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keine Zwangseinweisung möglich

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Guten Tag allerseits, ich habe mit meinem Vater gerade ziemlich üble Erfahrungen gemacht. Vielleicht weiß irgendjemand Rat, wie man so ...


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Alt 19.05.2005, 20:00   #1
Babs
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard keine Zwangseinweisung möglich

Guten Tag allerseits,

ich habe mit meinem Vater gerade ziemlich üble Erfahrungen gemacht. Vielleicht weiß irgendjemand Rat, wie man so etwas in Zukunft verhindern kann. Aber ich will mal von Anfang an schildern:
Mein Vater leidet an Alsheimer kann aber noch im eigenen Haushalt leben.
Er steht seit über einem Jahr unter Betreuung. Da ich mich damals von Ärzten und Institutionen ziemlich in die Ecke gedrängt fühlte habe ich die Übernahme der gesetzlichen Betreuung abgelehnt und es wurde eine Hauptberufl.Betreuerin eingesetzt. Das klappt soweit alles sehr gut.

Anfang April fand ich meinen Vater Montag morgens im Badezimmer auf dem Fußboden, wo er vermutlich irgendwann in der Nacht gestürzt war. Er kam durch den Notarzt ins Krankenhaus, wo so ziemlich alles schief lief - wie bei Alzheimer-Patienten, die aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen werden zu erwarten war. Jedenfalls entließ man ihn Freitags wieder und gab ihm Entwässerungstabletten mit, da man Wasser in der Lunge diagnostiziert hatte.

Am Samstag Mittag bekam er eine von diesen Tabletten, was dazu führte, dass er zwischen 15 und 21 Uhr 7 (SIEBEN) Liter Flüssigkeit ausgeschieden hat. Sein Zustand war katastrophal. Er war absolut verwirrt, glasige Augen, stand nur noch vor dem Waschbecken um zu Gurgeln und Wasser zu trinken. Konnte nichts anderes mehr sagen als "das Wasser ist alle". Konnte kaum noch stehen, liess sich aber durch nichts vom Waschbecken wegbringen.

Der um 20 Uhr gerufene Notartz erschien um 21 Uhr, stellte fest, dass mein Vater ausgetrocknet war, rief einen Krankenwagen und verschwand wieder, da er schon seit einer halben Stunde Feierabend hätte. Der Krankenwagen mit 3 Rettungssanitätern kam nach einer halben Stunde. Sie schafften es immerhin meinen Vater ins Wohnzimmer zu bringen. Er litt wie ein Hund. Es ging ihm absolut mies. Aber er wehrte sich mit ungeahnten körperlichen Kräften gegen die Rettungssanitäter.
Gegen seinen Willen konnten sie ihn nicht mitnehmen.

Und die Betreuerin ist ausserhalb der Dienstzeiten (Mo-Fr 9-16 Uhr)nicht erreichbar.

Gegen 24 Uhr erschien der nächste Notarzt. Er meinte, die Diagnose "Austrocknen" nicht bestätigen zu können, sah für eine Zwangseinweisung keinen Anlass. Zumal er im letzten Jahr zweimal enormen Ärger wegen Zwangseinweisungen bekommen hätte.
Und mein Vater saß da und litt ganz offensichtlich.

So ging das bis Montag morgen, als der Hausarzt wieder erreichbar war und endlich eine Zwangseinweisung ausstellte. Die Betreuerin habe ich dann bei Dienstbeginn entsprechend informiert.

Mein Vater hat das ganze Wochenende gelitten, dass es für unsere ganze Familie kaum zu ertragen war. - Wäre es ein Hund gewesen, wir hätten jetzt mit Sicherheit den allergrößten Ärger mit dem Tierschutzverein bekommen weil er keine Hilfe erhielt.

Aber es ist ja nur ein armer alter verwirrter Mann.

Was mache ich, wenn wir wieder in so eine Situation kommen und die Betreuerin nicht erreichbar ist. Ist unsere Gesetzeslage wirklich so, dass ein hilfloser Mensch ausserhalb der Dienstzeiten seines Betreuuers leiden darf wie ein Hund. Obwohl er nachweislich geistig nicht in der Lage ist Entscheidungen zu treffen?

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist die Übernahme einer Betreuung kein 38.5-Std.-Job. Sondern Betreuer ist man rund um die Uhr. Kann ich darauf bestehen, dass es eine Notfall-Anlaufstelle gibt? An wen kann ich mich wenden?

Auch wenn diese Frage total anders ist als alle anderen in diesem Forum - ich würde mich sehr über Ratschläge freuen.

Vielen Dank und viele Grüße
Barbara
 
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Alt 20.05.2005, 18:41   #2
Heinz
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Zwangseinweisung

Hallo Barbara,

ich bin Berufsbetreuer und stand letztens ebenso wie du hilflos daneben, wie mein Betreuter zwischen ambulantem (Haus-)Arzt und Krankenhaus hin und her geschickt wurde, obwohl das Bein dringend amputiert werden musste, da der Knochen bereits seit längerem frei lag und Wundbrand und Blutvergiftung drohte.

Nur soviel zu dem Thema - Erreichbarkeit und Macht von Betreuern. Man wollte mich deshalb schon aus dem Urlaub holen. Ich hätte dann das Krankenhaus verwurstet. Trotz Notfall Einweisung, sah das Krankenhaus keine besondere Dringlichkeit und hat den Betreuten trotz Gefühllosigkeit und Krampf im Bein, trotz Schwellung und Schmerzen wieder ins Altenheim zurückbringen lassen. Erst als das Gericht meine Entscheidung formlos gegenüber dem Krankenhaus bestätigte, ließ es sich auf die weitere Behandlung ein. Ein förmlicher Beschluss hätte samt Gutachten mindestens 1-2 Monate gedauert. Die gesamte Aktion zwischen ambulantem Arzt, Krankenhaus und Gericht dauerte allerdings über 2 Wochen.

Das ist auch mein Hinweis für dich: sollte die Betreuerin wieder nicht erreichbar sein - und auch sie hat ein Recht auf Urlaub und Privatleben - gibt es sicherlich eine Vertretung - sollte es zumindest geben. Sollte eine Vertretung nicht bekannt sein, kannst du dich ja bei Gericht als amtliche Vertretung der Betreuerin anbieten. Ansonsten ist die Betreuungsstelle die amtliche Vertretung bei gesetzlichen Betreuungen. Doch haben diese behördliche Dienstzeiten.

Möglich ist aber auch, dass die Betreuerin dir eine sog. Untervollmacht gibt. Heißt, mit einer Kopie ihres Betreuungsausweises und einer ausdrücklichen Anweisung, dass du sie im Notfalls gegenüber Ärzten und Klinik, also im Bereich der Gesundheitssorge wie auch der Aufenthaltsbestimmung vollmächtig vertreten kannst.

Bei Gericht gibt es immer eine(n) diensthabende(n) RichterIn für sog. Zwangseinweisungen. Damit ist aber in der Regel die geschlossene Unterbringung in der Psychiatrie gemeint. Bei Fremdgefährung ist das Ordnungsamt zuständig und außerhalb der Dienstzeiten die Polizei und bei Eigengefährdung das Vormundschaftsgericht.
Heißt, wenn du mit der Untervollmacht den Notarzt bestellst und er Bedenken hat, so kannst du dir deine Legitimität zur Einweisung auch vom
Gericht bestätigen lassen.

Um nicht im Notfall unnötige Zeit zu verlieren, wäre diese grundsätzliche Zustimmung des Gerichts vielleicht auch vorab zu erhalten, also: den gesamten Vorfall dem Gericht mitteilen, entweder um gerichtliche Vertretung der Betreuerin bitten oder aber die Untervollmacht grundsätzlich vom RichterIn bestätigen lassen.

Aber auch das ist keine Garantie, dass deine Anordnung dann gegenüber dem Notarzt oder der Klinik Wirkung zeigt. Die Allmacht liegt nun mal bei den Ärzten und wenn sich die Behandlung sich rechnet, kann der Patient noch so viel leiden. Einem Betreuten haben sie innerhalb von 9 Stunden 8 Liter Wasser entzogen - wider jeglicher ärztlicher Grundregeln.

Wir sind auf dem besten Weg der 2 Klassen Gesellschaft. Demnächst wird es ohne eine besondere Zuwendung gegenüber den Sanitätern oder dem Arzt nicht mehr gehen. In Griechenland ist das usus und Griechenland gehört zur EU. Das ist auch keine Bestechung. Nur nach Feierabend kann auch ein Arzt noch etwas dazuverdienen.

Es ist dein Vater und er litt wie ein Hund. Ich verstehe dich sehr gut. Meinen Vater wollten sie im Krankenhaus schlicht umbringen. Auch ihm gaben sie Entwässerungstabletten und verweigerten trotz wiederholter Bitte jegliche Infusion. Nachdem wir ihn in ein anderes Krankenhaus verbringen konnten und er dort erst einmal 5 Infusionen bekam, konnte ihm Blut genommen werden. Es war zuvor nahezu geliert und er war zu keiner Reaktion mehr fähig gewesen. Danach konnte er wieder Frau und Sohn erkennen, lächeln und sich verständlich machen.

Leider ist das System so und ein Mitarbeiter einer Krankenkasse hier vor Ort, bemerkte, dass sich manche Angelegenheiten auch durch Liegenlassen erledigen. Es handelte sich um eine 84 jährige, die aus dem Bett gefallen war und sich einen Muskelabriss zuzog, nicht mehr aufstehen konnte und auch die Toilette nicht mehr erreichte, bis zum nächsten Morgen der Pflegedienst kam. Aber sie hatte überlebt und es war keine Notfallsituation mehr. Deshalb musste sie noch 2 Tage leiden, bis sie ins Krankenhaus kam (Antrag der ärztlichen Einweisung und erforderliche Genehmigung vorab durch die Krankenkasse für die Krankenfahrt). Und auch dort wurde sie nach der Untersuchung unbehandelt entlassen - zu alt.

Ich befürchte, wie ich es immer wieder erlebe, dass du solch eine Verärgerung und Hilflosigkeit nicht das letzte Mal erlebt hast. Wünsche dir aber, dass du mit Untervollmacht und gerichtlicher Bestätigung Erfolg hast.

Mit bestem Gruß
Heinz
 
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Alt 30.05.2005, 10:36   #3
Babs
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Zwangseinweisung

Hallo Heinz,

danke für die kompetente Antwort.

Nach mehreren Wochen Gerontopsyschatrie haben wir meinen Vater wieder nach Hause geholt, aber es hat sich sehr schnell gezeigt, dass er in seinem Haus (in dem er 50 Jahre gelebt hat) auch mit noch mehr Hilfe als vorher nicht mehr zurecht kommt. Wir sind jetzt auf der Suche nach einem geeigneten Heim.

Ich bin überzeugt, dass bei sofortiger Hilfe an besagtem Wochenende ein so gravierender Verfall wie er jetzt eingetreten ist, nicht in so kurzer Zeit erfolgt wäre.

Aber das lässt sich ja leider nicht beweisen. Und selbst wenn, was würde es ändern?

Viele Grüße
Barbara
 
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Alt 31.05.2005, 09:42   #4
Heinz
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Alzheimer

Hallo Barbara,

"verschüttetes Wasser fängt man nicht wieder auf" - im Nachhinein ist weder dem Vater noch dem System von Anghörigen, Betreuung, Arzt und Klinik gedient. Und doch wehre ich mich gegen das Resignative.

Zum einen schauen viele mal ins Forum und holen sich Anregung, Trost und Hilfe, ohne einen eigenen Beitrag.

Zum andern ist das Bewusstsein für diese Form der Demenz gewiss schon beachtlich gestiegen und doch, du hast es selbst erlebt und miterlitten, sind Strukturen und Verhaltensweisen anzuprangern und noch dringend zu verbessern. Um so mehr, als ein Gesetz zur Reform der Gesundheit (wie das gehen soll, fragt sich so manche/r, aber im Wort Gesundheitsreformgesetz zeigt sich die ganze Abstrusität) die Patienten, Angehörige, wie auch Dienstleister im weitesten Sinn gängelt, bevormundet und beschneidet, weil, ja weil zu viele zu alt werden und die Gesellschaft sich die Bürde von Alten, Behinderten und Kranken kaum mehr leisten kann oder will.

Um so dringender ist das Netzwerk von gegenseitiger Hilfe. Da denke ich z.B. an das Dement- oder auch Angehörigencafé. Gibt es das in deiner Stadt auch, wo Angehörige von dement Kranken stundenweise mit der Pflege und Betreuung entlastet werden? Wenn nicht, frag mal bei der Caritas oder Diakonie hinsichtlich deren Angebot.

Auch wenn du deren Hilfe nicht benötigst, kannst du dir dort sicherlich guten Rat holen und auch persönlich in deiner Stadt deine Enttäuschung und deinen Ärger bekannt machen. Vielleicht lässt sich ja doch gegenüber der Klinik was bewegen, wenn solche Machenschaften publik werden.

Viel Erfolg und Kraft
Heinz
 
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Stichworte
angehörige, gesundheit, krankenhaus

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