Dies ist ein Beitrag zum Thema Betreuungsangelegenheit meines Bruders im Unterforum Forum für Angehörige und betreute Menschen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
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Neuer Gast
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Beiträge: 1
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Liebes Forum,
ich bedanke mich herzlich für die freundliche Aufnahme in diesem Forum und für das offene Ohr für die Probleme all jener Angehörigen hier. Ich möchte mein Anliegen darstellen: Seit rund vier Jahren lebt mein Bruder (25) in einer betreuten Wohnunterkunft, etwa 400 km von seinen Eltern entfernt. Aufgrund seiner geistigen Behinderung und Persönlichkeitsmerkmale, die eine intensive Betreuung erfordern (aggressives Verhalten, schwer zu bändigende Wutausbrüche und körperliche Ausbrüche in Form von sehr lautem Geschrei und Gefuchtel mit seinen Armen und Beinen), bedarf es einer "engmaschigen, betreuungsintensiven 1:1 Begleitung", wie im Protokoll des psychiatrischen Gutachtens vermerkt. Trotz dieser Herausforderungen ist er mobil und kann sprechen. Ein Berufsbetreuer wurde ihm zugeteilt, der seit dem Umzug seine Angelegenheiten regeln sollte. Leider hatten wir als Angehörige nie die Möglichkeit, persönlich mit ihm zu sprechen, obwohl wir zahlreiche Termine angefragt hatten. Die Kommunikation erfolgte hauptsächlich per E-Mail, wenn überhaupt eine Antwort kam. Er lehnte einen Kontakt mit der Familie ab. Mein Bruder wurde zuvor aus seiner Unterkunft in unmittelbarer Nähe seines Wohnorts aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten wie häufigem Bettnässen, Zank und Streit mit Mitbewohnern, unaufhörlichem Geschrei ausgeschlossen und wahrscheinlich auch anderer Schwierigkeiten im Umgang mit ihm. Der Betreuungsvertrag wurde ihm gekündigt, und es folgte in einer Nacht- und Nebelaktion der Wechsel in ein anderes Bundesland in eine Einrichtung, die sich besonders schwieriger Fälle annimmt. Ein Betreuerwechsel fand statt, es gab ein Kennenlernen mit der Heimleitung, und eine Eingewöhnungsphase für meinen Bruder. Dennoch blieb der Berufsbetreuer unzugänglich für persönliche Begegnungen oder Gesprächen; er hat den Betreuten höchstens einmal gesehen. In der besagten Wohnunterkunft häuften sich im Laufe der Jahre Missstände, von denen mein Bruder berichtete und die wir selbst miterlebten. Dazu gehörten Löcher in den Schuhen, Verwahrlosung, der mehrjährige Entzug des Mobiltelefons, Mobbing, das Fehlen einer geeigneten Brille (alte Brille des Mitbewohners wurde ihm gegeben), beschattete Anrufe (aufgrund zu vieler Fragen seitens der Familie), Besuchs- und Hausverbote sowie Beleidigungen gegenüber der Familie und meinem Bruder. FAZIT: Mein Bruder wollte nicht mehr dort leben und bat darum, in die Nähe seines Geburtsortes (und damit in die Nähe seiner Familie) umzuziehen. Es wurde in seinem Namen durch uns eine Beschwerde bei der Betreuungsbehörde eingereicht, mehrere Schreiben an den gesetzlichen Betreuer sowie von der Familie verfasste Briefe. Auf den Wunsch meines Bruders hin, antwortete der Betreuer telefonisch nur: "Mich interessiert es nicht, was der Betreute oder Sie möchten. Er ist genau dort, wo er sein soll. Ihm geht es gut hier, und ich werde ihm keinen Platz in Bundesland XY suchen, weil Sie das für ihn wünschen!" Auf die Missstände angesprochen, sagte er nur, dass das erfundene Lügen vom Betreuten seien. Daraufhin wurde das Gespräch vom Betreuer in die Richtung gelenkt, dass er nicht entscheiden könne, was gut und richtig für meinen Bruder wäre. Es wurde behauptet, dies sei lediglich der Wunsch der beeinflussenden Familie. Mein Bruder besitzt kein Vermögen oder andere Güter, an denen wir profitieren könnten. Es ging uns lediglich um die berichteten Missstände. Die Familie musste vorerst klein beigeben. Daraufhin häuften sich die Kontaktverbote und der Unmut des Helfernetzwerks gegenüber unserer Familie. Es wurde sogar die Ausweitung des Aufgabenkreises des Umgangsrechts beantragt, um den Kontakt zur Familie gänzlich einzuschränken. Die Betreuungsbehörde reagierte erst nach 6 Monaten und erkundigte sich beim gesetzlichen Betreuer. Dieser bestätigte rechtswidrig, dass der Betreute keinen Wohnortwechsel wünsche und nicht in der Lage sei, seinen Wunsch zu äußern (was nicht stimmt) und dass es keine Missstände gäbe. Verfahrenspfleger und ein Gutachter sollten auch herangezogen werden - bei einer weiteren Beschwerde. Dann der große Knall: Bei einem kurzzeitigen Besuch meines Bruders bei der Familie stellten wir Verletzungen in Form von Kratzern und Prellungen fest. Mein Bruder berichtete, dass er von den Betreuern stark festgehalten worden ist und durch sein Zimmer "geschleudert" wurde. Er wirkte sehr eingeschüchtert und traumatisiert. Bei seinen Besuchen traute er sich auch kaum, etwas zu sagen, da ihm das von denen verboten worden sei - "ansonsten sieht du deine Familie und den Ort XY nie wieder mehr", das hätte man ihm gesagt. Daraufhin entschieden meine Eltern eigenmächtig, ihn vorerst bei sich wohnen zu lassen. Mir war das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Betreuers bewusst, jedoch war unter diesen Umständen eine Rückführung ausgeschlossen. Eine Anzeige wurde erstattet, die Verletzungen wurden dokumentiert, und auch das weitere Vorgehen wurde festgehalten. Berufsbetreuer haben wir informiert, er meldete sich jedoch nicht beim Betreuten, sondern bei der Unterkunft und berichtete denen von der Strafanzeige ohne sich beim Betreuten um sein Wohl zu informieren. Nach einem verstrichenen Tag ohne Rückführung meines Bruders in die Unterkunft wurde ihm der Vertrag dort ebenfalls gekündigt. Der Wortlaut lautete: "Wir sehen uns nicht in der Lage, ihn unter der Beeinflussung seiner Familie weiterzubetreuen." Zusätzlich beantragte der Betreuer seine Entlassung. Es folgte eine gerichtliche Anhörung vor Ort beim Betreuungsgericht, zu der auch wir geladen waren. Der Tenor des Gerichts lautete: "Was nehmen Sie sich überhaupt raus, ihn einfach dort zu behalten? Nur weil er das sagt, muss es nicht stimmen, dass er geschlagen wurde! Ich verstehe kaum, was er dort vor sich hin murmelt. Er braucht eine Betreuung, und es ist ausgeschlossen, dass die Familie das übernehmen kann." Es gab eigentlich nur, wirklich nur, Vorwürfe gegenüber der Familie und dem Betreuten. Es war nicht gewünscht, dass die Familie die Betreuung übernimmt. Es sollte darauf hingearbeitet werden, den Wunsch des Betreuten umzusetzen. Die Entscheidung der Richterin? Sie wollte ihn allen Ernstes wieder in die Unterkunft zurückbringen und bat mehrmals und fast schon verzweifelt die Wohnunterkunft, die Kündigung aufzuheben, und auch den Berufsbetreuer, den Betreuungsfall weiter zu betreuen. Beide lehnten jedoch ab. Alle waren per Du und ich hatte nicht das Gefühl, dass sich auch nur ein Hauch um die behinderte Person geschert wird. Nun das wirkliche Problem: Mein Bruder befand sich die letzten sechs Monate in Obhut meiner Eltern in seinem Wohnort. Der Berufsbetreuer hat erst nach 5 Monaten seine Entlassung beantragt und war in dieser Zeit nicht erreichbar. Er hat sich aus der Sache herausgezogen und alles uns überlassen. Da mein Bruder jedoch auf eine Unterkunft angewiesen ist + dazugehörige Betreuung, ist es unmöglich, dass er bei seinen Eltern verbleibt. Meine Eltern haben jetzt jede Betreuung übernommen und standen ihm bei. Schlussendlich ist es dazu gekommen, dass er durch Anruf der Nachbarn wegen seiner Wutausbrüche und Überforderung meiner Eltern in eine akutpsychiatrische Station aufgenommen worden ist und auch die Polizei erlebte mit, dass er sich in einer schwierigen Betreuungssituation befände. Dort verbleibt er nun schon seit fast einem Monat. Das Krankenhaus möchte ihn aber nicht länger bei sich behalten, da er kein Fall für die Station (geistige Behinderung) ist und es für ihn in gewissen Situationen (im Zusammenleben mit Suchtkranken und manipulativen Bewohnern) gefährlich wäre. Der Sozialdienst des Krankenhauses, das Entlassungsmanagement, der Sozialpsychologische Dienst und ein Anwalt für unsere Fälle kontaktieren den Berufsbetreuer erfolglos. Er meldet sich einfach nicht. Er ist nicht zu erreichen. Ihm ist alles egal. De facto steht mein Bruder ohne agierenden Betreuer da. Vom Amtsgericht im Ort seiner letzten Unterkunft kam jetzt die Überleitung aller Akten an den Wohnort in den jetzigen faktischen Aufenthaltsort bei den Eltern. Außerdem liegt der Akte die Entlassungsbitte des Berufsbetreuers bei. Nun meine Fragen: 1.) Wie kann ich meinem Bruder in dieser Situation helfen? 2.) Wie kann ich den Berufsbetreuer in die Verantwortung nehmen? 3.) An wen kann ich mich wenden? 4.) Wie lange wird er auf einen neuen Betreuer warten müssen und auf eine mögliche neue Unterkunft? 5.) Wer hilft ihm weiter und hat sich der Berufsbetreuer strafbar gemacht? Liebe Grüße |
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#2 |
Moderator
Registriert seit: 24.03.2005
Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 6,484
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Hallo, nach meinem Dafürhalten ist das weniger ein betreuungsrechtliches Problem, sondern eines der mangelnden Infrastruktur für derart verhaltensauffällige Betroffene. Wie sie ja schildern, musste kurzfristig eine Alternative gefunden werden und da muss man nehmen, was man kriegt. Die Hilflosigkeit der betreuungsrechtlichen Akteure haben Sie ja schön geschildert; denen hilft es auch nichts, ständig gute Ratschläge von der Verwandtschaft zu bekommen, wenn eben die Alternativen zur Versorgung fehlen.
Meinen Sie, die 400 km entfernte Einrichtung wurde ausgesucht, um Sie zu ärgern? Nein, aller Wahrscheinlichkeit gibts nichts anderes, das wird sich auch durch einen Betreuerwechsel (den hier ja auch der Berufsbetreuer wünscht), nichts ändern. Was wollen Sie denn gegen diesen unternehmen? Außer vielleicht unzureichender Kommunikation ist doch nichts vorzuwerfen? Wenn überhaupt, liegt Aufsichtspflichtverletzung seitens der Einrichtung vor. Aber Sie schildern den Betreuten selbst als höchst aggressiv, da kann es auch gut sein, dass es zu Kämpfen in der Bewohnerschaft kommt. Unterdrückt werden kann das (Personalmangel!) dann nur durch die zwangsweise Verabreichung triebdämpfender Medikamente. Wo wir wieder bei den Zuständen früherer Jahrzehnte wären.
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
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#3 | |
Forums-Gesellen-Anwärter
Registriert seit: 24.02.2018
Ort: Hessen
Beiträge: 59
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![]() Wer die Betreuung hat, ist auch verantwortlich für die Suche nach einem Wohnheim, so bald das Krankenhaus den Patienten entlässt. Du schreibst aber: Zitat:
Dies ist meines Erachtens eine wiedersprüchliche Aussage, sind Deine Eltern schon als Betreuer bestellt oder ist da nur ein Berufsbetreuer, der nichts tut. Denn das ist der wichtige Unterschied, wer nun für Deinen Bruder zuständig ist.
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#4 | |
Forums-Gesellen-Anwärter
Registriert seit: 24.02.2018
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Beiträge: 59
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![]() Zitat:
Dieser Satz könnte die komplette Hilflosigkeit der Betreuer wiederspiegeln. Er könnte aber auch bedeuten, daß hier versucht wurde, dem Bruder mit einfacher Sprache eine Struktur (oder im besten Falle sogar eine Art Belohnungssystem) anzubieten, durch die seine Verhaltensauffälligkeiten nach und nach schwächer werden. Aber das wichtigste ist jetzt ein neues Wohnheim zu finden. Haben Deine Eltern bzw. Du schon die Heime abtelefoniert und nach freien Plätzen gefragt? Es gibt Bewohner, die sind nicht wochen-, sondern monatelang in der Psychiatrie, nur weil es keinen geeigneten Heimplatz gibt bzw. die Warteliste ellenlang ist.
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betreuung, hilfe, rechtliche betreuung, unterkunft |
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