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Was ist ein Notfall?

Dies ist ein Beitrag zum Thema Was ist ein Notfall? im Unterforum Gesundheitssorge - Arzteinwilligungen - Krankenkasse , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Liebe Kolleg*innen, die Betreute verfügt über PG 5, ist 88 Jahre alt, lebt im eigenen Haus, kann gar nichts mehr ...


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Alt 12.12.2022, 07:07   #1
Stammgast
 
Registriert seit: 02.02.2011
Ort: Südwestfalen
Beiträge: 740
Standard Was ist ein Notfall?

Liebe Kolleg*innen,
die Betreute verfügt über PG 5, ist 88 Jahre alt, lebt im eigenen Haus, kann gar nichts mehr ohne Hilfe, ist selbst- und fremdagressiv, ist ausgesprochen unruhig (zieht an der PEG), versucht immerzu aus dem Pflegebett zu klettern, ist schon mehrfach gestürzt usw. Dank Niederflurbett und Klingelmatte und vor allem Pflegekraft ist bisher nichts Schlimmes passiert, die im Haus lebende Kraft ist sofort zur Stelle, hilft, oder holt Hilfe, wenn nötig. 2 x am Tag kommt ein Pflegedienst (mehr ging aus Kapazitätsgründen nicht).
Ich habe die Pflegekraft über eine Deutsche Agentur gebucht. Die Pflegekräfte kommen aus dem Euroraum.

Am Samstag sollte der obligatorische Wechsel der Pflegekraft stattfinden, aber die neue Kraft erschien nicht. Nach langer Telefoniererei stellte man einen Ersatz in den nächsten Tagen in Aussicht, am Wochenende war kein Kurzzeitpflegeplatz zu bekommen (rufen Sie am Montag wieder an…).

Also habe ich die 112 gewählt, die Patientin könne keine Stunde alleine sein, sie schade sich an Leib und Leben, da keine andere Hilfe zur Verfügung stünde, müsse sie in eine Klinik verbracht werden.

Das fand der Notdienst überhaupt nicht : ich solle gefälligst meinen Job machen, es handele sich nicht um einen medizinischen Notfall, sondern ein Betreuungsproblem, notfalls müsse ich selbst vor Ort bleiben…
Da das nicht mein Job ist und ich fachlich auch nicht qualifiziert für die Pflege einer Schwerstkranken, bestand ich auf die Unterstützung.

Nach meinem Notruf rief mich dann schließlich der Leiter der Rettungswache an, schrie und beschimpfte mich, ich sei mit Schuld, dass das Rettungssystem missbraucht und überfordert sei, solle meine Arbeit gefälligst selbst erledigen, anstatt sie auch andere abzuwälzen. Ich solle mir mal überlegen, weshalb Rettungsdienste und Kliniken völlig überfordert seien. Er würde Anzeige gegen mich erstatten und Beschwerde beim Betreuungsgericht einlegen.

Die Betreute wurde Gott sei Dank dennoch in eine Klinik verbracht, der Arzt lobte mich (sie ist ja völlig hilflos), Montag würden wir schon eine Lösung finden (logo, ich habe schon Mails an alle möglichen Pflegeheime verschickt und nachher werde ich telefonisch einen Platz suchen).

Die Reaktion des Notdienstes hat mich wirklich stutzig gemacht: was ist ein Notfall? Für mich zählte in dem Moment, dass keine andere Hilfe für die Klientin zu bekommen war und sie in Sicherheit gebracht werden musste. Zu wenig Notfall?

Ich habe den Vorgang jedenfalls dem Betreuungsgericht zur Kenntnis gegeben…
Marsupilami ist offline  
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Alt 12.12.2022, 07:40   #2
Moderator
 
Benutzerbild von HorstD
 
Registriert seit: 24.03.2005
Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 5,805
Standard

Ich denke, es geht um den kleinen Unterschied „Notfall“ und „Notruf“. Die 112 ist eigentlich nur für AKUT lebensbedrohliche Situationen gedacht, also sowas wie Atemstillstand, Unfallschock, Schlaganfall, Feuersbrunst. Da muss die Notrufzentrale binnen Sekunden erreichbar sein und die Anwesenheit von Rettungsdienst/Feuerwehr rechnet in wenigen Minuten. So etwas war das Nichterscheinen der Pflegekraft sicher nicht, obwohl das sicher ein Notfall (im weiteren Sinne) war. Da war doch wohl nicht gerade der Sauerstoff ausgegangen? Für die Bestellung eines (auch eiligen) Krankentransportes hat die Feuerwehr andere Nummern.

Die Reaktion des Mitarbeiters war dennoch völlig unangemessen. War denn die normale KTP-Bestellnummer nicht erreichbar? Der Betreuer (der vor Ort ist), ist natürlich wie jeder andere zur ersten Hilfe (im Rahmen des sonst eintretenden Straftatbestandes der unterlassenen Hilfeleistung) verpflichtet. Und einfach abhauen kann eine Körperverletzung durch Unterlassen sein, der Betreuer ist (wie viele andere) im Strafrecht ein „Beschützergarant“. Übrigens würde ich den Namen des Aufnahmearztes notieren, der wird ggf als Zeuge benötigt.

Denn der Strafvorwurf dürfte hier nach § 145 StGB sein. Der Tatbestand ist wahrscheinlich erfüllt, aber die Entschuldigungstatbestände dürften reichen. Bestraft werden danach eigentlich nur Fake-Anrufe.

Hier noch was zum Notruf: https://de.wikipedia.org/wiki/Notruf?wprov=sfti1

Und zu den anderen Fragen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Unterl...ng?wprov=sfti1

https://de.wikipedia.org/wiki/Garant...ht?wprov=sfti1

https://de.wikipedia.org/wiki/Mi%C3%...ln?wprov=sfti1
__________________
Mit vielen Grüßen
Horst Deinert

Weitere Infos:

https://www.lexikon-betreuungsrecht.de

Geändert von HorstD (12.12.2022 um 07:59 Uhr)
HorstD ist offline  
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Alt 12.12.2022, 13:04   #3
Routinier
 
Benutzerbild von mimi91
 
Registriert seit: 17.07.2015
Ort: RLP
Beiträge: 1,057
Standard

Solche Ereignisse, finde ich, sind immer eine Katastrophe, da nicht "ins Schema" passend.
Eine ähnliche Diskussion hatte ich auch einmal. Die Lösung war dann glücklicherweise, dass der behandelnde Psychiater erreichbar war und eine Einweisung ins KH ausstellte.


Dies (Einweisung) würde m. E. auch bei HorstD`s Vorschlag, den normalen Krankentransport zu bestellen, verlangt werden.


In diesem Fall (Samstag) blieb dir m. E. nur die Möglichkeit, hartnäckig zu bleiben und den Notruf zu nutzen. Missbrauch des Notruf ist etwas ganz anderes.


Hier gibt es eine 24Stunden "Notruf-Pflegebett" Bereitschaft, über die man zunächst versuchen könnte, einen Platz im Pflegeheim zu bekommen.


Von Agenturen wurde ich schon darauf hingewiesen, dass es zu solchen Situationen kommen kann und dann "privat" (Verwandte, Bekannte, Nachbarn...) eine vorübergehende Versorgung sichergestellt sein muss. Es könne ja z. B. auch vorkommen, dass die Betreuerin sich ein Bein bricht und ausfällt. Ich bin daher mit solchen Lösungen bei völlig Alleinstehenden sehr zurückhaltend.
mimi91 ist offline  
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Alt 12.12.2022, 16:07   #4
Forums-Geselle
 
Registriert seit: 15.02.2022
Ort: in Baden-Württemberg
Beiträge: 79
Standard

Hallo,
ich möchte noch einen anderen Aspekt mit aufnehmen:
Was bedeutet "Betreuer oder Betreuerin" für mein Gegenüber, in diesem Fall wohl ein Mitarbeiter einer Rettungsleitstelle?
Die wenigsten kennen die Unterscheidung soziale Betreuer - rechtliche Betreuer. Und dann sind Mißverständnisse vorprogrammiert.
Fragt mal im Pflegeheim, in der Arztpraxis, beim Arzt oder sonstwo nach und es kommen Behauptungen, da stehen einem die Haare zu Berge.

Wenn es sich ergibt bzw. es zeitlich paßt, erkläre ich meinem Gegenüber, was meine Aufgabe ist und was nicht und was man gelegentlich gefälligkeitshalber mit erledigt. Und oft merke ich, wie sich dann die aufgeladene Situation entspannen kann.


Mimmi
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Mimmi aus Baden-Württemberg
Mimmi ist offline  
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Alt 12.12.2022, 19:56   #5
Stammgast
 
Registriert seit: 02.02.2011
Ort: Südwestfalen
Beiträge: 740
Standard

Puh, tatsächlich war keine Klinik bereit die B. ohne Einweisung aufzunehmen, da hätte ich mit einem Krankentransport nichts erreicht.
Bin echt gespannt, wie das (für mich) weiter geht.
Heute habe ich übrigens einen Pflegeplatz gefunden und morgen wird die B. dorthin verlegt.
Den Vertrag mit der 24/7-Pflege habe ich fristlos gekündigt.
Marsupilami ist offline  
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Alt 12.12.2022, 21:02   #6
Moderator
 
Benutzerbild von HorstD
 
Registriert seit: 24.03.2005
Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 5,805
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Ok, das Normale ist natürlich eine Verordnung stat. Krankenhausbehandlung („Einweisungsattest“ heißt das schon lange nicht mehr). Und natürlich einen Krankentransportschein. Aber in so akuten Sachen kann auch der Aufnahmearzt im Krhs beides unterschreiben. Gabs denn im besagten Fall keine vorherige Kontaktaufnahme mit dem Hausarzt? Bzw weils ein Samstag war, mit dem kassenärztlichen Bereitschaftsdienst?
__________________
Mit vielen Grüßen
Horst Deinert

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HorstD ist offline  
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Alt 20.12.2022, 11:52   #7
Einsteiger
 
Registriert seit: 10.10.2021
Ort: Klettgau
Beiträge: 10
Standard

Also mal als Info aus dem Rettungsdienst (13 Jahre), in den meisten Fällen wollen Kollegen Blut und Gedärme sehen (mal ganz salopp); leider kommt es halt immer mehr dazu das die Gesellschaft ,die einfachen Probleme, welche früher der Hausarzt geklärt hat auf Kliniken bzw. Rettungsdienste abwälzen.
Dein geschilderter Fall wird als Versorgungsleiden/problem betitelt, es besteht aus medizinischer Sicht kein notfallmäßiger Grund einer Klinikaufnahme. Allerdings hat jeder Patient ein Anrecht darauf einem Arzt zugeführt zu werden, durch den Rettungsdienst. Je nach Bundesland besteht eh eine Transportpflicht (schau in dein Landesrettungsdienstgesetz).
Jede Klinik kann diesen Transportschein (Verordnung der Krankenbeförderung) ausstellen, wird immer gemacht wenn kein einweisender Arzt vor Ort/ bzw. im Spiel meist ja nur noch Telefonisch war.
Das Verhalten des Kollegen, geht gar nicht, sowas geht immer als Bumerang an Ihn zurück, die Rettungsdienstleitungen mögen sowas gar nicht. Es liest sich auch so als hätte man die einen RTW (Notfallfahrzeug für Lebensbedrohliche Fälle) und keinen KTW geschickt. Dies war aber eine Entscheidung der Leitstelle und damit erst mal richtig. Das ist dann ein rettungsdienstinternes Problem und nicht deins.
Klettgauer ist offline  
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Alt 11.01.2023, 16:46   #8
Einsteiger
 
Registriert seit: 03.11.2021
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 15
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Ich kann mir vorstellen, dass in dieser Notsituation die 116117 eine Möglichkeit gewesen wäre, um über einen Bereitschaftsarzt eine Einweisung ins KH zu erwirken. Was meint ihr?
Logis ist offline  
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Alt 11.01.2023, 22:39   #9
Forums-Geselle
 
Registriert seit: 21.12.2018
Ort: Nördliches Niedersachsen
Beiträge: 280
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Moin, auf die Möglichkeit des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes hatte HorstD bereits hingewiesen.
MfG
Susi K ist offline  
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Alt 19.03.2023, 14:18   #10
Dipl.Soz.Päd. / Berufsbetreuer
 
Registriert seit: 03.10.2007
Beiträge: 4,381
Standard

Senf:
Ich hatte häufiger die Antwort von der Rettungsleitstelle bekommen, es sei "egal" mit welcher Ruf-Nr ich dort anrufe - landet alles bei ihm.


Egal ob Bestellung eines Krankenwagens "nächste Woche" in Vorbereitung einer Zwangseiunweisung oder sonstwas



Mein pers. Problem ist, wenn ich on tour tatsächlich mal einen Krankenwagen bestellen muß (was ja eher fast nie der Fall ist): Ich habe die lokalen Ruf-Nrn weder gespeichert noch im Kopf. Mit der 112 komme ich i.d.-R. bei der nächstgelegenen und zuständigen Leitstelle an.
Als ich bei Glatteis mal ein Verkehrszeichen "korrigierte" und es ca 2 h verzögert der Polizei mitteilte "ich hatte Ihre Ruf-Nr nicht" meinte der ultratrocken 110.


Mein Söhnchen weiß auch wilde Geschichten zu berichten. "Notfall" weil ...Rückenschmerzen seit 2 Wochen oder so.
Tomas11 ist offline  
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