Dies ist ein Beitrag zum Thema plötzlich Pflegefall - viele Probleme... im Unterforum Forum für Angehörige und betreute Menschen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Hallo zusammen,
ich habe einige Fragen, welche bestimmt auch schon im Einzelnen hier beantwortet wurden, aber in der aktuellen Situation ...
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03.10.2019, 08:38 | #1 |
Einsteiger
Registriert seit: 16.09.2019
Beiträge: 12
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plötzlich Pflegefall - viele Probleme...
Hallo zusammen,
ich habe einige Fragen, welche bestimmt auch schon im Einzelnen hier beantwortet wurden, aber in der aktuellen Situation bin ich einfach erschlagen und stelle einfach mal alle Fragen hier zusammen und hoffe der eine oder andere wird mir einige beantworten können... kurz zur Vorgeschichte: mein Vater (61Jahre - arbeitslos) ist am Korsakow-Syndrom (Alkohol-Demenz) erkrankt und wird einen irreparablen Hirnschaden behalten. jetzt versuch ich mich um all seine Angelegenheiten zu kümmern... hier eine Auflistung was ich bisher getan habe: - Arbeitsamt informiert - Antrag auf Betreuung gestellt - Antrag zur Begutachtung und Einstufung meines Vaters gestellt - Suche nach einem Pflegeheim in der Nähe im Moment befindet er sich noch in Behandlung (ist erst 2 Wochen her) aber er wird in ein Pflegeheim müssen (lt. Sozialdienst der Klinik) nun hat er aber auch noch einige Schulden... seine Rente (wenn er die Regelaltersrente erreicht hätte) wären ca. 870€ gewesen eine Erwerbsminderungsrente würde sich im gleichen Betrag belaufen er hat noch eine Strafe an ein Amtsgericht zu zahlen (Führerscheinentzug) sowie Schulden bei mehreren Gläubigern was mache ich jetzt mit diesen Schulden ? - Privatinsolvenz halte ich für unsinnig, da er nie wieder arbeiten gehen wird - seine Einkünfte liegen unter der Pfändungsgrenze (P-Konto ist eingerichtet) - lasse ich das jetzt einfach laufen, da ja eh nix zu holen ist ? - kann ich als Betreuer in Spe irgendwie belangt werden ? Vielen Dank |
03.10.2019, 11:15 | #2 |
Routinier
Registriert seit: 17.01.2015
Beiträge: 1,882
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Guten Morgen.
Es tut mir sehr leid für deinen Vater und eure Familie. Zu deinen Fragen: Bisher schon mal alles richtig gemacht Zum Heim: stelle direkt noch einen formlosen Antrag beim Sozialamt auf "Übernahme der ungedeckten Heimkosten". Die Rente deines Vaters wird nicht reichen für das Heim. Den richtigen vollständigen Antrag kann man dann später stellen, wenn du Betreuer bist und klar ist, wo und wie es weiter geht. Es geht jetzt erstmal nur darum, dass das Sozialamt Kenntnis von einer anstehenden Notlage erhält. Denn die bezahlen immer erst ab Antragseingang. Der formlose Antrag vorab zählt dann. Beispiel: dein Vater zieht zum 1.11. ins Heim. Stellst du jetzt schon den formlosen Antrag, wird das Amt später nach Prüfung ab diesem Tag bezahlen. Stellst du den Antrag aber erst ab dem 15.11., dann zahlt das Amt auch erst ab 15.11. Die Zeit vom 1. bis 15. wäre dann nicht gedeckt. Zusätzlich gleich noch die Übernahme der Miete für die aktuelle Wohnung bis zur Kündigung des Mietvertrages und die Kosten für die Wohnungsräumung mit beantragen. Erstmal auch nur formlos mit in dem ersten Brief rein schreiben. Das Sozialamt sagt euch dann schon, was es zur Prüfung hierfür noch alles braucht. Im der Praxis wird es dann später so laufen: Die Rente (und aktuell das ALG) steht vollständig dem Heim zu. Das Sozialamt und die Pflegekasse zahlen den Rest. Auch hier ein Beispiel: Heimkosten 2000. Rente 800 (oder das aktuelle ALG) Pflegekasse 770 bei z.B. Pflegegrad 2 Sozialamt 430 Sozialamt 114 Euro Barbetrag ("Taschengeld" für den persönlichen Bedarf des Vaters) Am besten wird die Rente direkt an das Heim umgeleitet. Hierzu kannst du später als Betreuer der Rentenversicherung schreiben, dass sie direkt ans Heim zahlen sollen. Das Girokonto kann dann aufgelöst werden. Das braucht man dann nicht mehr und verursacht nur Kosten. Bis die Umleitung erfolgt ist, müsst ihr die Rente gleich vom ersten Tag an vollständig ans Heim überweisen. Diese darf mit Einzug ins Heim nicht mehr ausgegeben werden. Auch nicht für die Miete. Diese wird dann später vom Sozialamt gleich an den Vermieter bezahlt, wenn alles fertig geprüft und der Antrag beschieden wird. Zu den Schulden: Teile allen Gläubigern mit, dass der Vater im Heim ist, das Sozialamt die ungedeckten Heimkosten bezahlt und dein Vater mittellos ist. Die offenen Schulden können daher leider nicht bezahlt werden. Von weiteren Maßnahmen, die die Kosten nur in die Höhe treiben, bittest du abzusehen. Diese werden keine Aussicht auf Erfolg haben. Weise dann noch auf die Schadenminderungspflicht des Gläubigers hin. Und fertig. Mehr kann man nicht machen. Wo kein Geld ist, kann auch keines hergezaubert werden. Auch Betreuer haben keine Gelddruckmaschine. Die Gläubiger haben in solchen Fällen leider Pech. Als Betreuer kannst du nicht für die Schulden des Vaters belangt werden. Außer du wärst irgendwo als Bürge mit drin. Anders sieht es aus, wenn der Vater irgendwann verstorben sollte. Dann solltest du das Erbe ausschlagen, denn der Erbe erbt auch die Schulden. Ich wünsche euch viel Kraft für die kommende Zeit.
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Die meisten Probleme lösen sich von selbst - man darf sie nur nicht dabei stören |
03.10.2019, 11:51 | #3 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 29.07.2019
Ort: Nähe Weißwurstäquator
Beiträge: 209
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Hallo,
dem ist fast nichts mehr hinzu zu fügen, außer vielleicht: - derzeit ist eine Gesetzesänderung geplant, dass die Kinder von Beziehern von "Hilfe zur Pflege" erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000€ zum Unterhalt verpflichtet sind. Bisher sind die Freibeträge wesentlich niedriger. - der Sozialdienst hat die Verpflichtung, im Rahmen des Entlassmangements bei der Heimplatzsuche zu unterstützen. Günstig wäre, wenn im Kh schon eine Schnelleinstufung für einen Pflegegrad erfolgen könnte. Alles Gute. |
03.10.2019, 15:10 | #4 |
Einsteiger
Registriert seit: 16.09.2019
Beiträge: 12
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wow....
vielen Dank für die schnelle und ausführliche Hilfe !!! zum Pflegeheim an sich hätte ich noch 1-2 Fragen: bei uns in der Umgebung liegen die Kosten für einen Pflegeplatz bei ca. 2700€ - 3500€ Eigenanteil (also wird hier schon das Geld von der Pflegekasse für den jeweiligen Pflegegrad vom Heim abgezogen, sonst ist das noch teurer...) wer bestimmt das Pflegeheim ? angenommen es gibt einen Platz in einem anderen Bundesland für 1000€ - muss er dann dahin ? jetzt mal angenommen er kommt in ein Heim bei dem der Eigenanteil dann noch 2700€ beträgt... davon wird dann natürlich noch eine Rente abgezogen , dann bleiben noch 1900€ übrig, welche bezahlt werden wollen... Sowohl mein älterer Bruder als auch ich sind beide sehr gut verdienend und würden auch nach der Gesetzesänderung über der 100.000€ Grenze liegen... kann es sein, dass wir die übrigen 1900€ unter uns aufteilen müssen ? oder gibt es hier auch eine Obergrenze zum Elternunterhalt oder einen Mindestbetrag welchen das Sozialamt als Zuzahlung bringen muss ? |
03.10.2019, 15:21 | #5 |
Einsteiger
Registriert seit: 16.09.2019
Beiträge: 12
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er hat jetzt noch eine Zahlung vom Arbeitsamt bekommen, macht es Sinn diesen Betrag vom Konto abzuheben (damit er wenigstens noch irgendwas hat) bevor er ins Heim muss ?
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03.10.2019, 17:14 | #6 | ||
Routinier
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,225
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Zitat:
Zitat:
Es gibt unzählige Informationen zu diesem Thema (Stichwort "Elternunterhalt"), einfach mal googeln, dort gibt es meist auch Beispielrechner. Vorrangig sind immer die eigenen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Ehegatten und Kindern, auch eine eigene Altersvorsorge wird zugestanden. Die Eltern kommen erst danach. |
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10.12.2019, 06:27 | #7 |
Einsteiger
Registriert seit: 16.09.2019
Beiträge: 12
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Hallo zusammen,
ich möchte Euch mal ein Update zu unserer Situation geben... das mit dem Pflegeheim hat sich vorerst erledigt, die zweite Ex-Frau meines vaters hat sich dazu bereiterklärt ihn bei sich zu Hause in Pflege zu nehmen. Das hatte auch sehr gut funktioniert, leide rkam danach die nächste Hiobsbotschaft ... er hat einen Drei-Etagen-Tumor im Hals-Rachen-Raum... ungefähr ein faustgroßer bösartiger Tumor, welcher ihn -wenn man ihn nicht behandelt- langsam ersticken lassen würde... Momentan befindet er sich stationär im Krankenhaus und wird dort behandelt (Zähne ziehen, Magensonde, Tracheostoma) Ich habe nun offiziell die Betreuung für die Gesundheitsfragen, alle anderen Themen werden vom Amtsgericht noch nachgepflegt (Postzustellung, Finanzen etc.) Ich werde mich wieder bei euch melden, sobald ich die komplette Betreuerschaft dann erhalten habe und dann auch mit den Gläubigern agieren muss... Danke für die Unterstützung |
10.12.2019, 19:32 | #8 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 21.12.2018
Ort: Nördliches Niedersachsen
Beiträge: 280
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Sehr gute Anleitung von Boomer
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13.12.2019, 07:04 | #9 |
Einsteiger
Registriert seit: 16.09.2019
Beiträge: 12
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ich hätte noch eine Frage...
da mein Vater jetzt nicht im Heim wohnt, gilt er nun auch noch als mittellos ? er bekommt (wenn er es jemals bekommt) ca. 1000€/mtl. Krankengeld, danach eine geringere Erwerbsminderungs- bzw. Altersrente... Mietkosten hat er keine mehr, er darf bei seiner Ex-Frau leben, welche ihn auch zu Hause pflegt... Was teile ich nun den Gläubigern mit ? Ich würde ihnen mitteilen, dass sein Einkommen unter der Pfändungsgrenze von ca. 1130€ liegt und die Schulden nicht bezahlt werden können... oder wird hier als Grenze dann der Einkommensfreibetrag nach § 82 SGB XII 01.01.2017 818,00 Euro ??? Vielen Dank für Eure Hilfe |
13.12.2019, 11:47 | #10 |
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,576
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Moin moin
Wenn es um Gläubiger geht, dann geht es um das Einkommen und die Pfändungsfreigrenze liegt bei 1179,99 €. Die Ausgaben bzw. Nicht-Ausgaben haben die Gläubiger nicht zu interessieren. Je nach dem wie hoch die Schulden sind, könnte der Vater ja wollen, dass diese evtl. beglichen werden - und dies auch irgendwie schaffen. In dem Fall würde ich unbedingt empfehlen, eine Schuldnerberatung aufzuzuchen und sich von dort unterstützen zu lassen. Gläubiger und insbesondere Inkassos sind fiese Möpp und ziehen unbedarfte Laien gerne über den Tisch. (Z.B. Vorschlag Ratenzahlung, bei der dann die veranschlagten Verwaltungskosten und Zinsen höher sind, als die Ratenzahlung = die Forderung wird niemals geringer...) MfG Imre
__________________
Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
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