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Baco 02.04.2021 22:18

Nachträgliche Vorsorgevollmacht bei Betreuung
 
Liebe Forengemeinde,

kann ich bei bereits erfolgter finaler Betreuung (Widerspruchsfrist läuft noch!) durch ein medizinisches Gutachten auf Geschäftsfähigkeit und anschließendem Gang zum Notar eine gültige Vorsorgevollmacht erstellen lassen, die o.g. Betreuung aufhebt?



Der Ausgangssachverhalt ist hier geschildert (
https://www.forum-betreuung.de/frage...rkaerrung.html
).
Leider hat sich der Aufenthalt in der Gerontologie/Psychiatrie so lange gezogen, dass das Gericht inzwischen eine richtige Betreuung angeordnet hat.
Ob mein Vater sich zurück daheim überhaupt so machen würde, dass ein Arzt eine Geschäftsfähigkeit anerkennt, steht noch in den Sternen. Es gibt bei einer diagnostizierten leichten Demenz und Delir (Letzteres lässt ihn "verrückt" erscheinen, wäre aber vorübergehend) etwas Hoffnung.
Beim Notariat meinte die Angestellte mit einem aktuellen entsprechenden Gutachten würden sie das machen.
Meine Befürchtung ist jedoch, dass das Gericht dies sofort versuchen würde einzukassieren bzw. deren eigenen Gutachter schicken, der ungern von seiner kürzlich gestellten 'scharfen' Prognose abweicht. Zudem wäre die Verfassung ohnehin der Tagesform unterliegend.

HorstD 03.04.2021 08:58

Hallo, aus welchem Grund soll denn die Betreuung jetzt noch umgangen werden? Wenn dein Vater das wirklich als Betreuungsalternative gewollt hätte, wäre doch wahrscheinlich genug Zeit dafür gewesen. Außerdem: „Du“ kannst da gar nichts errichten, sondern nur dein Vater. Was spricht denn gegen die Betreuung? Die Auswirkungen unterscheiden sich doch nicht von der Vollmacht. Ist es vielleicht so, dass dir der ausgesuchte Betreuer nicht passt? Hattest du dich denn beim Gericht als Betreuer deines Vaters gemeldet?

Baco 03.04.2021 12:07

Hallo Horst, vielen Dank für deine Antwort und deine berechtigten Rückfragen:

Das "ich" ist natürlich immer als "wir" als Familie bzw. als "er" zu verstehen.

Zitat:

aus welchem Grund soll denn die Betreuung jetzt noch umgangen werden?
Es wurde eine geplante Grundstücksübertragung nicht vorgenommen. Kriegen wir diese nicht hin, kann ich dort nicht bauen. Außerdem gibt es erbschafts- bzw. schenkungssteuerliche Überlegungen. Wir als Familie sind uns im Übrigen einig (Einzelkind).


Zitat:

Wenn dein Vater das wirklich als Betreuungsalternative gewollt hätte, wäre doch wahrscheinlich genug Zeit dafür gewesen.
Nein war nicht. Die waren bereits zum Vorgespräch beim Notar und in kürzester Zeit ist mein Vater ohne getroffene Verfügung schwer erkrankt.

Zitat:

Ist es vielleicht so, dass dir der ausgesuchte Betreuer nicht passt?
Doch der passt mir natürlich. Das ist meine Mutter und sämtliche Entscheidungen werden gemeinsam getroffen.

Mein Vater selber möchte diesen Betreuungszustand nicht, das Mitquatschen bei der Geldanlage, die Offenlegungspflichten und für uns alle zu vorderst: Der Ausschluss von Grundstücksschenkungen.

HorstD 03.04.2021 15:24

Hallo, zum einen: warum soll dein Vater nichts mehr verschenken können? Die Betreuung steht dem nicht entgegen, es ist ja keine Entmündigung. Die Grenze wäre die „natürliche“ Geschäftsunfähigkeit, § 104 Nr 2 BGB, doch wenn die bejaht würde (zB durch den Notar), wäre ja weder ein Schenkungsvertrag noch eine Vorsorgevollmacht möglich. Also erst mal einen Notar des Vertrauens konsultieren. Für selbst getätigte Schenkungen gilt auch § 1804 BGB nicht (und da gibts auch keine gerichtliche Genehmigungsvoraussetzung).

Geht das aus irgend einem Grund nicht, auch der Betreuerin sind Schenkungen nur grundsätzlich, nicht insgesamt verboten. Schenkungen im Rahmen einer vorgezogenen Erbfolge sind idR gestattete Sittlichkeitsschenkungen. Näheres via Rechtspfleger des Betreuungsgerichtes. Auch da gibt es keine Genehmigungspflicht, aber der Rechtspfleger könnte das im Rahmen der Rechtsaufsicht beanstanden (§ 1837 Abs. 2 BGB), also vorab kommunizieren.

Das größere Problem dürfte sein, dass Schenkungen binnen 10 Jahren wegen Verarmung vom SHT zurückgefordert werden können (§ 528 BGB), wenn zB durch Heimkosten Sozialhilfebedürftigkeit eintritt. Das kann man mit keiner Konstruktion vermeiden.

Im übrigen muss man doch nicht Grundeigentümer sein, um darauf zu bauen, siehe zB das Erbbaurecht. Das heißt, die ganzen Grundannahmen sind falsch.

FFB 03.04.2021 16:25

Zitat:

Zitat von Baco (Beitrag 133524)
kann ich bei bereits erfolgter finaler Betreuung (Widerspruchsfrist läuft noch!) durch ein medizinisches Gutachten auf Geschäftsfähigkeit und anschließendem Gang zum Notar eine gültige Vorsorgevollmacht erstellen lassen, die o.g. Betreuung aufhebt? [...]
Beim Notariat meinte die Angestellte mit einem aktuellen entsprechenden Gutachten würden sie das machen.
Meine Befürchtung ist jedoch, dass das Gericht dies sofort versuchen würde einzukassieren bzw. deren eigenen Gutachter schicken, der ungern von seiner kürzlich gestellten 'scharfen' Prognose abweicht. Zudem wäre die Verfassung ohnehin der Tagesform unterliegend.

Was steht denn im Betreuungsgutachten zur freien Willensbildung bzw. zur Geschäftsfähigkeit?

Zitat:

Zitat von Baco (Beitrag 133529)
Mein Vater selber möchte diesen Betreuungszustand nicht, das Mitquatschen bei der Geldanlage, die Offenlegungspflichten und für uns alle zu vorderst: Der Ausschluss von Grundstücksschenkungen.

Hat er das auch dem Richter gesagt?

Zitat:

Zitat von HorstD (Beitrag 133530)
[...] auch der Betreuerin sind Schenkungen nur grundsätzlich, nicht insgesamt verboten. Schenkungen im Rahmen einer vorgezogenen Erbfolge sind idR gestattete Sittlichkeitsschenkungen. Näheres via Rechtspfleger des Nachlassgerichtes. Auch da gibt es keine Genehmigungspflicht, aber der Rechtspfleger könnte das im Rahmen der Rechtsaufsicht beanstanden, also vorab kommunizieren.

Inwiefern hat das Nachlassgericht mit der Sache zu tun?

Die Genehmigung bräuchte man nicht, weil es eine Schenkung wäre, sondern weil es um ein Immobiliengeschäft geht (§ 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Außerdem ist die Betreuerin die Mutter des potenziellen Beschenkten und könnte den Betreuten dabei nicht vertreten (§ 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Dafür müsste das Gericht einen Ergänzungsbetreuer bestellen (und dabei auch schon prüfen, ob die Schenkung überhaupt in Frage kommt).

HorstD 03.04.2021 19:32

Es war der Rechtspfleger des Betreuungsgerichts gemeint (ist korrigiert). Und schon klar, soll die Betreuerin das mit dem Grundstück veranlassen, ist sowohl eine Genehmigung nach § 1821 als auch ein Ergänzungsbetreuer nötig. Für sonstige Schenkungen an den Sohn braucht man zumindest Letzteren.

Aber nochmal: alles nicht nötig, wenn der Betreute das selbst veranlasst, was ja der Normalfall ist.

Forenfuchs 03.04.2021 21:10

Genau - wenn der Betreute aber zwischenzeitlich geschäftunfähig geworden ist, dann ist der Zug nun mal abgefahren. Dann hilft hektisches Zum-Notar-Laufen auch nicht mehr, das ist ja gerade der Sinn betreuungsgerichtlicher Schutz- und Kontrollfunktionen - das Gericht würde diese Verträge sicherlich "kassieren" wie der Fragesteller richtig vermutet.

Baco 04.04.2021 11:24

Zitat:

Zitat von FFB (Beitrag 133531)
Was steht denn im Betreuungsgutachten zur freien Willensbildung bzw. zur Geschäftsfähigkeit?

Die wurde vom Amtsarzt verneint. Er wäre zu keiner freien Willensbildung in der Lage.
Im richterlichen Beschluss steht, dass er zu keiner Vorsorgevollmacht in der Lage ist.



Zitat:

Hat er das auch dem Richter gesagt?
Ja, es steht auch im richterlichen Beschluss, dass die Betreuung gegen den Willen des Betreuten erfolgt.


Vielen Dank für Euere Antworten.

@Forenfuchs:
Genau darauf zielt meine Frage ab. Wie bekäme man eine saubere Willenserklärung hin, gesetztenfalls mein Vater spielt (von seiner Verfassung her) mit?
Beim Notariat rät man mir zu einem privaten Gutachten auf Geschäftsfähigkeit und anschließendem Gang zum Notar.

Ich bin mir nicht sicher, ob dies ausreicht. Die Richterin meinte, dass wir, sobald wir einen Hinweis auf eine Besserung haben dies ohnehin anzeigen müssten und sie dann ein neues Gutachten veranlasst. Beim Betreuungsgericht geht es zwar wieder um "Betreuung" und weniger um Geschäftsfähigkeit. Aber irgendwie scheint das (nach meiner losen Recherche) ineinander zu greifen.

Wie ist es denn, wenn unser Gutachter+Notar die Geschäftsfähigkeit bejahen und das Betreuungsgericht+Amtsarzt diese verneinen?
Ober sticht Unter?
Im Zweifel war unser Gutachten ja sehr nah am Termin.

(Man muss dazu sagen, dass sich mein Vater bislang schwankend zeigt und es medizinisch schon eine gewisse Hoffnung auf Besserung gibt (bis die Demenz halt irgendwann massiv voranschreitet)


@HorstD: Die Grundannahmen sind nicht falsch. Ich habe das Gefühl du drängst mich immer leicht in Richtung persönliche Bereicherung. Das ist jedoch nicht der Fall. Wie bereits angemerkt wird die Erbfolge das Vermögen genau so verteilen, wie es hier angedacht war (hoffentlich möglichst spät).
Rückfallpflichten oder Klauseln sind kein Problem, da genug Vermögen vorhanden ist. Der Vater wird in Eigenregie zu Hause gepflegt werden.
Dass es Auswege bspw. durch ein Erbbaurecht gibt, weiß ich natürlich. Das "eigene" Grundstück zu pachten gefällt mir jedoch nicht und zum anderen stellt das eine Eigenkapitalbasis dar, die ich sonst eben nicht hätte.

@Moderator: Ich habe gerade den unschönen Tippfehler im Titel bemerkt. Den darf man natürlich gerne anpassen. :)

Forenfuchs 04.04.2021 12:53

Zitat:

Zitat von Baco (Beitrag 133534)

@Forenfuchs:
Genau darauf zielt meine Frage ab. Wie bekäme man eine saubere Willenserklärung hin, gesetztenfalls mein Vater spielt (von seiner Verfassung her) mit?
Beim Notariat rät man mir zu einem privaten Gutachten auf Geschäftsfähigkeit und anschließendem Gang zum Notar.

Ich bin mir nicht sicher, ob dies ausreicht. Die Richterin meinte, dass wir, sobald wir einen Hinweis auf eine Besserung haben dies ohnehin anzeigen müssten und sie dann ein neues Gutachten veranlasst.

Na ja, wie ich sagte: der Zug ist abgefahren. Mit privaten Gegengutachten zu arbeiten oder den Notar ins Heim bestellen würde auf Dritte ganz sicher so wirken, als ob du dir das Grundstück erschleichen wolltest. Im blödesten Fall würde es so aussehen, als ob deine Mutter als Betreuerin nicht die Interessen des Betreuten vertreten würde, indem sie dabei mitmacht.

Die Richterin hat die Brücke doch gebaut: den Papa beobachten und mitteilen, wenn sich eine Besserung ergeben hat. Vielleicht geht das sogar besser, wenn er zuhause gepflegt wird. Das neue Gutachten abwarten und beim Vorliegen von Geschäftsfähigkeit kann dann Vollmacht erteilt werden. Das ist doch ein sauberer Weg, und dauert vermutlich auch nicht länger als anderweitig daran herum zu doktern.

HorstD 04.04.2021 13:04

Ich unterstelle nichts Unlauteres. Da offenbar weder Vollmacht noch Eigenschenkung möglich sind, sollte man in den sauren Apfel beißen, zumal die Erbfolge das irgendwann eh ausgleicht.

Derzeit ist der Betreuungsrichter maßgebend (weil ja die Betreuung aufgehoben werden soll), egal ob schon eine Vollmacht errichtet wurde. Im übrigen muss der Gutachter nicht der Amtsarzt sein (siehe § 280 FamFG). Wird aber durch den Richter bestimmt. Forenfuchs hat ja einen Ausweg beschrieben, der dürfte aber nur bei stabilen Gesundheitsverhältnissen gangbar sein (1 Tag wird da kaum reichen).


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