Dies ist ein Beitrag zum Thema Ist die Betreuerin (Juristin) automatisch die Anwältin des Betreuten? im Unterforum Forum für Angehörige und betreute Menschen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Hallo, ich bin neu hier und habe (natürlich) ein paar Fragen zur Betreuung...
Die Lage ist wie folgt: Ein guter ...
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#1 |
Club 300
Registriert seit: 01.12.2011
Beiträge: 313
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Hallo, ich bin neu hier und habe (natürlich) ein paar Fragen zur Betreuung...
Die Lage ist wie folgt: Ein guter Freund von mir hat auf eigenen Wunsch seit Oktober eine gesetzliche Betreuerin (Behörden und Versicherungen, Post, Vermögen, Gesundheitsfürsorge). Er leidet unter psychischen Störungen (keine Sucht, keine Schizophrenie), ist aber kognitiv "voll da". Vor der Einrichtung der Betreuung hat er mich bevollmächtigt und ich habe dann den Behördenkram für ihn gemacht. Als Laie, Nicht-Juristin und außerdem einige hundert Kilometer weg hat mich das auf Dauer überfordert, außerdem konnte ich mich den Behörden gegenüber nicht immer durchsetzen bzw. wurde nicht ernst genommen, was blöd war, weil mein Freund von Grundsicherung leben muss und dementsprechend darauf angewiesen ist, dass man seine Ansprüche durchsetzen kann. Deshalb jetzt die Berufsbetreuerin, die auch Anwältin ist. Unmittelbar vor Betreuungsbeginn ist die Mutter dieses Freundes gestorben, so dass die Betreuerin gleich mit der Regelung der Erbschaftsangelegenheiten (einer durch und durch zerstrittenen Restfamilie) einsteigen musste. Beschränkt sich die Funktion der Betreuerin (in der Erbschaftssache) auf das Betreuen oder ist sie automatisch in ihrer Funktion als Anwältin tätig? Es ist m.W. nicht eindeutig geklärt, wer zur Erbengemeinschaft gehört. Wäre es mein Erbe, würde ich erstens zum Anwalt gehen und zweitens ggf. vor Gericht. Was muss/soll/darf die Betreuerin hier tun? Darf sie entscheiden, das Erbe von vornherein nicht anzufechten? Oder müsste sie sogar einen Fachanwalt einschalten (Erbrecht ist nicht ihr Fachgebiet)? Kann mein Freund sie beauftragen, dass sie einen Fachanwalt mit der Sache betraut oder selbst als Anwältin tätig wird? Die Betreuerin hat inzwischen die Verwandten meines Freundes angeschrieben und um Informationen zum Vermögen seiner Mutter gebeten. Als Reaktion hat sein Vater ihr einen Brief geschrieben, der primär das Vater-Sohn-Verhältnis zum Inhalt hat. Nun würde mein Freund diesen Brief gerne lesen. Die Betreuerin erklärt aber, dass sie ihm den Brief nicht zeigen/geben dürfe. Stimmt das und falls ja, wieso darf sie das nicht? Sie hat den Brief doch in ihrer Funktion als Betreuerin bekommen und er betrifft den Betreuten unmittelbar. Würde mich über Antworten freuen... Lieben Gruß, J. |
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#2 |
Stammgast
Registriert seit: 27.04.2009
Ort: leider noch deutschland
Beiträge: 615
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Automatisch nicht unbedingt....... könnte jedoch naheliegend sein.
Mehr Infos findest du zu deinen verschiedenen Fragestellungen z.B. dort: Postkontrolle ? Betreuungsrecht-Lexikon Leider lässt dich das "pauschal" nicht umfassend beantworten.... aber der Aufgabenkreis "Post" deutet ja schon auf entsprechende Erfordernisse (aus Sicht des Betreuungsgerichtes) hin. Anzuraten wäre jetzt die Vorgänge soweit möglich zu dokumentieren (wer, was wann, etc.), damit man für einen eventuellen Haftungsanspruch entsprechend der Beweislasterfordernisse qualifiziert vortragen kann (Stichwort hier wäre noch: "erweiterte" Sorgfaltspflicht einer anwaltlichen (Berufs-)Betreuung.
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Der Barbar, erkennen wir, hat es leicht gesund zu sein, für den Kulturmenschen ist es eine schwere Aufgabe. Sigmund Freud |
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#3 |
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,376
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Hallo Janina
Also noch mal langsam: Die Betreuerin Deines Freundes ist Anwältin. Das ist der Beruf, den sie gelernt hat. In erster Linie ist sie aber seine Betreuerin. Sie kann ihn auch als Anwältin vertreten, wenn es um Rechtsstreitigkeiten geht. Dafür muss sie sich von ihm mandatieren oder vom Betreuungsgericht den Auftrag dafür bekommen. Sie ist nicht automatisch seine Anwältin. Wenn sie z.B. in der Nachlassache die Verwandtschaft anschreibt und auf dem Briefkopf steht Anwältin xy, dann ist sie noch lange nicht mandatiert (schreibt also als Betreuerin) aber die Sippe kann das ziemlikch wahrscheinlich nicht unterscheiden und glaubt, dass eine Anwältin schreibt. Otto-Normal-Verbraucher macht sich schneller in die Hose, wenn ein Anwalt schreibt... (obwohl das überhaupt kein Grund dafür ist). Thema Brief des Vaters: Der Vater hat der Betreuerin den Brief geschrieben, nicht dem Betreuten. Deshalb muss sie ihn dem Betreuten nicht zeigen. Ich würde dies ebenfalls so tun, wenn der Vater mich darum gebeten hätte, den Brief nicht weiterzugeben, oder wen da so abstruse Dinge drin stehen, dass der Betreute (Du hast geschrieben, dass eine psychische Krankheit vorliegt) dekompensieren würde - sprich so durchdrehen würde, dass ich ihn unterbringen müßte. Sonst hat der Betreute schon das Recht die Korrespondenz zu lesen, die man als Betreuer für ihn schreiben oder erhält. (Frag mich jetzt aber nicht nach den §§§§§) MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
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#4 | |
Gast
Beiträge: n/a
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Als Betreuerin kann sie argumentieren, daß das Wohl des Betreuten unter der Weitergabe des Briefes leiden könnte; als bevollmächtigte Anwältin muß sie die Korrespondenz gegenüber dem Klienten offenlegen. Und wenn das einen Konflikt gibt, kann sie eigentlich die Erbsache nicht machen. Für meinen Begriff ein klarer Fall für einen Verfahrenspfleger. |
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#5 |
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,376
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Moin Mungo
Mit Deiner Differenzierung liegt Du richtig. Finde ich gut. In meinem Beitrag habe ich die Weitergabe der Korrespondenz nur auf die Eigenschaft als Betreuerin und nicht als Anwältin bezogen. Deinem weiteren Kommentar zum Thema Konflikt und ggf. Verfahrenspfleger kann ich auch nur zustimmen. MfG Imre
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#6 | ||||
Club 300
Registriert seit: 01.12.2011
Beiträge: 313
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Danke für die Antworten!
Vorweg noch: Die Erbschaftssache ist ausdrücklich Gegenstand der Betreuung, die Richterin hat das mit aufgenommen, da die Mutter ja unmittelbar vorher gestorben war und die Sache somit aktuell. Und jetzt ist es natürlich ein ungeheurer Stress für meinen Freund, weil er und seine Betreuerin sich noch nicht gut kennen, wir nicht so recht wissen, wie das mit der Betreuung grundsätzlich läuft und weil die Erbschaftsangelegenheit wichtig und belastend ist. Der bisherige Eindruck von der Betreuerin ist nicht schlecht - wahrscheinlich sind die "Probleme" noch Startschwierigkeiten und Missverständnisse oder der Tatsache geschuldet, dass sie von jetzt auf gleich so in die Vollen gehen musste. Ich finde es nur besser, hier vielleicht einige Dinge zu klären oder zu erfragen, statt die Betreuerin mit Anrufen zu bombardieren oder ihr unnötig und ungerechtfertigt auf die Finger zu hauen. Zitat:
Zitat:
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Grüße, J. |
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#7 | |
Gast
Beiträge: n/a
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Einfach: Stellungnahme des behandelnden Arztes und Bitte um Herausgabe. Wenn sie sich immer noch weigert, würde ich den Rechtspfleger fragen - ist immerhin Teil des Betreuungsauftrages - und ggf. schlicht einen Antrag an das Gericht stellen. Das bringt allerdings mit sich, daß das Verhältnis Betreuter/Betreuerin wahrscheinlich darunter leiden wird. Geändert von mungo (04.12.2011 um 20:10 Uhr) |
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#8 |
Routinier
Registriert seit: 07.03.2011
Beiträge: 1,393
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ein paar formale Aspekte :
zuerstmal kann mich natürlich der Betreute als Bevollmächtiger mandatieren. Ich habe aber auch die Möglichkeit, mich sozusagen selbst als Rechtsbestand zu mandatieren , zB bei einem Prozeß. Dann heisst es in der Klageschrift: A. Maier Kläger gesetzlich vertreten durch den Betreuer fwu Prozeßvollmächtigter Rechtsanwalt fwu Im Vorfeld steht in meinen Schreiben immer als Betreff "Betreuung für Herrn Maier" und unter der Unterschrift "Betreuer" Ich mache das regelmäßig, wenn ich über die notwendige fachliche Kompetenz verfüge und es zwischen dem Wohl /Willen des Betreuten und meinen Vorstellungen keine Probleme gibt. Es gibt daneben Prozesse, bei denen es hier gewisse Unterschiede gibt: Betreute will im Sorgerechtsstreit ihr Kind behalten, ich hab da so meine Zweifel > dann bin ich gerne bereit einen Fachanwalt für Familienrecht zu besorgen und zu mandatieren. Oder Strafverfahren : Klient will natürlich freigesprochen werden, mir erscheint als Betreuer ne therapieauflage sinnvoll. In dem Verfahren bekommt der Betreute eine Fachanwalt für Strafrecht, der dann auch als Verteidiger gemäß der Weisungen des Mandanten . Imre weist daraufhin, daß auch das Gericht, den Betreuer direkt als Anwalt bestellen kann. Das sind dann in der Regel punktuelle Betreuungen in denen der Anwaltsbetreuer "berufsmäßig" tätig wird , ohne "richtiger Berufsbetreuer" mit mehr als 10 Betreuungen, zu sein. fwu Geändert von fwu (05.12.2011 um 12:36 Uhr) |
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#9 |
Club 300
Registriert seit: 01.12.2011
Beiträge: 313
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Hallo und nochmal danke an die Antwortenden!
Ursprünglich war die Betreuung nur dafür gedacht (von uns jedenfalls), die Ansprüche des Betreuten gegenüber Behörden vernünftig durchsetzen zu können. Nach "Beratung" durch die Betreuungsstelle kamen die anderen Aufgabenkreise dazu. Da sind m.E. nun auch unnötige Bereiche dabei. Auf dem Beschluss stehen folgende Aufgabenkreise:
Ebenso unnötig ist die Vermögenssorge bzw. sie steht jetzt sogar im Weg, weil mein Freund sich laut Betreuerin deswegen z.B. kein Geld bei mir leihen dürfe (was wir bisher so gemacht haben, dass ich ihm - wenn's knapp wurde - form-, frist- und zinslos ausgeholfen habe). Zugegebenermaßen hat sich über die Jahre so einiges an Schulden angesammelt, aber ausschließlich bei mir und ich dränge nicht auf Rückzahlung, habe mir nur den Erhalt des Geldes quittieren lassen. Mein Freund ist nicht manisch oder kann nicht mit Geld umgehen, er hat nur leider mit seinen Kontaminationsängsten eine sehr teure psychische Störung. Geld ist insofern ein Problem, als es knapp ist und vom Sozialleistungsträger kommt (oder in manchen Fällen eben nicht kommt. Typisches Beispiel: Im Februar ging der Kühlschrank kaputt, im August wurde das Darlehen für eine Neuanschaffung bewilligt.). Das wird aber durch die Vertretung gegenüber Behörden abgedeckt. Meine Idee wäre, erstmal mit der Betreuerin zu sprechen, ob man diese Aufgabenkreise wieder ausschließen kann. Währt ihr als Berufsbetreuer dann sauer, wenn der Betreute mit diesem Ansinnen kommt? Oder müsste sie das wegen der Schulden bei mir sogar ablehnen? Falls sie ablehnt, wäre der nächste Schritt dann ein Antrag ans Gericht? Oder würden die so kurz nach Betreuungsbeginn nur abwinken? Lieben Gruß, J. |
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#10 |
Gesperrt
Registriert seit: 18.03.2011
Beiträge: 438
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Hallo Janina,
du hast die Situation sehr gut beschrieben ! Das Betreuungsgericht hat einen super Bock geschossen. Die ersten 3 "Aufgabenkreise" im Beschluss sind lt. Betreuungsrecht nicht zulässig und kommen aus dem Vertretungsrecht:
1) Beschwerde bei Gericht wegen sog. "Vertretung" in 3 Punkten und dem Antrag diese Vertretungspunkte als "Aufgabenkreise" als unzulässig aufheben zu lassen. 2) Die Erbschaft des Betreuten im rechtlichen Betreuungs-Rahmen der Vermögenssorge durch die Betreuerin realisieren lassen. Tenor: Vertretungsrecht ist nicht Betreuungsrecht. Geändert von stephan1 (06.12.2011 um 17:33 Uhr) |
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