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Formell unzureichender Zwangseinweisungsbeschluss

Dies ist ein Beitrag zum Thema Formell unzureichender Zwangseinweisungsbeschluss im Unterforum Beiträge zu Rechtsfragen bis 2015 , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Ein Bekannter wurde unlängst per vormundschaftsgerichtlichem Einweisungsbeschluss vorläufig für 4-6 Wochen in einer psychatrischen Anstalt untergebracht. Auf Details soll es ...


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Alt 15.03.2008, 12:47   #1
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Frage Formell unzureichender Zwangseinweisungsbeschluss


Ein Bekannter wurde unlängst per vormundschaftsgerichtlichem Einweisungsbeschluss vorläufig für 4-6 Wochen in einer psychatrischen Anstalt untergebracht. Auf Details soll es an dieser Stelle weniger ankommen. Gegen den Beschluss hatte er sofortige Beschwerde eingereicht. Mittlerweile ist er aber entlassen worden, ohne dass über seinen Rechtsbehelf entschieden worden ist. Insofern hat sich zunächst die vorläufige Unterbringung erledigt. Nunmehr gibt es wohl die Möglichkeit einen Feststellungsantrag zu stellen, dass der vorläufige Unterbringungsbeschluss rechtswidrig war. Wenn man nun einmal davon ausgeht, dass aus ärztlicher Sicht die Maßnahme (im Nachhinein) tatsächlich vertretbar war, der Einweisungsbeschluss jedoch zugrunde liegende ärztliche Tatsachenvermutungen (z.B. Verwicklung in ein Handgemenge ) ohne weitere Hinterfragung (z.B. Notwehrrecht?, Zeugen des Handgemenges fehlen) übernimmt und das ärztliche Zeugnis nebst einem Anhörungsprotokoll als Begründung für die Einweisung heranzieht. Der gerichtliche Beschluss trifft also keine Feststellungen dazu, ob und wie eine Tatsachenermittlung hinsichtlich einer Fremdgefährdung stattgefunden haben soll. Kann sich hier ein Gericht einfach mit den schlichtweg angenommenen Tatsachen aus dem ärzlichen Zeugnis begnügen? Ich frag mich gerade, ob man denn einen solchen Gerichtsbeschluss auch nach Erledigung rein mit formellen Argumenten anfechten kann. Mit rein formell meine ich, dass das Gericht möglicherweise erforderliche Aufklärungen unterlassen bzw. der Entscheidung zugrundeliegende tatsächliche Gesichtspunkte einfach nicht im Text des Einweisungsbeschlusses ausdrücklich aufführt. Oder kann jetzt einfach in einem nachträglichen Feststellungsverfahren der Richter ein neues umfassenderes ärztliches Gutachten einholen und feststellen, dass die Maßnahme (im Nachhinein) nunmehr ganz offensichtlich rechtmäßig war? Oder anders gefragt: ist Maßstab für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Einweisungsbeschlusses ausschließlich der wörtliche Inhalt der gerichtlichen Entscheidung oder können im Nachhinein bislang dort nicht erwähnte Gesichtspunkte jederzeit "nachgeschoben" werden? Wo kämen wir im letzteren Falle denn dahin, wenn das verfassungsrechtlich garantierte Grundrecht der Freiheit durch pauschal getroffene Feststellungen unterlaufen wird und das Risiko der gerichtlichen Überprüfung nahezu vollständig beim Betroffenen liegen würde, da für diesen ja nicht ersichtlich ist, was jetzt genau dem gerichtlichen Einweisungsbeschluss zugrunde liegen soll. Würden denn in einem solchen Fall Gerichtskosten für eine solche Feststellungsklage bzw. für eventuelle nachträglich erstellten Gutachten anfallen?
Vielleicht gibt es Erfahrungen zu diesem Themenkreis. Mit dem Thema "Zwangseinweisung" wird meiner Meinung nach in der Praxis mitunter sehr nachlässig verfahren. Mögen auch das nur die "schwarzen Schafe" sein, so ist doch jeder Einzelfall einer zuviel. Problem ist auch, dass sich zumindest offiziell der Arzt niemals den Schuh des Richters und der Richter niemals den Schuh des Arztes anziehen wollen. Paradoxerweise geschieht dies aber in ähnlich gelagerten Fällen im Ergebnis sehr wohl, indem der Arzt sich irgendwelche Tatsachenfragmente zusammenreimt, einen darauf gestützten Antrag auf Überweisung an das Gericht stellt und der Richter die darin gemachten Tatsachenvermutungen ohne weiteres als Grundlage für seinen Beschluss heranzieht.
Jimbo ist offline  
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Alt 15.03.2008, 17:04   #2
Heinz
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Hallo Jimbo,

vorab muss ich den Sachverhalt wiedergeben und dabei richtig stellen.

Also aufgrund eines ärztlichen Attestes wurde die Unterbringung angeordnet. Auch im Nachhinein war die Maßnahme ärztlich vertretbar.

Deine Frage zielt nun darauf ab, welch eine Aufklärungspflicht der Richter für die einstweilige Unterbringung hat. Ich vermute, dass nach der richterlichen Anhörung die Unterbringung aufgehoben wurde. Damit hat der Richter sein Soll erfüllt. Er/sie ist nicht verpflichtet, das ärztliche Attest zur einstweiligen Unterbringung zu überprüfen. Anderenfalls bräuchte es keiner Einstweiligkeit mehr. Es hatte den Anschein einer Gefahr in Verzug. Die Richtigkeit der Unterbringung hat der Richter innerhalb von 48 Stunden zu überprüfen oder im Wege der Amtshilfe von einem anderen Richter des Bezirks, wo die Psychiatrie ist, überprüfen zu lassen.

Die Feststellungsklage zielt nun nicht darauf ab, ob tatsächlich die Erforderlichkeit einer Unterbringung bestanden und nicht, ob der Richter hätte das Attest überprüfen müssen, sondern ob ein ärztliches Attest eigentlich gar nicht hätte ausgestellt werden dürfen. Doch scheinbar sind die Ärzte auch noch im Nachhinein der Ansicht, dass es vertretbar war.

Jetzt kann das Gericht im Rahmen der Feststellungsklage den Sachverhalt dahin aufklären, indem es ein Gutachten in Auftrag gibt. Die Kosten dafür werden nicht berechnet. Nun kann aber ein solches Gutachten durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger vielleicht damals nicht hätte untergebracht werden müssen, dass aber eine erhebliche psychische Auffälligkeit besteht. Dieses Gutachten kann dann für weitere zukünftige Unterbringungen uneingeschränkt verwendet werden. Das heißt, auch wenn die Klage Erfolg hat, kann es zum Nachteil des Betreuten sein.

Heinz
 
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Alt 15.03.2008, 17:13   #3
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Beiträge: 2
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Hallo Heinz, vielen Dank für Deine rasche Antwort. Dein Hinweis hinsichtlich einer später möglicherweise nachteilhaften Verwertbarkeit zu Lasten des Betroffenen ist ein interessanter Aspekt. Zur Klarstellung Deiner Vermutung: nach der richterlichen Anhörung wurde eben nichts aufgehoben, sondern erging der eigentliche vorläufige Unterbringungsbeschluss, der anfangs auf 6 Wochen abzielte. Im Laufe der Unterbringung wurde diese nach ca. 4 Wochen dann "wegen guter Führung" auf Antrag aufgehoben. Gruß, Jimbo

Geändert von Jimbo (15.03.2008 um 20:33 Uhr)
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unterbringungsbeschluss

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