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Führerschein bei beg. Korsakow

Dies ist ein Beitrag zum Thema Führerschein bei beg. Korsakow im Unterforum sonstige Behördensachen - Versicherungen , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo zusammen, ich hätte gerne mal Eure Meinung zu folgendem Fall: Der B. ist Ende 50 und leidet unter einem ...


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Alt 23.09.2019, 23:22   #1
Stammgast
 
Registriert seit: 06.03.2018
Ort: Bürstadt, Hessen
Beiträge: 698
Standard Führerschein bei beg. Korsakow

Hallo zusammen,


ich hätte gerne mal Eure Meinung zu folgendem Fall:


Der B. ist Ende 50 und leidet unter einem beginnenden Korsakow-Syndrom. Der B. fährt noch Auto, ist aber alkoholkrank. Er selbst sagt, er fahre nicht, wenn er was getrunken habe. Er trinke nur ne Schorle.


Da die Angehörigen Zweifel an der Fahrtüchtigkeit haben und ich mir auch nicht sicher war, habe ich den Hausarzt zu einer schriftlichen Stellungnahme auffordert.


Dieser Schreibt mir nun:

"ohne Zweifel ist Autofahren unter Alkoholgenuß gefährlich und verboten. Der Gesetzgeber reagiert mit Führerscheinentzug, wenn ein Fahrer alkoholisiert hinter dem Steuer ertappt wird. Diese Konsequenz ist wichtig, um die Allgemeinheit zu schützen.

In Anbetracht der exazerbierten Alkoholkrankheit von Herrn ... empfehle ich das Autofahren bis auf weiteres einzustellen."

Meine Idee ist nun, den B. aufzufordern, mir freiweillig seinen Führerschein auszuhändigen. Tut er das nicht, leite ich das Schreiben an die Führerscheinstelle weiter.


Würdet Ihr das genauso handhaben?
Michael77 ist offline  
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Alt 24.09.2019, 08:11   #2
Routinier
 
Benutzerbild von mimi91
 
Registriert seit: 17.07.2015
Ort: RLP
Beiträge: 1,057
Standard

Du kannst B. wie der Hausarzt empfehlen, seinen Führerschein abzugeben, mehr aber nicht. Dieser Empfehlung muss er nicht folgen.
Das Schreiben des Hausarztes wird nicht ausreichen für den Entzug der Fahrerlaubnis. Es ist sogar fraglich, ob es weitergeben darf ohne Einverständnis des B.
Du kannst B. auch vorschlagen, sich selbst einer Prüfung zu unterziehen.


s. auch hier:


https://www.gesetze-bayern.de/Conten...ookieSupport=1


Bei begründeten und erheblichen Zweifeln an der Fahrtüchtigkeit kannst du wie jeder andere Bürger auch dich gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde auf § 34 STGB berufen. Dann wird die Behörde von sich aus tätig.
mimi91 ist offline  
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Alt 24.09.2019, 10:53   #3
Stammgast
 
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: NRW
Beiträge: 663
Standard

Zitat:
Zitat von Michael77 Beitrag anzeigen
Meine Idee ist nun, den B. aufzufordern, mir freiweillig seinen Führerschein auszuhändigen. Tut er das nicht, leite ich das Schreiben an die Führerscheinstelle weiter.
Das Aushändigen des Führerscheines an Dich stellt keinen Entzug der Fahrerlaubnis dar, somit wärst Du damit noch nicht wirklich weitergekommen. Du hättest vielleicht eine Hemmschwelle beim Betroffenen gschaffen, da er dann kein Dokument mehr hat.



Das von mimi91 angeführte Urteil des VGH München richtet sich an die Behörde. Als Anfangsverdacht dürfte jedoch das hausärztliche Schreiben ausreichen. Die Fahrerlaubnisbehörde kann weitere Maßnahmen einleiten und ein fachärztliches Gutachten einfordern. Sie wird sich jedoch, geht man mit dem zitierten Urteil, sich nicht abschließend auf die Zeilen des Hausarztes berufen können.


Nächstes Problem wäre die Weiterleitung an die Behörde durch den Betreuer; mimi91 gibt die richtigen Hinweise. § 34 StGB wäre ggf. analog anzuwenden, da § 203 StGB zwar nicht greift, wohl aber § 1901 II BGB (und einschränkend ggf. § 1901 III BGB). Es könnten sich daraus zivilrechtliche Ansprüche des Betreuten gg. Dich ergeben. Ich halte das eher für nicht naheliegend...also, dass es zur Geltendmachung kommt. Aber wenn ein Bruder evtl. Jurist ist und Dich seit Jahren kritisch beäugt würde ich mir evtl. weitere Gedanken machen. Sonst eher nicht. Aber auch bei "Juristen-Angehörigen" greift ggf. § 34 StGB analog ein.

Fraglich ist hier auch, ob es dem Betreuer überhaupt zuzumuten ist, abzuwarten/nicht zu handeln und so das (vermeindliche) Wohl des Betreuten, das dieser durch seine natürliche Willensäußerung kundtut, zu berücksichtigen und, ob diese "Willensäußerung" dem Wohl des Betreuten nicht zuwiderläuft. Dies alles könnten Ansatzpunkte dafür sein, dass die Weiterleitung des hausärztlichen Schreibens zulässig ist.


Welche Aufgabenkreise bestehen denn? Vielleicht könnte über § 1901 V BGB eine AK-Erweiterung angestrengt werden, etwa "strafrechtliche Angelegenheiten" oder konkreter: "Verhinderung von Straßenverkehrsdelikten aufgrund Alkoholkrankheit"... Das vom Gericht einzuholende fachärztliche Gutachten könnte dann umfangreich über Korsakow und die sich bei Deinem Betreuten ergebenden Folgen (anzunehmende fortgesetzte Begehung von Ordnungswidrigkeiten, § 24a StVG bzw. Straftaten § 316 StGB pp.) berichten...allerdings liegen ja, wenn ich richtig gelesen habe, keine entsprechenden Anzeigen vor. Einen Versuch wäre es wert. Dann würde möglicherweise sogar eine Pflicht als Überwachungsgarant zum Handeln für Dich ausgelöst...wobei diese Pflicht umstritten ist. Aber ich denke, sie wäre trotzdem eine gute Argumentationsgrundlage. Ansonsten § 34 StGB (hinsichtlich der Abwehr möglicher sich ergebender zivilrechtlicher Ansprüche durch Deinen Betreuten gg. Dich...halte ich für eher unwahrscheinlich).


Letztlich ist die Kernfrage, ob ein begründeter Verdacht für die fortgesetzte Begehung von Alkoholfahrten des Betreuten in diesem Einzelfall sich bereits daraus ergibt, dass er entsprechend erkrankt ist. Bejaht man dies, sehe ich kein größeres Problem bei den hier und von mimi91 aufgeführten Handlungsalternativen. Andernfalls könnte man natürlich die Frage stellen, ob denn nicht auch ein Patient mit chronischer Alkoholkrankheit und beginnenden "Korsakow" sich gesetzestreu verhält und man ihm durch Mitteilung an die Behörde Unrecht tut und wider seines Wohles handelt...


Kurzum: Deine Frage lässt sich abschließend mit diesen Informationen gar nicht beantworten. Ich würde vermutlich gut domuentieren, wer wann was mitteilte (Hausarzt, Angehörige), was der Betreute sagt und dann das Schreiben mit entsprechenden weiteren Informationen an die zuständige Behörde weiterleiten...oder:

Vielleicht ist der einfachste Weg auch ein "anonymer Anschiss" bei einer konkreten Alkoholfahrt, von wem auch immer, bei der Polizei Diese könnte dann problemlos an die Fahrerlaubnisbehörde Mitteilung machen, § 2 XII StVG.
Florian ist offline  
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Alt 29.09.2019, 07:28   #4
Stammgast
 
Registriert seit: 02.02.2011
Ort: Südwestfalen
Beiträge: 740
Standard

Ich hatte einen ähnlichen Fall: die Dame leidet sehr schwer unter div. psychiatrischen Krankheiten sowie Parkinson (sie kann kaum einen Löffel halten), aber Autofahren, diese Freiheit wollte sie sich nicht nehmen lassen.
Da ich sie für eine erhebliche Gefahr für den Straßenverkehr hielt, habe ich meine Bedenken der Führerscheinbehörde gemeldet.
Die hat "uns" dann zu einem persönlichen Termin geladen und folgende Optionen dargelegt:


1. freiwillige Abgabe des Führerscheins oder
2. Beauftragung eines verkehrsmedizinischen Gutachtens.


In diesem Augenblick entschied die Klientin sich den "Lappen" direkt abzugeben.
Später überlegte sie es sich anders, konnte aber gegenüber 2 (selbst finanzierten) Gutachtern nicht überzeugen.


Ich habe mir immer vorgestellt, dass ein Klient mit solchen gesundheitlichen Einschränkungen einen schweren Verkehrsunfall verursacht, und ich das hätte verhindern können.
In dem Zusammenhang fand ich den Datenschutz nachrangig...
Marsupilami ist offline  
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Alt 01.10.2019, 10:14   #5
Stammgast
 
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: NRW
Beiträge: 663
Standard

Zitat:
Zitat von Marsupilami Beitrag anzeigen
Ich habe mir immer vorgestellt, dass ein Klient mit solchen gesundheitlichen Einschränkungen einen schweren Verkehrsunfall verursacht, und ich das hätte verhindern können.
In dem Zusammenhang fand ich den Datenschutz nachrangig...
Das Vorgehen von Marsupilami halte ich für praktikabel. Aber der "Datenschutz" bzw. die aus § 1901 II BGB diesbezüglich herzuleitenden / sich ergebenden Pflichten des Betreuers sind recht hochrangig zu bewerten. Es geht um die engeren Persönlichkeitsrechte, Artikel 2 I GG, des Betroffenen. Die diesbezügliche "Schranke" dergestalt, dass jeder nach seinem Gusto tun und lassen kann, was er will, solange er nicht die Grundrechtsfreiheiten anderer unzulässig verkürzt, ist nicht damit zu begründen, dass eventuell Straftaten begangen werden und schwerwiegende Folgen (Unfall, Tote...) sich ergeben könnten.

Will heißen: Nur weil eventuell einmal in die Rechte anderer eingegriffen werden könnte (wenn bspw. jemand bei einem von Korsakow verursachten Unfall verletzt würde), ist nicht zwingend eine Verkürzung der Allgemeinen Handlungsfreiheit des Betreuten (etwa durch Mitteilung an das StVA) zulässig.

Allerdings, das gibt der Sachverhalt jedoch bislang nicht her, stellt sich die Frage, ob der Betreute hier bereits regelmäßig unter Alkoholeinfluss fährt. In diesem Fall beginge er fortlaufend Ordnungswidrigkeiten/Straftaten und seine Handlungsfreiheit würde zumindest in Konflikt stehen zu Rechtsgütern der Allgemeinheit (Strafanspruch der Allgemeinheit)...


Ob das also letztlich als tragfähige Rechtfertigung ausreicht bliebe abzuwarten. Diese Frage ist nicht pauschal im Vorfeld zu beantworten; völlige Sicherheit gibt es nicht...


Ich würde es jedenfalls vermutlich (mit guter Dokumentation usw.) wie Marsupilami handhaben, kommt auf die weiteren Umstände an...um mal schön vage zu bleiben
Florian ist offline  
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