Dies ist ein Beitrag zum Thema Vermögend oder nicht vermögend abrechnen? - im Unterforum Betreuervergütung - Aufwendungsersatz - Mittellosigkeit , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo ihr lieben Kollegen,
erstmal allen ein gutes und erfolgreiches Neues Jahr.
Schon habe ich eine erste Frage.
Ich hatte ...
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02.01.2023, 13:09 | #1 |
Forums-Geselle
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Beiträge: 108
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Vermögend oder nicht vermögend abrechnen? -
Hallo ihr lieben Kollegen,
erstmal allen ein gutes und erfolgreiches Neues Jahr. Schon habe ich eine erste Frage. Ich hatte einen Betreuten knapp 6 Monate lang. Dann wurde die Betreuung beendet. Die erste Abrechnung habe ich nach 3 Monaten ans Gericht geschickt und als mittellos abgerechnet - dies wurde ohne weiteres so bewilligt und aus der Staatskasse bezahlt. Die 2. Abrechnung - die Schlußabrechnung dieser Betreuung - habe ich wieder mittellos gegen die Staatskasse gemacht (Betreuter ist verheiratet, 2 kleine Kinder, er ist in Elternzeit und hat keinerlei Einkommen. Die Ehefrau geht Vollzeit arbeiten, beide haben kein Vermögen angespart sondern leben vom Gehalt der Frau und dem Kindergeld). Nun bekomme ich einen Beschluss, dass meine Vergütungsrechnung vom Mai 2022 aus dem Vermögen zu zahlen sei, da aufgrund des Einkommens der Ehefrau keine Mittellosigkeit vorliegt. Der Ehefrau wurde gleichzeitig vom Gericht genehmigt, meine Vergütung in 3 Raten zu bezahlen???? Meine Frage ist jetzt, ob es tatsächlich korrekt sein kann, dass die erste Vergütung aus der Staatskasse gezahlt wurde und die zweite aus dem "Vermögen" obwohl ich mittellos abgerechnet habe? Oder sollte ich Rechtsmittel einlegen gegen den Bescheid? LG Sabine |
02.01.2023, 16:02 | #2 | |
Routinier
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Beiträge: 1,247
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Zitat:
Der Vergütungsbeschluss hätte sich gegen den Betreuten selbst richten müssen. Ob der dann rechtmäßig ist, hängt davon ab, ob die Ehefrau mit ihrem Einkommen nicht nur sich selbst und die gemeinsamen Kinder (vorrangiger Unterhaltsanspruch), sondern auch den Ehemann durchfüttern kann. |
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02.01.2023, 17:04 | #3 |
Moderator
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Beiträge: 5,782
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Ja, auf jeden Fall Beschwerde einlegen. Der Beschluss ist komplett falsch. Bis 31.12.22 zählte zwar nach § 1836c Nr 1 BGB das (Netto)Einkommen des Ehegatten mit; aber nur für die Heranziehung des Einkommens des Betreuten selbst. Also: wenn SEIN eigenes Einkommen (zusammen mit dem seiner Frau die Freigrenze des § 85 SGB XII überschritten hätte, hätte ER aus seinem (geringfügigen) Einkommen bezahlen müssen.
Die Freigrenzen 2022 waren: 898 für den Betreuten, Familienzuschlag für Gatte 315 €, ggf weitere Freibeträge für Kinder (jeweils gleiche Summe)+ Warmmiete (ohne Strom). Also hat der Rechtspfleger das nicht verstanden. Sozialhilfe ist sowieso nicht deren Stärke. Und WENN der Betreute eigenes Einkommen hätte, wären Ratenzahlungen eh unzulässig, wegen § 1836d Nr 1 BGB. Der Betreute gilt dann als mittellos, die Vergütung ist aus der Staatskasse zu zahlen und letztere könnte einen Regressbeschluss nach § 1836e BGB beantragen. Aber seit 1.1.23 ist das eh alles vorbei. Die Einkommensheranziehung (inkl. Unterhalt) ist nämlich abgeschafft (übrigens auf meinen Vorschlag hin, weil die Justiz es nie kapiert hat, wie auch dieses Beispiel zeigt), es gibt nur noch Sparvermögen (und da Freibetrag 10.000). Steht in den neuen §§ 1879, 1880 BGB 2023. Der Beschluss muss also ersatzlos entfallen.
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02.01.2023, 19:30 | #4 | |
Forums-Geselle
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Ort: Bayern
Beiträge: 108
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Zitat:
Und das Vermögen des Betreuten ist nach Auffassung der Rechtspflegerin das Einkommen der Ehefrau |
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02.01.2023, 19:34 | #5 |
Forums-Geselle
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Beiträge: 108
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Dankeschön Horst. Dann lag ich doch richtig mit meiner Einschätzung dass da was gewaltig falsch läuft. Ich werde dann tatsächlich die Beschwerde einlegen und beantragen, dass die Vergütung aus der Staatskasse bezahlt wird - so wie die erste ja auch
. Danke und Gruß Sabine |
02.01.2023, 20:16 | #6 |
Moderator
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Beiträge: 5,782
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Vermögen ist nur Angespartes (aus Vormonaten, § 90 SGB XII, und auch nur das, was tatsächlich da ist). Einkommen nach den §§ 82-87 SGB XII ist kein Vermögen. Die Dame hat den im BGB üblichen Eigentumsbegriff mit dem Vermögen nach § 90 SGB XII verwechselt, der nach § 1836c BGB/§ 1880 BGB 2023 bei der Vergütung gilt. Das ist schon eine ziemliche Peinlichkeit. Als Diplom-Rechtspfleger sollte man Gesetzestexte lesen und verstehen können. Dazu fällt mir immer ein böses Zitat aus dem Film „ein Fisch namens Wanda“ ein. Hat was mit Philosophie zu tun.
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11.01.2023, 08:32 | #7 |
Forums-Geselle
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Guten Morgen ...
ich wollte man kurz ein "Update" posten. Ich habe nun Beschwerde eingelegt und heute eine Antwort der Bezirksrevisorin bekommen. Sie schreibt: .... "der Betreute hat zusammen mit der Ehefrau einen Bauplatz....sei dahingestellt ob es sich bei dem noch nicht eigengenutzten Grundstück um Schonvermögen handelt".... ....."die geltend gemachte Vergütung der Betreuerin kann aus dem Einkommen (der Ehefrau) beglichen werden... eine Aufteilung auf 3 Monatsraten ist der Betreuerin zumutbar" ....."hinsichtlich der aus der Staatskasse verauslagten Vergütung (meine erste Vergütungsrechnung) kann von einem Rückgriff nicht abgesehen werden, da diese ebenfalls aus dem Einkommen bezahlt werden kann. Ich soll nun entscheiden, ob ich an der Beschwerde festhalten möchte. Nun bin ich natürlich wieder verunsichert und frage mich gleichzeitig, ob nicht meine Rechnung dann auch "vermögend" zu stellen ist, denn lt. Revisiorin ist ja der Betreute nicht mittellos????? Aber dagegen dass ich mittellos abgerechnet habe, hat sich niemand beklagt? Also im Endeffekt hält das Gericht daran fest, dass die Ehefrau aus ihrem Einkommen nun meine beiden Vergütungen für den Ehemann zu zahlen hat, der nach wie vor kein eigenes Einkommen und mit der Frau 2 gemeinsame Kinder hat. Zudem lebt die Familie in Miete .... also auch entsprechende Ausgaben da sind??? Ein Einkommensnachweis der Frau wurde im Übrigen nie an mich übersandt, sodass ich gar nicht weiß, wie hoch deren Einkommen tatsächlich ist.? Aber wenn ihr schon eine Ratenzahlung bewilligt wurde, wird das jetzt nicht gerade im 5stelligen Bereich liegen? so, die Frage ist nun ob ich an der Beschwerde festhalten sollte???? LG Sabine |
11.01.2023, 08:48 | #8 |
Routinier
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Also,
1. Die Einkommensanrechnung muss zwingend entfallen, denn sie ist seit 2023 im Gesetz nicht mehr vorgesehen. Punkt. Da gibt es auch nichts mehr zu diskutieren, denn solange der Beschluss noch nicht rechtskräftig ist, ist im Beschwerdeverfahren das aktuell geltende Recht anzuwenden. 2. Der Bauplatz dürfte nicht verwertbar sein, denn ich gehe sehr stark davon aus, dass der Bauplatz (und das zu errichtende Haus) durch einen Kredit der Bank finanziert wird. Es ist offensichtlich, dass mit dem Bauplatz (zumal in Zeiten steigender Zinsen) kein Erlös zu erzielen sein wird, der ausreicht, um den Bankkredit abzulösen; das wäre aber Voraussetzung für eine Verwertung des Bauplatzes. |
11.01.2023, 12:06 | #9 |
Moderator
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Beiträge: 5,782
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Sehe ich genau so. Der Bezirksrevisor hat auch nur eine „Meinung“, er ist ein normaler Verfahrensbeteiligter. Und hat offenbar die neue Rechtslage noch nicht mitbekommen.
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