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Einwilligungsvorbehalt: Definition sowie Probleme bei Zwangsmaßnahmen

Dies ist ein Beitrag zum Thema Einwilligungsvorbehalt: Definition sowie Probleme bei Zwangsmaßnahmen im Unterforum Aufenthalt - Freiheitsentziehung , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Ich habe mal wieder eine spezielle Frage. Eine meiner Betreuten hat derzeit eine relativ harmlose Augenerkrankung. Allerdings ist sie psychisch ...


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Alt 11.01.2025, 01:20   #1
Einsteiger
 
Registriert seit: 22.04.2024
Ort: Karlsruhe
Beiträge: 24
Idee Einwilligungsvorbehalt: Definition sowie Probleme bei Zwangsmaßnahmen

Ich habe mal wieder eine spezielle Frage.


Eine meiner Betreuten hat derzeit eine relativ harmlose Augenerkrankung. Allerdings ist sie psychisch so stark auffällig, dass sie die Operation nicht möchte. Es wird auch davon ausgegangen, dass sie die Operationsnähte oder Verbände aufkratzen würde.


Außerdem wäre die Hygiene nicht gewährleistet. Da sie starke Raucherin ist, würde auch Rauch ins Auge gelangen, was die Heilung beeinträchtigen könnte. Insgesamt würde die Prozedur voraussichtlich schiefgehen, und der Schaden nach der Operation könnte schlimmer sein als zuvor.


Das Heim ist jedoch der Meinung, dass die Operation dringend durchgeführt werden muss, da die Betreute sonst vollständig erblindet. Die Angehörigen stimmen dem ebenfalls zu.


Der Psychiater sagte, dass die Operation aufgrund ihrer psychischen Erkrankung notwendig ist, da sie die Folgen der Nichtbehandlung nicht erkennen kann. Er schlug aber auch vor, die Betreute vor der Operation stationär in eine psychiatrische Klinik zu bringen, um sie dort zu stabilisieren. Dazu müssten ihre Medikamente abgesetzt werden, damit eine Vollnarkose möglich ist.


Nach der Operation müsste sie wieder in die Psychiatrie, um dort überwacht zu werden.


Er geht außerdem davon aus, dass sie sich die Verbände von den Augen reißen würde, weshalb sie mehrere Tage fixiert und ruhiggestellt werden müsste.


Bereits vor Weihnachten habe ich angefangen, das Amtsgericht über die Situation zu informieren. Der Psychiater betonte, dass die Maßnahme leider nur unter Zwang durchführbar sei.


Die Richterin hat mich jedoch zurechtgewiesen, weil ich anscheinend etwas Falsches geschrieben hatte. Ich hatte angegeben, dass ich die Operation nicht ansetzen könne, da bei der Betroffenen kein Einwilligungsvorbehalt besteht und sie frei entscheiden könne – und sie lehnt die Behandlung ab.


Die Richterin erklärte mir, dass der Einwilligungsvorbehalt nur bei Finanzgeschäften gilt. Ich hätte das so nicht formulieren dürfen.


Nun habe ich § 1825 BGB recherchiert. Dort heißt es:
"(1) Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsgericht an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die einen Aufgabenbereich des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt). Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Einwilligungsvorbehalt nicht angeordnet werden."
Meiner Meinung nach liegt hier eine erhebliche Gefahr für die Person vor, da sie nicht mehr handlungsfähig ist, um zu erkennen, was ihr schadet und was nicht.


Abgesehen von der Komplexität des Falls: Habe ich einen Fehler gemacht, indem ich den Begriff "Einwilligungsvorbehalt" verwendet habe?


Die Richterin hat angekündigt, einen Verfahrenspfleger zu bestellen, und verlangt von mir, einen Antrag auf Zwangsmaßnahmen zu stellen.


Ich finde dazu jedoch keine konkreten Informationen, außer einem wichtigen Urteil:
Bundesverfassungsgericht Urteil 2024


Ich bin jetzt etwas unsicher, was ich genau beantragen soll. Ich plane aktuell, zwei Anträge zu stellen:
  1. Antrag auf § 1832 BGB (Ärztliche Zwangsmaßnahmen)
  2. Antrag auf § 1831 BGB (Freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen)
Ich bin für jeden Input dankbar, insbesondere im Hinblick auf den Einwilligungsvorbehalt.
Lücke ist offline  
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Alt 11.01.2025, 06:42   #2
Routinier
 
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,428
Standard

Zitat:
Zitat von Lücke Beitrag anzeigen
Die Richterin erklärte mir, dass der Einwilligungsvorbehalt nur bei Finanzgeschäften gilt.

Das ist natürlich völliger Quark. Ist hier aber irrelevant, denn du willst eine Zwangsunterbringung und eine Zwangsbehandlung der Betreuten erwirken. Das ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person und in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der Betreuten und dafür braucht es immer eine gesonderte gerichtliche Genehmigung, Einwilligungsvorbehalt hin oder her.



Zitat:
Zitat von Lücke Beitrag anzeigen
Ich bin jetzt etwas unsicher, was ich genau beantragen soll. Ich plane aktuell, zwei Anträge zu stellen:
  1. Antrag auf § 1832 BGB (Ärztliche Zwangsmaßnahmen)
  2. Antrag auf § 1831 BGB (Freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen)

Du brauchst hier beides, also 1. einen Antrag auf Unterbringung in die psychiatrische Klinik und 2. einen Antrag auf Durchführung der Augenbehandlung gegen den Willen der Betreuten.


Die Augenbehandlung ist objektiv notwendig, die Betreute lehnt die Behandlung aber ab. Sie kann jedoch keinen freien Willen im Bezug auf die Augenbehandlung bilden.


Da eine Zwangsbehandlung nach 2. jedenfalls derzeit nur im Rahmen einer stationären Unterbringung möglich ist, und da der Psychiater einen Psychiatrieaufenthalt unabhängig davon für notwendig hält um die Voraussetzungen für die Durchführung der Augenbehandlung überhaupt erst zu schaffen, brauchst du auch 1.


Kannst beides in einem Antrag formulieren. Ich hoffe, das ist so verständlich.
Pichilemu ist offline  
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Alt 11.01.2025, 09:11   #3
Moderator
 
Benutzerbild von HorstD
 
Registriert seit: 24.03.2005
Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 6,410
Standard

Hallo Lücke, dein Irrtum besteht darin, dass der Einwilligungsvorbehalt nur bei Rechtsgeschäften gilt (Verträge sind ohne Betreuereinwilligung nicht wirksam). Im Prinzip betrifft der EV also den Dritten (auch wenn das indirekt natürlich auch den Betreuten betrifft). Der EV gestattet dem Betreuer aber keinen Zwang gegen den Betreuten. Und defakto ist vom EV wirklich nur die Vermögenssorge im weiteren Sinn (inkl Wohnungs/Heim/Behördensachen) betroffen. Bei der Gesundheitssorge spielt der zivilrechtliche Behandlungsvertrag ja nur eine untergeordnete Rolle.

Wichtiger bei der Gesundheitssorge ist die Einwilligungsfähigkeit (die trotz der Ähnlichkeit des Wortes mit dem Einwilligungsvorbehalt nichts zu tun hat). Die Einwilligungsfähigkeit ist vom Arzt einzuschätzen und im Rahmen der Genehmigungen nach §§ 1831, 1832 BGB vom Betreuungsrichter. Und auch dann ist Zwang für die Zuführung zur Klinik nur im Rahmen des § 326 FamFG zulässig. Der Antrag sollte gleich mit gestellt werden. In der Klinik darf der Betreuer mit der Genehmigung des Gerichtes dem Personal dann den Zwang gestatten.
__________________
Mit vielen Grüßen
Horst Deinert

Weitere Infos:

https://www.lexikon-betreuungsrecht.de
HorstD ist offline  
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Stichworte
einwilligungsvorbehalt, freiheitsentziehung, selbstbestimmung, zwangsmaßnahmen

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