Dies ist ein Beitrag zum Thema Nachlässigkeit im Pflegeheim im Unterforum Gesundheitssorge - Arzteinwilligungen - Krankenkasse , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo zusammen
Wie würdet ihr in dem folgenden (naklar fiktiven) Fall vorgehen?
Betreuter seit Jahren in Pflegeheim, dement , erinnert ...
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15.05.2021, 18:51 | #1 |
Stammgast
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Beiträge: 650
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Nachlässigkeit im Pflegeheim
Hallo zusammen
Wie würdet ihr in dem folgenden (naklar fiktiven) Fall vorgehen? Betreuter seit Jahren in Pflegeheim, dement, erinnert sich i.d.R. kaum einige Minuten zurück. Will heißen: Kann selbst nicht agieren, erkennt auch körperliche Beschwerden nicht usw. Heim eher so naja, "ein Haufen" Bewohner sitzt bei Besuchen der Gesetzlichen Betreuerin (und auch nach Berichten anderer Betreuer, Angehöriger usw.) schweigend herum, keine "schöne" Atmosphäre. Naja, wie vermutlich in vielen Pflegeeinrichtungen halt... Neu aufgetretene deutliche Hautveränderung mitten auf der Stirn, dunkel, schorfig, Größenzunahme. Von Dritten wurde das Heimpersonal mit Beginn der Pandemie (Ende Januar 2020) darauf hingewiesen. Betreuerin wurde nicht informiert, Hausärztin auch nicht. Betreuerkontakt zum Betreuten über den Sommer pandemiebedingt nur aus der Ferne, Hautveränderung blieb daher unbemerkt. Auch zwischenzeitlich keine diesbezügliche Information durch das Pflegepersonal an Betreuerin oder Hausärztin. Im Oktober (also beinahe zehn Monate später) dann wieder näherer Sichtkontakt bei Besuch der Betreuerin. Betreuerin stellt größere schwarze Hautveränderung (unübersehbar) jetzt selbst fest, bittet Pflegedienstleitung um Konsultation eines Hautarztes. Man lehnt ab, "es dürfe" niemand ins Heim, es komme derzeit auch ohnehin niemand (Ärzte). Betreuerin verständigt Hausärztin, die bei ihrer nächsten wöchentlichen Visite im Heim den Betreuten untersucht und daraufhin zeitnahen Besuch beim Hautarzt anregt. Termin wird gemacht, mit Verzögerungen und leichtem Widerwillen der Pflegeeinrichtung auch durchgeführt. Verdacht auf Karzinom, zweiter Termin: chrirugische Entfernung. Bericht: Im Ergebnis ein maligner Tumor (bösartig) konnte nicht komplett entfernt werden, in tieferes Gewebe nicht mehr abgegrenzt. Das war's. Zunächst jedenfalls Wie bewertet ihr das Verhalten des Pflegeheimes? Würdet ihr zivilrechtlich dagegen vorgehen (Schadensersatz)? Strafrechtlich? Ich denke, das hier ist nur ein recht banales (zumindest für den nicht unmittelbar Betroffenen banal erscheinendes) Beispiel, wie es (wohl vermutlich leider auch mit noch viel gravierenderen Folgen) tagein, tagaus vielfach vorkommt. Ohne Not, denn es wäre ja meist ein Leichtes für die Pflegeeinrichtung, adäquat und im Sinne des Bewohners zeitnah zu handeln. Stattdessen eine Mauer des Schweigens. Man (Angehörige, Betreuer usw.) erlebt das wohl häufig. Hakt man als Betreuer nicht nach...alles gut. Jede Nachfrage allerdings scheint eine zu viel zu sein...vermutlich kennen das die meisten von uns...Aber sollte man es immer bei einem wohlgemeinten Hinweis auf das ja ohne Zweifel offensichtliche Fehlverhalten belassen, insbesondere dann, wenn es zu einem körperlichen Schaden gekommen ist (wie in dem vorliegenden fiktiven Fall)? Vor allem dann, wenn aus Erfahrung gesichert klar ist, dass alles so weiter läuft, wie bisher. Und auch in Zukunft die dort lebenden Menschen nicht würdig versorgt werden. Ich meine damit nicht etwa die dem Pflegenotstand geschuldete "Mangelversorgung", sondern vielmehr die (wie hier vorliegend) schuldhafte, absichtliche Unterversorgung, Nichtbehandlung usw., obwohl das wirklich ganz und gar nicht "nötig" wäre. Freue mich über Vorschläge zum weiteren Vorgehen, andere Ansichten usw. Gruß von Florian |
15.05.2021, 20:55 | #2 |
Routinier
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Beiträge: 1,057
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Ich würde zum einen zunächst versuchen, den zeitlichen Ablauf belegbar nachzuvollziehen, dazu die PDL des Heimes um schriftliche Auskunft bitten: seit wann war bekannt, was wurde unternommen etc.
Kann die Aussage "von Dritten wurde...." belegt werden (Zeugnis)? Welcher Schaden ist entstanden? Hat der B. Glück gehabt oder wird es lebensverkürzend oder sogar schnell zum Tod führen.... In welchem Stadium ist der Krebs etc Mit der KV Kontakt aufnehmen. Dort müsste es eine Stelle geben, die berät, wie man vorgehen kann (intern über Kv, extern über Anwalt, Gutachterstelle etc) |
15.05.2021, 22:18 | #3 | ||
Stammgast
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Ort: NRW
Beiträge: 650
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Hallo mimi91, vielen Dank für Deine Überlegungen und Hinweise.
Zitat:
So ist es. Die Person (durch den Betreuer seit einigen Jahren vertraglich beauftragter "Freizeitbetreuer" der Johanniter - Besuchsdienste im Heim usw.) wäre wohl ggf. zu einer Aussage bei einem RA, einer Ermittlungsbehörde o.ä. bereit. Zitat:
Lebensverkürzend: Unklar, Stand jetzt eher nicht, jedenfalls nicht signifikant, es sei denn wider Erwarten aktuell oder zukünftig doch metastasierend. Schnell zum Tode führend: Vermutlich nicht. MfG Florian |
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16.05.2021, 09:22 | #4 |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Der Rat von Mimi sich an die KV zu wenden ist der einzig richtige.
Alles andere ruft Abwehr bis hin zu ...... auf den Plan. Einen RA könntst du beauftragen aber schneller und besser geht es meiner Einschärtzng nach zunächst über die KV die erst einmal einen Behandlungsfehler als solchen "entdeckten" müsste. Der RA (für Medizinrecht) wird später benötigt. Ich hatte einen ähnlich gelagerten Fall der auch Dank der Autorität einer KV, bzw deren Gutachterstelle mit einer Schmerzensgeldzahlung von 35 000 Euro beendet wurde- ohne Gerichtsverfahren. Zum Glück hatte ich über alle Massnahmen eine lückenlose Doku vorliegen, schau mal zu wie du an die rankommst. Von der Möglichkeit ener Überprüfung würde ich dabei nicht reden sondern von einer notwendigen Vervollständigung der Akte, also auch alle KH und OP Berichte.
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diese kommunikation wurde im rahmen der überwachungsgesetze auf ihre kosten dauerhaft gespeichert und wird jederzeit weltweit gegen sie verwendet werden. danke für ihre kooperation. |
16.05.2021, 10:17 | #5 | |
Forums-Geselle
Registriert seit: 29.07.2019
Ort: Nähe Weißwurstäquator
Beiträge: 209
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Zitat:
Hallo Florian, kann man nachvollziehen, warum diese - vom Betreuer beauftragte - Person ihm nicht auch von der Hautveränderung berichtet hat? Das finde ich etwas problematisch, diese Person als Zeugen gegen das Heim zu benennen, wenn sich die Info-Lücke noch woanders auftut. Der Betreuer kann die Pflegedoku doch jetzt schon einsehen und ggf. Kopien fertigen. Gruß vom Fuchs |
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16.05.2021, 13:45 | #6 | |
Stammgast
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Ort: NRW
Beiträge: 650
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Danke schonmal für Eure Überlegungen!
Mir geht es in erster Linie auch einmal darum, zu überlegen, ob der Weg des "geringsten Widerstandes", etwa Gespräch mit der Heimleitung suchen usw., das Übliche halt, immer der richtige Weg sein kann und sollte. Denn es geht ja letztlich, insbesondere aus Sicht der Pflegeeinrichtung, um "Schutzbefohlene". Um Vernachlässigung. Letztlich um Würde, wenn man so will um Gewalt im weiteren Sinne. Ein offenes Geheimnis, dass der von mir geschilderte fiktive Fall nur ein recht banaler ist. Da passiert jeden Tag viel Einschneidenderes. Dem Heim obliegt eben eine ganz besondere Sorgfaltspflicht usw. Man muss dies nicht überstrapazieren, sollte aber vielleicht irgendwann auch überschrittene Grenzen nicht immer "nur" mit einem Gespräch, wenn überhaupt ein "gutes" Gespräch zustandekommt, enden lassen. Wie wäre es wohl (in etwa umgekehrt), wenn die Gesetzliche Betreuerin ein Jahr lang durch das Heim immer wieder auf eine Erkrankung hingewiesen würde, nicht "handelt" (verweigert o.ä.) und am Ende eine dadurch bedingte, vielleicht gar nunmehr unheilbare, Verschlechterung steht? @ Forenfuchs: Die o.g. "besondere Sorgfaltpflicht" der Einrichtung sehe ich als wesentlichen Unterschied zu der beauftragten Freizeitbegleiterin (ehrenamtlich über eine Hilfsorganisation, Johanniter) an, die sporadisch vorbeischaut, um Kaffee zu trinken oder ein paar Worte zu wechseln. Das ist ja in etwa der Auftrag, mehr nicht, weder aus Vertrag, noch in irgendeiner Form rechtlich. Insbesondere hat sie keine so genannte "Garantenstellung", betrachtet man den Sachverhalt etwa aus strafrechtlicher Sicht; das Pflegepersonal hingegen sehr wohl. Die Freizeitbetreuerin hat ja eben gerade seinerzeit das Heim informiert. Also insofern m.E. keine (rechtlich relevante) Info-Lücke. Bezüglich Pflegedoku sehe ich auch so, Einsichtnahme, Kopien. Aber da geht ja andersrum auch nichts verloren. Könnte also die KV, ein evtl. später beauftragter Rechtsanwalt oder gar Staatsanwalt machen. Kennt sich eigentlich jemand mit der Pflegedoku aus. Fälschungssicher? Nachträgliche Einträge, Veränderungen usw. immer erkennbar? @Michaela: Bin bei Dir (und insofern auch bei mimi91). Den Weg über die KV musste die Betreuerin in dieser Form noch nie beschreiten. Grds. aber klar. Ich denke, das sähe dann so aus?!: Hinweis an die KV, dass Anhaltspunkte für Pflegefehler vorliegen. Diese ermittelt dann eigenständig, MDK usw...? Und im Ergebnis? Fordert die KV dann Behandlungskosten von der Pflegeeinrichtung zurück. Mehr ja erstmal nicht. Aber ok, leuchtet ein, ist ein erster Schritt, der quasi mühsame eigenständige "Ermittlungen" sinnvoll ersetzt. Verwertbare Feststellungen wurden dann durch die KV getroffen und die Betreuerin kann diese ggf. aufnehmen, daraufhin später dann einen RA oder gar die StA einschalten. Der Zirkelschluss zur Zahlung von Schadensersatz in dem von Dir (@Michaela) dargestellten Fall erschließt sich mir noch nicht so ganz. Am Ende eine "freiwillige" Zahlung der Pflegeeinrichtung zur vorzeitigen Befriedung der Sache? Zitat:
Jedenfalls vielen Dank schonmal v.a. für den Hinweis mit der Pflegekasse. Ein guter Weg, denke ich. Überlege aber nun nach vielen Erlebnissen aus verschiedenen Einrichtungen in den vergangenen Jahren, parallel auch die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Damit nichts verlroen geht, keine Fristen versäumt werden usw., wenn erst das Ergebnis der Pflegekasse abgewartet würde. Ergebnis wird natürlich die totale Zerrüttung mit dem Pflegeheim sein, wenngleich ich da immer objektiv und sachlich bleibe. Aber diese "Kunst" beherrschen die Einrichtungen in aller Regel nicht. Da fühlt man sich halt ganz plump auf den Schlips getreten, mauert (noch mehr) und so weiter...Aber das wird man vermutlich auch bereits nach dem Einschalten der Krankenkasse tun. Naja, mal schauen...Bin naklar für weiteren Input dankbar. MfG Florian (Club 300 ab jetzt seh' ich grad') Geändert von Florian (16.05.2021 um 13:56 Uhr) |
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16.05.2021, 15:01 | #7 |
Forums-Geselle
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Hallo,
eher als an die Pflegekasse würde ich an die Heimaufsicht denken. Dass es eine "Ermittlungsstelle" bei der Pflegeversicherung gibt, ist mir nicht bekannt (weiß dazu jemand näheres?). Ich meinte auch nicht, dass die Freizeit-Frau eine "Garantenstellung" hat; hätte diese aber auch dem Betreuer gesagt "Da war was", hätte dieser im Heim nachhaken können und müssen. Wenn man solche Dienstleister beschäftigt, solle man vereinbaren, dass man über Ungewöhnliches informiert wird. Über einen so langen Zeitraum sollte auch der Hausärztin etwas aufgefallen sein, ohne dass das Pflegepersonal speziell darauf hinweist. Dass der Hinweis unterblieben ist, ist mE schon eine Fahrlässigkeit der Einrichtung. Heimverträge schweigen sich hierzu übrigens aus (ich habe gerade in den meiner Oma geschaut). Zwar soll Pflege nach dem "State of the art" erbracht werden, alles andere aber nur auf "ärztliche Anordnung". Und zu einer solchen ist es ja nicht gekommen. Als Bevollmächtigte der Oma wurde ich z. B. am Wochenende kontaktiert, weil sie 2kg abgenommen hat. (Mich hat fast der Schlag getroffen, weil ich schlimmeres vermutete..) Oma ist nicht gerade untergewichtig, 2kg weniger also kein Problem. Sie bewegt sich weniger und meinte sinngemäß: "Wovon soll ich denn hier Hunger kriegen, ich mach ja nix.. ständig gibts was zu Essen.." Ich fand den Anruf also etwas überzogen, dachte mir aber: lieber einmal zu oft als einmal zu wenig.. Mich würde interessieren, wie eure Erfahrungen sind: informieren die Heime zu viel, zu wenig, gerade richtig? |
16.05.2021, 15:37 | #8 | |||
Stammgast
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Hallo Forenfuchs, vielen Dank. Ich schreib' mal meine Überlegungen dazu:
Zitat:
Heimaufsicht ja, aber ich halte die KV, wie mimi91 und Michaela Mohr, für den richtigen Ansprechpartner. Die werden i.d.R. sehr flott, wenn es um die Möglichkeit von Rückforderungen o.ä., also um Knete geht. Die schießen nach meiner Erfahrung sehr schnell sehr scharf und man hat als Betreuerin anschließend eine Arbeitsgrundlage für mögliche eigene Forderungen usw. Ich vermute, die Heimaufsicht wird solch banale Einzelfälle abwimmeln. Aber sicherlich eine Überlegung (parallel) wert. Danke. Zitat:
Zitat:
MfG Florian |
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16.05.2021, 15:48 | #9 | |
Stammgast
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Beiträge: 650
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Zitat:
Aber insgesamt ist es oft stark davon abhängig, wie die "Pflegekultur" und Transparenz pp. in der jeweiligen Einrichtung gestaltet ist...Heime mit lange eingespielten Teams, die genau wissen, dass man ihnen bei Fehlern nur sehr schwer beikommt, gehen manchmal ganz dreist-gelassen über vieles hinweg. Habe da schon sehr viel "Teflon" gesehen/erlebt. Mich brachte das schon ganz schön auf die Palme, insbesondere dann, wenn es um offensichtliche Pflichtverletzungen geht, bei denen die Pflegemitarbeiter, Heimleitungen pp. aber sehr genau wissen, dass so gut wie niemand dagegen vorgehen wird, geschweige denn eine schlüssige Beweisführung wird erbringen können. Andere hingegen melden jeden Pups, das stimmt wohl auch, wie in Deinem Fall...halte ich noch immer für entschieden besser und seriöser (weil eben transparent), als andersherum. Gruß Florian |
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16.05.2021, 16:05 | #10 | ||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Zitat:
Die Kasse hatte nach einem Hinweis eigenständig gutachterlich eine Einschätzng abgegeben, dass wohl ein Pflegefehler (OP) vorliegt/vorliegen könnte. Es war nicht die Pflegekasse sondern die KV. Ich habe daraufhin den Medizinrechtsanwalt beauftragt. Hätte es wohl auch lassen können, das weiss ich jetzt nicht mehr so genau, ist insgesamt ca 7 Jahre (seit Beginn) her. Das Ganze fing an mit Abstreiten und dann gütliche Angebote bis zu den freiwilligen 35 000. Die habe ich nach Rücksprache mit Klient und RA angenommen da der eigentliche Rechtsstreit sich noch lange hätte hinziehen können. Das wollte der Klient und ich nicht da er von dem Schmerzensgeld noch zu Lebzeiten etwas haben können sollte. Die Heimaufsicht nützt in einem solchen Fall wenig. Du brauchst belastbare medizinische Einschätzungen/Erkenntnisse. Zitat:
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diese kommunikation wurde im rahmen der überwachungsgesetze auf ihre kosten dauerhaft gespeichert und wird jederzeit weltweit gegen sie verwendet werden. danke für ihre kooperation. |
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