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cmna 22.01.2010 11:50

Patientenverfügung
 
Bei der letzten OP meines Vaters habe ich von der Anästhesistin erfahren, dass ich stellvertretend eine Patientenverfügung aufsetzen kann und habe dies auch getan.
Bei meinem letzten Termin beim Amtsgericht habe ich den Sachbearbeiter gefragt, ob diese Verfügung tatsächlich gültig ist. Er war leider überfragt und konnte mir aus dem Stehgreif keine Antwort darauf geben.

Ist diese Patientenverfügung nun allgemeingültig, falls ihm etwas zustoßen sollte?
Darf ein Betreuer tatsächlich derart tief in das Leben eines Schutzbefohlenen eingreifen?

Lisa 22.01.2010 13:25

UUps -

Das halte ich aber für grenzwertig. Vielleicht wenn man nachweisen kann, was der Patient für diesen Fall für sich beschlossen hat. Aber es gibt schon Probleme bei "normalen" Patientenverfügungen - aber eine stellvertrend abzuschliessen.

Mal gespannt auf die sachkundigen Antworten!

Liebe Grüße
Lisa

agw 22.01.2010 16:24

Zitat:

Zitat von cmna (Beitrag 32393)
Bei der letzten OP meines Vaters habe ich von der Anästhesistin erfahren, dass ich stellvertretend eine Patientenverfügung aufsetzen kann und habe dies auch getan.

Hallo cmna,

aber ganz sicher bist du nicht befugt stellvertretend eine Patientenverfügung für den Betreuten zu machen.
Eine Patientenverfügung ist eine höchstpersönliche Angelegenheit welche der Betroffene nur selber erstellen kann.

Die Auskunft der Anästhesistin ist m.E. völlig daneben.
Du kannst nur im Rahmen der Gesundheitssorge entscheiden wenn dein Vater nicht mehr einwilligungsfähig ist.

Gruß,
Andreas

Imre Holocher 23.01.2010 11:39

Moin Moin

Da hat die Anästhesistin (Traumärztin?) wirklich genau daneben gelegen.
AGW hat es korrekt gesagt, auch das mit Deiner Entscheidungsbefugnis , wenn du die Gesundheitssorge hast und Dein Vater nicht mehr einwilligungsfähig ist.

Ich weiß jetzt nicht wie fit Dein Vater noch ist. Möglicherweise ist er ja nur phasenweise eingeschränkt, dann kannst Du Dich mit ihm über die Belange Unterhalten, die in einer Patientenverfügung geregelt werden. Sonst gehe ich davon aus, dass Du Deinen Vater schon richtig lange kennst und deshalb im Laufe Deines Lebens mitbekommen hast, wie er sich sein Leben oder auch seine Behandlungswünsche vorstellt.

Sprich - Fall 1, phasenweise ist er fit:
Unterhalte Dich mit ihm, schreibe seine Vorstellungen auf, sprich das auch noch mal mit dem Arzt durch (wenn es einen gibt, der ihn schon lange kennt), ebenso mit Deinen Geschwistern und Mutter (wenn es sie gibt). Dann hast Du zumindest den Willen erkundet und hast eine Richtlinie nach der Du entscheiden kannst.

FAll 2, nicht mehr fit oder ansprechbar:
Versuche aus Deiner Erinnerung herauszubekommen, wie sich Dein Vater sein Leben bzw. seine Behandlungswünsche vorstellen würde. Besprich das genauso mit Verwandten und dem seit langem behandelnden Arzt, ob die Deinen Vater und seine Vorstellungen auch so wahrgenommen haben - und Du hast auch einen Wegweiser für die Entsheidungen, die Du treffen mußt.

Denk dran: beim Treppensteigen kannst Du nie sicher sein wenn sie wackelt, aber ein Handlauf ist eine gute Hilfe. Bei den Behandlungswünschen eines Menschen ist das nicht anders.

Viel Glück wünscht

Imre

cmna 24.01.2010 12:44

Zitat:

Zitat von agw (Beitrag 32409)
Du kannst nur im Rahmen der Gesundheitssorge entscheiden wenn dein Vater nicht mehr einwilligungsfähig ist.

Genau um diesen Fall handelt es sich ja leider. Ihm wurde von versch. Neurologen ein Hirnschaden attestiert. Er atmet über eine Kanüle und kann daher auch keine Laute bilden. Wie viel er tatsächlich begreift, vermag niemand zu sagen.
Er hat sich nie mit derartigen Fragen beschäftigt. Viele Menschen setzen sich ungern mit dem eigenen Verfall auseinander. Er war stets ein sehr selbstständiger und kontrollsüchtiger Typ. Daher bin ich mir sicher, dass die vollständige Pflegeabhängigkeit nicht in seinem Sinne ist.
Da er keine Patientenverfügung erstellt hat, habe ich ihn damals beim Herzinfarkt auch wiederbelebt. Nun wird mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Besserung mehr eintreten. Die Entscheidung zur stellvertretenden Patientenverfügung ist mir nicht leicht gefallen und ich habe diese Entscheidung gemeinsam mit den anderen Angehörigen getroffen.

Verstehe ich das nun richtig und die Verfügung ist nach wie vor gültig?

Imre Holocher 24.01.2010 13:59

Moin Moin

Kurz und knackig:

Wenn Ihr Vater keine Verfügung aufgesetzt hat, dann gibt es keine. Punkt aus.

Sie dürfen definitiv keine Verfügung für Ihren Vater aufsetzen und unterschreiben..

Die Anästhesistin hat diesbezüglich Mist erzählt.

Wenn Sie die Gesundheitssorge für Ihren Vater haben und er nichts mehr sagen kann, dann müssen Sie an seiner Stelle entscheiden. Also ist es Ihre Entscheidung, aber bitte in seinem Sinne.



MfG

Imre

agw 24.01.2010 14:30

Zitat:

Zitat von cmna (Beitrag 32461)
Die Entscheidung zur stellvertretenden Patientenverfügung ist mir nicht leicht gefallen und ich habe diese Entscheidung gemeinsam mit den anderen Angehörigen getroffen.

Verstehe ich das nun richtig und die Verfügung ist nach wie vor gültig?

Hallo cmna,

wie Imre schon gesagt hat existiert keine gültige Patientenverfügung. Die Grundlage auf der du als Betreuerin deines Vaters entscheidest findest du im §1904 BGB. Hierin sind die Bedingungen geregelt für deine Entscheidungen.

Gruß,
Andreas

heiner 24.01.2010 16:05

Hallo,

ich sehe dies alles ein wenig mit anderen Augen und aus einem anderen Blickwinkel.

Gem. § 1901a Abs. 2

Liegt keine Patientenverfügung vor ........., hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden. ......ob er einer ärztlichen Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder untersagt.

Als Tochter kann man wohl durchaus davon ausgehen, den persönlichen Willen, eventl. frühere mündliche Äußerungeng, sowie ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten ( hier Vater ) zu kennen.

Dieser Passus wurde auch auf einem Seminar von Horst Deinert im Sept. 09 (Änderungen FamFG) diskutiert.
Ich bin also schon der Auffassung, das die Betreuerin (hier Tochter) diese Entscheidung treffen darf.

Gruß:winke:
Heiner

agw 24.01.2010 17:30

Zitat:

Zitat von heiner (Beitrag 32466)
Hallo,

ich sehe dies alles ein wenig mit anderen Augen und aus einem anderen Blickwinkel.

Hallo Heiner,
da hast du das Problem nicht verstanden. Natürlich kann die Tochter als Betreuerin über die Gesundheitsangelegenheiten im gesetzlichen Rahmen entscheiden.

Sie hat jedoch eine schriftliche Patientenverfügung aufgesetzt und diese für ihren Vater unterschrieben. Das diese natürlich nicht gültig ist dürfte ja wohl unstrittig sein.

Gruß,
Andreas

cmna 28.01.2010 18:15

Etwas unsicher.
 
Ach herrje.
Es ging um Wiederbelebungsmaßnahmen im Rahmen der OP. Auf Nachfrage teilte mir die Anästhesistin mit, dass ich bevollmächtigt bin, derartige Entscheidungen zu treffen. Die Erklärung liegt seinen Akten bei und soll angeblich weiterhin gültig sein.
Ich frage mich, ob sie den Begriff "Patientenverfügung" fälschlich benutzt hat, um mir den Umstand situationsbedingt "griffiger" zu beschreiben. Nachfrage ist leider aussichtslos, da das Krankenhaus sehr weit entfernt ist und es so gut wie unmöglich ist, einen Arzt ans Telefon zu bekommen... :nein:
Ich bin ein wenig hin- und hergerissen. Körperlich geht es meinem Vater (wider Erwarten) wesentlich besser. Herz-Kreislauf- und Verdauungssystem sind dennoch stark angegriffen und es ist zu befürchten, dass sich sein Gesamtzustand nach einer weiteren Wiederbelebung wesentlich verschlechtert. Ich bin sehr froh, dass es ihm im Augenblick (trotz seines Hirnschadens) relativ gut geht und möchte diesen Zustand möglichst lange aufrechterhalten.


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