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Frankonian 16.02.2010 15:48

H I L F E! Ich werde Betreuer...
 
Hallo, total neu hier... Heute habe ich die Mitteilung vom behandelnden Arzt -Psychatrie- erhalten, dass die Schwiegermutter voraussichtlich in Kürze in ein Pflegeheim überstellt wird. Um den Platz haben wir uns im Vorfeld bereits gekümmert. Es geht um Demenz. Antrag hat er bereits ans Betreuungsgericht gefaxt.
Wir sind seit 4 Jahren mit der Betreuung befasst und die schwere Zeit scheint nun für alle Beteiligten glücklich zu enden; das war aber Vorsorge im Rahmen familiärer Beziehungen. Nachdem ich heute das 1. Mal die 39 Seiten des Bundesjustizministeriums zu diesem Thema gesehen habe, beschleichen mich allerdings leichte Zweifel.Fragen:
1) Besteht ein Unterschied bei der Betreuungsübernahme durch die einzige leibliche Tochter(meine Frau) oder mich. Vom Hörensagen "mehr Gestaltungsfreiheiten"
2)Muss alles und damit meine ich alles vom Betreuungsgericht genehmigt werden z.B. Wohnungskündigung, Wohnungsauflösung, Anschaffen von Garderobe, Verkauf von Einzelstücken der Einrichtung etc.
3) Sollte man sich doch für amtliche Betreuung entschliessen, was wir eigentlich nicht wollen, sind halt aber auch schon Anfang 60
4)In welchen Abständen muss man denn ans Gericht berichten und in welcher Form Nachweise erbringen.
5)Gibt es einen Stichtag für Vermögensaufstellungen
6)Wer vertritt uns, wenn wir vielleicht mal wieder einen Urlaub machen können.

Wäre toll, wenn zumindest ein Teil der Fragen Beantwortung finden würde. Schon mal im Voraus vielen Dank.

Mücke 16.02.2010 17:25

Ich werde mal etwa darstellen wie es bei uns gewesen ist.

Bei uns hat der Sozialarbeiter vom Krankenhaus sich an das Amtsgericht gewannt und mich dort als Betreuer vorgeschlagen.
Dann ist mein Vater vom Krankenhaus ins Pflegeheim gekommen.

Danach ist dann jemand von der Örtlichen Betreuungsstelle an uns herangetretten.
Ist in Hamburg ein Zusammenschluß von Berufsbetreuen die eng mit dem Amtsgericht zusammen arbeiten ,wird an den meisten anderen Orten dann wohl schon übers Gericht laufen.
Die Dame von der Betreuungsstelle hat dann erstmal meinen Vater besucht ,um sich über seinen Zustand zu informieren.
Danach hat sie mich zu einem Gespräch in ihr Büro eingeladen ,mich informiert was den so an Aufgaben auf mich zukommt und ein paar Fragen zu meiner Person gestelt.

Dann habe ich eine Einladung vom Amtsgericht bekommen Übergabe vom Betreuerausweis und einen Fragebogen zu den Vermögensverhältnissen.
In dem Fragebogen muste man Angaben zu Einnahmen(Rente,Betriebsrente) und Ausgaben (Versicherungen,Miete,Darlehen,Strom,Heizung und ko)
und zu vorhandenem Vermögen machen ,das ganze mit koppierten Belegen.
Bei dem Gespräch wurden dann noch ein paar Fragen zur Gesundheit gestelt und der Fragebogen wurde durchgegangen danach hats dann den Betreuerausweis gegeben.

Dann hats noch ein bischen geschreibe mit dem Amtsgericht wegen der Genehmigung von Bettgittern bei meinem Vater gegeben.

Nach einem Jahr ist dann ein relativ Formloser Brief vom Amtsgericht gekommen ,das man schriftlich erklären solle was man im letzten Jahr im Rahmen der Betreuung gemacht hat ,wie es dem Betreuten geht und die Vermögensverhältnisse solte man halt wieder darlegen.
Dann hat das Amtsgericht geantwortet das der Bericht vollkommen in Ordnung war.

Das was ich mit dem Amtsgericht an Schreibkram hatte ,war in meinen Augen eigentlich mehr der Harmlose Teil der Betreuung.
Die alltäglichen Dinge mit dennen man sich beschäftigen muß nehmen denke ich wessentlich mehr Zeit in Anspruch.

Bei uns war es erforderlich Grundsicherung zu beantragen, weil meine Mutter in einem nicht ganz bezahltem Eigenheim lebt und die Renten nicht für Pflegeheim und das Haus reichen.
Der Antrag auf Grundsicherung beim Sozialamt und das geschreibe mit dem Pflegeheim wegen der Rechnungen ,hat sehr viel mehr Arbeit gemacht wie das beim Amtsgericht.
Das Sozialamt will viel mehr wissen und hackt auch nach wenn mal ein paar Sachen fehlen oder unvollständig sind.
Auch beim Sozialamt muß man alle Unterlagen zu den Finanzen einmal im Jahr einreichen ,wenn man den Grundsicherung beantragt.

Ist mehr ein Erfahungsbericht wie es laufen kann ,ein paar Fragen habe ich denke ich auch beantwortet.
Zu den übrigen Fragen halte ich mich mal etwas zurück ,möchte nicht unbedingt mit Halbwissen glänzen.

Frankonian 16.02.2010 19:02

Vielen Dank für die ausführliche Schilderung - da fühlt man sich gleich nicht mehr ganz so allein.
Wird offensichtlich nicht ganz so schlimm mit dem Schreibkram, muss mich ja schon seit Jahren um alles kümmern,

Imre Holocher 16.02.2010 20:46

Hallo Frankonian

Erst mal herzlich willkommen im Forum.

Mücke hat Dir schon gut beschrieben, was da so auf Dich zukommt und hoffentlich die Angst vor dem Gericht genommen. Die meisten Fragen snd damit schon beantwortet.
Eine aber noch nicht, und die geht um die genehmigungspflichtigen Dinge.
Wenn Du Dir ein Buch über das Betreuungsrecht kaufst, kannst Du das prima nachlesen (ist aber meistens furztrocken und liest sich nicht schön - zum Nachschlagen sind Bücher aber gut).

Pi mal Daumen sind die genehmigungspflichtigen Sachen leicht erklärt:
Alles, was Du tun willst, aber womit Du ein Grundrecht des Betreuten einschränkst oder triffst ist genehmigungspflichtig.

Z.B.:
Das Grundrecht auf eine Wohnung: Willst Du die Wohnung auflösen oder einen Mietvertrag kündigen, ist das genehmigungspflichtig. Ein Hausverkauf erst recht.

Das Grundreicht auf körperliche Unversehrtheit: Willst du in eine medizinische Maßnahme einwilligen, bei der z.B. ein Körperteil amputiert werden muss oder ein hohes Schadensrisiko besteht - ist das genehmigungspflichtig.

Das Grundreicht auf Freiheit: Willst Du eine freiheitsentziehende Maßnahme oder eine Ähnliche Maßnahme durchsetzen - mußt Du genehmigen lassen. (Z.B. Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung oder Krankenhaus oder Fixierungen oder z.B. Bettgitter, wenn sie gegen den Willen des Betreuten angebracht werden)

Es gibt noch andere Grundrechte, aber mit diesen Beispielen ist das grundlegende Prinzip warum Du manche Sachen genehmigen lassen mußt dargestellt. Auch wenn Du gerade kein Gesetzbuch oder Handbuch mit Dir herumträgst kannst Du damit abschätzen, ob du eine Genehmigung benötigst oder nicht. Und im Notfall: Eine Frage beim Betreuungsgericht schadet nicht sondern belegt Dein Interesse an Deinem Amt.

Viel Erfolg
wünscht

Imre

Frankonian 17.02.2010 09:43

Vielen Dank, wäre aber schon toll, wenn es etwas konkreter ginge.

a)besteht ein Unterschied in der Abwicklung Tochter/Schwiegersohn?
b) wie kann eine Urlaubsvertretung geregelt werden?
c)welcher Turnus bei der Berichtspflicht ist einzuhalten?
d) Gibt es einen Stichtag für Vermögensaufstellungen?

Imre Holocher 17.02.2010 16:42

Moin Frankonian

Zitat:

Zitat von Frankonian (Beitrag 33067)
a)besteht ein Unterschied in der Abwicklung Tochter/Schwiegersohn?

Was heißt Abwicklung Tochter/Schwiegersohn?

Zitat:

Zitat von Frankonian (Beitrag 33067)
b) wie kann eine Urlaubsvertretung geregelt werden?

Vom Gesetz her gibt es keine Urlaubsvertretung. Dafür muss ein Ersatz- oder Verhinderungsbetreuer bestellt werden. Wäre jetzt nicht ganz prall, wenn die Tochter (Deine Ehefrau?) die Verhinderungsbetreuerin wäre - zumindest, wenn ihr noch zusammen in Urlaub fahren wolltet...
Die Ersatzbetreuung ist aber nur bei rechtlich relevanten Entscheidungen, wie z.B. Unterbringungen oder Einwilligungen in med.Bahndlung und bei Überweisungen relevant, weil Deine Unterschrift sonst keiner leisten darf.
Die alltäglichen Kleinigkeiten kannst Du delegieren oder auch bis z.B. nach dem Urlaub aufschieben. (Z.B. Korrespondenz mit Behörden etc. - ggf. jemand Bitten, bei Fristsachen mitzuteilen, dass Du in Urlaub bist und um Fristverlängerung bitten. Das kann jeder tun und muss dafür kein Ersatzbetreuer sein.


Zitat:

Zitat von Frankonian (Beitrag 33067)
c)welcher Turnus bei der Berichtspflicht ist einzuhalten?

1x pro Jahr ist üblich. Wenn das Gericht zwischendurch schon mal einen Bericht haben will, fragt es extra an.

Zitat:

Zitat von Frankonian (Beitrag 33067)
d) Gibt es einen Stichtag für Vermögensaufstellungen?

Stichtag ist der Tag des Betreuungsbeschlusses für das Vermögensverzeichnis.
Falls Du Rechnungslegungen anfertigen mußt sind die üblicherweise in Jahresabständen (1 Jahr nach Betreuungsbeschluss, ein weiteres Jahr später etc.) abzugeben. Du mußt aber auf das Enddatum kein Haar spalten. Ich lege den Endtermin für die Rechnungslegungen grundsätzlich auf einen Monatswechsel, auch wenn der Betreuungsbeschluss am 15. des Monats war. Das ist einfacher zu merken.

MfG

Imre

Frankonian 18.02.2010 17:31

Sehr fundiert - vielen Dank. Was soll man von diesem Satz halten:
Die Kosten einer Haftpflichtversicherung gegen die Risiken der Betreuung werden dem Betreuer ersetzt; gibt es da spezielle Versicherer oder biten das alle an.
Welche "Risken" können denn bestehen - bei einer Unterbringung in einem Pflegeheim.
Weiteres Zitat:
Der ehrenamtliche Betreuer erhält keine Entlohnung sondern lediglich Aufwendungsersatz (1835 BGB) etwa für Fahrtkosten, Telefonate, Fotokopierkosten, Porto usw.

Die Höhe der Fahrtkosten richtet sich nach den Vorschriften über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen; zur Zeit kann bei Einsatz eines. Pkw ein Kilometersatz von EUR 0,30 verlangt werden (§ 5 JEVG).
Trifft das noch zu und wenn ja, braucht man für alles Belege sowie ein Fahrtenbuch. Wer leistet ggfs.die Zahlungen.

Steka 19.02.2010 16:56

Hallo Frankonian,

da es sich bei Euch um eine sehr enge Verwandschaftsbeziehung handelt (Mutter/ Schwiegermutter) wäre zu überlegen und zu prüfen, ob nicht eine Vorsorgevollmacht ohne den Weg über das Betreuungsgericht die bessere Option wäre. Das hängt natürlich davon ab, ob und inwieweit die Mutter/Schwiegermutter noch in der Lage ist, solch eine Vorsorgevollmacht zu erteilen.

Wenn die Betreuung über das Betreuungsgericht läuft, müssen alle Entscheidungen (Unterbringung, Wohnungsauflösung, etc.) vom Betreuungsgericht genehmigt werden, eine jährliche Rechnungslegung über alle Ausgaben und Einnahmen, jährlicher Bericht etc. werden fällig. Viel Formalkram und Schriftverkehr, aber machbar.
Das alles kann aufwändig sein, hat aber in gewisser Hinsicht auch den Vorteil, dass man durch die Kontrolle durch das Betreuungsgericht auch nachweisen kann, dass alles ordnungsgemäß geregelt ist.

Zur Entlohnung: wenn man kein Berufsbetreuer ist, ist die Betreuung ehrenamtlich und wird pauschal im Jahr mit 323 Euro nach §1835a BGB vergütet. In dieser jährlichen Vergütung ist alles drin. Die Geltendmachung von weiteren Ansprüchen wie z.B. Fahrgeld gestaltet sich nach meiner Erfahrung äußerst schwierig, wird nur in Ausnahmefällen gewährt und muss sehr gut begründet sein.

Haftpflichtversicherung habe ich ein ganz normale. Weiß aber ncht, ob die Betreuungsbehörde zusätzlich noch eine spezielle Versicherung für mich abgeschlossen hat. Die haben mal in einem Gespräch so was angedeutet.

Viele Grüße nach Franken
von
Steka

Imre Holocher 19.02.2010 17:21

Moin Frankonian



Zitat:

Zitat von Frankonian (Beitrag 33126)
Was soll man von diesem Satz halten:
Die Kosten einer Haftpflichtversicherung gegen die Risiken der Betreuung werden dem Betreuer ersetzt; gibt es da spezielle Versicherer oder biten das alle an.
Welche "Risken" können denn bestehen - bei einer Unterbringung in einem Pflegeheim.

Der Satz verwundert mich. Eigentlich gehe ich davon aus, dass ehrenamtliche Betreuer bzgl. ihres Handelns als Betreuer über das Gericht versichert sind (im Sinne einer Haftpflichtversicherung).
Sollte sich da was geändert haben?

Zitat:

Zitat von Frankonian (Beitrag 33126)
Der ehrenamtliche Betreuer erhält keine Entlohnung sondern lediglich Aufwendungsersatz (1835 BGB) etwa für Fahrtkosten, Telefonate, Fotokopierkosten, Porto usw.



Das hat Steka schon gut beantwortet.


Ein schönes Wochende wünscht

Imre

Frankonian 21.02.2010 11:48

So, meine Betreuerbestellung ist erfolgt. Die Schwiegermutter zieht am 23.02. in ein adäquates Pflegeheim ein.
Stichwort: bevorstehende Wohnungsauflösung. 30-50 jährige Möbel in einer fast 50 Jahre bewohnten Sozialwohnung, alte Bücher,Kleidung, Fernseher,etc. letztlich alles komplett zu entsorgen. Wie ist dem AG das Inventar nachzuweisen: Fotos,Aufstellung, Ortsbegehung oder pauschale Angaben durch mich. Anhörung beim AG bis jetzt, wegen der Kürze der Zeit, noch nicht erfolgt.
Weitere Frage:meine Frau hat Bankvollmachten, bestehen die weiter, obwohl ich nun Betreuer bin?


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