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gesetzliche Betreuung

 

Entscheidungsfindung

Dies ist ein Beitrag zum Thema Entscheidungsfindung im Unterforum Forum für Angehörige und betreute Menschen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
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Alt 22.09.2008, 19:30   #1
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Standard Entscheidungsfindung

Mein Vater ist alkoholkrank und leidet möglicherweise am Korsakoff-Syndrom. Es gibt aber keine ärztliche Diagnose, da mein Vater schon lange jeden ärztlichen Kontakt meidet. Seine zweite/derzeitige Ehefrau ist dement. Mein Vater braucht Assistenz bei vielen täglichen Verrichtungen. Seine Frau kann dies aufgrund ihrer Demenz und Realitätsverkennung nicht leisten.
Meine Mutter (Krankenschwester) hat vor einigen Jahren angefangen, Kontakt zu den Beiden aufzunehmen und ist dabei langsam die pflegende Betreuerin meines Vaters und seiner Frau geworden. Sie stößt jedoch in ihrer Rolle immer wieder an Grenzen. So meint die Frau meines Vaters, dass Reinigungsmaßnahmen unnötig sind und kritisiert meine Mutter wegen ihres vermeintlichen "Sauberkeitsfimmels". (auch ich wurde deshalb schon angegriffen)Tatsächlich wurde meine Mutter schon von Nachbarn im Haus angesprochen, weil ihnen Mängel in der Hygiene aufgefallen sind. Die Frau meines Vaters erkennt auch seine Hilfebedürftigkeit nicht und kommentiert: "Bin ich seine Mutter?" Mein Vater wiederum hat mich aus der Wohnung geworfen, als ich einen Termin mit einer außenstehenden Beraterin für Altenbetreuung gemacht hatte. Seine Frau ist zwar noch in der Lage, sich zum Supermarkt zu bewegen, aber nicht dazu, die Dinge einzukaufen, die im Haus fehlen, geschweige denn dazu, passend zu bezahlen (zur Freude der Kassiererin, die sich damit ihren Niedriglohn aufbessert). Zu allem Überfluss gefährdet sie meinen Vater durch das gewohnheitsmäßige Einkaufen von Bier, welches in zu reichlichem Umfang für meinen Vater zugänglich ist. Aufgrund der nicht unproblematischen Konstellation und der Starrsinnigkeit der Betreuten, mit denen keine Erörtung eines irgendwie gearteten Handlungsbedarfs möglich ist, sehe ich schon seit einiger Zeit, dass das Problem einer Überforderung für meine Mutter eintreten wird. Sie selbst schwankt zwischen der Auffassung, dass sie das allein hinkriegt (wenn es gut läuft) und dem Eingeständnis, dass sie Entlastung braucht und auch nicht weiterkommt mit den Beiden, wenn es schlecht läuft.
Ich habe nun mit meiner Mutter und einer Beraterin ein Gespräch organisiert. Mir hat der Verlauf des Gesprächs nicht gut gefallen. Für die Beraterin stand die Marschrichtung bereits fest: Die Bestellung einer außenstehenden Person als gesetzlicher Betreuer. Die bevorzugte Variante meiner Mutter, nämlich, dass ich diese Aufgabe übernehme, mochte die Beraterin nicht wirklich mit ihr diskutieren. Hätte sie meiner Mutter dabei geholfen, selber zu Ende zu denken, welche Schwierigkeiten dabei entstehen, wäre das Gespräch vielleicht anders verlaufen. Insgesamt war das Gespräch nicht zur Vertrauensbildung geeignet. Die Tatsache, dass ein guter Freund von mir evtl auch dafür in Frage käme, wurde so gar nicht erst angesprochen.
Ich bin hin- und hergerissen. Ich weiß, dass ich mit dieser Aufgabe das Vertrauensverhältnis zu meinem Vater zerstören werde, da die Einleitung bestimmter Hilfsmaßnahmen unumgänglich sind. Auch das Verhältnis zu meiner Mutter kann ich gefährden, da sie noch nicht an dem Punkt ist, fremde Hilfe zuzulassen. Auf der anderen Seite habe ich hier im Forum von vermutlich amtlich eingesetzten Betreuern Aussagen gelesen, wie "Das geht Sie gar nichts an". Ich möchte nicht, dass meine Mutter, die sich jahrelang rührend um die Beiden gekümmert hat und dabei viel eigenes Geld investiert hat, anstatt welches dafür zu bekommen, sich das sagen lassen soll. Außerdem ist mein Verhalten in dieser Situation auch von Bedeutung, was ihr Vertrauensverhältnis zu mir angeht, denn sie wird vielleicht auch irgendwann pflegebedürftig.

Ich bin interessiert an den Erfahrungen von Menschen, die vor der Entscheidung standen, ob sie als Verwandte die gesetzliche Betreuung übernehmen sollen oder nicht. Welche Entscheidung getroffen wurde, welche Probleme dabei auftauchten und ob Ihr mit eurer Entscheidung zufrieden wart. Ich erwarte keine Ratschläge, sondern bin mir sehr bewusst, dass nur ich allein das entscheiden kann, denn Erfahrungen sind nur bedingt übertragbar. Dennoch kann mir dabei etwas auffallen, was ich vielleicht übersehen habe.
vishvas ist offline  
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Alt 23.09.2008, 08:35   #2
Heinz
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Hallo vishvas,
was hälst du von der Selbsthilfegruppe der anonymen Angehörigen?

Vielleicht gibt es eine in deiner Nähe. Denn was ihr tut, ist co-abhängig zu sein und zu versuchen, die Situation zu halten oder zu harmonisieren. Suchtkranke, die uneinsichtig sind, nehmen keine Hilfe an. Für die Demenz ist ein Pflegedienst notwendig und dafür die Pflegestufe und der MDK der Pflegekassen.

Auch ein fremder Betreuer wird die Situation eskalieren lassen bishin zum Verlust und fristlosen Kündigung der Wohnung. Dann kommt Entgiftung und Heim oder Altersheim mit Korsakow Station. Wohlmöglich wird dann das Paar getrennt.

Als Angehörige hast du nicht das Problem mit deinem Vater und auch nicht deine Mutter mit ihrem Exmann. Ihr habt ein eigenes Problem mit der angeblichen Sippenhaftung, nach dem Motto, ihr müsstet dafür sorgen, dass er vom Suff wegkommt, er und seine Partnerin den Mieterpflichten nachkommen. Das ist aber nicht euer Job. Und weshalb nicht, das können euch andere Angehörige von Suchtkranken authentisch und sehr direkt erklären. Viel Erfolg.

Und von einer Betreuung rate ich dringend ab. Dann fehlt euch erst recht die nötige Distanz. Dann fühlt ihr euch nicht nur emotional und als Familie - ungerechtfertigt - verpflichtet, sondern dann auch noch von Amts wegen. Dann gute Nacht. Wenn ihr meint, ihr braucht das, bitte. Wäre dich der entscheidende Richter, würde ich euch jegliche Fähigkeit für diese Betreuung absprechen.

Nicht, dass ihr jemand anderes betreuen könntet, vielleicht auch einen anderen Suchtkranken und Dementen, aber nicht den Vater oder den ehemaligen Ehemann, der mit einer anderen lebt. Eine solche Betreuung hätte schon 'was Masochistischen, zumindest aber Symbiotisches.

In diesem Sinne viel Erfolg
Heinz
 
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Alt 23.09.2008, 09:49   #3
Heinz
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Hallo Vishvas,

ich sah, dass du schon einiges geschrieben hattest unter der Rubrik Vorstellung und dass auch schon Kohlenklau und andere geantwortet haben.

Mein Tenor fällt im Vergleich etwas barsch aus. Ich habe während meines Studiums in der Erstkontakt-Gruppe des Blauen Kreuzes gearbeitet und wurde dann auch Suchtkrankenhelfer.

Im Wege meiner Betreuungsarbeit habe ich vorwiegend mit Suchtkranken zutun gehabt. Ich wurde auch schon sehr angenehm überrascht und dem ich es überhaupt nicht zutraute, fand dann doch plötzlich den Weg aus der Sucht. Korsakow Kranke haben jedoch meist ein hirnorganisches Psychosyndrom, heißt, die Sucht hat das Gehirn und die Psyche nahezu irreparabel geschädigt.

Zudem habe ich immer wieder erlebt und das Forum zeugt auch davon, wie Angehörige durch die Sucht des kranken Familienmitgliedes selbst krank werden. Als Außenstehender gilt es, zunächst die 'Gesunden' zu stärken, damit das System sich wieder stabilisiert, dass die Sucht destabilisiert hat. Ich spreche bewusst von Sucht und nicht von dem Süchtigen, denn er ist Gefangener der Sucht und nicht Täter. Das wird oft verkannt. Gleichwohl ist jede Hilfe schlicht für den Müll, wenn der Süchtige nicht mitmacht und nicht will. Das kann sogar soweit kommenn, dass die Sucht obsiegt und der Patient stirbt. HAbe ich auch schon erlebt.

Wichtig ist, dass die Angehörigen sich der Krankheit und der Relationen bewusst werden. Deshalb die dringende Bitte, sich eine Selbsthilfegruppe von Angehörigen zu suchen. Sie alle kennen das Spiel und haben mehr oder weniger leidvolle Erlebnisse gehabt.

Und dann muss man sich, ob nun ehrenamtlicher Betreuer oder Berufsbetreuer, des System bewusst machen, in dem man und frau eingefangen wird. Was sind die gesetzlichen Pflichten von Angehörigen und was sind die moralischen? Sind die moralischen zu vernachlässigen aus Selbstschutz? Welche Pflichten haben Mieter und Nachbarn und Vermieter auch gegenüber den anderen Mietern? Wann ist eine Kündigung der Wohnung angebracht. Auch ich habe mit dem Vermieter meiner Betreuten korrespondiert und ihm dringend die Abmahnung geraten. Ich habe dafür gesorgt, dass die Nachbarn sich schriftlich beschwerten, bis die Wohnung gekündigt wurde und die Betreute einer Entgiftung und einem Heimaufenthalt zugeführt werden konnte, wo sie und er dann abstinent gelebt hat und sich das Gehirn und vor allem bei Polyneuropathie die Nerven wieder beruhigen konnten.

Das Wohl des Betreuten und die Aufgabe der Betreuung besteht nicht darin, eine für alle belastende Wohnsituation zu erhalten, sondern Maßnahmen zu ergreifen, die der Sucht entgegen wirken. Bist du oder deine Mutter dazu in der Lage? Auch auf die Gefahr hin, dass dich dein Vater verflucht oder die Beziehung zu seiner Partnerin zerstört wird, weil er in einem Heim landet und sie mit Demenz in einem anderen?

Ein gewisse distanzierte Gefühlskälte ist bei einer Betreuung, egal ob ehrenamtlich oder beruflich unerlässlich. Deshalb mein etwas harscher Ton. Prüft euch und eure Kräfte und Ressorcen und notfalls gebt dem Vermieter oder der Betreuungsstelle einen Hinweis. Sollen die sich um die Angelegenheit kümmern. Wenn dann jemand anderes sich mit den Nachbarn oder dem Vermieter rumschlägt, kannst du dich deinem Vater und deine Mutter ihrem Exmann anteilnehmend und helfend zuwenden, habt dann aber nicht die Pflicht, stellvertretend für ihn nach außen aufzutreten. Das nennt man Co-Abhängigkeit. Und auch wenn ihr nicht von Alkohol durch eigenen Konsum abhängig seid, in der Co-Abhängigkeit seid ihr es sozial und emotional und das ist genauso katastrophal.

Heinz
 
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Alt 23.09.2008, 11:26   #4
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Beiträge: 8
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Hallo Heinz,

ich nehme dir deinen harschen Tonfall nicht übel, da ich dahinter gute Absichten erkenne. Danke, dass du mal so deutlich die Suchtproblematik in den Mittelpunkt gerückt hast. Ich habe auch eine suchtkranke Schwester und habe mit ihr bereits einen sehr schmerzhaften Prozess mitgemacht, mich von ihr zu distanzieren. Ich habe seit vielen Jahren nur sehr losen Kontakt mit ihr.
Die Selbsthilfegruppe ist eine gute Anregung. Du schreibst allerdings, dass es soweit kommen kann, dass der Patient stirbt. Mein Vater ist 79 Jahre alt. Er ist schwerkrank. Dass er nicht mehr lange zu leben hat, ist für mich keine Überraschung. Dennoch denke ich auch, dass eine Trennung meines Vaters von seiner Frau das Beste für Beide wäre.

Das mit den Pflichten gegenüber den anderen Mietern verstehe ich nicht so ganz? Können die nicht selber für ihre Interessen einstehen?

Ich beobachte bei meiner Mutter, die sonst eher verschlossen ist, dass sie sich allmählich für Hilfe von außen öffnet. Diesen Prozess empfinde ich als sehr positiv. Sich mit ihrer Hilfebedürftigkeit an mich zu wenden ist ein Zwischenschritt, da ihr das leichter fällt. Ich möchte da nichts mit der Brechstange durchsetzen, wenn ich sehe, dass sie aus freiem Willen danach sucht. Mir geht es nicht nur um meinen Vater, sondern auch um das Vertrauen meiner Mutter. Vielleicht kann ich meine Mutter dazu bewegen mit mir gemeinsam zu einer solchen Selbsthilfegruppe zu gehen. Leider wohnen wir etwa 100 km entfernt voneinander, aber ich glaube sie könnte das eher annehmen, wenn ich gemeinsam mit ihr dorthin gehe. Vor allem, wenn dies ein Anlass für einen Besuch ist. Wenn ich versuche, sie in dieser Hinsicht zu beeinflussen, ist die Aussicht auf Erfolg wesentlich geringer. Was denkst du darüber?
vishvas ist offline  
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Alt 23.09.2008, 13:38   #5
Ehrenamtlicher Betreuer
 
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Hier der link zum Vorbeitrag

http://www.forum-betreuung.de/vorste...html#post14434
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Ich trinke nur an Tagen, die auf 'g' enden,
und mittwochs

They tried to make me go to rehab, but I say no - no - no (Amy Winehouse)
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Alt 24.09.2008, 15:12   #6
Heinz
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Hallo Vishvas,

ich habe deinen ersten und den letzten Beitrag hier zum Thema nochmal durchgelesen. Tenor des ersten Beitrags lese ich die Frage, was kannst du für deinen Vater tun bzw. was kannst du tun, damit deine Mutter ihm helfen kann. Dabei war dir klar, dass dein Vater verärgert reagieren wird.

Tenor des letzten Beitrags war aber m.E. eher deine Sorge um deine Mutter. Du merkst, dass die Denkrichtung vor allem hinsichtlich der Beziehungen eine andere ist.

Zu berücksichtigen ist ferner Alter und Gesundheitszustand des Vaters unabhängig von seiner Sucht. Und schließlich, dass er in einer anderen Paarbeziehung lebt.

Die Frage ist also, weshalb will deine Mutter ihm noch etwas Gutes tun? So paradox es sich anhört, aber erhofft sie sich noch eine Anerkennung von ihrem Ex vielleicht in Form, dass er sie spüren lässt oder ihr sagt, dass sie doch eigentlich die bessere Partnerwahl war?

Spekulation, ich weiß. Aber die Motive, weshalb einer dem anderen hilft, sind mitunter sehr dubios. Vielleicht ist das Motiv deiner Mutter aber noch mehr altruistischer Art. Du kannst es ermessen.

Dann las ich von dieser Beraterin. An wen seid ihr denn da geraten? Als wenn eine Fremdbetreuung das non plus ultra wäre. Wir wissen und lesen hier zur Genüge, was Berufsbetreuer leisten können und was nicht. Erst recht eine fremde ehrenamtliche Betreuung ist mit dieser Fallkonstellation völlig überfordert.

Jetzt ist die Frage, wie reflektierend deine Mutter fühlen und denken kann und will. Es ist nicht selten der Fall, dass ohne eine therapeutische Ausbildung oder Erfahrung man und frau ab einem gewissen Alter, so in etwa mit dem Rentenalter, eine therapeutisch-systemische Betrachtung der Beziehungen, der eigenen Sicht der Dinge, die eigenen Werte, offene Rechnungen und Vernarbungen von seelischen Verletzungen kaum mehr aufgearbeitet werden können.

Ich weiß, wovon ich spreche, da wir innerfamiliär ähnliche Schwierigkeiten haben.

Ich finde es gut, wenn du deine Mutter begleitest und sie mit anderen betroffenen Ehefrauen zusammenbringst, wo sie sich geborgen und verstanden weiß und auch all ihren Frust, ihre enttäuschte Hoffnungen über den Mann ihres Lebens, über ihr eigenes Leben von der Seele reden kann. Ein paar Gespräche bei einem Familientherapeuten wären gewiss auch nicht nachteilig.

Wichtig ist für dich, da du dich und deine Situation ja hier vorgestellt hast, dass du dir klar wirst über deine Intention: wer ist dir wie wichtig; deine Mutter, dein Vater, die Beziehung deiner Mutter zu deinem Vater; welche Rolle spielt seine jetzige Partnerin im Verhältnis zu deinem Vater aber auch zu deiner Mutter; welche Bedeutung hat die Beziehung deines Vaters zu seiner Partnerin für dich in Bezug deines Mitgefühls für deine Mutter.

Dann schreibst du von deiner suchtkranken Schwester und deutest an, dass du schon reichlich Schmerzhaftes mit ihr erlebt hat. Deine Mutter sicherlich auch. Mit anderen Worten, in eurer Familie ist schlicht der Wurm drin. Deine Familie und du mit ihr, seid durch die Sucht von zwei Familienmitgliedern reichlich 'in Mitleidenschaft' gezogen worden.

Jetzt ist es in der Regel so, dass man, auch als in Suchtberatung Ausgebildeteter, generell und grundsätzlich, sich schwer tut, in dem Suchtkranken den Gefangenen der Sucht zu sehen und nicht den willentlich Süchtigen, "der sich nur zusammenreißen muss, dann wären all die Schwierigkeiten nicht". Leider behält der Süchtige einen Rest von Verantwortung für sich und sein Leben und das Leben der Angehörigen und Bekannten. Sich der Sucht nicht zu stellen, kann durchaus als Vorwurf formuliert werden. Infolge mit dieser Enttäuschung vom Ehemann und Vater erwächst natürlich Wut und Hilflosigkeit und die Frage nach der Pflicht zu helfen und den eigenen Wünschen, die oft zwiespältig sind: einerseits sich vom Suffkopp zu trennen und andererseits den Vater und Exmann nicht ein weiteres Mal zu verlieren, einmal an eine andere Frau oder außerfamiliäre Beziehung und jetzt noch an die Sucht.

Unter diesen Fragen lauern dann weitere Fragen nach dem Leben, nach Liebe und Glück. Die Sucht hat dir und auch deiner Mutter einen Teil eures Lebensglücks genommen. Und dieser Suffkopp stellt sich nicht einmal seiner Schuld und Verantwortung. Und dann kann er die Sucht noch als Entschuldigung geltend machen, denn er ist ja krank und eingeschränkt zurechnungsfähig. Erst Recht, wenn das Gehirn schon lediert ist.

In der Enttäuschung, der Trauer und der Wut entsteht völlig logisch eine Solidarität mit deiner Mutter. Ihr seid Leidensgenossinnen. Und im Hinblick auf deine Schwester sicherlich schon reichlich 'erfahren'.

Dort, wo aber der Vater und Ex aber nicht mehr erreichbar ist, also praktisch für eine Wiedergutmachung zu spät ist, da lebt er zwar noch und ist doch schon tot. Ein Teil eurer Beziehung ist bereits unwiderbringlich abgestorben.

Das erinnert mich an die fatale Situation, dass unter Familienangehörigen noch eine Rechung oder mehrere offen ist, aber die Person, die es angeht, die dafür verantwortlich war, ist auch leiblich tot. Wat nu, sprach Zeus. Das heißt, für dich und deine Mutter findet sich erst dann wieder ein Frieden und innere Ruhe, wenn ihr mit Trauerarbeit anfangt, gleichwohl der Vater noch lebt. Doch Trauerarbeit heißt, lernen loszulassen. Dort, wo ihr eure enttäuschten Hoffnungen zu Grabe getragen habt, dort kann auch wieder neues Leben entstehen. Da kann dann auch eine neue Beziehung zum Vater und Ex entstehen, erst Recht wenn er noch lebt.

Solange du dich nicht und schon gar nicht deine Mutter über die Zusammenhänge einer solchen krankhaften Beziehung klar geworden seid, werdet ihr immer wieder von den Strukturen der Sucht eingefangen und die Enttäuschung über das verlorengegangene Lebenglück durch und mit dem Vater und dem ersehnten Mann fürs Leben, diese Enttäuschung bleibt am Leben und frist sich in eure Seelen wie Würmer ins Gedärm.

So wünsche ich euch, dass euch die Augen aufgehen, nicht nur über euch selbst und eure Wünsche und Enttäuschungen, sondern natürlich auch über die Ursachen der Sucht von zwei Familienmitgliedern. Welche Geheimnisse birgt die Familie, dass zwei sich auf die Suche gemacht haben und glaubten im Suff es zu finden oder aber den Blick zu trüben, um nicht hinschauen zu müssen, weil die Wahrheit nicht erträglich ist?

Sicherlich habe ich Einiges aufgrund meiner Ausbildung und Erfahrung spekuliert. Du wirst wissen, was von dem zutrifft und was nicht. Es gibt nicht den 1nen Grund für Sucht. Du kennst dich und deine Familie. Ich denke, du tust dir selbst einen großen Gefallen, also nicht deiner Mutter oder wem auch immer, sondern dir selbst, wenn du dir fachliche Hilfe holst, vielleicht durch eine Familienaufstellung. Oft liegen die Ursachen für solche Erkrankung innerhalb der Beziehungen einer Familie ja auch bei der vorherigen Generation, also deinen Großeltern oder gar Urgroßeltern. Dann sind wie zeitlich schon nahe beim Krieg oder der Nachkriegszeit. Da hatte noch die Kirche das Sagen und es galten mitunter für heute völlig abstruse Wertvorstellungen.

Ein Genogramm, also eine Zeichung, wer wann lebte, wie alt wurde, mit wem verheiratet war, wer von wem abstammt, wer was gelernt und als was gearbeitet hat, und wohlmöglich an was erkrankt ist, zeigt mitunter Erstaunliches. Die eigene Familie zu verstehen heißt, sich selbst zu verstehen. Der Zen-Buddhist fragt, wo warst du, bevor sich deine Großeltern kennengelernt haben. Sinngleich fragt der Psychoanalytiker, welche Traditionen leben seid Generationen in dir fort. Wenn du deine Familie verstanden hast, ihre Strukturen und Entwicklungen, dann erwächst dir auch die Kraft und Souveränität, anderen in der Familie wie z.B. deine Mutter zu stärken und auch deine Schwester zu begleiten oder auch das Verhältnis zu deinem Vater zu richten, ich meine wieder zurecht zu rücken, und ein Urteil oder Vorurteil zu korrigieren.

All solche Überlegungen stellt für gewöhnlich kein/e BetreuerIn an, obwohl eine systemische Ausbildung eigentlich unerlässlich für den Job ist. Du hast aber die Chance, dir Hilfe zu holen, um vielleicht deiner Mutter und letztlich deinem Vater eine Hilfe zu sein, und das nicht als Betreuerin, sondern als Tochter, sowohl deiner Mutter wie auch deines Vaters.

In diesem Sinn alles Gute
Heinz
 
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Alt 24.09.2008, 22:31   #7
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Mich verwirrt deine neue Antwort etwas und zwar in Bezug auf deine Haltung zur Frage, wer die gesetzliche Betreuung übernehmen soll. Du hältst eine innerfamiliäre Betreuung für verfehlt. An diesem Punkt bin ich nach einigen Nächten drüber schlafen und Gesprächen/Austausch auch. Nun sagst du, dass eine fremde Betreuung auch nicht richtig ist. Was ist deiner Ansicht nach die Alternative?
Ich stimme dir zwar zu, dass ich denke, dass in allen Familien bestimmte Dynamiken gibt, die auch weitervererbt werden, stehe aber Familienaufstellungen kritisch gegenüber.

Ich möchte meine Schwester nicht begleiten und hege auch keinen Groll gegen sie. Es gibt an diesem Punkt schlicht keinen Handlungsbedarf für mich. Im Augenblick des Todes werde ich von ihr Abschied nehmen und gut is.

Was meinen Vater angeht, so wünsche ich mir für ihn einen würdevollen Tod. Mit der Trauerarbeit bin ich schon seit etwa zwei Jahren beschäftigt. Durch die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Rolle ich in dem Ganzen nun einnehmen will /nicht einnehmen will, ist mir klar geworden, dass sich meine Vorstellung von einem würdevollen Tod von der meines Vaters nun einmal unterscheidet. Ich beginne gerade das zu akzeptieren. Darüber hinaus sehe ich keinen Korrekturbedarf in dem Verhältnis zu meinem Vater. Ich lese aus deinen Worten Vermutungen über unser Verhältnis, von denen du scheinbar sehr sicher bist, dass sie zutreffen.

Ich habe mich jetzt entschieden, die drei ihrem selbstgewählten Leiden zu überlassen. Meiner Mutter möchte ich versuchen Türen zu öffnen, indem ich möglichst viele Kontakte herstelle. Ob sie das annehmen will ist ihre Entscheidung/ ihr Prozess. Diese Einsicht zu verinnerlichen, da bin ich noch am Arbeiten und das wird wohl auch noch weiter ein Thema sein. Ich teile deine Vermutungen bzgl. der Motivation meiner Mutter, bin aber etwas optimistischer was ihre Reflexionsfähigkeit angeht. Sie hat mich in den letzten 10 Jahren schon einige Male überrascht.

Ich bedanke mich für deine Anteilnahme
vishvas ist offline  
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Alt 25.09.2008, 18:46   #8
Heinz
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Hallo Vishvas,

du scheinst auf deinem Weg schon recht weit unterwegs zu sein. Über deine Antwort habe ich mich gefreut.

Ich verstehe, dass meine Position dich verwirrt. Sicherlich rate ich von einer innerfamiliären Betreuung ab. Was bleibt wäre eine Fremdbetreuung. Nur muss klar sein, dass diese es nicht oder kaum was bringt. Mehr geleistet werden kann nur eine ehrenamtliche. Für BerufsbetreuerInnen ist es eine unter vielen. Also darf man nicht enttäuscht sein, wenn sich nicht viel verändert.

Ich schrieb: "Sicherlich habe ich Einiges aufgrund meiner Ausbildung und Erfahrung spekuliert. Du wirst wissen, was von dem zutrifft und was nicht."

Es freut mich, dass deine Mutter dich überrascht. Ich wünsche dir und deiner Mutter viel Kraft und Gelassenheit. Und wenn dein Vater nicht mehr aus der Sucht findet, dann euch allen ein friedvolles Leben mit seiner Sucht.

Heinz
 
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