seinen Restalkohol nicht heraus, zieht sich in sein Zimmer zurück, wenn er erwischt wurde und konsumiert dort den Rest. Am nächsten Tag zeigt er sich zumeist reumütig und einsichtig, leht eine Rehamaßnahme aber ab. Von Suizidalität ist er bei klarem Verstand "glaubhaft distanziert". Im "Suff" äußerte er auch schon mal Suizidgedanken. Frage: Ich ziehe in Erwägung, bevor es zur Obdachlosigkeit und dem endgültigen sozialen Absturz kommt, die Möglichkeit einer Unterbringung prüfen zu lassen. Ich gehe nicht davon aus, dass ein Antrag Aussicht auf Erfolg hat. Gibt es hier Betreuer*innen, die schon mal einen ähnlichen Fall hatten? Wie könnte eine Argumentation aussehen?
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Viele Grüße Fridel
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#2 |
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Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 9,270
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Moin moin
Herzlichen Glückwunsch. So jemand bereitet einem keine Freude. Andererseits: Hast Du schon einmal überlegt, wie weit Du, das Heim, die Polizei und die Klinik für ihn der rettende Strohhalm sein, der ihm das hemmungslose Weitersaufen ermöglicht? Irgendwie ist das auch Co-Alkoholismus. Wenn er so hart drauf ist, würde ich eine Enrichtung suchen, in der er man mit so jemandem umgehen kann. Der Adelen-Stift (Innere Mission) in Bremen hatte mal so einen Ansatz. Den neuen Bewohnern haben sie ganz klar gesagt, dass sie sich totsaufen dürfen. Bitte draußen, im Garten und nicht im Haus. Nur saufen müssen sie selber. Das hat eine ganze Reihe von Trinkern umgekrempelt und die wenigsten sind am akuten Suff gestorben. Frage deinen Betreuten doch mal, was er davon hält, wenn er sich totsaufen darf und Dich das nicht stört, wenn er das so möchte. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
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#3 | |
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Club 300
Registriert seit: 29.07.2019
Ort: Nähe Weißwurstäquator
Beiträge: 349
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Zitat:
der eine Satz reicht eigentlich schon: dann habt ihr keine Chance. Ich würde ihm klar machen, dass das Ende der Fahnenstange jetzt erreicht ist und er sich entweder ernsthaft überlegt, sein Leben noch zu retten - und zu führen. Oder er sich auch gerne in der Obdachlosigkeit tot saufen darf. Ist zwar hart für jemanden mit 21 Jahren, aber das ist die Marschroute bei dem Lebensstil. Den Platz soll er dann an jemanden abgeben, der ihn nutzen möchte. Er will das ja offensichtlich nicht. Ein Fall für die UB ist das für mich nicht, weil es ihn zwar trocken hält, so lange er drin ist, aber das war´s dann auch - und geht ja nicht ewig. Genau aus dem Grund ist bloße Sucht übrigens gemeinhin nicht ausreichend für eine Betreuung, sondern erst, wenn Folgeschäden wie Korsakow etc. hinzukommen. Der Gedanke daran ist, dass ein großes Suchthilfesystem jedem zur Verfügung steht, der etwas ändern möchte. Erst wenn das jemand nicht mehr kann, soll die Betreuung eingreifen. |
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#4 | ||||
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Routinier
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: Im Weserbergland (NRW)
Beiträge: 1,073
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Zitat:
ja, so ist das wohl. Allerdings würde ich den Aspekt "Platz machen für andere" aus meinen Überlegungen als Betreuer rauslassen, das interessiert mich erstmal nicht. Mir geht es einzig um meinen Klienten. Mitschwingen wird das naklar immer, auch klar! Zitat:
Zitat:
Zitat:
Viele Grüße von Florian |
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#5 | |
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Club 300
Registriert seit: 29.07.2019
Ort: Nähe Weißwurstäquator
Beiträge: 349
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Zitat:
natürlich, das ist der Job, als Betreuer die Interessen der betreuten Person vorrangig im Blick zu haben. Je nach Situation würde ich es aber durchaus ansprechen, mehr so nach dem Motto: Deine Chance, nutze sie JETZT. Sonst geht der Platz an jemand anderen. (Das war schon angedeutet, das die WG langsam auch die Geduld verliert.) |
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#6 | |
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Routinier
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: Im Weserbergland (NRW)
Beiträge: 1,073
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Zitat:
War auch gar nicht als Kritik gemeint, allenfalls zur Verdeutlichung...Mir geht's nur auch darum, nicht aus dem Auge zu verlieren, dass es sich um "arme Gestalten" handelt und wir immer Mensch bleiben sollten bei dem ganzen Scheiß und bei (nicht selten) all der Aussichtslosigkeit des Einzelfalles. Manch einer wurde in Lebensverhältnisse hineingeboren, in denen Saufen oder sonstwas eben erlerntes Mittel zur Kompensation ist oder die als solche psychische Erkrankungen, geistige Gebrechen, sonstwas und in der Folge eben mitunter Sucht, Gewalt, Kriminalität und vielen anderen Mist befördern. Nicht jeder ist immer an allem ganz allein selber schuld und nicht jeder ist qua Geburt in der Lage, seines eigenen Glückes Schmied zu sein, da wurden wir doch mit unserer arroganten Haltung (aus guten Verhältnissen heraus) längst Lügen gestraft. Nur leider versucht man uns immer noch weiszumachen, wenn etwas schief laufe, seien wir ganz allein selbst daran, es zu ändern. So wahr das oft einerseits ist (Umsetzungsebene in letzter Konsequenz), so falsch ist es nicht gerade selten andererseits (Schuldebene). Naja, wie auch immer, beste Grüße von Florian Geändert von Florian (27.10.2024 um 15:07 Uhr) |
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#7 | |
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Forums-Geselle
Registriert seit: 18.04.2022
Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 280
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Zitat:
ABER: Sicherlich ist das mit der Co-Abhängigkeit ein wichtiger Aspekt, den ich auch nicht aus den Augen verloren habe. Hab die Heimleitung sogar gebeten, endlich mal schriftlich abzumahnen und im Zweifelsfall auch zu kündigen. Manchmal bewirkt so ein totaler Absturz ja etwas. Das mit der Unterbringung werde ich mir wohl verkneifen.... Danke für eure Anregungen!
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Viele Grüße Fridel
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#8 | |
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Routinier
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: Im Weserbergland (NRW)
Beiträge: 1,073
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Zitat:
MfG Florian |
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