Dies ist ein Beitrag zum Thema Was mache ich, wenn kein Arzt da ist, der meine Betreuten behandeln will? im Unterforum Gesundheitssorge - Arzteinwilligungen - Krankenkasse , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Seitdem ich jetzt in den Bereich Betreuung reinschaue, stelle ich mit Erschrecken fest, wie marode das Gesundheitssystem wirklich ist.
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04.07.2024, 19:22 | #1 |
Einsteiger
Registriert seit: 28.09.2023
Ort: Thüringen
Beiträge: 23
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Was mache ich, wenn kein Arzt da ist, der meine Betreuten behandeln will?
Seitdem ich jetzt in den Bereich Betreuung reinschaue, stelle ich mit Erschrecken fest, wie marode das Gesundheitssystem wirklich ist.
In meiner Stadt haben in den letzten Monaten vier Arztpraxen geschlossen. Die anderen Arztpraxen weigern sich in aller Regel neue Patienten aufzunehmen. Ich will nicht darüber nachdenken, ob die ablehnenden Praxen weniger kranke Patienten bevorzugen würden als die zwei Betreuten, die bei mir eigentlich einen Hausarzt benötigen. Die Situation vor Ort ist wirklich schlimm. Diese Woche habe ich von zwei Fällen gehört, in denen ernsthaft kranke Menschen vom Krankenhaus weggeschickt wurden. Meine zwei Betreuten haben momentan nichts Akutes. Bei dem einen Betreuten gibt es eine Übergangsregelung mit seinem alten Hausarzt. Mein Betreuter ist ins Wohnheim verzogen und damit ca. 20 km wegen von seinem alten Hausarzt. Dieser Hausarzt ist generell nicht bereit Hausbesuche im Seniorenheim vorzunehmen. Aber er verschreibt derzeit noch die notwendigen Medikamente für die Grunderkrankung. Bei dem anderen Fall ist die Betreute durch Praxisaufgabe ohne Hausarzt. Allerdings hat eine Kardiologin die Praxis übernommen und sich grds. verpflichtetet, die bisherigen Patienten zu übernehmen. Allerdings verschreibt sie z.B. keine notwendigen Rezepte für die Physiotherapie. Die Behandlung ist daher eher suboptimal und ich würde gerne eine neue Arztpraxis finden. Ein Anruf bei der Krankenkasse ergab, dass ich dort keine Unterstützung bei der Suche nach einem Allgemeinmediziner erwarten kann, die seien nur für die Vermittlung von Facharztterminen mit Überweisung zuständig. Die Situation für Psychotherapeuten ist hier auch verheerend. Ich habe zwei weitere Betreute, die wegen Depressionen eigentlich eine Behandlung benötigen und nicht bekommen. Es gibt nur acht Therapeuten und sehr lange Wartelisten, wenn man es überhaupt auf die Liste schafft. Beide schlucken weiter ihre Antidepressiva, die kann man ja recht schnell verschreiben lassen. In einem Fall handelt es sich um ein junge Frau, die bereits sechs Jahre seit ihrem 16. Lebensjahr das Zeug nimmt und mangels Therapeuten schon seit über vier Jahre ohne Begleitung durch eine Therapie. Ich habe in allen Fällen die Gesundheitssorge, und daher meine Frage, wie weit muss ich hier tätig sein und was mache ich, wenn ich keine Behandler finde, weil es keine gibt. Habt ihr irgendwelche Tipps? |
04.07.2024, 19:53 | #2 |
Berufsbetreuer
Registriert seit: 21.02.2008
Ort: Hessen
Beiträge: 1,268
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Jep, das Gesundheitssystem ist einigermaßen im Eimer, die Ursachen dafür sind mannigfaltig.
Es gibt dann die stille (und manchmal auch laute) Erwartung an Betreuer, das Unmögliche möglich zu machen und sämtliche gesellschaftlichen und infrastrukurellen Unzulänglichkeiten im Handstreich wegzuräumen, aber die musst und kannst du nicht erfüllen. Wichtig ist in diesem Fall gute Dokumentation der Versuche, die ärztliche Versorgung zu sichern und es auch weiter zu versuchen, wenn sich Möglichkeiten dafür ergeben. Bei deinem Betreuten, der im Seniorenheim lebt, kannst du das allerdings dem Pflegeheim überlassen, bzw. dieses in die Pflicht nehmen. Ein Wort zu den Ärzten, die nur Rezepte schreiben, aber nicht ins Heim kommen. Ich beurteile dies mittlerweile eher so, dass es gut ist, wenn zumindest die Medikamente verordnet werden. Die meisten Hausärzte arbeiten am/über dem Anschlag (wie Betreuer) und man kann froh sein, wenn das mit den Rezepten wenigstens klappt. |
04.07.2024, 20:01 | #3 |
Routinier
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,428
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Was Psychotherapie angeht, wäre möglicherweise noch das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 3 SGB V eine Alternative. Soweit nachgewiesen wird dass die Therapie notwendig ist aber es keine freien Plätze bei sämtlichen Psychotherapeuten mit Kassenzulassung in der Region gibt finanziert die KK auch die Behandlung bei einem privaten Psychotherapeuten.
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04.07.2024, 20:12 | #4 | |
Einsteiger
Registriert seit: 28.09.2023
Ort: Thüringen
Beiträge: 23
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Zitat:
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04.07.2024, 20:15 | #5 |
Routinier
Registriert seit: 25.06.2021
Ort: zwischen NRW & Niedersachsen
Beiträge: 1,749
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Und die Kassenärztliche Vereinigung vermittelt auch Termine bei einem Facharzt für Allgemeinmedizin.
Aber bei Hausärzten haben i.d.R. die Pflegeheime welche an der Hand, denn Hausbesuche muss ein Arzt nur innerhalb seines Bezirks machen... Was manchmal auch geht, im Notfall muss ein Arzt i.d.R. jeden behandeln, manche Ärzte behandeln den Patienten dann auch weiter. Man kann auch auf der Seite der Kassenärztlichen Vereinigung Ausschau nach Hausärztin halten, die dort Termine anbieten und bei denen dann anfragen. Oder an die Kommunalpolitik herantreten, welche Prämien an Ärzte, die sich dauerhaft niederlassen verteilen können. |
04.07.2024, 20:59 | #6 |
Berufsbetreuer
Registriert seit: 31.07.2007
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 2,718
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Stimmt.
Veräppelnd in diesem Zusammenahng finde ich auch, wenn man in den unzähligen (guten und sehr informativen) Gesundheitssendungen im TV fortwährend den Ratschlag erhält, bei gewissen Symptomen doch bitteschön zwecks Abklärung rasch zum Arzt zu gehen - als ob dies so einfach bzw. realistisch wäre. Zwei mir bekannte Personen z.B. erlitten vor einiger Zeit einen Schlaganfall bzw. einen Herzinfarkt. In den Klinikberichten steht, dass man dies weiter beobachten müsse. Wenn die Leute aber versuchen einen Arzttermin zu kriegen, werden sie über viele Monate hinweg vertröstet - auch bei akuten Beschwerden wie z.B. Empfindungsstörungen und Blutdruckkrisen. Die Folge: Sie rufen den Notarzt oder begeben sich in die Notaufnahmen (viel Spaß beim Warten.....). Überhaupt müssen die Notaufnahmen ausbügeln, wenn - auch in Akutfällen - keine zeitnahen Haus- und vor allem Facharzttermine mehr vergeben werden. Dieser Fakt wird in den o.g. TV-Formaten aber nicht erwähnt. Dieselbe Problematik gibt es übrigens nicht nur im Erwachsenenbereich sondern auch bei Kinderärzten. Man muss sich wirklich Sorgen machen hierzulande. mfg
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Optimismus ist nur ein Mangel an Information (Heiner Müller)
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04.07.2024, 22:43 | #7 |
Berufsbetreuerin
Registriert seit: 29.03.2010
Beiträge: 972
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Betreuter, Ende 80, brach sich hatte geschwollenes Handgelenk. Verdacht auf Bruch, war aber nicht sicher. Wollte auf keinen Fall ins Krankenhaus. 4 Stunden rumtelefoniert. Dann am nächsten Tag online Termin gefunden, den gerade einer abgesagt haben musste. Beinahe wäre de daran gescheitert, dass er schon am Folgetag stattfand und der Betreute einen Transport mit Tragestuhl brauchte. Zwei weitere Stunden telefoniert, beinahe aufgegeben. Dann doch noch ein Unternehmen gefunden.
Geröngt: Bruch. Ruhiggestellt. Sollte nach einer Wocher kontrolliert werden. Orthopäde Nr. 1 hatte jedoch erst Wochen später zeitnahen Termin für die Kontrolle. Die Praxis und die Notaufnahme im KH behaupteten wechselseitig, der jeweils andere sei zur Behandlung verpflichtet. Weit und breit: Kein Termin. Krankenkasse angerufen: Terminservice würde tätig werden, könne aber nichts versprechen. 2 oder 3 Tage später: Rückruf KV. Man habe keinen Termin akquirieren können. Eindringliche Beschwerde an Terminservice mit dem Auftrag, der Chefetage die Tatsache vorzutragen, dass die ärztliche Versorgung nicht hergestelllt werden kann. Hörbares Desinteresse, Gemaule. Die Telefoniererei fing wieder an. Nach Stunden Termin in Praxis Nr. 2 gefunden, der dann am Nachmittag durch die Praxis wieder abgesagt wurde. Der Arzt Nr. 2 nehme keine neuen Patienten an. Während der ganzen Zeit war über die üblichen Serviceportale offensichtlich, dass es viele orthopädische Praxen gab, auch diese, die innerhalb weniger Tage Termine für Privatpatienten vergaben. Aber am nächsten Tag: Termin durch Terminservice der KV mit nur knapp einer Woche Verspätung! Der Orthopäde Nr. 3 könne auch röntgen. Transport organisiert. Betreuter kam dort an. Man könne nichts tun. Das Röntgengerät sei kaputt. Man war aber großzügig bereit, ihm einen neuen Termin zu geben, nachdem ein Röntgen in einem Strahlenzentrum erfolgt war. 2 Krankentransport und mehere Tage später konnte dann bei Nr. 3 die Kontrolle erfolgen. Am Ende gab es dann doch eine OP mit katastrophaler stationärer Versorgung, die ich an anderer Stelle schon beschrieben habe. Und hier ist keine ländliche Gegend. |
05.07.2024, 08:58 | #8 | |
Routinier
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,428
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Zitat:
Aber gut, das ist zumindest kein Betreuerproblem. |
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05.07.2024, 10:25 | #9 |
Routinier
Registriert seit: 25.06.2021
Ort: zwischen NRW & Niedersachsen
Beiträge: 1,749
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So ist es, aber auf der anderen Seite gibt's Kinderärzte, die sich niederlassen wollen, aber die KVen sagen, wir haben zu viele, gibt's nicht.
Was macht der Kinderarzt? Entweder das weite suchen, oder eine Weiterbildung zum FA für Allgemeinmedizin, dann kann er sich niederlassen und auch Kinder behandeln. |
05.07.2024, 16:10 | #10 |
Admin/Berufsbetreuer
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Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
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Moin moin
So sah es hier im LK DH vor ein paar Jahren aus: Ein Kinderpsychiater kann sich nicht mehr niederlassen, weil es angeblich schon genug davon gibt. Kann sein, aber die praktizieren nicht als Kinderpsychiater sondern belegen nur die Plätze. Kann aber auch sein, dass dieses Problem sich inzwischen schon alters- oder rententechnisch gelöst hat. Ist halt nicht mein Beritt. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
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