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Lebensverlängernde Maßnahmen beenden.

Dies ist ein Beitrag zum Thema Lebensverlängernde Maßnahmen beenden. im Unterforum Gesundheitssorge - Arzteinwilligungen - Krankenkasse , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo, Meine 40-jährige Betreute erlitt einen Krampfanfall mit Herz-Kreislauf-Stillstand. Sie wurde erfolgreich reanimiert. Allerdings hat sie nun einen nachgewiesenen hypoxischen ...


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Alt 24.01.2020, 18:21   #1
Forums-Geselle
 
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Standard Lebensverlängernde Maßnahmen beenden.

Hallo,

Meine 40-jährige Betreute erlitt einen Krampfanfall mit Herz-Kreislauf-Stillstand. Sie wurde erfolgreich reanimiert. Allerdings hat sie nun einen nachgewiesenen hypoxischen Hirnschaden (MRT). Sie ist nicht ansprechbar oder erwacht und wird künstlich beatmet (Intensivstation).

Die Prognose laut den Ärzten ist schlecht. Sie wird ein dauerhafter Pflegefall bleiben. Die Ärzte möchten die Beatmung beenden und die betreute Palliativ versorgen bis sie höchstwahrscheinlich verstirbt.

Die betreute hat keine Patientenverfügung und der mutmaßliche Wille ist nicht festzustellen.

Betreuerin und Ärzte sich einig.

Ist in diesem Fall die Genehmigung des Gerichts notwendig? Mit der Entscheidung wird die betreute höchstwahrscheinlich versterben.

Grüße
Maren
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Alt 24.01.2020, 18:29   #2
Moderator
 
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Beiträge: 5,813
Standard

Hallo, wenn der Arzt bei einer infausten Prognose kein Intensivbehandlungsangebot mehr macht, gibts eigentlich gar keine Zustimmung des Betreuers mehr. Die Akzeptanz, dass damit in der Folge kein entsprechender Behandlungsvertrag geschlossen wird, ist nicht genehmigungspflichtig.

Zur Pflicht der Ärzte siehe auch hier (Ziff II infauste Prognose):
https://www.slaek.de/de/03/sterbebegleitung.php
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Horst Deinert

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Alt 24.01.2020, 18:40   #3
Admin/Berufsbetreuer
 
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Moin moin

Das ist natürlich eine sehr missliche Lage.
Ein Antrag beim Betreuungsgericht auf Genehmigung der Abschaltung wird wahrscheinlich als nicht genehmigungsfähig abgewiesen werden.

Wenn keine Patientenverfügung da ist und auch keine Bekannten/Angehörigen, die dazu etwas sagen können, dann ist es Deine Sache, den mutmaßlichen Willen der Betreuten zu ermitteln. Ärgerlich, wenn da nichts merh zu ermitteln ist.

Andererseits: Wenn Du als Betreuerin vermutest, dass die Betreute ihren Lebensabend so sicherlich nicht beschließen wollte und auch die Ärzte dieser Meinung sind, dann seid ihr Euch einig.
Wenn Ärzte und Betreuer einer Meinung sind, dass die Betreute so nicht längern leben will, dann ist das so und wird als gegeben angesehen.
Protokolliert diese einhellige Meinung zu eurer eigenen Sicherheit
und laßt sie palliativ versorgt bei der nächsten Gelegenheit in Frieden gehen.


Gesetzesgrundlagen:

§1901 a BGB:
(2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten.

§ 1901b BGB: Gespräch zur Feststellung des Patientenwillens
(1) Der behandelnde Arzt prüft, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten indiziert ist. Er und der Betreuer erörtern diese Maßnahme unter Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage für die nach § 1901a zu treffende Entscheidung.



Nur wenn MedizinerIn und BetreuerIn sich nicht einig sein sollten, ist eine Klärung über das Betreuungsgericht herbeizuführen.

MfG

Imre
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Alt 24.01.2020, 18:47   #4
Moderator
 
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Hallo Imre, um den (mutmaßlichen) Willen und seine Ermittlung gehts hier gar nicht mehr. Denn dafür müsste der Arzt vorher im Rahmen der Prognose ein Behandlungsziel ermittelt haben. Hier wird (bis auf Palliativpflege) gar kein weiteres Angebot unterbreitet. Für Vertragsverhandlungen ist da gar kein Platz. Nach allgemeiner Meinung kann ein Patient eine med. nicht indizierte Behandlung auch nicht einklagen. Es bliebe theoretisch die Suche nach einem anderen Arzt, der eine andere Prognose stellt. Im übrigen: so wie der Fall geschildert ist, wäre wohl die Fortsetzung der Beatmung ihrerseits Körperverletzung.
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Horst Deinert

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Alt 24.01.2020, 18:48   #5
Forums-Geselle
 
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Bisher wurde ich nur aufgeklärt über den Zustand und Prognose.
Ich solle mich nun als Betreuerin entscheiden:

1. Weitere intensivmedizinische Versorgung und Zustimmung zu Luftröhrenschnitt mit Tracheostoma
2. Beatmungsschlauch entfernen und Palliativ versorgen

Ich solle Antrag bei Gericht stellen für Punkt 2.
Ende der lebenserhaltenden Maßnahmen.

Den mutmaßlichen Willen kann ich nicht ermitteln. Es gibt niemanden. Es gibt auch nichts schriftliches.
MGleiss ist offline  
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Alt 24.01.2020, 19:27   #6
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Das ist wieder typisch für die Ärzte: statt klare Aussagen zur Prognose die Verantwortung auf den Betreuer abschieben. Wenn sich die Krankenhausleitung (Chefarzt - kein Subalterner!) zu keiner klaren Indikation aufrafft, dann muss wohl wirklich das Betreuungsgericht angerufen werden, nach § 1904 Abs 2 BGB. Und das Gerichtsverfahren nach § 298 FamFG müsste die Betreute dann auch überleben. Ehrlich gesagt, ist das eine Schande. Ich würde mit der Interessenvertretung den Münchener FA Wolfgang Putz beauftragen, der hat es schon oft geschafft, dass Menschen gegen den Willen der Institutionen sterben durften: https://www.putz-medizinrecht.de/. (Bitte stehen lassen - das ist keine Werbung!)
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Alt 24.01.2020, 19:47   #7
Forums-Geselle
 
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Man kann Vieles hin- und herdiskutieren. Wo sich Fachleute innerhalb ihrer jeweiligen Bereiche mit Regelmäßigkeit widersprechen, wo Rechtsgelehrte bis heute keine klaren Regelungen zustandebringen, da hat es ein Betreuer in der Situation wie hier geschildert nur schwer.

Ich würde als Betreuer in dieser Situation eher zur geschilderten Handlungsweise von Imre neigen. Hier helfen auch keine § aus schlauen Gesetzestexten, die über unfähige Politiker durch Fingerzeig beschlossen werden.
Susi K ist offline  
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Alt 25.01.2020, 10:52   #8
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Hallo, natürlich (auch) noch mal mit dem Arzt sprechen, aber mit dem nach der Krankenhaushierarchie Maßgeblichen, dito mit Angehörigen, falls die etwas zu früheren Betreutenäusserungen beitragen können (falls nicht eh bereits geschehen). Wenn der Arzt aber so unschlüssig bleibt wie bisher, möglichst unverzüglich das Gericht einschalten, damit die arme Betreute nicht noch länger als bereits passiert, als Fast-Tote vegetieren muss. Also besser heute als morgen mit dem Gericht Kontakt aufnehmen und auf die besondere Eilbedürftigkeit verweisen. Von allen Beteiligten (Ärzte, Verwandte) Vollständige Namen und Adressen notieren und dem Gericht (für die Ladung zur Anhörung) mitteilen.
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Horst Deinert

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Alt 25.01.2020, 11:07   #9
Admin/Berufsbetreuer
 
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Moin moin

Erst mal vielen Dank an Horst für die Klarstellung, dass bei infauster Prognose und fehlendem Behandlungsangebot (ausser der Palliativversorgung) ein mutmaßlicher Wille nicht mehr maßgeblich ist (er könnte die Prognose ja auch nicht mehr umkehren) .

In diesem Fall haben die Mediziner herumgeeiert, zwei Behandlungsalternativen aufgestellt, bei der sich die Betreuerin für eine entscheiden soll - aber die Diagnose und Prognose vergessen.
Ich würde Maren vorschlagen, vom Chefarzt mit kurzer Fristsetzung eben diese vergessene Diagnose und Prognose schriftlich einzufordern, da diese für die Entscheidungsfindung und eventuelle Antragsstellung notwendig sind.

Ärzte handeln zwar sehr verantwortungsvoll, aber die Konsequenzen ihren Handelns müssen sie üblicherweise nicht ausbaden, denn den Patienten geht es hinterher gut, nicht so gut, schlecht oder es wächst Gras darüber. Schon verständlich, wenn sie versuchen den nervigeren Teil der Verantwortung (die Haftung für die Konsequenzen der danebengegangenen Handlungen) auf andere abzuwälzen. Deshalb gibt es ja auch die Einwilligungen bzw. Nicht-Einwilligungen.
Also Entscheidungen, für deren (insbesondere nicht so schönen) Konsequenzen die Patienten oder deren Betreuer dann die Haftung tragen sollen.
Um eine solche Entscheidung fällen zu können, muss man die Notwendigkeiten (hier: die Erkrankung), Hintergründe (hier: Geschichte und Willen der Patienten), Auswahlmöglichkeiten (hier: die verschiedenen Behandlungsformen) und Perspektiven (hier: Prognosen ohne bzw. mit der jeweiligen Behandlungsform) kennen und gegeneinander abwägen.
Und dann auch noch als BetreuerIn die betreuungsrechtlichen Gegebenheiten in die Entscheidungsfindung einbeziehen.
Das geht nicht von jetzt auf gleich!!!

Ich habe jetzt eine Menge Text geschrieben, aber wenn man das im Hinterkopf behält, dann hat man eine Prima Grundlage, um sich von auf Entscheidungen drängenden Ärzten nicht mehr besonders beeindrucken zu lassen.
Du willst eine Entscheidung von mir?
Schön, die bekommst Du.
Aber vorher bekomme ich von dir die notwendigen Informationen die ich brauche, um die Entscheidung auch fällen zu können!
Und schon hat man die Luft, um seine Arbeit auch ordentlich machen zu können.

MfG

Imre
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