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niederrheiner 15.04.2019 11:41

Einwilligung Medikamentengabe
 
Hallo zusammen,


ich betreue mehrere Personen in einer stationären Einrichtung.
Jetzt werde ich von dieser Einrichtung angeschrieben und soll für jeden Bewohner für jede Medikamentengabe schriftlich mein Einverständnis erteilen. Dies sowohl für rezeptpflichtige wie auch frei verkäufliche Medikamente. Außerdem soll ich unterschreiben, dass mich für jedes Medikament der entsprechende Arzt über Notwendigkeit, Wirkung und Nebenwirkung aufgeklärt hat.
Wenn ein Arzt en Medikament wie angebracht hält, kann ich als Betreuer ( und medizinischer Laie ) doch wohl kaum widersprechen.
Wie seht Ihr das?
Gibt es entsprechende Erfahrungen?

HorstD 15.04.2019 20:05

Hallo, mit jede Medikamentengabe meinst du jetzt die Verschreibung insgesamt? Und nicht die einzelne Pillengabe? Wenn der Patient einwilligungsunfähig ist, muss der Betreuer der Behandlung doch zustimmen und dazu aufgeklärt werden (§§ 630d, e BGB). Da gehts auch um Therapieziele (wozu dienen die einzelnen Medikamente), waren sie bisher erfolgreich, wenn nein, woran kann es liegen, was gibts für Nebenwirkungen (vor allem, wenn schon welche aufgetreten sind, das muss man zuvor beim Heimpersonal klären). „einfach“ blind unterschreiben, ohne sich vergewissert zu haben, was da eigentlich läuft (nur weil „der Arzt es seiner Familie gibt“) ist etwas dürftig. Und im übrigen sind ja auch manchmal mehrere Ärzte im Spiel und verordnen unabhängig voneinander Sachen, die sich gar nicht vertragen. Sowas muss man doch auch ansprechen.

Imre Holocher 15.04.2019 20:46

Moin moin

Die haben aber ganz schön Schiss in der Einrichtung...

Was Horst Deinert geschrieben hat, trifft es auf den Punkt.
Allerdings wird das erst Deine Aufgaben, wenn der betreute Mensch selber nicht mehr in der Lage ist, die Krankheit und die dazugehörende Behandlung zu verstehen. Er muss also einwilligungsunfähig sein.
Ist er das doch, dann soll er das auch selber tun.
Die Gesundheitssorge ist schließlich nicht dazu da, Betreute zu entmündigen.
Das passiert nämlich gerne mal eben so aus Bequemlichkeitsgründen. Ist doch toll, wenn da ein Betreuer ist. Dann kann der Arzt sich mit dem unterhalten (oder auch nicht) und der Betreute hat gefälligst als Objekt der Begierde herzuhalten und sonst nix.
So also nicht!

MfG

Imre

niederrheiner 15.05.2019 12:32

Hallo,


ich möchte das Thema noch einmal aufmachen. Klar ist mir bekannt, dass ich mich bei nicht einwilligungsfähigen Betreuten aufklären lassen muss und der Behandlung zustimmen muss.
Aber wenn beispielsweise ein Betreuter seit Jahren in einer Einrichtung lebt und über viele Jahre meist die immer gleichen Medikamente bekommt, deren Notwendigkeit die Ärzte mit ihrer Verschreibung bestätigen, muss ich doch nicht in jeden Fall ein Gespräch mit dem jeweiligen Arzt führen. Ich kann doch die medizinische Notwendigkeit als Laie überhaupt nicht in Frage stellen!
Wie ist es mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten?
Wenn ein Betreuter wegen Kopfschmerzen eine Paracetamol bekommen soll, natürlich weil ein Arzt dazu rät, kann es doch nicht sein, dass ich in jedem Einzelfall zustimmen muss!?
Wenn dem so wäre, hätten die Betreuer, die mehrere nicht einwilligungsfähige Betreute vertreten, den ganzen Tag nichts anderes zu tun als von Arzt zu Arzt zu fahren um sich aufklären zu lassen.
Und darf ich überhaupt eine ärztliche Verordnung ablehnen?
Ich bin medizinischer Laie!
Soll ich sagen mein Betreuter bekommt kein Paracetamol, er soll mal mit den Kopfschmerzen oder dem Fieber leben?
Irgendwo ist doch ein Haken in der Sache.

Imre Holocher 15.05.2019 16:46

Moin moin

Zitat:

Zitat von niederrheiner (Beitrag 118205)
Aber wenn beispielsweise ein Betreuter seit Jahren in einer Einrichtung lebt und über viele Jahre meist die immer gleichen Medikamente bekommt, deren Notwendigkeit die Ärzte mit ihrer Verschreibung bestätigen, muss ich doch nicht in jeden Fall ein Gespräch mit dem jeweiligen Arzt führen. Ich kann doch die medizinische Notwendigkeit als Laie überhaupt nicht in Frage stellen!

Nein, Du mußt nicht jedes mal zustimmen. Wenn das Medikament gewechselt werden soll, weil es Probleme gibt, dann ist ggf. Deine Zustimmung notwendig - sofern der Betreute dies nicht kann.
Du mußt die Notwendigkeit der Medikamentengabe schon in Frage stellen: In dem Sinne, dass Du den Arzt dazu befragst und Dich durch ihn informieren läßt, um die Entscheidung bzgl. der Zustimmung oder Nicht-Zustimmung fällen zu können.

Zitat:

Zitat von niederrheiner (Beitrag 118205)
Wie ist es mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten?
Wenn ein Betreuter wegen Kopfschmerzen eine Paracetamol bekommen soll, natürlich weil ein Arzt dazu rät, kann es doch nicht sein, dass ich in jedem Einzelfall zustimmen muss!?

Sofern mir keine Unverträglichkeit des Medikamentes bekannt ist, würde ich da auch nichts tun. Das sollte im Heim so wie bei der Bedarfsmedikation von der Situation abhängig gemacht werden.
Da ist wohl kaum ein Betreuer erreichbar, wenn die Bedarfsmed notwendig ist.

Zitat:

Zitat von niederrheiner (Beitrag 118205)
Und darf ich überhaupt eine ärztliche Verordnung ablehnen?
Ich bin medizinischer Laie!

Ob Du darfst, kann ich nicht sagen. Es ist zumindest nicht zu empfehlen, weil damit die Verantwortung für eventuelle Folgeschäden übernommen werden würde. Da ist es besser, den Arzt auf die besonderen Risiken bei speziell diesem Patienten hinzuweisen und selber eine Verantwortung für die eventuellen Folgen der Medikation abzulehnen.

Zitat:

Zitat von niederrheiner (Beitrag 118205)
Soll ich sagen mein Betreuter bekommt kein Paracetamol, er soll mal mit den Kopfschmerzen oder dem Fieber leben?
Irgendwo ist doch ein Haken in der Sache.

siehe weiter oben.

MfG

Imre

Marsupilami 15.05.2019 19:41

Für mich liest sich das so, als würde die Einrichtung im Rahmen eines QM die eigene Haftung verschieben.
Falls der B. einwilligungsfähig ist, würde ich mitteilen, dass Du nur involviert bist, wenn dies nicht mehr der Fall wäre.
Ansonsten greifst Du aktiv in die persönlichen Freiheiten des Betroffenen ein.

Bei schwierigen und außergewöhnlichen medizinischen Situationen spreche ich vorab mit den Klienten, ob sie meine Teilnahme wünschen.
Ich kenne meine Schäfchen gut genug, um erkennen zu können, ob sie überfordert sind oder ängstlich. Im Zweifel nehme ich an Untersuchungen teil oder warte vor der Tür.
Allerdings ist dies mit keinem Fahrdienst verbunden - die Einrichtung transportiert und begleitet zum Arzt/Krankenhaus, ich komme hinzu.

Florian 18.05.2019 11:55

Zitat:

Zitat von niederrheiner (Beitrag 118205)
Hallo,
(...)Aber wenn beispielsweise ein Betreuter seit Jahren in einer Einrichtung lebt und über viele Jahre meist die immer gleichen Medikamente bekommt, deren Notwendigkeit die Ärzte mit ihrer Verschreibung bestätigen, (...)
Und darf ich überhaupt eine ärztliche Verordnung ablehnen?
Ich bin medizinischer Laie!

Zitat:

Zitat von niederrheiner (Beitrag 118205)
Irgendwo ist doch ein Haken in der Sache.

Zitat:

Zitat von niederrheiner (Beitrag 117670)
Wenn ein Arzt en Medikament wie angebracht hält, kann ich als Betreuer ( und medizinischer Laie ) doch wohl kaum widersprechen.
Wie seht Ihr das?
Gibt es entsprechende Erfahrungen?


Da Deine hier angesprochenen Betreuten in einer Einrichtung leben, müsste gegebenenfalls (sollten etwa Antipsychotika, Neuroleptika, Benzodiazepine pp. zum Zweck der Ruhigstellung u. a. verordnet werden) von Dir das durch die medikamentöse Therapie bedingte Vorliegen einer freiheitsentziehenden Maßnahme, bei vorliegender Einwilligungsunfähigkeit, geprüft und bei Bejahung der dann bestehende Richtervorbehalt beachtet werden, § 1906 Abs. 4 BGB.

Das könnte so ein kleines Häkchen sein...


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