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StellaForum20 16.11.2020 18:19

geistige Behinderung/ Medikamte/Neuroleptika zur Beruhigung
 
Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich bin ganz neu hier im Forum und habe ein persönliches Anliegen, welches mir sehr wichtig ist.

Leider geht es nicht so ganz ohne diese Informationen:
Meine Schwester, 23Jahre alt lebt in einem Erwachsenenwohnheim für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Altersübergreifend in Form einer Wohngruppe. Sie ist zu 80 Prozent geistig behindert und auf dem Stand einer 3-7jährigen.

Sie lebte damals mit mir und meinen Schwestern von klein auf in einem Kinderheim, zog mit ca 10 Jahren in ein Kinderbehindertenheim und dort dann mit 18 Jahren um in das Behindertenheim für Erwachsene. Demnach hat sie eine gesetzliche Betreuerin zur Seite gestellt bekommen. Die Eltern können sich nicht kümmern.

Meine Schwester ist eine lebendige, witzige und gesprächige Person. Doch leider gab es schon immer das Problem, dass sie eine geringe Frustrationstoleranz hat. Wenn sie aufgebracht ist, wirft sie z.b. Türen, wehrt sich massiv wenn man sie anfässt und stellt somit eine Gefahr für Dritte dar. Ihr starkes Übergewicht ist hierbei von Bedeutung, da sie dadurch sehr kräftig ist.

Vor einem Jahr, soll meine Schwester in Folge eines Wutausbruchs weggelaufen sein. Eine Betreuerin, welche sie daran gehindert haben will, wurde von meiner Schwester am Arm verletzt.
Durch einen Besuch meiner Schwester in der WG, erfuhr ich von dem o.g. Vorfall und man setzte mich darüber in Kenntnis, dass meine Schwester zur Beruhigung Medikamente (Neuroleptika ) verordnet bekommen hat.

Erst als ich meine Schwester sah, stellte ich ihren veränderten Wesenszustand fest. Sie war nicht wirklich ansprechbar, reagierte nicht oder verzögert, wirkte steif, hatte einen starren leeren Blick und eine maskenhafte Mimik. Ihre persönlichen Attribute waren nicht mehr vorhanden (sprach nicht, lachte nicht).

Ich stand in engem Kontakt mit der gesetzlichen Betreuerin, welche von der Medikamentenverordnung nicht in Kenntnis gesetzt worden war. In späteren Telefonaten sprach sie davon, dass meine Schwester durch die Medikamente besser „handlebar“ wäre. Ich bat um ein Gespräch mit Schwestern, dem Wohnheim und der gesetzliche Betreuerin, in dem wir über alle unsere offenen Fragen die wir hatten, sprechen wollten.

Es war ein mühsamer Weg, aber ich war sehr dankbar, als dieses Gespräch dieses Jahr zustande gekommen ist.
Ergebnisse dieses Gesprächs waren, dass der Neurologe den Verdacht auf Schiophrenie dokumentierte und das Medikament weiterhin angesetzt hat damit meine Schwester in Situationen der Wut etc. besser zur Ruhe kommt und generell umgänglicher/entspannter ist. Das wäre auch im Interesse für sie selbst.
Die Medivergabe sollte runterdosiert werden, es gab wohl das Problem, dass die Wirkung des Medikaments zuvor zu hoch war.

Die Ziele, die in diesem Gespräch vereinbart wurden, sollten in regelmäßigen Telefonaten miteinander besprochen werden. Auf Vorschläge alternativer Beruhigungsmedikamente, die in akuten Situationen eingesetzt werden könnten, wurde nicht eingegangen. Eine unserer Schwestern ist Altenpflegerin und kennt eig gute Wege/Alternativen.

Das große Problem an der Situation ist, dass die Kommunikation mit der gesetzl. Betreuerin sehr schwer ist, da diese sich nicht wie vereinbart telefonisch zurückmeldet. Leider werde ich immerzu mit meinen Anliegen verschoben. Sie scheint bemüht, aber leider vertröstet sie mich und wir kommen nicht voran.

Stand der Dinge nach einem Jahr ist, dass ich mental an meine Grenzen komme. Ich verstehe die schwere Situation des Heimes mit meiner Schwester und wünsche mir für alle Beteiligten ein Zusammenleben das möglichst harmonisch verläuft. Ich bin zudem dankbar, dass es so tolle Betreuer gibt und man sich um sie kümmert. Jedoch habe ich Bauchschmerzen beim Anblick meiner Schwester. Mir scheint die Vergabe von Neuroleptika, welche sie all ihrer persönlichen Attribute beraubt, als unangemessen/extrem. Ich besuche sie nicht mehr gerne, weil sie gar nicht mehr wirklich sie selbst ist. Sie kann nichteinmal mehr am Telefon berichten, was sie gefrühstückt hat geschweigedenn sagen, was im Fernsehen läuft der direkt vor ihr steht. Sie hat sogar schon unwillkürlichen Speichelfluss und wippt vor und zurück. Die Situation ist wirklich schwer für mich. Ich bin kein Neurologe und versuche den leitenden Arzt zu vertrauen. Fakt ist allerdings, dass die Vergabe anfangs der Situation geschuldet war, dass meine Schwester einen Wutausbruch hatte und eine Person verletzte. Ich möchte gerne eine Lösung für das Problem finden, ohne dass meine Schwester dauerhaft in diesem Zustand leben muss und von ihrer Person nichts mehr wahrzunehmen ist.

Ich möchte mich deshalb informieren was ich für meine Schwester tun kann und würde mich freuen über Hinweise für Anlaufstellen, Tipps, Lösungsvorschläge und bedanke mich für Vorschläge.

War jemand evtl. oder ist in einer ähnlichen Situation ?
Kennt sich jemand mit dieser Thematik aus ?

Liebe Grüße

StellaForum20

Imre Holocher 16.11.2020 18:47

Moin moin


Mit einem solchen Problem stehst Du als Angehörige nicht alleine da. Es kommt nicht selten vor, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung und geringen Frustrationstoleranz mit Medikamenten ruhig gehalten werden. (Alten Menschen in Pflegeheimen passiert das leider auch)


Da ist es schon die Aufgabe der rechtlichen Betreuer*innen darauf zu achten, dass diese Menschen nicht einfach "abgeschossen" und damit pflegeleicht gemacht werden. Denn auch mit Medikamenten kann Menschen die Freiheit geraubt werden - und das geht nur mit Gerichtsbeschluss.
In der Praxis wird das m.E. häufig sehr lax gehandhabt.


Was Dich in Deiner Position angeht:
Du bist schon auf die Betreuerin angewiesen bzw. darauf, dass die Zusammenarbeit klappt. Die Betreuerin ist Dir gegenüber aber nicht auskunftspflichtig. Das ist eher guter Wille.



Schreibe die Betreuerin doch mal höflich an, schildere die Situation und dass Du den Eindruck hast, dass Deine Schwester nach wie vor viel zu viel ruhiggestellt wird, und:
Biete der Betreuerin Deine Mitarbeit an und bitte um eine Gespräch, um die Form der Zusammenarbeit abzusprechen. (Also: was kannst du tun, was ist Aufgabe der Betreuerin, wie und wie oft läuft die gegenseitige Information)


Und denke daran: Die Betreuerin hat sicherlich noch eine ganze Reihe weiterer Betreute und daher reichlich zu tun. Sie kann es sich nicht leisten, jede Woche von Dir zu hören oder zu lesen und mit Dir zu sprechen. Du würdest ihr umgehend auf die Nervengehen und sie wird den Kontakt mit Dir stumpf reduzieren.





MfG


Imre

StellaForum20 16.11.2020 19:28

Hallo,

vielen Dank für deine Antwort.

Ich bin der gesetzlichen Betreuerin sehr dankbar für ihre Zusammenarbeit und schätze es, dass sie mir Auskunft gibt.


Den Vorschlag finde ich sehr hilfreich und so bin ich tatsächlich vorgegangen.Die Situation bleibt leider unverändert.
Ich empfinde es als essentiell, dass Menschen die auf die Hilfe von ihrem gesetzlichen Betreuer angewiesen sind, diese auch bekommen.

Gibt es z.b. die Möglichkeit für meine Schwester Vetrauensperson zu werden oder eine zu bekommen? Ich habe vor bereits einem Jahr angefragt, ob meine Schwester eine/n Bezugsbetreuer/in bekommt. Bis heute hat sie leider kein/en an die die Seite gestellt bekommen.

Hilfreiche Angebote in diese Richtung würden mich sehr unterstützen.

mimi91 16.11.2020 20:26

Wenn sie in einer stationären Einrichtung lebt, müsste sie eigentlich dort einen Bezugsbetreuer haben.


Wäre es nicht möglich, dass du im Rahmen der Betreuung die Gesundheitssorge übernimmst?

Stefanie78 17.11.2020 23:33

Ich möchte niemandem auf die Füße treten, würde aber in so einer Situation durchaus in Erwägung ziehen, mich bei Gericht über die Betreuerin zu beschweren. Es ist schon ihre Aufgabe, darauf zu achten, dass so etwas nicht geschieht.

Ist die Diagnose Schizophrenie neu oder gabs die schon länger?

Nur zur Beruhigung gibt es doch genug Medikamente, die einen nicht völlig außer Gefecht setzen. Nehm ich selbst auch.

Diesem Arzt würde ich nicht unbedingt trauen. Mir wär da eine zweite Meinung wichtig. Denn wenn jmd. sabbernd und apathisch rumsitzt, erkennt ja selbst ein Laie, dass da irgendwas falsch läuft in der Behandlung.

Ich finde das übrigens sehr toll, wie Du Dich um Deine Schwester kümmerst. Ich wünsch Euch von Herzen, dass sich bald was ändert.

michaela mohr 18.11.2020 07:07

Zitat:

Den Vorschlag finde ich sehr hilfreich und so bin ich tatsächlich vorgegangen.Die Situation bleibt leider unverändert.
Ich empfinde es als essentiell, dass Menschen die auf die Hilfe von ihrem gesetzlichen Betreuer angewiesen sind, diese auch bekommen.
Das ist völlig richtig.
Wenn du jetzt aber schreibst, dass du den Vorschlag von Imre gut findest und ihn umgesetzt hast aber das sich dadurch noch nichts geändert hätte, dann hast du mit zu schnellen Reaktionen gerechnt.


Die Neuroleptika kann nur der zuständige Neurolge ändern.
Zitat:

Die Medivergabe sollte runterdosiert werden, es gab wohl das Problem, dass die Wirkung des Medikaments zuvor zu hoch war.
Mir ist der zeitliche zusammenhang nicht so ganz klar. ist es möglich das deine Schwester derzeit in der Phase der Herunter- Dosierung ist? So etwas nimmt einige Zeit in Anspruch bis sich Wirkung einstellt.
Hast du gar keine Veränderung/Besserung bei deiner Schwester feststellen können?


Vielleicht ist die Idee vom Mimi gar nicht schlecht,

der Betreuerin die Übernahme der Gesundheitssorge anzubieten?


Allerdings liest es sich so wie wenn du weiter weg wohnen würdest? Stimmt das?Dann wäre das leider keine gute Möglichkeit.

StellaForum20 18.11.2020 11:45

Zitat:

Zitat von mimi91 (Beitrag 130682)
Wenn sie in einer stationären Einrichtung lebt, müsste sie eigentlich dort einen Bezugsbetreuer haben.


Wäre es nicht möglich, dass du im Rahmen der Betreuung die Gesundheitssorge übernimmst?

Es wäre eine Überlegung wert und ich bespreche das mit meiner Schwester welche Altenpflegerin ist. Wir werden uns über den Umfang solch einer Übernahme informieren und wägen mal ab, ob die damit zusammenhängende Verantwortung von uns getragen werden kann.

Danke für diesen Hinweis :)

StellaForum20 18.11.2020 12:10

Zitat:

Zitat von Stefanie78 (Beitrag 130709)
Ich möchte niemandem auf die Füße treten, würde aber in so einer Situation durchaus in Erwägung ziehen, mich bei Gericht über die Betreuerin zu beschweren. Es ist schon ihre Aufgabe, darauf zu achten, dass so etwas nicht geschieht.

Ist die Diagnose Schizophrenie neu oder gabs die schon länger?

Nur zur Beruhigung gibt es doch genug Medikamente, die einen nicht völlig außer Gefecht setzen. Nehm ich selbst auch.

Diesem Arzt würde ich nicht unbedingt trauen. Mir wär da eine zweite Meinung wichtig. Denn wenn jmd. sabbernd und apathisch rumsitzt, erkennt ja selbst ein Laie, dass da irgendwas falsch läuft in der Behandlung.

Ich finde das übrigens sehr toll, wie Du Dich um Deine Schwester kümmerst. Ich wünsch Euch von Herzen, dass sich bald was ändert.


Tatsächlich hatte meine Schwester bisher keine Diagnose Schizophrenie gehabt und wir waren über diese auch durchaus verwundert.

Ich habe von einer Beschwerde absehen wollen, aber auch diesen Weg würde ich einschlagen wollen, denn ich möchte definitv helfen bzw, dass sich etwas tut.

Ich bespreche in jedem Fall, ob die Möglichkeit besteht eine zweite Meinung eines Neurologen einzuholen ist.

Danke für deine lieben Worte. Beste Grüße

StellaForum20 18.11.2020 12:41

Zitat:

Zitat von michaela mohr (Beitrag 130710)
Das ist völlig richtig.
Wenn du jetzt aber schreibst, dass du den Vorschlag von Imre gut findest und ihn umgesetzt hast aber das sich dadurch noch nichts geändert hätte, dann hast du mit zu schnellen Reaktionen gerechnt.

Die Neuroleptika kann nur der zuständige Neurolge ändern.

Mir ist der zeitliche zusammenhang nicht so ganz klar. ist es möglich das deine Schwester derzeit in der Phase der Herunter- Dosierung ist? So etwas nimmt einige Zeit in Anspruch bis sich Wirkung einstellt.
Hast du gar keine Veränderung/Besserung bei deiner Schwester feststellen können?

Vielleicht ist die Idee vom Mimi gar nicht schlecht,

der Betreuerin die Übernahme der Gesundheitssorge anzubieten?


Allerdings liest es sich so wie wenn du weiter weg wohnen würdest? Stimmt das?Dann wäre das leider keine gute Möglichkeit.

Ich habe es zwar erreicht, dass es Anfang des Jahes 2020 zu einem Gespräch mit allen Beteiligten kam, bin anschließen regelmäßig im Gespräch mit der gestzl. Betreuerin gewesen in denen ich vorgegangen bin wie in Imres Vorschlag, aber dabei wurde am bestehenden Zustand nichts verbessert.

Nach dem o.g. Gespräch, wurde die Dosierung verändert, da die Wirkung zu hoch war. Nach der ersten schlimmen Corona-Zeit war 1stündiger Besuch im Garten, selbstverständlich mit Maske erlaubt. Zu dieser Zeit konnte man eine positive Veränderung feststellen. Sie wirkte wacher, Gespräche waren schwer aber möglich und sie wirkte nicht abgeschirmt.
Kurz danach war/ist sie im alten Zustand und speichelt unwillkürlich, übergab sich nach dem Essen und wippt hin und her. Wurde der Betreuerin von uns beiden Schwestern mitgeteilt, weil die Situation dann ernster genommen wird. Es passiert leider gar nichts..

Den Vorschlag der Gesundheitssorge, bespreche ich in jedem Fall mit meiner Familie.

Ich wohne eine Stunde entfernt.

Danke für deine Antwort. Liebe Grüße


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