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carlos 22.09.2018 11:47

Freiheitsentzug durch Türcodierung
 
Hallo,


anscheinend ist es rechtlich umstritten, ob eine Türcodierung im Heim - hier muss man die Jahreszahl eintippen, damit sich die Tür öffnet - als freiheitsenziehende Unterbringung zu werten ist oder nicht. Wie sind Eure Erfahrungen hierzu?


mfg

michaela mohr 22.09.2018 15:33

Bei uns wird das manchmal so und manchmal so beurteilt. Kommt scheinbar auch darauf an wie die Einrichtung/Klinik das selbst benennt.

FFB 22.09.2018 16:36

Hindert die Türcodierung den jeweiligen Bewohner wirksam daran, das Heim zu verlassen?
Wenn ja, ist es natürlich Freiheitsentziehung.

Ist der Bewohner dagegen in der Lage, das Heim dennoch zu verlassen (z.B. weil er die Tür selbst mit dem Code öffnen kann), dann ist es auch keine Freiheitsentziehung.

Wie das Heim die Sache nennt, dürfte rechtlich eher weniger bedeutend sein.

Imre Holocher 22.09.2018 17:00

Moin moin

FFB spricht da die Genehmigungspflicht an. Will jemand raus, schafft aber den Code nicht, dann ist es Freiheitsentziehung und genehmigungspflichtig. Entscheidend ist da der Wille der betreffenden Person und nicht der Umstand, den Trick nicht zu beherrschen.
Das wird aber von Gerichten auch durchaus unterschiedlich gesehen.
Manche meinen, dass so ein Türcode bei desorientierten Menschen mit Weglauftendenz eine Schutzmaßnahme sei und ein freier Wille nicht mehr so weit vorliegen, dass er das Schutzbedürfnis überwiegen würde.
Andere Gerichte sehen das anders...

MfG

Imre

FFB 22.09.2018 18:03

Zitat:

Zitat von Imre Holocher (Beitrag 113287)
FFB spricht da die Genehmigungspflicht an.

Nicht direkt, aber wenn die Maßnahme freiheitsentziehend ist, dann ist sie auch genehmigungspflichtig.

Zitat:

Zitat von Imre Holocher (Beitrag 113287)
Will jemand raus, schafft aber den Code nicht, dann ist es Freiheitsentziehung und genehmigungspflichtig. Entscheidend ist da der Wille der betreffenden Person und nicht der Umstand, den Trick nicht zu beherrschen.

Freiheitsentziehung ist es, wenn die Maßnahme den Betroffenen gegen seinen natürlichen Willen daran hindert, sich fortzubewegen.

Zitat:

Zitat von Imre Holocher (Beitrag 113287)
Das wird aber von Gerichten auch durchaus unterschiedlich gesehen.
Manche meinen, dass so ein Türcode bei desorientierten Menschen mit Weglauftendenz eine Schutzmaßnahme sei und ein freier Wille nicht mehr so weit vorliegen, dass er das Schutzbedürfnis überwiegen würde.
Andere Gerichte sehen das anders...

Kannst du da konkrete Gerichtsentscheidungen nennen?

Nur weil eine freiheitsentziehende Maßnahme eine "Schutzmaßnahme" ist (d.h. zum Schutz des Betroffenen notwendig ist), ändert das nichts an ihrem freiheitsentziehenden Charakter. Aber nur "Schutzmaßnahmen" sind überhaupt nach § 1906 BGB (mit gerichtlicher Genehmigung) zulässig.

Genauso ändert das Fehlen eines freien Willens nichts am freiheitsentziehenden Charakter, sondern ist Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit. Wenn der Betroffene seinen Willen noch frei bestimmen kann, ist eine freiheitsentziehende Maßnahme nach § 1906 BGB generell unzulässig.

michaela mohr 22.09.2018 20:15

Mh, wir haben hier eine Geronto Station das ist die ganze Wand in der die Tür drin ist als grosses Bücherregal gestaltet.
Sieht so aus wie wenn niemand ne Tür sucht dem Hören- Sagen nach und scheinbar hat auch noch keiner versucht das "Bücherregal" zu öffnen.
Freiheitsentziehung?

sonnyblue3 22.09.2018 21:48

Unter genehmigungspflichtiger Freiheitsentziehung verstehe ich Medikamente, Fixierungen, verschlossene Türen etc. Die vermeintlichen Bücherregale hindern Menschen ja nicht am Verlassen des Raumes. Wahrscheinlich erleben sie sogar täglich, dass sie geöffnet und geschlossen werden, werden vielleicht sogar täglich durch die Türen aus dem Wohnbereich begleitet zu Spaziergängen, zum Essen etc. Aber die Türen in erster Linie nicht als Türen wahrzunehmen, nimmt dementen Menschen den Druck sie zu öffnen und sich immer weiter zu bewegen auf der Suche nach....das wissen sie leider nicht mehr und suchen und suchen .....
Ich bin eine klare Befürworterin solcher Hilfsmittel, die die Begrenzung der Bewegungsräume (wenn sie groß genug sind) markieren, ohne ein aktives Hindernis wie eine verschlossene Türe zu sein.
Wichtig ist doch, dass erst gar nicht das Gefühl von Freiheitsentziehung entsteht. Daher finde ich diese "Bücherregale" auch sehr viel geeigneter als codierte Schlösser und sehe sie nicht als freiheitsentziehende Maßnahmen. Eher so wie einen Rundlauf.
Allerdings muss ich zugeben, dass diese Sicherheitsmaßnahme eher niedrigschwellig ist, so dass der Schutz für manche Menschen leider nicht ausreicht.

Stefanie78 22.09.2018 23:25

Wird denn der Code überhaupt allen Bewohnern mitgeteilt?

michaela mohr 23.09.2018 11:27

Der hängt in grosser Schrift am Eingang zwei Mal aus. Zumindest bei uns.

Annegret 24.09.2018 10:33

Zitat:

Wichtig ist doch, dass erst gar nicht das Gefühl von Freiheitsentziehung entsteht. Daher finde ich diese "Bücherregale" auch sehr viel geeigneter als codierte Schlösser und sehe sie nicht als freiheitsentziehende Maßnahmen. Eher so wie einen Rundlauf.
Genehmigungspflichtige freiheitsentziehende Maßnahmen ergeben sich aus meiner Sicht nicht aus dem Gefühl von Freiheitsentziehung, sondern aus der Absicht, dem Zweck. Ob getarnte Türen etc. für Betroffene weniger leidvoll sind, könnte im Einzelfall doch recht unterschiedlich empfunden werden.

Zitat:

anscheinend ist es rechtlich umstritten, ob eine Türcodierung im Heim - hier muss man die Jahreszahl eintippen, damit sich die Tür öffnet - als freiheitsenziehende Unterbringung zu werten ist oder nicht.
Wenn nicht Freiheitsentziehung - was soll denn der Zweck der Codierung sein? Ich kann mir gerade gar keinen anderen Grund vorstellen.


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