Dies ist ein Beitrag zum Thema Betreuter verweigert notwendige Blutentnahme im Unterforum Betreuungsrechtliche Genehmigungen , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Liebe KollegInnen,
ich habe von einem Kollegen eine Betreuung "geerbt".
Die vorliegenden Erkrankungen und deren Medikation erfordern, dass monatlich eine ...
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17.11.2021, 08:45 | #1 |
Stammgast
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Ort: Südwestfalen
Beiträge: 740
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Betreuter verweigert notwendige Blutentnahme
Liebe KollegInnen,
ich habe von einem Kollegen eine Betreuung "geerbt". Die vorliegenden Erkrankungen und deren Medikation erfordern, dass monatlich eine Kontrolle der Blutwerte erfolgt. Das verweigert der Klient jedoch. Nun ruft die Psychiaterin bei mir an und fordert, dass ich die Blutentnahme gegen den Willen des Betreuten durchsetze. Das sei nötig und der Patient habe sich zu fügen. Ich widerum möchte erst einmal eine Vertrauensbeziehung zum Klienten aufbauen. Er ist außerordentlich therapieerfahren, leidet unter paranoider Schizophrenie und ist drogenabhängig. Da die letzte Blutentnahme in 09/21 erfolgte, soll Gefahr in Verzug sein, sagt die Ärztin... Ich weiß, dass er dieses "Spielchen" schon jahrelang treibt, aber auch, dass die betreffende Ärztin glaubt, dass man alles mit Zwang durchführen muss, wenn keine Erkenntnis oder kein Willen vorhanden ist. Ein alternativer Facharzt steht hier im ländlichen Raum leider nicht zur Verfügung. Was also ist das klügste Vorgehen? Danke für Euer Interesse! Marsupilami |
17.11.2021, 08:55 | #2 |
Moderator
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Beiträge: 5,811
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Das ist eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1906a BGB, erfordert eine gerichtliche Genehmigung und zusätzlich einen Unterbringungsbeschluss, wenn der Betreute nicht freiwillig ins Krankenhaus geht, da das nur stationär zulässig ist.
Im Genehmigungsverfahren dürfte es auch um Behandlungsalternativen gehen, die ohne regelmäßige Blutprobe möglich sind. Ich würde das erst mal der Psychiaterin erklären, dass sie dazu eine Aussage treffen werden muss.
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
17.11.2021, 09:04 | #3 | ||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Beiträge: 14,097
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Da wir hier alle keine Pharmazeuten sind wird man der Ärztin wohl glauben müssen.
Ich weiss nur, dass z.B. bei Clozapin regelmässige Blutkontrollen nötig sind und die Betroffenen darüber aufgeklärt werden und noch vor Behandlungsbeginn unterschreiben müssen damit einverstanden zu sein. Nur als Beispiel. Wer das nicht unterschreibt, aus welchen Gründen auch immer, darf damit nicht behandelt werden- so angebracht es auch wäre. Bitte die Ärztin um ein ausführliches Attest zu der Massnahme. Gleichzeitig müsste der Betroffene in der Klinik aufgenommmen werden da Zwangsbehandlungen nur innerhalb einer Klinik durchgeführt werden dürfen. Das wäre die eine Voraussetzung. Diese hätte hauptsächlich die Ärztin zu vertreten bzw. die Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung zu schaffen. Gleichzeitig würde ich das Gespräch darüber führen auf ein anderes Medikament ohne notwendige Blutkontrollen umzusteigen. Das Verhalten deines Kunden wird sich ja nicht ändern lassen oder? Zitat:
Zitat:
Edit: Pardon, hat sich mit der Antwort von Horst überschnitten
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17.11.2021, 09:50 | #4 |
Stammgast
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Beiträge: 740
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Ihr seid super! Dankeschön!!
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17.11.2021, 18:32 | #5 | ||
Stammgast
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: NRW
Beiträge: 674
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Hallo Marsupilami!
Ich schließe mich Michaela und Horst hier grds. an. Ergänzend: Wie sieht es denn mit der freien Willensbildung Deines Klienten (in dieser Sache) aus? Ich vermute mal, dass die involvierte Psychiaterin eine solche verneinen würde?! Vielleicht mal ansprechen, dokumentieren. G.i.V. vielleicht ja, da stimme ich Michaela zu. Zumal die Ärztin diese ja bejahte. Bei vorhandener Erkenntnisfähigkeit des Betreuten darf dieser sich jedoch dieser Gesundheitsgefahr aussetzen, Du schriebst ja auch gerade eben von Deinen diesbezüglichen Gedanken. Zitat:
Zieht naklar unter Umständen einen Rattenschwanz nach sich (Ärztin setzt Medikament ab, keine adäquate medikamentöse Alternative, psychischer Zustand dekompensiert usw.). Und was man auch sehen muss: Viel zu oft werden nach meiner Erfahrung solche regelmäßigen Laborwerte von den behandelnden Ärzten nicht erhoben, alles wird (trotz einschlägiger Medikation) einfach laufen gelassen. Ich bin da regelmäßig bei meinen KlientInnen "hinterher" und rufe den ÄrztInnen das (ganz vorsichtig, wie sich das beim Kontakt zu standes-sensiblen MedizinerInneneben empfiehlt ) in Erinnerung. Die Ärztin in Deinem Fall scheint grds. sehr gewissenhaft zu arbeiten. Das ist natürlich auch lobenswert (wenn es auch eigentlich selbstverständlich sein sollte!). Zwar sind Deine Überlegungen Zitat:
Jedenfalls: Alternative Behandlungsmethoden mit der behandelnden Ärztin zu besprechen wird wohl aktuell am ehesten (kurzfristig) weiterhelfen. Grüße von Florian |
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18.11.2021, 07:56 | #6 |
Stammgast
Registriert seit: 02.02.2011
Ort: Südwestfalen
Beiträge: 740
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Guten Morgen,
ich habe jetzt folgendes getan: 1. mit dem Betreuten gesprochen: gibt es Gründe, warum er keine Blutentnahme möchte (nö, kein Bock), 2. Hinweis, dass Ärztin - falls Alternativen fehlen - Medis nicht mehr verschreiben könnte. Folge: Verschlechterung, Neubeginn der Einstellung... (ist ihm egal) 3. er lebt in einer besonderen Wohnform. Gespräch mit Bezugsassistent: dran bleiben! Ggf. Blut bei Hausärztin entnehmen lassen, regelm. Angebot machen, seiner Verweigerung nicht die gewünschte Aufmerksamkeit geben... nicht aus der Ruhe bringen lassen (auch nicht von der Ärztin) 4. Bitte an Hausärztin: falls sie überzeugt ist, dass die Einwilligungsfähigkeit fehlt bitte Attest darüber und Notwendigkeit der stationären Behandlung gegen den Willen zur Verfügung stellen. ... mal sehen, wie die Sache weiter geht ... |
18.11.2021, 08:27 | #7 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Zitat:
Die Regeln und die Gefahren z.b. bei Clozapin Gaben sind klar definiert. Völlig zurecht meiner Ansicht nach. Es ist kein Spass wenn die Leukozyten absinken ohne dass es bemerkt wird/werden kann. Clozapin ? Geänderte Herstellervorgaben bei der Behandlung | Kompendium psychiatrische Pharmakotherapie Wird der Bezugsassistent in deine Haftung eintreten? Ich finde das Problem sollte ernsthafter angegangen werden. @Florian schrieb bereits, dass er sich für sein Arbeiten so eine gründliche Arbeit wünscht wie du sie vorfindest. Bei uns wird jeder versäumte Blutkontrolltermin umgehend dem Betreuer mitgeteilt. Die Ärztin ist also nicht übereifrig sondern nur wünschenswert verantwortlich in diesem Fall. Du solltest dringend mit der Ärztin über Behandlungsalternativen reden.
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18.11.2021, 19:00 | #8 |
Admin/Berufsbetreuer
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Moin moin
Bisher ist noch nicht gesagt, dass der Betreute die Blutkontrollen wg. Clozapin (Leponex) machen soll. Falls es sich allerdings doch um dieses Medikament handeln sollte, würde allen die Hölle heiß machen, dass die Blutkontrollen auch laufen. Die Beiträge von Michaela und Horst passen da schon gut. Sollten die Blutkontrollen zum überprüfen sein, ob weiterhin Drogenge- bzw. Missbrauch stattfindet oder nicht, dürfte das mit der lebensbedrohenden Notwendigkeit als Argument für Zwangsmaßnahmen nicht mehr so ziehen. Natürlich wären Blutkontrollen dann immer noch angesagt. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
18.11.2021, 20:28 | #9 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Zitat:
Die einzige die uns das sagen könnte wäre Marsipulami.
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19.11.2021, 17:36 | #10 |
Stammgast
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So, da bin ich wieder ;-)
Der Fall hat mich gut beschäftigt. Ja, es handelt sich um Clozepin. Der Klient ist seit gestern Abend freiwillig in der Klinik, ich habe dort auf die aktuell fehlende Compliance hingewiesen und er wird nun auf ein anderes Medikament umgestellt. Puh |
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