Dies ist ein Beitrag zum Thema Wann Vormundschaftsgericht ? im Unterforum Beiträge zu Rechtsfragen bis 2015 , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo !
Ich habe eine rechtliche Frage.
In welchen Fällen muss das Vormundschaftsgericht entscheiden?
Also wie weit gehen die Befugnisse ...
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#1 |
Gesperrt
Registriert seit: 19.06.2009
Beiträge: 6
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Hallo !
Ich habe eine rechtliche Frage. In welchen Fällen muss das Vormundschaftsgericht entscheiden? Also wie weit gehen die Befugnisse eines rechtlichen Betreuers? Bsp.: Einweisung in ein Heim/Psychiatrie? Zustimmung zu einer riskanten OP?Abschalten lebensnotwendiger Apparate? MfG Birgit |
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#2 |
Ehrenamtlicher Betreuer
Registriert seit: 28.03.2008
Ort: NRW
Beiträge: 2,086
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Hallo Birgit,
die Frage ist etwas unscharf gestellt. Die Entscheidung trifft grundsätzlich der ges. Betreuer. Es gibt nur Sachverhalte, da benötigt er für eine bestimmte Entscheidung die Genehmigung des Gerichts. Auch die Frage der Einweisung in ein Heim oder die Psychiatrie ist problematisch. Die Problematik läuft auf der Linie zwangsweise geschlossene Unterbringung. Freiwillig kann ein Betreuter nahezu alles machen. Die Problematik beginnt, wenn er nicht möchte. Soll/muß der Betreute gegen seinen Willen geschlossen untergebracht werden, egal ob in einer stationären Einrichtung (Heim) oder der Psychiatrie einer Klinik, dann braucht es einen richterlichen Beschluß. Riskante OP, besser lebensbedrohliche OP, dann auch nur, wenn der Betroffene sich nicht mehr äußern kann und selber die Einwilligung geben kann, mit richterlicher Genehmigung. Abschalten lebensnotwendiger Apparate ist ja ein Thema für sich. Ich bin glücklicherweise noch nie in der Situation gewesen, an solch einer Entscheidung mitzuwirken. Aber diese Entscheidung trifft nie jemand alleine, auch ein Richter nicht. Wer dann letztendlich die Unterschrift leistet, ist wohl unerheblich. Gruß Kohlenklau
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Ich trinke nur an Tagen, die auf 'g' enden, und mittwochs They tried to make me go to rehab, but I say no - no - no (Amy Winehouse) |
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#3 |
Berufsbetreuer
Registriert seit: 11.05.2009
Beiträge: 648
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Hallo Kohlenklau,
leider muss ich Dir widersprechen. Es ist ganz und gar nicht unerheblich wer die Unterschrift leistet. Es gibt eine Vielzahl von Tätigkeiten, die durch das Gericht genehmigt werden müssen. Dies ist im BGB ganz eindeutig geregelt. Dies sind in erster Line Eingriffe, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. § 1904 Satz 1 BGB Ferner bedarf es einer Vielzahl von richterlichen Genehmigung im Zusammen hang der Vermögensvorsorge und Verträgen. Nur z.B. BGB § 1411, 1491-92, § 1821-23 ,§ 1810-11, § 1908 In meinem Tätigkeitsbereich achten die Vormundschaftsgericht ganz peniebel auf die Einhaltung der o. a. Gesetze. Ich denke, dass dies auch anderswo so gehandhabt wird. Es grüßt ganz herzlich ![]() Heiner |
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#4 | |
Ehrenamtlicher Betreuer
Registriert seit: 23.02.2004
Ort: im Norden
Beiträge: 1,753
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![]() Zitat:
ich war drei Mal in Situationen, wo ein Pflegeheim anrief und mir gesagt wurde, dass die Betreute in Lebensgefahr ist. Der Notarzt war gerufen worden, und von mir wurde nun in Sekundenschnelle die Entscheidung verlangt, ob medizinische Maßnahmen durchgeführt werden sollten oder ob man die Natur machen lässt. Da durfte ich dann am Telefon mit dem Notarzt diskutieren. Jeder kann sich selbst ausmalen, was für einen seelischen Druck das bedeutet. Und dann noch nach Recht und Gesetz entscheiden. Rückruf bei Gericht ? Richter fragen ? Unmöglich, die Entscheidung musste SOFORT getroffen werden. Vielleicht sollten einige der Meckerfritzen und Besserwisser hier mal in so einer Situation sein, damit sie überhaupt wissen, wovon sie reden, und nicht rechtstheoretisches Geschwafel von sich geben. Gruss Andreas |
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#5 |
Berufsbetreuer
Registriert seit: 11.05.2009
Beiträge: 648
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Hallo Andreas,
bitte bleibe doch sachlich und urteile nicht über Etwas, was du gar nicht beurteilen kannst. ![]() "Vielleicht sollten einige der Meckerfritzen und Besserwisser hier mal in so einer Situation sein, damit sie überhaupt wissen, wovon sie reden, und nicht rechtstheoretisches Geschwafel von sich geben." Auch ich musste schon solche Entscheidungen treffen. Aber es gelang mir immer, mich im Rahmen des Gesetzes zu bewegen. Das ich mich im Rahmen der Menschlichkeit bewege, ist für mich selbstverständlich. Wenn man die Teilnehmer des Forums als Meckerfritzen oder Besserwisser sieht, bin ich wohl im falschen Forum. Gruß ![]() Heiner |
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#6 |
Ehrenamtlicher Betreuer
Registriert seit: 28.03.2008
Ort: NRW
Beiträge: 2,086
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Hallo,
es ging doch um das Abschalten lebensnotwendiger Apparaturen und nicht um die kurzfristige Einwilligung bei lebensbedrohlichen Situationen, oder hab ich das falsch verstanden? Bei Lebensgefahr muß der Arzt auch mal selber entscheiden, wie soll das denn sonst gehen. Erst dem Betreuer auf den AB und dann seelenruhig auf Rückruf warten? Wenn der Sterbeprozess nicht mehr aufgehalten werden soll, dann werden nach meinem Wissen einige Leute konsultiert. Krankenhäuser haben Ethik-Kommissionen, Ärzte, Angehörige, der Richter und der Betreuer geben ihre Einschätzung und dann wird entschieden (möglicherweise sind auch noch mehr Leute beteiligt, dass genaue Verfahren kenne ich nicht). Zwar muß der Betreuer unterschreiben, aber er wird das nicht ohne Rückhalt, Genehmigung und Beratung tun. Das meinte ich mit "unerheblich". Gruß Kohlenklau
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#7 |
Berufsbetreuer
Registriert seit: 11.05.2009
Beiträge: 648
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Die Frage war doch ganz einfach:
Wann muss das Vormundschaftsgericht eingeschaltet werden? Das Abschalten der Geräte war doch nur "z.B." aufgeführt. Es muss doch nichts in eine Frage reininterpretiert werden. Oder? Gruß ![]() Heiner |
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#8 |
Gast
Beiträge: n/a
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das passt gut, hallo allseits.
Ich wollte eh 'was zur Entscheidung des Bundestages zu Patientenverfügungen schreiben. Ich habe über ein halbes Jahrzehnt in der Erstellung von Patientenverfügungen beraten und solche erstellt und bin in meiner Auffassung voll und ganz bestätigt worden. Diese Entscheidung liegt voll im Rahmen der Rechtsordnung von Selbstbestimmung im Sinne von Art. 2 iVm Art. 1 GG und den dazu gehörigen strafrechtlichen Bestimmungen von wegen der körperlichen Integrität, die verletzt wird und dass der Tatbestand der Körperverletzung gegeben ist, wenn gegen den ausdrückliche Willen behandelt wird. Doch nun zur Frage vom Abschalten der Geräte. Auch dazu habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben, nämlich dass wir ein System haben, das versucht, dem Individuum und der Selbstbestimmung gerecht zu werden, wie auch dem Auftrag und der Selbstverpflichtung der Gesellschaft, Leben zu retten. Die Entscheidung des Bundestages hat die Rechtsprechung nicht aufgehoben, wonach alles Erdenkliche und Mögliche getan werden muss (selbst wenn es scheinbar widersinnig ist, wie eine Reanimation an Alzheimer Verstorbener), um Leben zu retten, wenn der Wille des Patienten nicht eindeutig festzustellen ist. Das sind die sog. allgemeingültigen Wertmaßstäbe unserer Gesellschaft, was sich nicht zuletzt in einem öffentlichen Notstand auswirkt, wo jemand öffentlich, allso in der Öffentlichkeit sich selbst zu töten absichtigt. Jeder Bürger und jede Bürgerin ist verpflichtet, dieses Handeln zu verhindern und den Willen des Suizidalen zu ignorieren. Dies ist auch die Brisanz der Ärzte. Denn das Krankenhaus ist öffentlich. Und Ärzte sind zum Erhalt des Lebens verpflichtet, allerding auch zum Wohl des Patienten, was mitunter nicht deckungsgleich ist. Jetzt möchte jemand ausdrücklich, sprich durch Patientenverfügung, dass die Geräte ab einem bestimmten Zeitpunkt oder in einer bestimmten Situation abgestellt werden. Bei Vorlage einer Patientenverfügung, die den Anforderungen entspricht, ist nunmehr der Arzt und die Klinik vom Vorwurf der Unterlassenen Hilfeleistung oder gar des Vorwurfs der Tötung auf Verlangen durch Unterlassen in Form der passiven Sterbehilfe frei, wenn die Geräte abgestellt werden. (vorsorglich: Verboten war und bleibt die aktive Sterbehilfe. Neben dieser gibt es auch die indirekte, sog. Palliativmedizin, die logischerweise wie auch die passive erlaubt war, ist und sein wird). Bei Betreuten wurden bislang und werden auch in Zukunft die BetreuerInnen involviert. Diese waren und sind verpflichtet, bei lebensgefährlichen Operationen die Genehmigung des Gerichts einzuholen. Da das Abschalten von Geräten erst Recht lebensgefährlich ist, war es bislang ungeschriebenes Gesetz, dass die BetreuerInnen erst Recht das Gericht anrufen. Also lag die Entscheidung bei Gericht. Doch Juristen sind bekanntlich feige. Also holen sie sich die ärztliche Stellungnahme ein. Und da haben wir einen Zirkelschluss, da tatsächlich Kapriolen produzierte. In Zukunft wird sich darin nicht viel ändern. Fall A: wirksame Patientenverfügung liegt vor. Arzt bespricht sich mit BetreuerIn. Diese versichert sich bei Gericht, dass ein Abstellen der Geräte entsprechend der Patientenverfügung auch vom Gericht mit getragen wird. Einen Genehmigungsvorbehalt gibt es nicht mehr, da die Patientenverfügung entscheidet. Aber je mehr Personen involviert sind, desto einfacher für die BetreuerInnen. Fall B: Patientverfügung liegt nicht vor. Arzt und Klinik behandeln bis ans Ende des Verantwortbaren. Bei widersinnigen Operationen (wie das Amputieren der Beine um den Kreislauf und das Herz zu entlasten) werden die Genehmigung vom Betreuer eingeholt. Der ersucht das Gericht um Genehmigung. Lehnt Betreuer eine solche Operation wegen Unsinnigkeit und Missbrauch des Patienten als Objekt der Technik und Pflege ab, wird er durch die ärztliche Stellungnahme und die Entscheidung des Gericht wie bisher auch überstimmt und hat den Anweisungen des Gerichts auch gegen sein Gewissen Folge zu leisten. Fall C: unwirksame Patientenverfügung. Patientenverfügungen werden unwirksam, wenn sie in sich widersprüchlich sind oder durch leichtfertige Verwendung von Formularen der Eindruck entsteht, dass der Patient sich über die Folgen einer solchen Entscheidung sich nicht ausreichend bewusst gewesen ist wie z.B. beim bloßen Ankreuzen von Text-Bausteinen wohlmöglich noch ohne ärztliche Beratung. Auch hier wird der Grundsatz des Erhalts des Lebens die Entscheidungen und Handlungen der Klinik bestimmen. Sollten Divergenzen mit den Vorstellungen der BetreuerIn entstehen, wird auch hier das Gericht involviert entweder vom Betreuer oder von der Klinik. Nun wird das Gericht versuchen, den "mutmaßlichen" Willen des Patienten festzustellen und ggfls. Angehörige befragen, wie es bisher auch schon geschehen ist. Sind sich diese einig (Ehepartner und Kinder) entscheidet das Gericht möglicherweise entgegen der Ansicht der Ärzte und der Klinik, setzt sich aber dem Risiko einer sofortigen Beschwerde aus, dass dann die Kammer über den Sachverhalten entscheiden wird. Sind sich die Angehörigen nicht einig, wird das Vormundschaftsgericht sich den Empfehlungen der Klinik anschließen. Also hat die Entscheidung des Bundestages nicht viel verändert, als der Patientenverfügung ein wenig mehr Geltung verschafft. An dieser Stelle möchte auch auch noch auf das psychologische Patiententestament zu sprechen kommen, das vor Kurzem hier diskutiert wurde. Die Entscheidung des Bundestages wird sich auch auf die Akzeptanz dieser Erklärungen auswirken, sprich, schrifltiche Erklärungen von Betreuten hinsichtlich von Zwangsbehandlungen werden "analog" mehr Bedeutung beigemessen. Doch muss auch hier weiterhin die verschärfte Diskrepanz von öffentlichem Auftrag und Selbstbestimmung dahingehend Rechnung getragen, dass das Wohl des Betreuten bei zwangsweiser Behandlung eher fremdbestimmt wird. Heinz |
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abbruch, betreueraufgaben, genehmigung, gesundheitsfürsorge, notstand, patientenverfügung, richterliche genehmigung, selbstbestimmung, sterbehilfe, wertmaßstäbe |
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