Dies ist ein Beitrag zum Thema Ausschluss aus der Werkstatt rechtens? im Unterforum Forum für Angehörige und betreute Menschen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Hallo,
unser Sohn, geistig mittelstark behindert und Autist, macht im Moment eine schwierige Phase durch. Er befindet sich in einem ...
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26.08.2022, 21:42 | #1 |
Ich bin neu hier
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Beiträge: 9
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Ausschluss aus der Werkstatt rechtens?
Hallo,
unser Sohn, geistig mittelstark behindert und Autist, macht im Moment eine schwierige Phase durch. Er befindet sich in einem autistischen Overlaod und ist dadurch sehr leicht überreizbar. In der WfmbM ist er schwer zu bändigen und läuft unruhig durch die Abteilungen. Er stört auch gelegentlich durch unkontrollierte Beschimpfungen, ist bereits in psychiatrischer Behandlung und war eigentlich auf einem guten Weg. Heute in der Pause hatte er wohl mit Kollegen eine "lustige Pausenrunde", bei der sie auch über den Sch.. Krieg, Putin und die Russen schimpften. Ein weiterer Mitarbeiter, Russe, fühlte sich provoziert, es kam zu einem Handgemenge. Unser Sohn war bis dato noch nie aggressiv, es ist auch sehr zart und dünn. Seitens der Werkstatt wurde er mit einem sofortigen 1-wöchigen Ausschluss aus der Werkstatt (ohne Lohnfortzahlung) bestraft. Er musste, obwohl er gar nicht lesen kann, ein Schreiben unterschreiben, in dem er aufgefordert wurde dieses Verhalten zukünftig zu unterlassen. Wir, als gesetzliche Betreuer in allen Belangen, wurden lediglich telefonisch von der Gruppenleiterin informiert. Meine Frage, ist das rechtlich so zulässig? Unser Sohn war/ist m.E. momentan "unzurechnungsfähig" und krank. Er ist sich gar nicht klar, was passiert ist. Er meinte, er habe doch nichts Schlimmes gemacht und sich doch auch gleich entschuldigt, so wie vor wenigen Wochen sich auch ein Mitbewohner bei ihm entschuldigt hatte, der ihn "geschlagen" hatte ...!? Die Ärztin war nicht mehr erreichbar (Wochenende). Können wir Einspruch einlegen? Hätte nicht zuerst ein Gespräch und/oder eine Abmahnung erfolgen müssen? Hätten wir nicht mehr eingebunden werden müssen? Vielen Dank und herzliche Grüße |
27.08.2022, 05:10 | #2 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 21.04.2017
Ort: bei Heidelberg
Beiträge: 239
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Hallo,
ich habe keine Ahnung wie es rechtlich aussieht. Dafür bin ich Autistin. Wenn er in einem autistischen Burn Out(overloads sind kurz und dann wieder um) ist ist ein Ausschluss aus der Werkstatt wohl nicht so schlecht auf diese Weise kann er daheim(in Ruhe!) Wieder zu Kräften kommen. Das ist wichtiger als eine Woche Werkstatt Gehalt. Und hätte eigentlich von euch veranlasst werden müssen wo klar war dass er die Werkstatt derzeit nicht verträgt. Das Schreiben hingegen ist eine Frechheit, das hätte zumindest euch vorlegen werden müssen damit ihr es ihm erklären könnt. Liebe Grüße Ela . P.s. ich hab ziemlich lang gesucht bis ich eine Arbeitstherapie hatte die passt eben weil ich Geräusch empfindlich ohne Ende bin. |
27.08.2022, 07:27 | #3 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Werkstätten befinden sich in dem Spagat zwischen Erkrankung und Arbeit wobei der eigentliche Schwerpunkt eher auf Letzterem liegt.
Die sog. Gruppenleiter haben in der Regel eine Ausbildungsberuf gelent mit einer (kleinen) päsdagoischen Zusatzausbildung. Das sind erst mal sehr grob die unterschiedlichen Strukturen die aber - meiner Erfahrung nach- sozusagen einen "Übersetzer zwischen den Welten" nötig machen." Für meine Leute in der Werkstatt halte ich als Betreuerin engen Kontakt mit den jeweiligen Gruppenleitern und versuche dabei etwas zum vorliegenden Krankheitsbild zu vermitteln. Dadurch erhalte ich von den Gruppenleitern Anrufe sobald sich eine Verschlechterung der Krankheit abzeichnet oder im Verhalten abzeichnen könnte. Die Gruppenleiter "beurteilen" dann evtl. Schübe auch auf andere Art und schicken den Betroffenen nach Hause oder gleich zum Behandler wegen einer Krankschreibung. Zitat:
Evtl. kann bzw. sollte der beschriebene Vorfall zusammen mit euch als Eltern und Betreuer, dem zuständigen Gruppenleiter und dem Sozialdienst noch einmal in Ruhe besprochen werden um Widerholungen derartiger Missverständnisse ausschliessen zu können. Jetzt noch was, was für Eltern absolut verständlich ist aber der Sache nicht dient. Ich meine in deinem Beitrag eine Art von Vorwürflichkeit herauszulesen, dass der Sohn ungerecht behandelt und bestraft wurde. Versucht euch in dem evtl. Gespräch strikt davon zu distanzieren, ihr seid dort nicht Eltern sondern Betreuer und habt als solche den Fehler begangen einen Kranken zur Arbeit zu schicken. Vielleicht ist auch das Krankheitsbild eures Sohnen für diese Werkstatt nicht unbedingt geeignet (siehe Beitrag Elara) Nix für Ungut bitte
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27.08.2022, 09:56 | #4 |
Ich bin neu hier
Registriert seit: 04.08.2021
Beiträge: 9
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Das Problem ist, dass er schon krankgeschrieben gewesen war und seit einer Woche auf einem guten Weg aus dem Overload war.
Gemeinsam mit der Wohngruppenleitung hatten wir beschlossen, dass er wieder arbeiten darf. Das Geschehen gestern hat all unsere Bemühungen zu nichte gemacht, leider. Es geht ihm wieder richtig schlecht und ja, ihr habt Recht, er muss wieder krank geschrieben werden. Das Alles wegen der unsensiblen Vorgehensweise dder Werkstattleitung, traurig ... |
27.08.2022, 11:05 | #5 |
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,592
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Moin moin
Ich würde die Schuldfrage mal nicht so hoch hängen. Einerseits tragen alle (Betreuer, Betreuer, Wohngruppe, WfbM) einen Teil davon und andererseits hilft es nix in der Sache, mit dem Finger auf die jeweils anderen zu zeigen. Hier ist viel mehr angesagt, dem Betreuten wieder so weit auf die Beine zu helfen, dass er mit seiner Umgebung und seiner Arbeit wieder so weit klar kommen kann, dass sich beide (Betreuter und Umgebung) aushalten können. Das Schreiben der WfbM ist allerdings eine Frechheit. Da muss wohl die geistige Einschränkung auch schon Einzug in die Leitung gehalten haben. In diesem Punkt wäre es Aufgabe der rechtlichen Betreuer darauf hinzuwirken, dass so etwas nicht wieder passiert und im Falle von Problemen zuerst die Betreuer informiert werden und ein gemeinsamer Weg zur Lösung der Probleme gesucht/gefunden wird. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
28.08.2022, 13:42 | #6 |
Dipl.Soz.Päd. / Berufsbetreuer
Registriert seit: 03.10.2007
Beiträge: 4,381
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Ich würde es da eher mit Imre halten. Schuldzuweisungen sind bullshit, gerade bei psych Erkrankungen/Behinderungen. Da geht es eher darum das Verhalten im Kontext zu verstehen, einzuordnen und ggf. künftig zu verrhindern.
Ich habe in den letzten 20 J. bei den WfBMs eine Entwicklung wahrgenommen, die ich nicht immer so gut fand. Es gelten nämlich Spielregeln wie (fast) auf dem 1. Arbeitsmarkt. Die Mehrzahl meiner B. bekommt da auch immer wieder Schwierigkeiten (zum Glück habe ich wenig Berührungspunkte mit WfBMs). Ich hatte damals Einigkeit mit dem Soz.Päd. des Sozialamts, daß eben nicht derartige Maßstäbe angelegt werden können und sollen. Es ist keine therap. Einrichtung. Dennoch laufen dort massenhaft Leute mit päd. Ausbildung herum. Eine Eskalation hätte imo Anlass zu einem Gespräch sein müssen - immer. Eine Abmahnung hätte, wenn überhaupt, erst nach diesem Gespräch erfolgen dürfen. M.W. macht das auch die Leitung, nicht der Arbeitsanleiter. Wenn ich es richtig verstand fühlte sich ja der Mensch mit Migrationshintergrund provoziert ... Ungeachtet der akt Gesundheit. Aggressionen unter Autisten und anderen Kunden einer WfBM kommen leider immer wieder vor. Ich erwarte vom Personal einer WfBM um derartige Schwierigkeiten zu wissen und diese angemessen bewerten zu können. Falls nicht kommen wir nämlich an den Punkt mit zweierlei Maß zu messen und die "schwierigen" Behinderten zu isolieren - wobei ich überzeugt bin, daß Euer Sohn nicht sonderlich "schwierig" ist. Einen B. hatte ich in der WfB, der zu Aggressionen gegen Sachen neigte. Er flog 2 oder dreimal raus, wurde auf Intervention des Sozi wieder aufgenommen usw. Das letzte Gespräch im Sozi war dann ein "Tribunal": Die WfBM war mit 4 (!!) Leuten erschienen, inkl Psychologe, verlaß eine mehrseitige psychologische Stellungnahme warum er für die WfB nicht geeignet ist usw. Erstaunlicherweise blieb er diese ca 50 Minuten ruhig. Auch dort, ca 6 Monate her, bestand Einigkeit, daß die WfB sich nicht die Arbeit erleichtern darf und eben eine Aufnahmeverpflichtung hat. Vergessen die gerne mal. Gescheitert ist es letztlich an seiner Unzuverlässigkeit. Was bleibt für diese Menschen, denen jede Möglichkeit nach ca 1-2 Jahren genommen wird? Genau - Langeweile, internetspiele ... Übrigens treten diese Aggressionen bei ihm verstärkt dann auf, wenn er, nun - ungeschickt - behandelt wird. Die psych. Behandlung solltet Ihr keinesfalls vergessen. Es ist ganz wichtig, daß von ärztl seite stets ein Auge auf ihn geworfen wird. Letztlich würde ich die Abmahnung nicht überbewerten und eine Abmahnung gegen Geschäftsunfähige ist das Papier nicht wert. |
29.08.2022, 08:41 | #7 | ||||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Zitat:
In den bisherigen Beiträgen ging es nicht um "Schluld sondern eine richtige Zuordnung der Verantwortlichkeit da ein, ich nenne es jetzt mal so, da es eine Überreaktion gegeben hatte. Die sich im Übrigen leicht wieder beheben lässt. Zitat:
Zitat:
Ich kann auch aus eigener Erfahrung nur Elaras Beitrag noch einmal unterstützen- auch "die" Werkstatt ist kein Allheilmittel- es muss wirklich passen. PS: Zitat:
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26.12.2022, 13:02 | #8 |
Ich bin neu hier
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Beiträge: 8
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Mit Verlaub, aber was ist denn am lesen lernen so schwiereig? Oder ist Analphabetismus mittlerweile ein Lifestyle? Außerdem ist WfBM die größte Verarsche und dort werden Menschenrechte sowieso mit Füßen getreten. Und falls Sie mich für einen Troll halten: Ich bin selbst Autist und ich wurde mit diesem Thema auch schon öfter konforntiert, daher weiß ich, wovon ich rede.
Geändert von FF97 (26.12.2022 um 13:23 Uhr) |
26.12.2022, 13:49 | #9 |
Admin/Berufsbetreuer
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Beiträge: 8,592
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Moin moin
Analphabetismus ist nicht gerade als trendiger Lifestyle anzusehen, aber trotzdem weiter verbreitet, als es selbst den betroffenen lieb sein kann. Es kann gut sein, dass Du eine WfbM erlebt hast, die zumindest Dir keine brauchbaren Angebote machen konnte. Aber so ein pauschales WfbM-Bashing halte ich für falsch und von einem Autisten für ganz schön trollig. MfG Imre
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27.12.2022, 17:58 | #10 |
Forums-Geselle
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Lösungsorientiert rangehen
Ich würde das nicht so hoch hängen. Er randaliert in der Werkstatt und bekommt eine Auszeit. Ist doch kein Drama. Ich gehe davon aus, dass das alle betrifft die da mitgemacht haben. Falls nicht, sehe ich hier Klärungsbedarf.
Zur Lösung: Gibt es einen Time-out-Raum in der Werkstatt? Ich kenn mehrere die sowas haben. Die Frage ist, welche Absprachen man treffen kann für eventuell ähnliche Situationen. Ziel muss doch sein, Eurem Sohn zu ermöglichen, sich reizfrei zu beruhigen. Zur Frage WfbM: ich verstehe die Kritik und halte sie für legitim, auch wenn sie sehr pauschal formuliert war. Gerade für Autisten (ich arbeite mit Autisten im ABW) ist das nicht unbedingt die beste Lösung. Aber oft gibt es keine andere. Grüße, reeescht Euch nett uff und guten Rutsch! Anette |
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