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Verwahrlosung

Dies ist ein Beitrag zum Thema Verwahrlosung im Unterforum Beiträge zu Rechtsfragen bis 2015 , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo, nun ist das eingetreten, was ich befürchtet hatte. Mein Betreuter ist wegen Alkoholmissbrauch aus seiner Unterkunft rausgeflogen, und nun ...


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Alt 30.08.2005, 18:36   #1
Ehrenamtlicher Betreuer
 
Registriert seit: 23.02.2004
Ort: im Norden
Beiträge: 1,688
Standard Verwahrlosung

Hallo,

nun ist das eingetreten, was ich befürchtet hatte. Mein Betreuter ist wegen Alkoholmissbrauch aus seiner Unterkunft rausgeflogen, und nun schläft er erstmal bei der Heilsarmee.

Er ist kein schelchter Kerl, nicht aggressiv, aber er braucht einen festen Rahmen. Zudem ist er Analphabet. Wenn ich ihn nur dazu bringen könnte, mit dem Alkohol aufzuhören. Ich habe ihm auch deutlich gesagt, dass er bald unter der Brücke schläft, wenn er so weiter macht.

Es wäre wohl am besten, wenn er in einer Behindertenwerkstatt unterkäme, aber so lange er trinkt besteht keine Chance.

Mich interessieren hier die Erfahrungen anderer Betreuer. Mag jemand ein paar Sätze dazu schreiben ?

Gruss

Andreas
AndreasLübeck ist offline  
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Alt 30.08.2005, 20:16   #2
Heinz
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard realistisch

Hallo Andreas,

mag sein, dass ehrenamtliche Betreuer es anders sehen, obwohl ich Jahre lang in der Erstkontaktgruppe des Blauen Kreuzes mitgearbeitet und dort auch meine Ausbildung als Suchtkrankenhelfer gemacht habe.

>Wer nicht will, hat schon.< heißt es und könnte ergänzt werden >sich die Karten gelegt<. Komme gerade aus der Psychiatrie, wo ein Betreuter jetzt für erst einmal ein halbes Jahr geschlossen untergebracht ist, weil er exzessiv (oft über 4 1/2 Prom.) und suizidal säuft. Doch alle Versuche scheiterten, ihn vor weiteren Rückfällen zu bewahren: zig Entgiftungen, alle in Frage kommenden Einrichtungen durch und rausgeschmissen.

Was solls? Wenn die Klinik keinen therapeutischen Erfolg verzeichnen kann, fliegt er auch dort - die Kostendiskussion erzwingt es. Vor einigen Jahren konnte er nur mit einem Unterhemd bekleidet bei Eis und Schnee zufällig noch vor dem Erfrieren gerettet werden.

Ein anderer Betreuter (schwerer Alkoholiker und Diabetis Melitus 1A heißt er musste 4 mal am Tag gespritzt werden) ist kurz nach dem die geschlossene Unterbringung aufgehoben wurde verstorben. Da machste nix.

Ich habe noch eine Todeskandidatin. Eine Niere hat sie schon verloren. Zudem chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Und dann die Kumpanen - haben sie schon mal halb nackt über die Straße geschliffen, nachdem sie sie zusammengeschlagen haben, weil sie nicht zum Sex bereit war. Wahrscheinlich wird sie alsbald, nachdem sie aus dem Heim raus ist, so enden. Traurig, aber wahr.

Was will ich damit sagen? Es ist nicht deine Aufgabe und du hast auch nicht die Möglichkeit, jemanden, der selbst nicht ernsthaft es lassen will, aus der Gosse zu holen. Es kostet viel Kraft, auf nasse Alkis einzureden, wie zum toten Gaul. In seltenen Fällen hilft es. Es gibt sie. Ich habe sie auch erlebt. Es ist wie ein Wunder. Und ich fühlte mich ertappt, zu früh an das Wunder nicht mehr geglaubt zu haben, denn es sah wirklich hoffnungslos aus.

Ich wünsche dir die Kraft, an das Wunder bei deinem Betreuten zu glauben und die Bereitschaft, dich überraschen zu lassen, aber auch die Kraft mit ansehen zu können, wenn es kein Halten mehr gibt und der Suff ihn einfach nicht aus den Krallen lässt.

Noch ein wichtiger Aspekt: vermeide jeden Gedanken an Schuld und Versagen, weder beim Betreuten noch bei dir. Bemühen ja, Hoffnung auch, aber auch eine Portion Fatalismus. Mein Supervisor deutete letztens an, dass nicht nur bei Schizophrenie die Ursache oft bei der vorletzten Generation (Großeltern) zu suchen und oft auch zu finden ist. Auch die Ursachen der Drogenkrankheit liegen oft so weit zurück.

Leider oder Gott sei dank wissen wir nicht, wer aus den Fängen der Sucht gerettet werden kann. Das wissen wir immer erst im Nachhinein. Ich finde, es lässt sich besser damit leben, dass wir selbst nicht Gott sind und nicht allmächtig und somit auch manchen Suffkopp nicht retten können. Und dass wir uns bemüht haben und scheinbar doch nichts genützt hat - für den Betreuten - aber für uns schon. Denn die Mühe machen wir uns nicht nur für die Betreuten, sondern zu einem erheblichen Teil für uns selbst, oder nicht?

In diesem Sinn
Heinz
 
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Alt 30.08.2005, 22:29   #3
Ehrenamtlicher Betreuer
 
Registriert seit: 23.02.2004
Ort: im Norden
Beiträge: 1,688
Standard ohne

Hall Heinz,


danke für die schnelle und ausführliche Antwort.

Ich wusste bisher nicht so recht, wie ich es dem Amtsgericht "beibringe". Enttäuscht war ich auch von unserer Betreuungsstelle, die mir sehr wenig helfen konnte, auf die richtige Spur bin ich eigentlich durch eine Auskunft der Polizei gekommen. Ich habe dort angerufen und gefragt, was die denn mit aufgegriffenen Obdachlosen machen. Dadurch kam ich auf die Heilsarmee. Hätte ich auch wissen können, aber da fehlte mir die Erfahrung.

Liebe Grüße

Andreas
AndreasLübeck ist offline  
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Alt 31.08.2005, 10:01   #4
Heinz
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Gelegenheit zur Umkehr

Hallo Andreas,

mir fällt beim Stichwort Heilsarmee noch etwas ein: wir haben hier in der Stadt zum Einen ein Wohnheim für Obdachlose. Da haben sie ihre postalische Anschrift (von wegen ARGE u. dgl.) und zum andern eine Schlafstatt und regelmäßiges Essen. Ist also ein Tacken besser, als die Notunterkunft, wo sie tagsüber raus müssen und abends nicht wissen, ob sie auch ein Bett kriegen und wenn ja welches. Dort sind die Spinde schon mal aufgebrochen und im Wohnheim hat jeder im Doppelzimmer seinen eigenen Schrank.

Und dann gibt es noch sozialtherapeutische Einrichtungen, wo kontrolliertes Trinken erprobt und ggfls. gestattet ist, für die, die mit 2 Flaschen am Tag auskommen und den Saufdruck dadurch frühzeitig abbauen können und dadurch bewahrt werden, richtig abzustürzen.

Schau mal, was angeboten wird und ob es nicht doch noch ´ne Alternative für den Betreuten gibt. Einem meiner später `erfolgreichen´ Betreuten bin ich über ein halbes Jahr immer im Bahnhof, wo er nächtigte und im Park nachgelaufen, bis er sich bereitfand, in das Wohnheim zu ziehen und war nachher sogar im Heimbeirat und trocken natürlich. Dir auch viel Erfolg.

Heinz
 
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Alt 02.09.2005, 22:55   #5
Gesperrt
 
Registriert seit: 19.08.2005
Ort: im Baumhaus
Beiträge: 624
Standard

Also Heinz, da kann ich dir wirklich zustimmen. Hast Ahnung von der Sache. Hat mich sehr beeindruckt.

Es wird gesoffen mit angeblichen Freunden, was das Zeugs hält. 2 Entziehungen, ne Langzeitthera von knapp 3 Monaten, alles abgebrochen. Es wird in absehbarer Zeit mit dem schlimmsten zu rechnen sein, ein epileptischer Anfall wurde gerade noch vor 1 Jahr mit Notarzt und Einweisung ins Krankenhaus überstanden. Seither wird nur gesoffen, nix gegessen, das ganze Geld verpraßt. mit Typen, die sich voll dranhängen, Looser.
Möchte sagen, dass beim Betreuten kein Sozialfall vorliegt, sondern Entschädigung nach dem BVG, Gruss mary
mary ist offline  
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Stichworte
alkoholismus, soziotherapie, wohnheim, wohnungslosigkeit

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