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Vergütungsabrechnung, Wechsel von mittellos zu vermögend

Dies ist ein Beitrag zum Thema Vergütungsabrechnung, Wechsel von mittellos zu vermögend im Unterforum Betreuervergütung - Aufwendungsersatz - Mittellosigkeit , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo zusammen, ich habe jetzt erstmalig einen Vergütungswechsel nach neuem Vergütungsrecht. Eine Betreute hat am 19.10. eine Rentennachzahlung von ca. ...


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Alt 16.11.2020, 18:06   #1
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Standard Vergütungsabrechnung, Wechsel von mittellos zu vermögend

Hallo zusammen,
ich habe jetzt erstmalig einen Vergütungswechsel nach neuem Vergütungsrecht. Eine Betreute hat am 19.10. eine Rentennachzahlung von ca. 19000 erhalten, war vorher mittellos. Rechne ich bis 18.10. mittellos gegen die Finanzkasse ab und ab 19.10. Entnahme aus dem Vermögen der Betreuten?

Nach § 5 Abs. 2 S. 3 VBVG wäre das wohl so zu sehen. Wie sich aber § 5 Abs. 4 dazu verhält (entscheidend sei Status am Ende des Abrechnungsmonats), habe ich nicht kapiert.

Sorry falls das hier schon längst (vermutlich) geklärt ist, aber über die SuFu bin ich nicht fündig geworden.
Ganz herzlichen Dank im Voraus für Info dazu
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Alt 16.11.2020, 18:33   #2
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Das ist so zu verstehen, dass die Mittellosigkeit (bzw Bemitteltheit) jeweils für einen Abrechnungsmonat bestimmt wird, und zwar an dessen letztem Tag. Also innerhalb eines Abrechnungsquartals 3x.

Man nimmt den Kontostand an diesem Tag. Jetzt kann man das Vermögen berechnen, § 1836c Nr 2 BGB. Freibetrag § 90 SGB XII 5.000 €. Die Einkünfte des laufenden Monats zählen NICHT dazu. Hier bei der Rentennachzahlung gilt: sie wird nicht zu Vermögen, sondern bleibt für 6 Monate Einkommen, zu jeweils einem Sechstel (sog erweitertes Zuflussprinzip). Siehe dazu weiter unten. Liegt das (restliche) Vermögen soweit oberhalb der 5.000 €, dass aus dem Überschuss der Tabellenbetrag dieses Monats für Vermögende entnommen werden könnte, gilt der Betreute (aufgrund Vermögens) als vermögend.

Dann gibts aber noch die Einkommensvariante (die auch die Gerichte meist nicht beherrschen)

§ 1836c Nr 1 BGB. Freibetrag § 85 SGB XII bei Alleinstehendem zZt 848 € (ab 1.1.2021 892 €) + Warmmiete ohne Strom. Dem ggü gestellt wird das Nettoeinkommen abz. angemessene Versicherung zB Haftpflicht/Hausrat. Bei Einmalzahlung wie hier kommt je 1/6 der Einmalzahlung drauf, und zwar ab Erhalt 6 Monate lang. Liegt der Unterschiedsbetrag zwischen Einkommen und genannten Freibeträgen höher als der Tabellenwert für Vermögende, gilt auch hier der Vermögendenmonatsbetrag.

Soweit verstanden? Es ist also ganz anders, als du vermutet hast. Mach dich frei vom klassischen Eigentumsbegriff des BGB. Der gilt hier nicht.

Und übrigens: das Ganze oben gilt nur für die Berechnung der Vergütungshöhe. Gegen WEN sich der Antrag richtet, ist davon völlig unabhängig. Es gilt nach BGH gerade nicht, was man eigentlich im Sinn hat, nämlich vermögende Betreute zahlen den Vermögendenbetrag, die Staatskasse den Mittellosenbetrag.

Sondern wer zu zahlen hat, ist eine weitere Berechnung, die du am Tag des Vergütungsantrags ermittelst und die sich bis zum Tag des Gerichtsbeschlusses (und bei einem Rechtsmittel sogar noch bis zur Landgerichtsentscheidung) ändern kann. Es wird die Gesamtsumme deines Vergütungsantrags festgestellt (max 5 Quartale, §§ 2,9 VbVG).

Dann wird diese Summe (aber dann als Gesamtsumme) nochmal der obigen Berechnung unterzogen, aber zum aktuellen Datum (bei dem ja ggü dem Obigen sich eine Menge verändert haben kann). Kann die Gesamtsumme aus dem Vermögen oder dem Monatseinkomnen entnommen werden, ohne dass die Freibeträge unterschritten werden? Wenn ja (und nur dann) richtet sich der V.antrag gegen den Betreuten, sonst die Staatskasse, § 1836d BGB.

Allerdings kann diese dann einen etwaigen Teilbetrag gem § 1836e BGB als Staatsregress vom Betreuten zurück verlangen.

Falls dir das jetzt zuviel ist, kauf dir doch vielleicht mal das Buch zum Film: https://www.amazon.de/exec/obidos/AS...ternetsevon-21
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Horst Deinert

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Geändert von HorstD (16.11.2020 um 18:45 Uhr)
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Alt 17.11.2020, 08:50   #3
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Noch ein Nachtrag: wenn von der Rentenzahlung jetzt nicht noch Rückzahlungen anstehen (KK, JC, SHT), dann kommen ja in den nächsten 6 Monaten pro Monat gut 3.000 € auf das sonstige Einkommen drauf. D.h., dass die nächsten 6 Abrechnungsmonate (beginnend mit dem, der nach dem 18.10. endet) als vermögend (Tabellensatz) abzurechnen sein dürften.

Bitte denke dran, dass wahrscheinlich Einkommenssteuern (beim Betreuten) anfallen (am besten direkt mit dem FA Kontakt aufnehmen, dann kann das evtl über eine ESt-Vorauszahlung geklärt werden und muss nicht bis zum nächsten Jahr warten). Ob Steuern fällig werden, hängt natürlich auch davon ab, was für welche und wieviele andere Einnahmen dieses Jahr beim Betreuten anfielen. Vielleicht auch mal mit Lohnsteuerhilfeverein kontakt aufnehmen.

Und wahrscheinlich wird der Bezirksrevisor den ersten V.antrag aus dem
Vermögen dazu nutzen, den Staatsregress zu betreiben (§ 1836e BGB). Die Staatskasse kann ja die bisher aus ihr gezahlten Vergütungen aus dem Betreutenvermögen und -einkommen zurück verlangen. Es ist deine Aufgabe, dabei die Verjährung einzuwenden, sie wird nicht von Amts wegen berücksichtigt. Für Staatskassenforderungen, die noch dieses Jahr erhoben werden, sind alle Auszahlungen vor dem 1.1.2017 verjährt. Kommen die erst 2021 mit dem Forderungen, ist alles vor dem 1.1.2018 verjährt.
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Horst Deinert

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Alt 17.11.2020, 11:57   #4
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Sehr geehrter Herr Deinert,
ganz herzlichen Dank für die ausführliche Antwort. Die verlangt danach, in Appetithäppchen konsumiert zu werden .

Schön zu sehen, dass Sie auch hier segensreich mitwirken

In diesem Fall scheint ja tatsächlich mal zuzutreffen, dass nicht alles besser wird, was neu ist
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servus49 ist offline  
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Alt 01.08.2022, 21:52   #5
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Zitat:
Zitat von HorstD Beitrag anzeigen


Sondern wer zu zahlen hat, ist eine weitere Berechnung, die du am Tag des Vergütungsantrags ermittelst und die sich bis zum Tag des Gerichtsbeschlusses (und bei einem Rechtsmittel sogar noch bis zur Landgerichtsentscheidung) ändern kann. Es wird die Gesamtsumme deines Vergütungsantrags festgestellt (max 5 Quartale, §§ 2,9 VbVG).

Dann wird diese Summe (aber dann als Gesamtsumme) nochmal der obigen Berechnung unterzogen, aber zum aktuellen Datum (bei dem ja ggü dem Obigen sich eine Menge verändert haben kann). Kann die Gesamtsumme aus dem Vermögen oder dem Monatseinkomnen entnommen werden, ohne dass die Freibeträge unterschritten werden? Wenn ja (und nur dann) richtet sich der V.antrag gegen den Betreuten, sonst die Staatskasse, § 1836d BGB.

Allerdings kann diese dann einen etwaigen Teilbetrag gem § 1836e BGB als Staatsregress vom Betreuten zurück verlangen.
Hallo,

so einen Fall habe ich jetzt wohl zum ersten Mal.
Am 14.6.stellte ich eine Vergütungsantrag gegen die Staatskasse. Unter Berücksichtigung seines Renteneinkommens verfügte d. Betreute da zwar deutlich über 5.000,-- Euro aber dies reichte nicht aus, um die (Jahres)Vergütung zu begleichen.
Bisher ist noch keine Zahlung der Vergütung an mich erfolgt. Nun verfügt d. Betreute zum 1.8.2022 über einen Vermögensbetrag, welcher einen Vergütungsanspruch gegen ihn rechtfertigen würde.
Ich gehe davon aus, dass ich diesen Sachverhalt dem Gericht unverzüglich mitzuteilen habe, oder?

mfg
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carlos ist offline  
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Alt 02.08.2022, 11:37   #6
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Da es noch keinen Beschluss gibt: ja. Umstellung des Antrag auf Zahlung durch den Betreuten. Der dafür natürlich angehört werden muss.

Ist der Beschluss zuerst da (oder die vereinfachte Auszahlung, mal auf den Kto.auszug schauen), muss es trotzdem mitgeteilt werden, dann aber für den folgenden Beschluss zum Staatsregress (§ 1836e BGB)
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Horst Deinert

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Alt 18.08.2022, 14:07   #7
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Zitat:
Zitat von HorstD Beitrag anzeigen
Hier bei der Rentennachzahlung gilt: sie wird nicht zu Vermögen, sondern bleibt für 6 Monate Einkommen, zu jeweils einem Sechstel (sog erweitertes Zuflussprinzip).
Hallo Horst,

ist das hier der Fall, weil es sich um eine (Renten-)Nachzahlung handelt? Wie sähe es z.B. bei der Auszahlung einer Lebensversicherung aus?
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Viele Grüße
Fridel
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Alt 18.08.2022, 14:32   #8
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Schau doch mal in den § 82 Abs. 7 SGB XII. Gilt für alle Einmalzahlungen, wenn sie hoch genug sind. Rentennachzahlungen werden schon lange nicht im Sozialhilferecht auf die Zeit angerechnet, für die sie eigentlich bestimmt sind. Also zB auch Erbschaften.

Bestimmte besonders geschützte Zahlungen sind allerding von vorne herein kein Einkommen, zB Schmerzensgeld. Deshalb werden sie auch nicht auf mehrere Monate verteilt.

Bei einer LV müsste man schauen: wurde diese von Anfang an als Vermögen angerechnet, dann wird sie bei Auszahlung nicht wieder zum Einkommen. Riesterrenten sind allerdings erst ab Beginn der Auszahlung Vermögen. Wenn es da eine prozentuale Einmalzahlung gibt, gilt das Anfangs beschriebene.
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Horst Deinert

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Alt 19.08.2022, 09:28   #9
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Zitat:
Zitat von HorstD Beitrag anzeigen
Bei einer LV müsste man schauen: wurde diese von Anfang an als Vermögen angerechnet, dann wird sie bei Auszahlung nicht wieder zum Einkommen.
Logisch, da hatte ich irgendwie einen Denkfehler. Ich werde die LV ja auch im Vermögensverzeichnis angeben. Wenn ich mich hier durch's Forum klicke, gilt eine LV auch als verfügbares Vermögen und ist folglich auch für die Betreuer*invergütung einzusetzen.
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Viele Grüße
Fridel
FridelE ist offline  
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Alt 19.08.2022, 10:59   #10
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Wenns eine Kapitallebensversicherung ist. Bei einer reinen Sterbegeldversicherung ist eine Verschonung gegeben, wenn eine „angemessene“ Bestattung dadurch abgesichert ist.
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Horst Deinert

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