Dies ist ein Beitrag zum Thema Wie gegen missbräuchliche Betreuungsanregung vorgehen? im Unterforum Betreuung: Bestellung - Abgabe - Wechsel - Ende , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo Forumsmitglieder,
auch wenn Betreuungsverfahren häufig berechtigt und sinnvoll sein mögen, sind sie aufgrund der Pflicht zur Amtsermittlung sehr leicht ...
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Neuer Gast
Registriert seit: 24.01.2025
Beiträge: 2
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Hallo Forumsmitglieder,
auch wenn Betreuungsverfahren häufig berechtigt und sinnvoll sein mögen, sind sie aufgrund der Pflicht zur Amtsermittlung sehr leicht in Gang zu bringen. Das passiert dann mitunter auch mit bewusst wahrheitswidrigen Angaben in Schädigungsabsicht. Typischerweise etwa bei Familien- oder Nachbarschaftsstreitigkeiten, heißt es in Rechtskommentaren. Um solche missbräuchlichen Betreuungsanregungen zu sanktionieren, gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, die Verfahrenskosten gem. § 81 Abs. 4 FamFG der Person aufzuerlegen, die das Verfahren durch ‚grobes Verschulden‘ (vorsätzlich oder leichtfertig) veranlasst hat. Das Gericht soll sogar – ebenfalls per Amtsermittlung – verpflichtet sein, ein solches grobes Verschulden zu prüfen (lt. https://www.betreuungsrecht.de/koste...gt-die-kosten/). Leider scheint diese Regelung in Betreuungsverfahren jedoch kaum eine Rolle zu spielen. Nach Auskunft der Justizangestellten in unserem Fall (Betreuungsverfahren bzgl. meiner Mutter) ist ein solcher Beschluss zur Kostenauferlegung in ihrer 10-jährigen Tätigkeit noch nie erfolgt und es gibt wohl auch kaum Rechtsprechung dazu. Ein Knackpunkt ist offenbar, dass bei Einstellung des Verfahrens (infolge einer substanzlosen Betreuungsanregung) keine Gerichtskosten anfallen, sodass hauptsächlich Anwaltskosten zum Tragen kommen können. Anwälte werden aber in Betreuungsverfahren (lt. obiger Auskunft) nur selten beauftragt. Und solche Aufwendungen wie Anwaltskosten müssen gem. § 80 FamFG "notwendig" sein zur Rechtsverfolgung – was gerade fraglich sein könnte, wenn die Betreuungsanregung keine Substanz hat. Vor diesem Hintergrund haben wir (noch) keinen Anwalt beauftragt. Die Richterin ist nun auf meine Stellungnahme zur (nachweislich bewusst wahrheitswidrigen) Betreuungsanregung inkl. Verweis auf § 81 Abs. 4 FamFG nicht eingegangen und hat lediglich die Einstellung des Verfahrens in Aussicht gestellt. Damit hätten wir dann zwar dieses Verfahren vom Hals, aber keine Handhabe gegen eine neuerliche missbräuchliche Betreuungsanregung. Hat hier irgendjemand Erfahrung damit, wie man dagegen effektiv vorgehen kann, mittels § 81 Abs. 4 FamFG oder in anderer Weise? Und ob die (Amts-)Ermittlung des groben Verschuldens etwa über das Beschwerdeverfahren erreicht werden kann? Oder macht dieses Vorgehen nur bei Mandatierung eines Anwalts Sinn, weil etwa außergerichtliche Beratungsgebühren nicht zu den erstattungsfähigen Aufwendungen zählen? Auch wenn Rechtsfragen hier nicht beantwortet werden (können), fände ich jegliche Praxiserfahrung bzgl. missbräuchlicher Betreuungsanregungen interessant. Denn nach meinen Recherchen mangelt es dazu leider völlig an Informationen in Rechtsratgebern, im Internet und auch hier im Forum. Vielen Dank im Voraus! Geändert von Chris999 (27.02.2025 um 01:16 Uhr) |
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#2 |
Moderator
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Beiträge: 6,641
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Es gibt eine ganze Reihe von Entscheidungen dazu. Insbesondere, wenn es Vorsorgevollmachten gibt, diese aber von Banken nicht anerkannt werden - und deshalb ein staatliches Handeln provoziert wird:
https://www.lexikon-betreuungsrecht....tenauferlegung (Rechtsprechung dazu kann dort „aufgeklappt“ werden). Bei Anregungen von Verwandten usw ist das generell deswegen schwieriger, weil man von normalen Menschen üblicherweise nicht erwarten kann, selbst zu unterscheiden, wann auffällige Verhaltensweisen der betreffenden Person einfach nur ein auszuhaltendes Persönlichkeitsmerkmal oder eine behandlungsbedürftige, insbes. betreuungsrelevante Krankheit darstellt. Offensichtlich unbegründete Anregungen führen ja meist zu schnellen Verfahrenseinstellungen. Bei massiver Böswilligkeit wäre dann eher an eine Strafanzeige wegen eines ehrverletzenden Deliktes zu denken.
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
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#3 |
Routinier
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Beiträge: 1,941
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Wenn jetzt ne Bank bestenfalls noch ne Betreuung anregt, obwohl denen ne Vorsorgevollmacht vorliegt, welche dem Gericht erst in der Anhörung bekannt wird, sind Richter schon sehr geneigt, denen die Kosten aufzugeben.
Regt ein Nachbar, Verwandter, Freund, etc. eine Betreuung an, wird das Gericht diesem nicht ohne weiteres Kosten auferlegen, das muss schon etwas vorgefallen sein, wie massenhaft Betreuungsanregungen oder Nachbarschaftsstreit und dem Richter klar sein, dass die Anregung erfolgte, um den Nachbarn zu ärgern. Ich weiß von einem Fall, da hat ein Krankenhaus eine Vorsorgevollmacht vorliegen gehabt und trotzdem eine Betreuung angeregt, und konnte nicht erklären, warum. Hier war der Betreuer bereits im Rahmen einer einstweiligen Anordnung bestellt. Weil das häufiger vorkam, hat die Richterin dem Träger die Kosten auferlegt. |
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#4 |
Neuer Gast
Registriert seit: 24.01.2025
Beiträge: 2
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Vielen Dank für die schnellen Antworten!
Es geht mir nicht um aus Unkenntnis unbegründete, sondern um bewusst wahrheitswidrige Betreuungsanregungen. Die Kostenauferlegung gem. § 81 IV FamFG soll ja ausdrücklich letztere sanktionieren. Die Fälle dazu von Betreuungsanregungen durch Banken und Krankenhäuser sind offenbar zahlreich, aber ich habe bisher nur eine Entscheidung im Privatbereich gefunden (AG Weinheim, Beschluss v. 15.04.2019 - 1 XVII 321/18; beck-online), bezeichnenderweise ohne weitere Rechtsprechungsnachweise. Ich finde es absolut unbefriedigend, dass es demnach in der Praxis kaum eine Handhabe gegen schuldhaft falsche Betreuungsanregungen im privaten Bereich gibt, weil die Regelung nicht konsequent angewendet wird (die Latte der Strafbarkeitsschwelle liegt wohl auch ziemlich hoch). Etwa weil sich Gerichte die Mehrarbeit der Ermittlung dazu gerne ersparen und nur solche Fälle sanktionieren (s.o.), die ihnen sonst massenhaft Arbeit machen? Dann ginge es eben nicht um den Schutz der Betroffenen vor Schikane, sondern nur um die Arbeitserleichterung für Gerichte. Auch bei einer vorzeitigen Einstellung kann ein unsinniges Betreuungsverfahren viel Stress erzeugen, zumal das Verfahren äußerst intransparent ist und offenbar nirgendwo aus Sicht von zu Unrecht Betroffenen erläutert wird. Die Anwaltskosten von etwa 500 EUR (1,3 Verfahrensgebühr bei 5000 EUR Gegenstandswert, s. https://www.soldan.de/media/pdf/58/f...3tYCkndt0VlWX6) schrecken möglicherweise viele ab und sonstige Beratungsmöglichkeiten gibt es kaum. Eine Beschwerdemöglichkeit dürfte zumeist auch nicht bestehen, da die üblichen Anwaltskosten nicht den Beschwerdewert (>600 EUR) erreichen. Die (Nicht-)Entscheidung zur Kostenauferlegung liegt also im (gebundenen) Ermessen des Gerichts, ist aber praktisch nicht überprüfbar. Somit bleibt dann den Betroffenen eines schikanösen Betreuungsverfahrens wohl nichts anderes übrig, als es einfach zu erdulden. Mich wundert allerdings sehr, dass es dagegen nicht mehr Aufbegehren zu geben scheint. |
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#5 |
Moderator
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Beiträge: 6,641
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Du scheinst allerdings Betreuungsverfahren auch als Zumutung aufzufassen. Anders als Entmündigungsverfahren aus dem alten Recht vor 1992 sollen Betreuungen - und mit ihnen die vorausgehenden Verfahren eine Hilfe und Unterstützung für den Betroffenen sein. Das Ganze soll zu Beginn vom Richter adäquat erklärt werden, inkl Hinweis auf Alternativen wie einer Vorsorgevollmacht (§ 275 Abs. 2 FamFG, § 278 FamFG), der Betroffene kann sich einen Anwalt nehmen (ungeachtet etwaiger Geschäftsunfähigkeit, § 275 FamFG und dafür PKH erhalten); wer das nicht schafft, dem kann als Interessenvertreter ein (meist anwaltlicher) Verfahrenspfleger gestellt werden (§ 276 FamFG). Die kommunale Betreuungsbehörde soll auch über alternative Hilfen beraten. Und Personen im Umfeld sind auch zu befragen (§ 279 FamFG). Was soll daran intransparent sein?
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
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#6 |
Forums-Geselle
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Beiträge: 87
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Hallo Chris999,
kenne auch so einen Fall im Bekantenkreis, wo die Bank durch Lügengeschichten eine Betreuung erwirkt hat. Es wurde sogar Beweismaterial vorgelegt. Das Gericht ging gar nicht darauf ein und legte die Kosten der Staatskasse auf. Das Gericht verweigert nun die Akteneinsicht seiner Mutter trotz Vollmacht meines Bekannten und dem Wunsch seiner Mutter, dass er die Betreuung übernehmen soll. Die Gerichte werden immer eine Möglichkeit suchen, um dem nicht nachkommen zu müssen, z.B. er verfolge nur eigene Interessen. Erst wenn seine Mutter nicht mehr lebt, muss die Akte sowieso zur Einsicht freigegeben werden. Alles ist nur Schikane der Justiz. |
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#7 |
Admin/Berufsbetreuer
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Beiträge: 9,031
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Moin Uwe
Deinen Fall kennen wir alle. Den hast Du schon zig mal vorgestellt. Das mußt Du jetzt nicht noch mal tun. Mit freundlichen Grüßen Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
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#8 | |
Forums-Geselle
Registriert seit: 12.07.2023
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Beiträge: 87
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Aber nicht die neuen User. Man kann es nicht oft genug erwähnen. Die Gerichte haben sehr viel Spielraum, der begrenzt werden müsste, damit es zu solchen Fehlentscheidungen nicht kommen kann. |
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