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Sel_Say 29.05.2020 03:07

Behandlung gegen den Willen
 
Hallo Kolleg(inn)en,

seit zwei Monaten bin ich Betreuer von einer Dame (32), die psychische Auffälligkeiten zeigt. Bisher zeigt sie keine Einsicht über ihre psychische Probleme und verweigert jegliche Therapieangebote. Zudem gibt es bisher keine Diagnose. Sie lebt zusammen mit ihren Eltern, die sich in den letzten Jahren über ihr auffälliges Verhalten gestört fühlen und auf eine Zwangsbehandlung drängen.

Vor einem Tagen ruft eine Arztpraxis (Allgemeinmedizin) mich an und teilt mit, dass sich meine Betreute zur Untersuchung bei ihr in der Praxis befinde. Ich höre heraus, dass Familienangehörige meine Betreute irgendwie zu der Praxis hingebracht haben und der Ärztin baten, sie zu behandeln. Die Ärztin bittet mich am Telefon um Zustimmung für die Einweisung in die psychatrische Klinik. Zudem habe sie meiner Betreuten Beruhigungsmittel verabreicht, weil sie sich sehr nervös und agressiv verhalten habe. Ich habe im Gespräch der Einweisung nicht zugestimmt. Darauf legt sie mit den Worten auf: "... dann tue ich das, was aus meiner Sicht nötig erscheint."
Ich weiß nicht, was sie meiner Betreuten verabreicht hat und welche Maßnahmen sie noch eventuell getroffen hat.

Wie würdet ihr in solch einem Fall gegen die Ärztin vorgehen, die gegen den Willen meiner Betreuten eine Behandlung durchführen wollte oder hat?

Meine Betreute will sich zu dem Fall nicht äußern. Wie bekomme ich mehr Infos darüber, was die Ärtzin in der Sprechstunde unternommen hat?

Ich habe bei meiner Betreuten keine Anhaltspunkte auf Selbstgefährdung oder erhebliche Gefahr für ihre Gesundheit. Aus meiner Sicht gibt es erhebliche Familienkonflikte, die ihre Eltern ansprechen und auf eine Behandlung beharren. Zu ihrem Verhalten: Sie ist z.B. nachtaktiv und unternimmt Nachts immer was neues, wie Lackieren, Streichen, Putzen usw. und ist dabei etwas laut. Sie spricht immer wieder mit angeblich in der Wohnung befindenden Personen, gehe erst morgens ins Bett und entfremde sich zunehmend von den Eltern.

HorstD 29.05.2020 08:12

Hallo, bei den beschriebenen Symptomen hätte ich schon ein paar Ahnungen, halte aber nix von Ferndiagnosen. Ich empfehle:

- Einsichtnahme in die Betreuungsgerichtsakte (§ 13 Abs. 1 FamFG), insbes. in das Gutachten. Da muss doch eine Fachdiagnose drinstehen. Ohne eine solche kann doch gar keine Betreuung angeordnet werden. Das würde ich im Übrigen bei jedem neuen Fall empfehlen (wann man das Gutachten und den Sozialbericht der BtB nicht eh erhalten hat).

- danach mit der Ärztin Kontakt aufnehmen und nach deren Diagnose fragen (Rechtsanspruch nach §§ 630d bis f BGB). Von Vorwürfen würde ich Abstand nehmen, das Telefonat erfolgte offenbar in einer Stresssituation.

michaela mohr 29.05.2020 08:28

So ganz verstehe ich dein Problem nicht.
Du schreibst:
Zitat:

Wie würdet ihr in solch einem Fall gegen die Ärztin vorgehen, die gegen den Willen meiner Betreuten eine Behandlung durchführen wollte oder hat?
Woher nimmst du denn dass in dieser Situation etwas gegen den Willen der Betreuten geschah?

Auch wenn sie zu dem Arztbesuch überredet wurde und sich kurzfristig darauf eingelassen hat ist das nicht sträflich. Oder gehst du davon aus, dass sie unter Zwang dort hingeschleift wurde?

Weiter schreibst du:
Zitat:

die psychische Auffälligkeiten zeigt. Bisher zeigt sie keine Einsicht über ihre psychische Probleme und verweigert jegliche Therapieangebote.
Zitat:

Zudem gibt es bisher keine Diagnose.
Zitat:

Sie ist z.B. nachtaktiv und unternimmt Nachts immer was neues, wie Lackieren, Streichen, Putzen usw. und ist dabei etwas laut. Sie spricht immer wieder mit angeblich in der Wohnung befindenden Personen,
Etwas besseres wie ein scheinbar (freiwilliger) Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik zur weiteren Abklärung ist doch das beste was hier passieren konnte.

Zitat:

Ich habe bei meiner Betreuten keine Anhaltspunkte auf Selbstgefährdung oder erhebliche Gefahr für ihre Gesundheit.
Das sind nicht die einzigen Gründe für einen Klinikaufenthalt. Es gibt auch noch die Notwendigkeit einer Heilbehandlung und deren genaue Abklärung- und die wäre meiner Ansicht nach hier durchaus angesagt.


Ich befürchte eher dass du dir hier eine gute Möglichkeit hast entgehen lassen an der ungesunden Situation etwas zu ändern.
Du schreibst leider auch nichts dazu wie du diese Situation ändern wolltest, welche Pläne dazu bestehen, welche Alternativen es grundsätzlich ausserhalb eines Klinikaufenthaltes geben könnte?

Imre Holocher 29.05.2020 20:10

Moin moin




Zitat:

Zitat von Sel_Say (Beitrag 126959)
...seit zwei Monaten bin ich Betreuer von einer Dame (32), die psychische Auffälligkeiten zeigt. Bisher zeigt sie keine Einsicht über ihre psychische Probleme und verweigert jegliche Therapieangebote. Zudem gibt es bisher keine Diagnose.

Siehe Horst: Gerichtsakte und Betreuungsgutachten


Zitat:

Zitat von Sel_Say (Beitrag 126959)
Sie lebt zusammen mit ihren Eltern, die sich in den letzten Jahren über ihr auffälliges Verhalten gestört fühlen und auf eine Zwangsbehandlung drängen.

Wenn sie sich so verhält, wie du es weiter unten beschrieben hast, wundert mich das nicht.
Und: Du hast dich - korrekterweise - nicht vor den Karren der Eltern spannen lassen.
Allerdings scheint da durchaus etwas behandlungsbdürftiges vorzuliegen. Dem solltest Du nachgehen.

Zitat:

Zitat von Sel_Say (Beitrag 126959)
Vor einem Tagen ruft eine Arztpraxis (Allgemeinmedizin) mich an und teilt mit, dass sich meine Betreute zur Untersuchung bei ihr in der Praxis befinde. Ich höre heraus, dass Familienangehörige meine Betreute irgendwie zu der Praxis hingebracht haben und der Ärztin baten, sie zu behandeln.

Das verwundert niemand.

Zitat:

Zitat von Sel_Say (Beitrag 126959)
Die Ärztin bittet mich am Telefon um Zustimmung für die Einweisung in die psychatrische Klinik. Zudem habe sie meiner Betreuten Beruhigungsmittel verabreicht, weil sie sich sehr nervös und agressiv verhalten habe. Ich habe im Gespräch der Einweisung nicht zugestimmt. Darauf legt sie mit den Worten auf: "... dann tue ich das, was aus meiner Sicht nötig erscheint."
Ich weiß nicht, was sie meiner Betreuten verabreicht hat und welche Maßnahmen sie noch eventuell getroffen hat.

Da hast du dich m.E. ungeschickt verhalten:
Wenn die Ärztin eine Einweisung in ein Krankenhaus für notwendig befindet, weil die Patientin nervös und aggressiv ist, dann ist es nicht Deine Sache da zuzustimmen oder auch nicht. Entweder geht die Patientin freiwillig ins Krankenhaus oder die Ärztin organisiert eine Unterbringung nach dem PsychKG.
Dein Job wäre es gewesen, die Ärztin darauf hinzuweisen, dass Du bei einer freiwilligen Aufnahme nicht einzuwilligen hast, sondern die Patientin. Ebenso, dass Du nur im Fall einer Selbstgefährdung eine Unterbringung anleiern kannst, sofern Du die notwendigen Aufgabenkreise haben solltest. Selbst dann würdest Du erst eine ärztliche Stellungnahme und einen Gerichtsbeschluss in der Hand haben müssen, weshalb in dem akuten Fall das PsychKG angesagt ist.
Wenn Du es richtig gut hättest machen wollen, dann hättest Du der Ärztin angeboten vorbeizukommen, um die Patientin ggf. zu einer freiwilligen Aufnahme zu überreden. (Voraussetzung: Es wäre Dir zeitlich und von den Entfernungen her möglich gewesen)
So hast Du bei derÄrztin wahrscheinlich erst mal vergurkt.

Zitat:

Zitat von Sel_Say (Beitrag 126959)
Wie würdet ihr in solch einem Fall gegen die Ärztin vorgehen, die gegen den Willen meiner Betreuten eine Behandlung durchführen wollte oder hat?

Wieso gegen die Ärztin??? Überhaupt nicht!!!

Zitat:

Zitat von Sel_Say (Beitrag 126959)
Meine Betreute will sich zu dem Fall nicht äußern. Wie bekomme ich mehr Infos darüber, was die Ärtzin in der Sprechstunde unternommen hat?

Nimm zu dem Krankenhaus Kontakt auf und unterhalte Dich mit Deiner Betreuten sowie dem Personal. Dann findest du es heraus.
Wenn es dann nach der Entlassung einen Entlassungsbrief gibt: Da steht es auch drin. Ist die Betreute per PsychKG in das Khs gebracht worden, ist dem Beschluss auch was zu entnehmen, wieso die Betreute im Khs ist.

Zitat:

Zitat von Sel_Say (Beitrag 126959)
Ich habe bei meiner Betreuten keine Anhaltspunkte auf Selbstgefährdung oder erhebliche Gefahr für ihre Gesundheit.

Laß Dich überraschen.

Zitat:

Zitat von Sel_Say (Beitrag 126959)
Aus meiner Sicht gibt es erhebliche Familienkonflikte, die ihre Eltern ansprechen und auf eine Behandlung beharren.

Das verwundert niemand.
Aber erst einmal alle Seiten anhören und sich dann erst ein Bild machen.

Zitat:

Zitat von Sel_Say (Beitrag 126959)
Zu ihrem Verhalten: Sie ist z.B. nachtaktiv und unternimmt Nachts immer was neues, wie Lackieren, Streichen, Putzen usw. und ist dabei etwas laut. Sie spricht immer wieder mit angeblich in der Wohnung befindenden Personen, gehe erst morgens ins Bett und entfremde sich zunehmend von den Eltern.

Von Familie über Wohngemeinschaft bis zur Nachbarschaft:
So jemand wird bestimmt von allen geliebt!
Kein Wunder, wenn die Eltern wollen, dass Du ihnen den Stress abnimmst. Das ist aber nicht Deine vornehmste Aufgabe.
Du bist Betreuer Deiner Betreuten - und da hast Du schon genug zu tun. Erst recht, wenn sie ihre eigene Spur nicht findet.

MfG

Imre

Sel_Say 29.05.2020 22:03

Herzlichen Dank für die tollen Beiträge. :d010:


Zitat:

Siehe Horst: Gerichtsakte und Betreuungsgutachten
mach ich :)

Zitat:

Allerdings scheint da durchaus etwas behandlungsbedürftiges vorzuliegen. Dem solltest Du nachgehen.
Ja, leider habe ich noch keine Erfahrungen und denke nur an die eine Möglichkeiten, nämlich "Überzeugung zu einer Therapie". Das scheint bei ihr leider schwer bis unmöglich zu sein. Was für Alternativen gäbe es noch? :heul:

Zitat:

Da hast du dich m.E. ungeschickt verhalten:
Wenn die Ärztin eine Einweisung in ein Krankenhaus für notwendig befindet, weil die Patientin nervös und aggressiv ist, dann ist es nicht Deine Sache da zuzustimmen oder auch nicht.
Ja, das denke ich auch...

Zitat:

Wenn Du es richtig gut hättest machen wollen, dann hättest Du der Ärztin angeboten vorbeizukommen, um die Patientin ggf. zu einer freiwilligen Aufnahme zu Überreden.
Ja, ich werde beim nächsten Mal positiver aggieren.

Zitat:

Nimm zu dem Krankenhaus Kontakt auf und unterhalte Dich mit Deiner Betreuten sowie dem Personal.
Meine Betreute habe die Einweisung ins Klinik verweigert. Die Beruhigungsmittel hätten bei ihr nicht gewirkt.

Zitat:

Von Familie über Wohngemeinschaft bis zur Nachbarschaft: So jemand wird bestimmt von allen geliebt!
Traurig und wahr. Einfach schwierig...

Ich habe vor der Bestellung den Anhörungstermin wahrgenommen. Meine Betreute kam nicht zur Anhörung, so dass die Richterin die eingeräumte Zeit für ein ausführliches Gespräch mit mir nutzte. Sie berichtete, dass meine Betreute sich nicht behandeln lassen wolle. Bisherige Versuche, sie in der Klinik zu behandeln seien gescheitert. Sie hätte die Untersuchungen abgebrochen und die Klinik immer weider nach wenigen Tagen verlassen. Die Richterin hat vorgeschlagen, dass ich die Familienangehörigen davon Überzeuge, meine Betreute in eine TWG umzuziehen. Das widerum ist von der Familie nicht erwünscht. Die Familie hat nur die eine Vorstellung: Meine Betreute soll einfach nur therapiert und medikamentös behandelt werden, wenn nötig gezwungenermaßen.


MfG, Selcuk

Sel_Say 29.05.2020 22:42

Vielen Dank... :winke:

Zitat:

Zitat von HorstD (Beitrag 126961)
Hallo, bei den beschriebenen Symptomen hätte ich schon ein paar Ahnungen, halte aber nix von Ferndiagnosen.

Ich höre in der Familie viele negative Kindheitserlebnisse, Gewalt und Vernachlässigung heraus. Zudem habe ich den Eindruck, dass es in der Kindheit der beiden großen Kindern (darunter meine Betreute) Liebe, Zuneigung und Vertrauen gefehlt haben.

Ich wäre schon daran interessiert, von Ihren Erfahrungen zu profitieren, auch wenn es zu diesem Fall unzutreffend wäre.

Zitat:

Ich empfehle:
- Einsichtnahme in die Betreuungsgerichtsakte (§ 13 Abs. 1 FamFG), insbes. in das Gutachten. Da muss doch eine Fachdiagnose drinstehen.
Bisher habe ich bei der Bestellung das Gutachten mitgeschickt bekommen. Eine Diagnose konnte ich nicht herauslesen. Im Gutachten wird ausführlich über die Beobachtungen an meiner Betreuten geschildert. Nicht mehr als: "Es besteht keine Krankheitseinsicht oder tragfähige Behandlungsbereitschaft"

Ich werde mir den Entlassungsbrief vom Krankenhaus einsehen. Vielleicht bekomme ich mehr zur Diagnose heraus.

Zitat:

- danach mit der Ärztin Kontakt aufnehmen und nach deren Diagnose fragen (Rechtsanspruch nach §§ 630d bis f BGB). Von Vorwürfen würde ich Abstand nehmen, das Telefonat erfolgte offenbar in einer Stresssituation.
Die angesprochene Ärztin ist aber nicht diejenige, die meine Betreute bisher behandelt hat. Sie ist zudem keine Fachärztin. Dennoch ansprechen?

MfG, Selcuk

michaela mohr 29.05.2020 23:44

Zitat:

Ja, leider habe ich noch keine Erfahrungen und denke nur an die eine Möglichkeiten, nämlich "Überzeugung zu einer Therapie".
Das dreht sich ein bißchen im Kreis.

Soange man keine gesicherte Diagnose hat kann auch nicht über eine Therapie entschieden werden. Denn Therapiemöglichkeiten gibt es viele und bevor man das beginnt sollte man wissen was denn überhaupt therapiert werden sollte.

Bei dem beschriebenen Krankheitsbild wird sich auch die beste Therapie ohne gleichzeitig medikamentöse Einstellung nichts ändern lassen meiner Einschätzung nach.
Um das zu erreichen denke ich wird bei attestierter fehlender Krankheitseinsicht ein KH Aufenthalt unumgänglich sein. Diagnosen lassen sich nicht nach 1 Tag stellen.

Zitat:

Die angesprochene Ärztin ist aber nicht diejenige, die meine Betreute bisher behandelt hat. Sie ist zudem keine Fachärztin. Dennoch ansprechen?
Darin sehe ich keinen Sinn- zumal das evtl. Gespräch über deine Kundin bestimmt nach dem letzten Vorfall voraussichtlich nicht erfreulich sein wird.

Zitat:

Was für Alternativen gäbe es noch? :heul:
Du könntest evtl. versuchen sie dazu zu bewegen wenigstens die psychiatrische Institutsambulanz aufzusuchen. Vielleicht kommt oder käme man dort mit der Zeit zu tragfähigen Ergebnissen.

HorstD 30.05.2020 11:37

Bez. der fehlenden Diagnose kann ich Michaela nur beipflichten. Die Symptome können auf alles Mögliche hindeuten, von hirnorganischen Veränderungen bis zu Suchtstofffolgen. Und dass offenbar für das SV-Gutachten weder eine Anamnese noch eine vernünftige (Verdachts-)Diagnose stattgefunden hat, ist ein starkes Stück. Es ist mE noch nicht mal ganz klar, ob da wirklich eine Krankheit oder nur eine (extreme) Persönlichkeitsstruktur vorliegt. Zur Erbauung diesbezüglich empfehle ich mal die (Nicht-) Fachlektüre „Der ganz normale Wahnsinn“
https://www.amazon.de/exec/obidos/AS...ternetsevon-21

Ansonsten halte ich es für wichtig, mal eine Anamnese zu erstellen. Mal mit dem/r Gutachter/in sprechen, mit der o.g. Ärztin, mit evtl weiteren Stellen, die drin waren (SpDi?). Wie ist denn der bisherige Lebensweg verlaufen, Schulabschluss, Beruf usw. Was ist an somatischen Erkrankungen bekannt (kann ja auch eine Spätfolge sein, zB Meningitis, Phenylketonurie), wann sind nach Familienangaben die Symptome erstmals aufgetreten, welche Suchtmittel wurden/werden genommen, überhaupt welche Medikamente?

michaela mohr 30.05.2020 19:58

Zitat:

Und dass offenbar für das SV-Gutachten weder eine Anamnese noch eine vernünftige (Verdachts-)Diagnose stattgefunden hat, ist ein starkes Stück.
Nur einerseits Horst- andererseits sind solche Situationen gar nicht so selten. Was will man auch machen wenn jemand sich konsequent mehr oder weniger der Exploration entzieht aber best. Verhaltensauffälligkeiten dauerhaft und vor allem extrem sind.

Ich habe z.B. einen solchen Fall seit mehr als 6 Jahren.

Du sagst jetzt sicher, es fehlt hier an den klaren rechtlichen Grundlagen für die Errichtung einer Betreuung also sollte es eher wohl keine geben.
Zum Glück ist dann eine Art von gesundem Menschenverstand bei uns so ausgeprägt dass dies doch gemacht wird. Jeder Gutachter stellt unisono fest: er hat was, aber was er hat das können wir nicht so genau sagen.
Mein Kandidat schafft es mit bzw. alleine durch meine Unterstützung immerhin in der ganzen Zeit wenigstens ein Dach über dem Kopf, seine KV und das nötige Essen zu haben. Die Alternativen dazu will ich mir bei (m)einem kleinen Kraftpaket gar nicht vorstellen.

Marsupilami 01.06.2020 09:27

Ich finde solche Fälle persönlich immer sehr belastend, da einem oft die Hände gebunden sind. Setzen wir mal voraus, es läge eine Diagnose für eine psychische Erkrankung vor, Die Betreute will sich aber nicht behandeln lassen.

Hier ist es gängige Praxis, dass auf jeden Fall eine Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegen muss, damit gegen den Willen eingewiesen wird. Der Unterschied ist wichtig für die Frage, wer einweisen muss: ich oder die Ordnungsbehörde.
Meistens ist es für mich schwer per ärztlichem Attest eine akute Selbstgefährdung nachzuweisen - ohne die entscheidet das Gericht gar nicht.
Ich rate genervten oder besorgten Angehörigen oder Freunden und Nachbarn, in solchen Krisensituationen den RTW zu holen. Falls nötig, nehmen die den Klienten mit in die Klinik und er wird einem Arzt vorgestellt. Von dem kann ich dann ggf. das nötige Attest bekommen und die Einweisung in die Wege leiten.
Entscheidet der Arzt, dass weder Selbst- noch Fremdgefährdung vorliegt (z.B. "der Patient distanziert sich glaubhaft von jedem Suizidgedanken"), fängt das ganze Spiel wieder von vorne an.
Ich finde es zwar traurig, dass eine dringend nötige Behandlung, die dem Klienten das Leben deutlich verbessern könnte, ausbleibt, habe aber meine Pflicht für den Augenblick erfüllt.


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