Dies ist ein Beitrag zum Thema Schulden (Schwarzfahren, Diebstahl, Verträge) während Psychose im Unterforum Beiträge zu Rechtsfragen bis 2015 , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo,
seit einigen Wochen habe ich eine Betreuung. Meine Betreute hatte mit 40 Jahren eine (erste!) Psychose. Sie lief damit ...
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20.12.2014, 08:18 | #1 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 27.05.2009
Ort: Stuttgart
Beiträge: 157
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Schulden (Schwarzfahren, Diebstahl, Verträge) während Psychose
Hallo,
seit einigen Wochen habe ich eine Betreuung. Meine Betreute hatte mit 40 Jahren eine (erste!) Psychose. Sie lief damit 2 Jahre lang rum, bis sie geschlossen untergebracht wurde. Jetzt geht es ihr besser und lebt wieder zuhause. In den zwei Jahren der Psychose, bis sie an einen Arzt kam, hat sie allerlei Schulden / Straftaten aufgehäuft: Handyverträge nicht bezahlt Schwarzfahren Sozialamt Miete ausgegeben und Miete an Vermieter nicht bezahlt Ladendiebstahl Gerichtskosten für Klagen gegen Kindesentziehung (ihr 5-jähriger Sohn wurde in Gewahrsam genommen weil sie verpeilt war) Konto überzogen, jetzt natürlich nur ALG2 Die Schulden sind ca. 10.000,00 Euro. Ich werde Vermögensauskunft ablegen. Jetzt meine Frage: Was würdet ihr da tun wegen Geschäfts- / Schuldunfähigkeit? Liebe Grüße un schonmal schöne Feiertage! |
20.12.2014, 11:13 | #2 |
Held der Arbeit
Registriert seit: 03.07.2013
Ort: Bürostandort Oldenburg/Niedersachsen
Beiträge: 404
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Erst einmal gar nichts
In der akuten Phase einer Psyhose ist wohl eine Geschäftsunfähigkeit anzunehmen, sonst aber eher nicht.
10.000 Eus bei ALG II lassen Gedanken an Ratenvereinbarungen illusorisch erscheinen. Also gehts Richtung Schuldnerberatung und Insolvenz. Kann sein, dass Ihr Fristen abwarten müsst. Vor Insolvenz geschütz sind aber nur "vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen". Rechnungen nicht zu bezahlen, weil grüne Männchen vor der Tür stehen und frau eh per Sattelit ferngesteuert wird gehört wohl eher nicht dazu. Die Tickets wegen Schwarzfahren muss sie aber wohl zahlen.
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--> Das Leben bleibt spannend |
21.12.2014, 12:49 | #3 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 16.03.2012
Beiträge: 253
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Besteht bei der Betreuung Einwilligungsvorbehalt? Wenn ja seit wann? Mit Handyfirmen kann man teilweise reden, wo nichs zu holen ist macht auch Vollstreckung keinen Sinn. Die Gerichtskasse wird etwas problematischer, aber da könnte man versuchen, eine Ratenzahlung mit geringer Rate (10 bis 20 Euro pro Monat) zu vereinbaren. Der Vermieter wird vermutich in die Röhre gucken, aber man kann ihm anbieten, zukünftig die Mietkosten direkt vom Sozialträger auf sein Konto zu überweisen. Teilweise sind soche Vereinbarungen auch mit Engergieversorgern möglich um z.b. Stromsperren zu verhindern.
Wenn gar nichts hilt, muss eine Privatinsolvenz durchgeführt werden, hierzu ist aber dann denke ich eine Berufsbetreuung angesagt, sonfern sie nicht schon so eingerichtet ist. Gruß Lotte |
21.12.2014, 19:19 | #4 |
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,593
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Moin moin
Als allererstes würde ich mich mit der Betreuten unterhalten und erforschen, was diese denn so wünscht und wie weit sie in der Lage ist, die ihre eigene Situation zu peilen. Davon wird abhängen, ob und wie Du mit ihr zusammenarbeiten können wirst. Was den Deckel beim Vermieter angelangt, so ist es sinnvoll mit ihm zu sprechen und zuzusehen, dass die Mietrückstände Stück für Stück beglichen werden. Der Vermieter kann eine fristlose Kündigung aussprechen, wenn 2 Monatsmieten Rückstand aufgelaufen sind - auch wenn das in kleinen Häppchen gelaufen ist. Damit kann wenigstens erst mal die Wohnung gehalten werden, sofern das gewünscht ist. Sollte die Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher gefordert sein, dann muss diese von der Betreuten abgegeben werden. Du kannst Sie dabei unterstützen/begleiten. Nur in dem Fall, dass ein Einwilligungsvorbehalt in der Vermögenssorge besteht, mußt Du unterschreiben. Sonst solltest Du es tunlichst bleiben lassen. Gerichtskosten stunden lassen und/oder in Häppchen bezahlen. Alle anderen Gläubiger dürfen erst mal hinten anstehen, so lange die Existenz nicht gesichert und das Einkommen über der Pfändungsgrenze liegt. Etwaige Bußgelder können in Arbeitsauflagen umgewandelt werden. Ist billiger und bringt Tagesstruktur - sofern die Betreute da mitmacht. Das mit der Privatinsolvenz sollte sicherlich nicht am Anfang der Arbeit stehen. So eine Inso ist nur was für "redliche" Schuldner. Deshalb solltest Du zunächst herausfinden, ob Deine Betreute redlich ist, ob sie die Inso überhaupt will und ob sie die auch durchhalten würde. Unter allen anderen Umständen ist eine Inso Mumpitz und unnötiger Stress, den Du Dir auflädst - und mit einer Garantie, dass das Ganze auch in die Hose geht. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
22.12.2014, 06:17 | #5 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 27.05.2009
Ort: Stuttgart
Beiträge: 157
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Hallo,
danke für die Infos. Das mit der Vermögensauskunft und Privatinsolvenz oder auch Umgang mit Gläubigern ist "mein tägliches Brot", dazu habe ich keine Frage. Vielleicht habe ich meine Frage nicht deutlich genug formuliert: Ich überlege, ob ich ein Gutachten bekommen kann, wonach sie zum Zeitpunkt der Schuldenentstehung nicht geschäftsfähig war und dadurch keine Verträge zustande gekommen sind und sie deshalb auch nicht für die Schulden haftbar. Sowas habe ich noch nie gemacht und weiß auch nicht, ob und wie das geht bzw. für welche Schulden das überhaupt in Frage kommen würde. |
22.12.2014, 15:42 | #6 |
Stammgastanwärter
Registriert seit: 05.07.2014
Beiträge: 492
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Geschäftsfähigkeit rückwirkend feststellen
Hallo,
grundsätzlich ist es natürlich möglich, auch rückwirkend durch einen Gutachter feststellen zu lassen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschluss mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" Geschäftsunfähigkeit vorlag. Ich habe in zwei Betreuungsfällen nachträglich ein entsprechendes Gutachten vorlegen können, dass auch vor dem Landgericht bzw. OLG Bestand hatte - es ging hier aber immer um Beträge über 100.000,00 EUR. Vielleicht solltest du zunächst mit dem behandelnden Facharzt sprechen, ob er aufgrund seiner Kenntnis des Patienten mit Sicherheit erklären kann, dass der zu Betreuende zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht geschäftsfähig war - meistens lehnen sich Psychiater nicht so weit aus dem Fenster. Sollten die Gläubiger noch keinen Titel haben, könntest du dieses Argument im Klageverfahren vorbringen - dafür würde ein Kurzgutachten eines Psychiaters sicherlich ausreichen. Vielleicht kommst du ja auch schon weiter, wenn du diese Position zunächst einmal ganz offensiv gegenüber den Gläubigern vertritts - nach dem schönen Motto: "Kräftig auf den Busch klopfen und warten was passiert". In dem Sinne, schöne Weihnachtstage. |
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