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Lucilla 19.07.2016 09:10

Vollmachtnehmerin in Interessenkonflikt - gesetzliche Betreuung anregen?
 
Hallo!


Ich würde gerne wissen, ob es wichtig und/oder sinnvoll wäre eine Betreuung anzuregen.


Die Situation ist folgende:


Der Vater ist vor einigen Jahren verstorben. Seit dem stand der Sohn seiner Mutter zur Seite und half ihr, ihr Leben zu organisieren.


Zu diesem Zweck hat die Mutter dem Sohn eine Vollmacht (Vorsorgevollmacht/Betreuuungsverfügung, nicht notariell) erteilt.


Im Laufe der Jahre ging es der Mutter mit zunehmenden Alter (sie ist jetzt 88) schlechter. Sie bekam ihren Alltag immer weniger geregelt, wollte aber nicht umziehen. Weder in eine kleinere Wohnung, noch in ein Heim. Sie hatte auch in der Verfügung mitgeteilt, sie wolle so lange es geht zu Hause bleiben. Ihr Hausarzt sprach von beginnender Demenz und man sollte eine Pflege für zu Hause organisieren.


Als die Tochter davon erfuhr, nahm sie die Mutter mit zu einem Notar und dort stellte die Mutter auch ihr eine Vollmacht aus. Kurz darauf organisierte die Tochter einen Platz in einem Heim für die Mutter, wo diese nun seit einem Jahr sehr unglücklich wohnt.


Mutter und Tochter gehört zusammen (50/50) ein 3-Familienhaus. Dort wohnt die Tochter selbst, zwei Wohnungen sind vermietet. Der Sohn hat seine Mutter bisher in der Eigentümergemeinschaft vertreten. Dies wurde zunehmend schwieriger, seit dem die Tochter die Vollmacht hat.


Nun möchte die Tochter größere Schönheitsreparaturen am Haus vornehmen, die die Mutter mitbezahlen soll, obwohl sie dies bisher abgelehnt hatte. Eine Mietpartei hat gekündigt und es stehen Renovierungs- und vielleicht auch Modernisierungsarbeiten in der Wohnung an. Bemühungen die Wohnung überhaupt zu vermieten wurden bisher nicht unternommen. Mietausfälle würden zu 90% zu Laster der Mutter gehen, da die Tochter ihren Anteil am Haus größtenteils selbst bewohnt. Alles zusammen möchte die Tochter ca. 50.000 Euro investieren. Für die Mutter - vertreten durch den Sohn - stellt sich die Frage, ob diese Investitionen für die Mutter sinnvoll sind.


Daher hat die Tochter angeboten den Anteil der Mutter am Haus zu kaufen. Der von ihr angebotene Kaufpreis bewegt sich allerdings weit unter Marktwert. Ebenfalls wurde seitens der Tochter überlegt sich das Haus der Mutter "zu überschreiben" und ihr im Gegenzug eine Rente zu zahlen. Der angebotene Betrag war ebenfalls sehr gering.


Ist es im Falle des gemeinsamen Eigentums möglich, dass die Vollmachtnehmerin die Vollmachtgeberin vertritt? Und falls nicht, wer vertritt dann die Interessen der Mutter? In so einem Interessenkonflikt wird es doch schwer sein für die Vollmachtnehmerin, die Interessen der Vollmachtgeberin zu wahren und es besteht die Gefahr, dass sie im Eigeninteresse handelt.


Kann die Tochter mit ihrer Vollmacht den Anteil der Mutter am Haus kaufen?


Ist es im Hinblick auf die zunehmende Verwirrtheit der Mutter und den gemeinsamen Immobilienbesitz von Mutter und Tochter ratsam und im Sinne der Mutter eine Betreuung anzuregen? Und ist dies überhaupt möglich, wenn die Tochter im Besitz einer notariell beurkundeten Vollmacht ist?

Vielen Dank

:)

DannyKasche 19.07.2016 09:19

Zunächst einmal folgender Rat: Sohn sollte einen Anwalt konsultieren.
Hier sind viele Fragen enthalten, die in Richtung Rechtsberatung gehen, das darf hier niemand :)

Zur Betreuung werden sich die erfahrenen Member sicher noch melden, ich geb mal eine kleine Vermutung ab:
Man müsste bei der Anregung sehr gut begründen, warum die 2 Vollmachten der Mutter nicht funktionieren und deswegen eine Betreuung notwendig ist.

Betreuerwichtel 19.07.2016 15:15

Bei einer Diagnose "Demenz" würde ich die Vollmacht der Mutter für die Tochter mal unter ein ganz großes Fragezeichen stellen. Die grundlegende Frage ist: Wie hat der Notar die Geschäftsfähigkeit geprüft? Gibt es ein Gutachten über die Geschäftsfähigkeit? Wenn nicht, sollte man schnellst möglich eines erstellen lassen. Gutachtenfrage lautet: Wie wird die Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung der Vollmacht bewertet?

Der zweite Punkt ist der, die Tochter ist bei Belangen, die auch sie selbst betreffen, aller größter Wahrscheinlichkeit nach raus. Vorsorgevollmachten werden in den seltensten Fällen mit Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (Insich-Geschäfte) errichtet. Will die Tochter für das Haus etwas von ihrer Mutter, muss sie sich an ihren Bruder wenden, denn der kann nur allein wirksam vertreten. Und wenn die Tochter das Grundstück auf sich allein übertragen will, kommt hoffentlich ein blickiger Notar genau auf diese Frage.

agw 19.07.2016 15:52

Zitat:

Ist es im Hinblick auf die zunehmende Verwirrtheit der Mutter und den gemeinsamen Immobilienbesitz von Mutter und Tochter ratsam und im Sinne der Mutter eine Betreuung anzuregen? Und ist dies überhaupt möglich, wenn die Tochter im Besitz einer notariell beurkundeten Vollmacht ist?
Welche Rechte der Tochter aufgrund der Vollmacht übertragen wurden ist hier nich bekannt und daher kann alles dazu nur wildes Lesen in der Glaskugel sein. :d010:

Prinzipiell scheidet die Einrichtung einer Betreuung aus wenn die Angelegenheiten des Betroffenen anderweitig, z.B. durch eine Vollmacht, geregelt werden können.

Ob hier ein ausreichender Sachverhalt zur Bestellung eines Kontrollbetreuers gegeben ist kann ebenfalls nur vermutet werden. Also am besten das ganze, mit Unterlagen, vor Ort einmal prüfen lassen.

Einen Auftrag zur Beratung von Bevollmächtigten hat übrigens auch die Betreuungsbehörde.


Ansonsten verschieb ich das ganze mal in der Vollmachtsbereich.

Imre Holocher 19.07.2016 22:28

Moin Lucilla

Für genaueres kann ich nur so wie Danny einen Anwalt empfehlen.
Diese Rechtsberatung können und dürfen wir hier nicht leisten.

Da sollte insbesondere auf die Inhalte der Vollmachten geachtet werden. Z.B. ob die ältere Vollmacht widerrufen wurde, oder ob ein Widerrufsrecht bzgl. anderen Vollmachtnehmern drinsteht.
Oder die Befreiung von den Beschränkungen gem §181 BGB (siehe Betreuerwichtel.

MfG

Imre

Lucilla 21.07.2016 17:41

Zitat:

Zitat von Betreuerwichtel (Beitrag 97648)
Bei einer Diagnose "Demenz" würde ich die Vollmacht der Mutter für die Tochter mal unter ein ganz großes Fragezeichen stellen. Die grundlegende Frage ist: Wie hat der Notar die Geschäftsfähigkeit geprüft? Gibt es ein Gutachten über die Geschäftsfähigkeit? Wenn nicht, sollte man schnellst möglich eines erstellen lassen. Gutachtenfrage lautet: Wie wird die Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung der Vollmacht bewertet?

Vielen Dank für die Antwort :)

Ein Gutachten über die Geschäftsfähigkeit gibt es wohl nicht. Die Erteilung der Vollmacht liegt bereits 1 Jahr zurück. Ist es auf einen so langen Zeitraum möglich rückwirkend die Geschäftsfähigkeit zu bewerten?

Zitat:

Zitat von Betreuerwichtel (Beitrag 97648)
Der zweite Punkt ist der, die Tochter ist bei Belangen, die auch sie selbst betreffen, aller größter Wahrscheinlichkeit nach raus. Vorsorgevollmachten werden in den seltensten Fällen mit Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (Insich-Geschäfte) errichtet. Will die Tochter für das Haus etwas von ihrer Mutter, muss sie sich an ihren Bruder wenden, denn der kann nur allein wirksam vertreten. Und wenn die Tochter das Grundstück auf sich allein übertragen will, kommt hoffentlich ein blickiger Notar genau auf diese Frage.

Der Sohn war bei einem Notar, der ihn sagte, dass in notariellen Vorsorgevollmachten normalerweise Insich-Geschäfte erlaubt werden. Ob das allerdings in der genannten Vollmacht tatsächlich so ist, weiß man nicht. Es besteht ja auch kein Recht auf Einsicht, oder?

Was ist, wenn der blickige Notar auf diese Frage nicht kommt. Der Sohn hätte ja gar keine Möglichkeit von dem Vorhaben und der Durchführung zu erfahren, oder?

:)

Lucilla 21.07.2016 17:55

Zitat:

Zitat von agw (Beitrag 97652)
Ob hier ein ausreichender Sachverhalt zur Bestellung eines Kontrollbetreuers gegeben ist kann ebenfalls nur vermutet werden. Also am besten das ganze, mit Unterlagen, vor Ort einmal prüfen lassen.
Einen Auftrag zur Beratung von Bevollmächtigten hat übrigens auch die Betreuungsbehörde.
Ansonsten verschieb ich das ganze mal in der Vollmachtsbereich.

Danke für die Antwort :)

Der Sohn könnte mit seiner Vollmacht zur Betreuuungsbehörde gehen, zwecks Beratung. Die Vollmacht der Tochter kennt er nicht. Reicht dies aus?

Viele Grüße

:)

Lucilla 21.07.2016 18:00

Zitat:

Zitat von Imre Holocher (Beitrag 97661)
Moin Lucilla

Für genaueres kann ich nur so wie Danny einen Anwalt empfehlen.
Diese Rechtsberatung können und dürfen wir hier nicht leisten.

Da sollte insbesondere auf die Inhalte der Vollmachten geachtet werden. Z.B. ob die ältere Vollmacht widerrufen wurde, oder ob ein Widerrufsrecht bzgl. anderen Vollmachtnehmern drinsteht.
Oder die Befreiung von den Beschränkungen gem §181 BGB (siehe Betreuerwichtel.

Vielen Dank für die Antwort.

Der Sohn könnte sich von einem Anwalt oder, wie oben stand von der Betreuungsbehörde beraten lassen. Allerdings kennt der Sohn die Vollmacht der Tochter nicht. Diese ist auch nicht gewillt, Einblick zu gewähren.

Woher kann der Sohn wissen, was seine Vollmacht "wert" ist und welche Möglichkeiten die Tochter hat? Bzw. wie können die Interessen und das Wohl der Mutter gewahrt bleiben?

Wie findet der Sohn den richtigen Anwalt? Kann das Forum Anwälte empfehlen?

Viele Grüße

:)

agw 21.07.2016 18:06

Zitat:

Allerdings kennt der Sohn die Vollmacht der Tochter nicht. Diese ist auch nicht gewillt, Einblick zu gewähren.
Wer sich auf eine Vollmacht beruft muss diese auch vorlegen. :d010:

Der Vertragspartner muss ja prüfen können ob der Vollmachtsnehmer überhaupt wirksam vertreten kann.

Ansonsten kann man denjenigen auch stumpf ignorieren solange er sich nicht legitimieren kann.

Betreuerwichtel 22.07.2016 18:15

Wie agw schon schreibt, wer handeln will, muss sich ausweisen. Das müssen wir als Betreuer schließlich auch machen. Nur dass bei uns in der Regel die Vorlage einer Kopie ausreichend ist. Bei einer Vollmacht sollte man immer auf die Vorlage des Originales bestehen, denn nur so kann der Vollmachtnehmer belegen, dass er noch in Besitz der Vollmacht ist (beim persönlichen Zusammentreffen, im Brief ist das natürlich schwer möglich).

Es können Gutachten über die Geschäftsfähigkeit erstellt werden, wo der Begutachtungszeitraum viele Jahre zurück liegen. Keine Ahnung, wie die Gutachter das machen, aber irgendwie kriegen die das hin und meist stimmt es sogar ziemlich gut. Diese Gutachten werde u.a. auch häufig bei Testamentsanfechtungen erstellt. Hier liegt der Zeitpunkt der Errichtung oft viele Jahre zurück und dazu ist im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens der Erblasser sogar schon verstorben. Die holen sich die Infos aus Arztberichten u.a.m..


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