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Welches Erbrecht gilt (deutsch oder kroatisch)?

Dies ist ein Beitrag zum Thema Welches Erbrecht gilt (deutsch oder kroatisch)? im Unterforum Todesfälle/Erb- und Bestattungsfragen , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo zusammen, kann mir jemand bei folgender Frage weiterhelfen oder mir sagen an wen ich mich für eine (möglichst erst ...


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Alt 09.04.2019, 13:18   #1
Forums-Geselle
 
Registriert seit: 26.10.2014
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Beiträge: 105
Standard Welches Erbrecht gilt (deutsch oder kroatisch)?

Hallo zusammen,

kann mir jemand bei folgender Frage weiterhelfen oder mir sagen an wen ich mich für eine (möglichst erst einmal unentgeltliche) Auskunft wenden kann:

Die Mutter meiner Betreuten ist Anfang Januar 2019 verstorben. Sie war kroatische Staatsangehörige, lebte mit der Familie (Ehemann und zwei Kinder) viele Jahrzehnte in Deutschland, wo sie auch gearbeitet hat und sich zusammen mit dem Ehemann ein Haus kaufte. Die letzten Jahre war sie sehr dement und kaum mehr ansprechbar. Die Familie verbrachte sie ca. 2 bis 3 Monate vor ihrem Tod in ein Pflegeheim in Kroatien. Dort sollte sie bis zum Lebensende verbleiben. Sie selbst war nicht mehr in der Lage sich dazu zu äußern.
Ein Testament existiert nicht. Neben dem Haus in Deutschland gibt es auch etwas Grundbesitz in Kroatien.

Die von mir betreute Tochter ist nicht geschäftsfähig und kann sich zum Sachverhalt nicht äußern. Der Rest der Familie (Ehemann und Sohn der Verstorbenen) ist wenig auskunftsfreudig mir gegenüber. Alle drei leben noch gemeinsam in dem Haus in Deutschland.

Ich überlege nun welches Erbrecht einschlägig ist und bin dabei auf Art. 21 EU-ErbVO gestoßen. Ich gehe davon aus, dass die Verstorbene keine Rechtswahl getroffen hat und somit das Erbrecht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes maßgeblich ist. Nur was kann man hier als letzten gewöhnlichen Aufenthalt annehmen? Wer kann/ muss dies verbindlich festlegen?
Die Verstorbene lebte die letzten Jahrzehnte in Deutschland, besuchte aber ein bis zwei mal jährlich für insgesamt ca. 3 Monate ihre Heimat. Zuletzt sollte sie dauerhaft im Pflegeheim in Kroatien verbleiben, hätte sich aber aufgrund ihrer Erkrankung auch gar nicht für oder gegen diese Maßnahme äußern können.

Danke vorab für alle Anregungen.
sally_1009 ist offline  
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Alt 09.04.2019, 14:57   #2
Moderator
 
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Registriert seit: 24.03.2005
Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 5,785
Standard

Hallo, gewöhnlicher Aufenthalt ist der Lebensmittelpunkt. Das dürfte nach der Fallschilderung Deutschland sein. Staatsangehörigkeit ist dafür nicht maßgeblich. Die Anwendung des Erbrechtes ist Sache des Nachlassgerichtes, hier am letzten Wohnort des Verstorbenen.
__________________
Mit vielen Grüßen
Horst Deinert

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Alt 09.04.2019, 18:20   #3
Forums-Geselle
 
Registriert seit: 26.10.2014
Ort: Hessen
Beiträge: 105
Standard

O.k., zunächst besten Dank für die Hinweise

Nachfrage zur Sicherheit:
Verstehe ich Sie richtig, dass nach Ihrer Einschätzung wegen des gewöhnlichen Aufenthaltes deutsches Erbrecht gilt, das aber vom Nachlassgericht des letzten Wohnortes (hier also in Kroatien) anzuwenden wäre?
sally_1009 ist offline  
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Alt 10.04.2019, 09:17   #4
Moderator
 
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Registriert seit: 24.03.2005
Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 5,785
Standard

Hallo, sorry, ich habe den Satz überlesen, dass sie die letzten Monate in Kroatien im Pflegeheim verbracht und dort auch gestorben ist. Tatsächlich stellt sich die Frage, ob der gA sich dann doch noch zugunsten Kroatiens (und des dortigen Erbrechtes) geändert hat.

Nun geht die Rspr zum gA (der sich in unterschiedlichsten Gesetzen findet), davon aus, dass das der Ort ist, zu dem man die meisten Bindungen hat, der den Lebensmittelpunkt darstellt. Bei Migranten (ohne konkrete Rückkehrabsicht) wird das meist das Zielland sein, in das man ausgewandert ist, vor allem wenn die nähere Famiie auch dort wohnt. Wenn Man dann in der „alten Heimat“ Urlaub macht, bleibt der gA am normalen Wohnort. Andererseits, wenn es immer schon der Wunsch war, in der Heimaterde beerdigt zu werden, könnte das für Kroatien sprechen.

Beurkundungszuständigkeiten (Sterbeurkunde) wechseln zwar, die knüpfen aber auch an konkrete Sachverhalte (Sterbeort) an. Tatsächlich ist ihr Fall ein solcher, der anders als ich zunächst schrieb, nicht so eindeutig ist.

Frage ist, ob das für sie als bisherige(r) Betreuer(in) von Bedeutung ist. Die Grundzüge des Erbrechtes sind überall in Europa gleich (stammen noch von den alten Römern), die Unterschiede sind in den Details (Fristen, Formvorschriften usw). Sie müssen ggü dem Erben Schlussrechenschaft und Vermögensherausgabe vornehmen (§ 1890 BGB). Nehmen sie doch mal Kontakt zu den nächsten Familienangehörigen auf.

Für die nachlassgerichtliche Zuständigkeit: schauen Sie mal in § 343 Abs 2 oder 3 FamFG. Dazu gehört Art 19 der EU-Erbrechtsverordnung, wenn hier ein Sicherungsbedürfnis im Inland besteht.
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Horst Deinert

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HorstD ist offline  
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Alt 10.04.2019, 10:49   #5
Routinier
 
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,249
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Zitat:
Zitat von HorstD Beitrag anzeigen
Tatsächlich stellt sich die Frage, ob der gA sich dann doch noch zugunsten Kroatiens (und des dortigen Erbrechtes) geändert hat.
Letztlich gilt aber Art. 21 Abs. 2 der EU-ErbVO, wonach abweichend vom gewöhnlichen Aufenthalt ein anderes (ausländisches) Recht anzuwenden ist, wenn der Verstorbene zu diesem Land die engeren Bindungen hatte.


Es kann also tatsächlich sein, dass die kroatischen Gerichte örtlich zuständig sind, aber auf den Fall deutsches Erbrecht anwenden müssen. Realistischerweise werden die kroatischen Behörden sich einfach für unzuständig erklären und versuchen, den Fall nach Deutschland abzuschieben.
Pichilemu ist offline  
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Alt 10.04.2019, 11:48   #6
Moderator
 
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Registriert seit: 24.03.2005
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Beiträge: 5,785
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Hallo, genau das habe ich doch schon geschrieben; wo war der Lebensmittelpunkt? Die „engeren Bindungen“ nach Art 21 Abs 2 stellen die (natürlich zu begründende) Ausnahme von der Regel dar. Nur die tatsache, in der Heimaterde beerdigt werden zu wollen (falls es so einen Wunsch der Betreuten selbst überhaupt gab; es kann ja auch sein, dass die Heime in Kroatien billiger sind und die Familie da Kosten sparen wollte), fände ich zu dünn.
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HorstD ist offline  
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Alt 10.04.2019, 13:03   #7
Forums-Geselle
 
Registriert seit: 26.10.2014
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Beiträge: 105
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Danke für die weiteren Rückmeldungen.

Ich möchte nur nochmal klarstellen, dass ich die Frage als Betreuerin der Tochter der Verstorbenen gestellt habe. Die inzwischen verstorbene Mutter war schon mindestens zwei Jahre nicht mehr geschäftsfähig und auch nicht rechtlich vertreten durch Betreuer oder Bevollmächtigte (ich habe die Mutter vor ca. zwei Jahren kurze Zeit betreut, die Betreuung war aber nicht durchführbar und wurde dann auf meinen Antrag hin ersatzlos aufgehoben).

Neben der von mir betreuten Tochter gibt es noch einen Ehemann und Sohn (der als einziger gut deutsch spricht), die zusammen mit meiner Betreuten im Haus Deutschland leben. Außerdem existiert noch eine Schwester der Verstorbenen in Kroatien. Die Miterben sind nicht kooperativ mir gegenüber.

Über die Wünsche, Bindungen und eventuellen Absichten der Verstorbenen kann ich nicht mehr in Erfahrung bringen als das, was ich schon beschrieben habe. Also sie lebte und arbeitete seit mindestens 50 Jahren in Deutschland, hat die Sprache aber nie gut beherrscht. Es gab jährliche Besuche in der Heimat, wo auch noch das Elternhaus steht.
Die Familie hat sie ins Pflegeheim nach Kroatien gebracht, weil das billiger ist. Ob es auch ihrem (mutmaßlichen) Willen entsprach werde ich wohl nie erfahren.

Das Betreuungsgericht möchte von mir wissen mit welchem Anteil meine Betreute geerbt hat, aber das hängt nun einmal vom anwendbaren Erbrecht ab.
Wer muss nun die Frage des gewöhnlichen Aufenthaltes und des anwendbaren Erbrechtes verbindlich klären?
Vielleicht sollte ich einfach einen Erbschein beim deutschen Nachlassgericht beantragen und schauen wie hierzu entscheiden wird? Was die Miterben ggf. schon in Kroatien beantragt haben oder nicht, weiß ich nicht. Das wird mir von der Familie vsl. auch nicht (freiwillig) mitgeteilt.
sally_1009 ist offline  
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Alt 10.04.2019, 13:29   #8
Routinier
 
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,249
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Von den kroatischen Behörden wird nichts zu holen sein, da Kroatien kein Rechtshilfeabkommen mit Deutschland abgeschlossen hat.


Es wäre tatsächlich einen Versuch wert, einen Erbschein bei einem deutschen Nachlassgericht zu beantragen; zuständig ist das Nachlassgericht am letzten Wohnsitz im Inland. (§ 343 Abs. 2 FamFG) Sollte das Nachlassgericht seine Zuständigkeit verneinen und nach Kroatien verweisen, ist das Erbe m. E. aus rechtlichen Gründen nicht verwertbar und ich würde das so dem Betreuungsgericht mitteilen.
Pichilemu ist offline  
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Alt 10.04.2019, 13:36   #9
§§Reiterin; manchmal Mod
 
Registriert seit: 27.01.2012
Ort: hinterm siebten Berg die dritte links
Beiträge: 1,546
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Für solche Fragen gibt es Angehörige der rechtsberatenden Zunft, welche im Falle eines Falles auch nur aufgrund eines gestempelten Zettelchens (Berechtigungsschein) tätig werden.


... will heißen: Beratungshilfeantrag stellen und RA beauftragen, Auskunftsansprüche gegen die weiteren Erben geltend zu machen.
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Lieber Gott gib mir die Gnade, dass ich das Monster verwandel in Mozzarellamarmelade!!
Fara ist offline  
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Alt 10.04.2019, 14:31   #10
Routinier
 
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,249
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Zitat:
Zitat von Fara Beitrag anzeigen
... will heißen: Beratungshilfeantrag stellen und RA beauftragen, Auskunftsansprüche gegen die weiteren Erben geltend zu machen.
Rechtlich nachvollziehbar, persönlich halte ich die Idee für gefährlich.


Die Betreute lebt mit ihrer verbliebenen Familie in häuslicher Gemeinschaft. Es ist nicht ausgeschlossen dass die Familie die häusliche Gemeinschaft auf welchem Wege auch immer beenden wird, sollte die Betreuerin die eigene Familie der Betreuten verklagen. Zumal ja ohnehin noch die Frage offensteht welches Erbrecht hier überhaupt gilt (deutsch oder kroatisch?), die Frage würde ich zuallererst klären bevor ich überhaupt über einen Auskunftsanspruch nachdenke.



Dann müsste für die Betreute ein Heim gesucht werden und die Kostenträgerschaft geklärt werden. Das ist mit einem ungeklärten Erbfall im Nacken ziemlich schwierig. Falls was zu erben ist, ginge das Geld dann fürs Heim drauf und man müsste sich fragen ob hier ein Fall der Betreuerhaftung vorliegt.
Pichilemu ist offline  
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