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hubert 21.09.2009 16:02

Kooperation Richter- FA- Betreuer bei schwierigen Klienten
 
Ich habe in der psychiatrischen Praxis häufiger die Erfahrung gemacht, das die Kooperation bei schwierigen Klienten mit schlechter Comliance und immer wiederkehrenden Krisen die Kooperation zwischen den Instanzen Richter-Arzt-Betreuer nicht immer gut funktioniert und dadurch ggf. notwendige Unterbringungen zur Behandlung zu spät einsetzen und hier der Betreute in unnötige lange Krisenprozesse hineingerät und die Umgebung ebenfalls unnötig lange diese Krisen mit dem Betroffenen durchstehen muss.Ich möchte jetzt bei bestimmten Klienten dazu übergehen, Absprachen zwischen den genannten Instanzen zu Treffen, die hier, wie gesagt bei nur ausgesucht schwierigen Verläufen, Verbindlichkeit herstellen und die Krise möglichst in einem frühen Stadium ggf. durch ein Unterbringungsverfahren abfangen können. Bestehen da bei Euch Erfahrungen? Oder ist das vielleicht eine unrealistische Vorstellung?!

nam 21.09.2009 16:48

@hubert
 
das ist wohl eher unrealistisch......noch nicht mal grenzwertig im ansatz zu den rechtsnormen......

denn du hast ja angeführt....klienten mit schlechter compliance....also scheidet i.d.r der freiwillige weg aus...

die fraktion der richterInnen wird das wohl erst recht nicht mitmachen, den eine vorsorge in der form geben weder das FamFG oder die jeweiligen ländergesetze (PsychKG) her......hier das große stichwort RECHTLICHES GEHÖR/PERSÖNLICHER EINDRUCK vom betroffenen durch das gericht....

ein richter hat sich vor kurzer zeit dafür eine recht dicke schelle (rechtsbeugung/ausgeurteilte haftstrafe) eingefangen.....ich denke so blöde wird jetzt kein(e) richterIn mehr sein.....

ausserdem ist es für die betroffenen der letzte rettungsanker, dass eine i.d.r. freiheitsentziehende maßnahme durch das gericht angeordnet wird.....als die sonne noch etwas brauner über dem deutschen reich aufging entschieden das die ärzte alleine.....somit hat die richterliche kontrolle/anordnung auch einen geschichtsschwangeren hintergrund.......und wurde damals vom gesetzgeber bewusst SO ausgestaltet.......

lg
nam


more facts:

Haftstrafe wegen Rechtsbeugung: Richter ließ Senioren ans Bett fesseln - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Panorama

Imre Holocher 21.09.2009 21:46

Zitat:

Zitat von hubert (Beitrag 28040)
Ich möchte jetzt bei bestimmten Klienten dazu übergehen, Absprachen zwischen den genannten Instanzen zu Treffen, die hier, wie gesagt bei nur ausgesucht schwierigen Verläufen, Verbindlichkeit herstellen und die Krise möglichst in einem frühen Stadium ggf. durch ein Unterbringungsverfahren abfangen können. Bestehen da bei Euch Erfahrungen? Oder ist das vielleicht eine unrealistische Vorstellung?!

Hallo Hubert

Nam hat schon reichtlich deutlich gesagt, dass es Riesenprobleme geben wird, ein Unterbringungsverfahren schon früher zu starten.
Das sehe ich auch so, aber:

Warum sollten die genannten Instanzen nicht dazu übergehen, schon im Vorfeld ein Auge auf die Kooperation zu haben, um die zu erwartenden Krisen und damit die Unterbringung zu vermeiden?


Die "schlechte Compliance" ist ein sehr fragwürdiger Begriff.
Compliance bedeutet nichts anderes als 'Zusammenarbeit' - und dazu gehören mindestens 2. Bei Fachleuten wird die Compliance nur zu gerne auf die Bereitschaft des Patienten/Betreuten zur Zusammenarbeit reduziert.
Der Fachleut versteckt sich in diesem Fall hinter seiner Fachkompetenz und vergißt, das zu seinem Anteil an der Kommunikation auch dazu gehört, sich verständlich zu machen.
Weil der Fachleut das bezahlt bekommt, sollte zu erwarten sein, dass er dazu auch fähig ist und sich auf sein Gegenüber einstellen kann.
Das wird z.B. von psychisch kranken Gegenübern sicherlich nicht erwartet - aber "schlechte-Compliance-Diagnostizierer" verlangen das.
(Ich habe mich auch schon von schlechter Compliance reden hören, gebe mir aber inzwischen Mühe, den Begriff zu meiden und lieber die Ursachen der Probleme in der Zusammenarbeit zu finden. Is' auch nicht leicht)

Viel Glück wünscht
Mit freundlichen Grüßen


Imre

zeiten 22.09.2009 00:17

hallo hubert,
da hast du ja schon die entsprechende antworten bekommen. ich schreib auch noch mal ein bisschen, weils mir so wichtig ist.

zu krisen: jeder krise liegt der wunsch nach veränderung zugrunde – das ist lebenshunger. das ist bei allen menschen so, egal ob psycho oder nich. wenn eine solche veränderung nicht nötig wär, würd sich jeder organismus die krise sparen. aber je weniger so ne krise verändert, um so dirngender brauchen wir die nächste größere krise. es geht dabei nicht um leid verursachen oder so was. es geht um ein lebenswertes leben. menschliche entwicklung vollzieht sich immer in und durch krisen.

zur complience: vielen menschen wird einfach keine hilfe zuteil und die "schlechte complience" ist das deutlichste zeichen dafür.


aber noch was anderes:
Zitat:

...die Kooperation zwischen den Instanzen Richter-Arzt-Betreuer nicht immer gut funktioniert
nicht nur, dass sie nicht gut funktioniert. dies triumphirat gibt es nicht! eine richterin hat weder mit ärztinen noch mit betreuerinen zu kooperieren! ebenso wenig wie mit bänkern oder industriellen. und ich wette, auch da gibt es leute, die dir die vorteile einer solchen zweiteren zusammenarbeit aufzeigen könnten. ich nehme an, an diesem zweiten beispiel, siehst du, wie absurd das wäre. und ebenso absurd ist es auch in deiner konstellation.


dein argument:
Zitat:

...und hier der Betreute in unnötige lange Krisenprozesse hineingerät und die Umgebung ebenfalls unnötig lange diese Krisen mit dem Betroffenen durchstehen muss.
dies argument wurde in nazideutschland verwendet um unwertes leben zu eutanasieren... ebenso wenig recht, wie die ärzte in nazideutschland hatten, über unwertes oder wertes leben zu entscheiden, haben ärzte heute über nötige oder unnötige krisen zu entscheiden. (bevor das nun wieder gelöscht wird: natürlich hat hier niemand von eutanasie gesprochen. aber ähnlich ist es schon. nämlich in so fern, dass es in beiden fällen darum geht, dass sich menschen anmaßen, zu wissen, was für andere menschen am besten ist, um dann ganz erheblich in deren menschenrechte einzugreifen. und ich find einfach wichtig auch zu gucken, wo so was hinführen kann. und ich will damit ja gar nicht sagen, dass da nicht ganz viel gute absicht dahinter steckt. aber torzdem gefährlich ist.)


gruß, zeiten

nam 23.09.2009 14:32

passt wie ar..... auf den berühmten eimer
 
Zitat:

aus

http://www.vgt-ev.de/fileadmin/Medie...gen_im_BtW.pdf


Ärztliche Gutachter sollten auf die der Krankheitsdiagnostik eigentümlichen
defizitorientierten Darstellung des Probanden weitgehend verzichten und sich mehr
im Sinne moderner Behinderungsdiagnostik auf die Lösung der tatsächlich für die
vormundschaftsgerichtliche Entscheidung relevanten Alltagsprobleme des
Probanden hin orientieren. Das bedeutet u. a., stärker die verfügbaren Ressourcen
zu beschreiben, Entwicklungsmöglichkeiten zu benennen und
Rehabilitationsvorschläge zu machen.

Kohlenklau 23.09.2009 18:07

Zitat:

Zitat von nam (Beitrag 28125)
Ärztliche Gutachter sollten auf die der Krankheitsdiagnostik eigentümlichen
defizitorientierten Darstellung des Probanden weitgehend verzichten und sich mehr
im Sinne moderner Behinderungsdiagnostik auf die Lösung der tatsächlich für die
vormundschaftsgerichtliche Entscheidung relevanten Alltagsprobleme des
Probanden hin orientieren. Das bedeutet u. a., stärker die verfügbaren Ressourcen
zu beschreiben, Entwicklungsmöglichkeiten zu benennen und
Rehabilitationsvorschläge zu machen.

Der lebenswelt-orientierte Ansatz.
Super, anstatt "verströmt ein fulminantes odeur" nehmen wir dann "Wachstumspotential im Bereich Körperhygiene harrt der Entfaltung".

nam 23.09.2009 18:27

hauptsache die/der richterIn bleibt herrIn des verfahrens.....

wenn es dabei noch gut und anständig riecht.......:wink3:

hubert 24.09.2009 08:27

OK - da hab ich ja was losgetreten! Einige Beiträge zeugen aus meiner Sicht auch von einer gewissen Praxisferne. Arbeite seit 22 Jahren in der Akutpsychiatrie und da gibts manchmal ein paar Problemlagen die man mit akademischen Diskussionen nicht immer lösen kann.

Kohlenklau 24.09.2009 10:39

Zitat:

Zitat von hubert (Beitrag 28160)
Einige Beiträge zeugen aus meiner Sicht auch von einer gewissen Praxisferne. Arbeite seit 22 Jahren in der Akutpsychiatrie und da gibts manchmal ein paar Problemlagen die man mit akademischen Diskussionen nicht immer lösen kann.

Was meinst Du damit?

nam 24.09.2009 11:32

ähh.....soll hier jetzt das Unterbringungsrecht mit Ideen, die den Arbeitsalltag auf einer Akut-Station (ein schöneres Wort für geschlossene Abteilung) verschönern könnten, vermischt werden?

Wozu? Weil Beschlüsse fassen die Richter. Nur die!

Jetzt bitte nicht die Behandlungsqualität auf einer Akut-Station in die Diskussion miteinbringen.

Was hat denn das jetzt mit akademischen Diskussionen zu tun, wenn man auf die Tatsachen, wie sie in der Rechtsprechung Anwendung finden, hinweist?


P.S.
Die Gesellschaft hat die Psychiatrie-Patienten, die sie verdient!


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