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enduristi 09.05.2007 10:16

Hauskauf mit gerichtlich bestelltem Betreuer
 
Hallo,

folgende Situation:

Wir wollen ein Haus kaufen, die Besitzer sind Schwestern denen das Objekt je zur Hälfte gehört. Eine der beiden Schwestern ist schwer demenz krank und lebt mittlerweile im Heim. Sie hat einen gerichtlich bestellten Betreuer. Die andere Schwester würde das Objekt gerne verkaufen scheut aber wohl aus Unwissenheit den Verkauf weil sie sich mit dem gerichtlich bestellten Betreuer nicht auseinandersetzen will.

Kann mir jemand sagen wie ein Hauskauf bzw. -verkauf mit einem gerichtlich bestellten Betreuer abläuft? Auf was ist zu achten?

Besten Dank für eure Hinweise.

Gruss

Enduristi

Heinz 11.05.2007 21:24

Hallo Enduristi,

ich kenne die Situation aus der Sicht des Betreuers, der die eine Haushälfte für seine Betreute zu verkaufen hatte um die Heimkosten zu finanzieren.

Die erste Frage ist der Wert des Hauses? Gibt es Anhaltspunkte wie die Feuerversicherung oder eine Begutachtung? Sodann sind die Eigentumsverhältnisse zu klären. Danach unterbreitet ihr den Eigentümern ein Angebot. Sollte der Betreuer nicht reagieren, stellt sich die Frage, wie die Heimkosten finanziert werden? Schließlich gilt die Betreute als vermögend. Ist das Sozialamt vielleicht schon eingeschaltet? Oder gibt es unterhaltspflichtige Angehörige? Da der Betreuer die Haushälfte nicht ohne Genehmigung des Gerichts verkaufen kann, wäre eine Möglichkeit, das Angebot dem Gericht bekannt zu machen, sollte der Betreuer nicht auf das Angebot eingehen. Doch letztlich entscheidet der Betreuer, ob er verkaufen will oder nicht.

Eventuell kauft ihr auch erst die eine Hälfte des Hauses und wartet, bis der Betreuer verkaufen muss. Dann wäre möglicherweise die andere Haushälfte auch günstiger zu haben, da meine Erfahrung ist, dass niemand sich nur mit einer Haushälfte begnügen will, es sei denn es ist ein Haus mit zwei eigenständigen Haushälften.

Es gibt viel zu klären, was den Rahmen des Forums sprengen würde. Eine notarielle Vertretung ist so oder so unvermeidbar. Warum dann nicht von vorn herein einen solchen einschalten und die Chancen und Risiken vor Ort klären?

Gruß Heinz

enduristi 12.05.2007 06:48

Hallo Heinz,

besten Dank für deine Antwort.

Ich habe mal gehört, dass der Betreuer das Objekt nur zum Preis der ein öffentlicher Gutachter ermittelt hat verkaufen darf. Hier gäbe es für einen Betreuer auch keinerlei Verhandlungsspielraum. An diese Vorgabe müsse er sich lt. Gesetz halten. Ist das so richtig?

Gruss

Enduristi

Heinz 12.05.2007 11:34

Hallo Enduristi,

im Prinzip schon, aber kein Grundsatz ohne Ausnahme.
Das Haus, das ich zu verkaufen hatte, war altes Fachwerk aus dem 18 Jh noch mit Lehm gebaut und unter Denkmalschutz. Der kümmerte sich jedoch nicht um den Schwamm in der Hauswand. Die Stadt hatte das Haus wegen der Heimkosten geschätzt, aber die Verseuchung des Bodens nicht berücksichtigt. Grundstück und Haus sollten damals laut Gutachten der Stadt über 600 tsd DM wert sein.
Interessenten und Makler kamen und gingen und kein wirklicher Interessent blieb.
Dann fand sich ein Liebhaber, der beruflich Ahnung hatte sowohl von der Instandsetzung des Hauses wie auch zur Dekontamination des Bodens, was dann eine Auflage des Ordnungsamtes war.
Alternativlos wurde das Haus dann für 160 tsd Euro verkauft und das mit dem Segen des Gerichts.

Entscheidend war die Einsicht und Zustimmung des Gerichts und ein fähiger und weitsichtiger Notar.

In deinem Fall ist das Gutachten eine Orientierung und zwar eine unter mehreren Möglichkeiten. Ob das Gutachten die Realität wiedergibt, muss geprüft werden. Evtl. weiteres Gutachten erstellen, indem die Punkte bewertet werden, die zu einer Verringerung des Kaufpreises führen. Und dann stellt sich immer die Frage der Realisation eines höhreren Kaufpreises.
Ich hatte sogar die Haushälfte der Stadt angeboten oder eine Zwangsversteigerung erwogen. Es wäre in deinem Fall zu prüfen, wie die Chancen stehen, das beste Angebot in einer Versteigerung zu geben und es günstiger zu erwerben, als das Gutachten ausweist.

Viel Erfolg
Heinz

enduristi 12.05.2007 14:59

Hallo Heinz,

echt super von dir mir hier ein bisschen Auskunft zu geben, tausend Dank dafür!

Um dir vielleicht meine Situation etwas näher zu bringen:

Wie schon gesagt das Haus gehört zwei Schwestern. Die eine hat jetzt eben den gerichtlich bestellten Vormund und lebt im Heim da sie schwer demenz ist. Die kranke Schwester ist vermögend (das Haus nicht berücksichtigt), es existieren ausser der gesunden Schwester und deren Kinder keine näheren Verwandten.

Die noch gesunde Schwester würde das Haus gerne möglichst stressfrei verkaufen da es für sie alleine viel zu gross ist. Insgesamt hat das Objekt sieben Zimmer und ca. 240 qm Wohnfläche. Dazu kommt noch eine Einliegerwohnung mit zwei Zimmern und nochmals 60 qm, diese wird im Augenblick auch nicht vermietet. Auch würde die gesunde Schwester sich dann eine Wohnung in der Nähe des Heims suchen um näher bei ihrer Schwester zu sein.

Nun stellt sich natürlich für mich die Frage, kann der Betreuer einen Verkauf verhindern? Man muss auch sagen dass die beiden Damen vor sieben Jahren das Objekt gekauft haben, leider etwas zu teuer. D.h. heute würden sie für das Objekt rund 30.000 Euro weniger bekommen. Dazu kommt noch das direkt nebenan das gleiche Objekt (nur innen anders geschnitten) seid ca. einem Jahr erfolglos versucht wird zu verkaufen.

Ich würde mich wirklich sehr freuen wenn du mir mal ne persönliche Einschätzung der Situation aus Sicht eines Betreuers geben könntest. Was liegt im Bereich des möglichen und was nicht? Welche Abwägungen muss ein Betreuer in solch einer Situation machen? Inwiefern spielen die Interessen der gesunden Schwester eine Rolle? Kann ein Gutachter auch von mir beauftragt werden?

Mir geht es einfach darum die Situation abzuschätzen und der gesunden Schwester ein bisschen die Angst vor dem Verkauf bzw. vor der Auseinandersetzung mit dem Betreuer zu nehmen.

Besten Dank für deine Mühe!

Gruss

Enduristi

Heinz 12.05.2007 17:16

Hallo Enduristi,

eine persönliche Einschätzung kann ich nicht geben, da noch so ein kleines Detail die Situation völlig anders betrachten lässt. Da ist z.B. die Frage, wie werden die Heimkosten bislang bezahlt? Reicht die Rente aus oder bestünde ohne die Haushälfte eine soziale Bedürftigkeit? Ist also der Betreuer irgendwann gezwungen zu verkaufen?

Was heißt hier stressfrei? Entweder gibt die Schwester das in andere Hände und beauftragt irgendwen mit dem Verkauf oder sie muss sich selbst durch alle Frage des Verkaufs durcharbeiten. Sie könnte z.B. ein ihrer Kinder bevollmächtigen, die Verkaufsverhandlungen bis zur Unterschriftsreife zu führen. Dann braucht die Schwester lediglich mit zum Notar.

Was der Betreuer beachten muss, kann niemand recht sagen, da nur er die Vermögenssituation seiner Betreuten exakt kennt. Bevor über den Preis verhandelt wird, sollte klar sein, ob er und wann er verkaufen will. Will er gar nicht oder jetzt nicht, muss sich die Schwester erklären, ob sie so langen warten will oder ihren Anteil schon mal verkaufen will. Wenn ein gleiches Objekt schon kaum Verkaufschancen hat, ihr aber par tout das Haus der Schwestern erwerben wollt, dann könnt ihr auch mit dem Preis jonglieren.

Andererseits scheint die Schester ja nicht auf den Verkauf angewiesen zu sein. Notfalls vererbt sie ihren Anteil. Wie sieht dann die Situation aus? Ist mit Erbstreitigkeiten zu rechnen? Hat die Schwester hinsichtlich ihrer Haushälfte eine letzte Verfügung getroffen?

An dir liegt es letztlich, die realen Kaufchancen festzustellen. Ansonsten könnt ihr noch lange warten.

Heinz

Stracciatellamaus 19.05.2007 11:16

Guten Morgen!
Naja dann möchte ich mal aus Sicht des Vormundschaftsgerichts meinen Beitrag zum Thema leisten.
Für den Fall, dass das gesamte Haus (also auch die Hälfte der Betreuten) gekauft wird, hat das Vormundschaftsgericht diesen notariellen Kaufvertrag auch vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen.
Um unter anderem die Genehmigungsfähigkeit prüfen zu können, ist die Vorlage eines Verkehrswertgutachtens nötig. Idealerweise fertigt dieses ein öfentlich bestellter und vereidigter Gutachter oder der Gutachterausschuss (beim Katasteramt) an. Für den im Verkehrswertgutachten festgestellten Verkehrswert ist nahezu das Grundstück auch zu verkaufen. Ein Abschlag von max. 10 % des Verkehrswertes (auf dem Anteil der Betreuten) ist noch im Rahmen der Genehmigungsfähigkeit, alles andere für das Vormundschaftsgericht nicht akzeptabel.

Ich würde folgende Vorgehensweise vorschlagen:

1. mit Schwester sprechen und diese dazu bewegen ein Verkehrswertgutachten in Auftrag zu geben
2. Betreuer entsprechendes Angebot laut Verkehrswertgutachten unterbreiten
3. Betreuer fragen, ob er überhaupt laut seinem Aufgabenkreis für einen Hausverkauf bestellt ist. (Möglicherweise kann man diese Info auch beim zuständigen Vormundschaftsgericht erfragen) Sollte dieser Aufgabenkreis noch nicht geregelt sein, so ist der Aufgabenkreis noch vor dem notariellen Vertragsabschluss durch das Vormundschaftsgericht zu erweitern.
4. Da die Betreute auch ohne das Haus als Vermögend gilt, muss der Betreuer nicht zwangsläufig das Grundstück verkaufen. Von daher ist der Verkehrswert laut Gutachten unumgänglich!
5. Sollten sich alle Parteien einig sein, so sollte man sich durch den Notar einen Kaufvertragsentwurf aushändigen lassen und diesen zur vorherigen Prüfung dem Vormundschaftsgericht einreichen. Das Vormundschaftsgericht erlässt sodann einen Vorbescheid, dass der Vertrag (so wie im Entwurf vorliegend) nach Vertragsabschluss vormundschaftsgerichtlich genehmigt werden kann. Stellt das Vormundschaftsgericht Mängel im Vertrag fest, so müssen diese im Vertragsschluss entsprechend korrigiert werden.
Der notarielle Kaufvertrag wird daher unter anderem erst wirksam, wenn die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt wird.

Eigentlich alles gar nicht so kompliziert, wenn der Kaufpreis stimmt und sich an ein paar "Spielregeln" des Vormundschaftsgerichts gehalten wird.

Mit freundlichen Grüssen

Stracciatellamaus


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