Dies ist ein Beitrag zum Thema Haftung des Betreuers wegen Minimalzinsertrag ? im Unterforum Beiträge zu Rechtsfragen bis 2015 , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo zusammen,
in der von Rudi zitierten Debatte im Rechtspflegerforum geht es um die Frage, inwiefern Betreuer von den Erben ...
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20.03.2010, 18:16 | #11 |
Forums-Azubi
Registriert seit: 18.02.2010
Ort: Berlin
Beiträge: 30
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Hallo zusammen,
in der von Rudi zitierten Debatte im Rechtspflegerforum geht es um die Frage, inwiefern Betreuer von den Erben auf Schadensersatz verklagt und haftbar gemacht werden können, wenn sie das Vermögen des Betreuten mit zu geringen Zinsen anlegen. Bei einer Verjährungsfrist von 30 Jahren ist das eine nicht unerhebliche Frage. Im Rechtspflegerforum konnte allerdings auch nur ein einziges Urteil zitiert werden, bei dem ein Betreuer vom LG Bremen 1993 auf Schadensersatz verurteilt wurde. Dies war aber in gewissenweise ein Sonderfall, weil damals eine absolute Hochzinsphase mit 6% herrschte mit einer Steigerung bis zu 9% Anfang der 90er Jahre im Zuge der Wiedervereinigung. Zugleich herrschte in diesen Jahren eine hohe Inflation von 3% bis 6 %. Es wäre damals ein leichtes gewesen, die Vermögen mündelsicher mit höheren Zinsen als real erfolgt mit 2% anzulegen. Heute sieht die Situation aber ganz anders aus. Nach Börsen- und Banken-Crash herrscht nach wie vor große Verunsicherung (auch wenn das Schlimmste scheinbar vorbei ist), die Zinsen liegen historisch einmalig im Keller. Da hat die Sicherheit der Vermögensanlage oberste Priorität. Eine gewisse Sicherheit ergibt sich für den Betreuer auch aus der Tatsache, dass er Geldanlagen vom Betreuungsgericht oder Rechtspfleger genehmigen lassen muss. Derzeit wird m.E. kein Betreuungsrichter oder Rechtspfleger einer riskanten Geldanlage zustimmen. Weniger tröstlich ist dabei die Tatsache, dass die betreuungsgerichtliche Genehmigung von Anlagegeldern keineswegs eine Haftungsbefreiung für den Betreuer darstellt. Ich habe die Vermögensanlagen meiner Betreuten in Abstimmung mit dem Betreuungsgericht weitgehend unverändert gelassen nach dem Grundsatz, dass diese Anlage dem Willen der Betreuten entspricht, da sie vor dem Betreuungsbeginn dieser Geldanlage zugestimmt hat. Gelder (z.B. aus Zinsen), die neu anzulegen waren, wurden genutzt, um diese bereits getätigten „alten“ Geldanlagen aufzustocken. Neuerdings ist dies dem Betreuungsrichter aber auch zu riskant. Jetzt gilt der Grundsatz oberste Bonität – egal wie gering die Zinsen sind. Gruß, Steka |
21.03.2010, 10:21 | #12 | ||
"Räuberbraut"
Registriert seit: 17.07.2009
Beiträge: 779
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Zitat:
hi zusammen, ich möcht dazu nochmal was sagen. so wie du das hier schreibst, impliziert das ja, dass es eine art zeitgeschichtlicher ausnahmezustand wär, dass gerichte oder rpf zurzeit keinen riskanten geldanlagen zustimmen. und das halte ich für quatsch. die durften/dürfen nie und nimmer irgendwelchen riskanten(!!!) geldanlagen zustimmen - weder früher noch heute noch irgendwann in zukunft. und ich wette 1:100 dass sie das auch nie, nie, nie gemacht haben. kohle musste immer schon mündelsicher angelegt werden - d.h. da darf kein verlustrisiko sein. das ist schon immer die voraussetzung für eine genehmigung gewesen. Zitat:
ich halte diese diskussion um regress wegen zu wenig zinsen zum allergrößten teil für totale p a n i k m a c h e (!). in diesem paragrafen, wo drin steht, in welchen anlageformen das vermögen angelegt werden muss, da gibts heute wahrscheinlich nichtmal differenzen von 1%. und da das auch noch von tag zu tag schwankt, kann nun wikrlich keinem ein vorwurf aus irgendwas gemacht werden. wie rudi schon sagte: betreuerinnen sind keine anlageberaterinnen. und das ist auch gar nicht notwendig. und keinem wird ein strick daraus gedreht. dies urteil kann man doch auf die heutige zeit gar nicht umlegen. - also dont panik! greetz, zeiten Geändert von zeiten (21.03.2010 um 10:28 Uhr) |
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21.03.2010, 11:40 | #13 | |||||||||||
Berufsbetreuer / Verfahrenspfleger
Registriert seit: 24.10.2009
Beiträge: 911
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Zitat:
Das macht die Sache bei hohem Anlagevermögen ja eben ziemlich kompliziert. Hier findest Du das auch nochmal anders formuliert (bin immer wieder erstaunt, auf welche Begriffe hin das Betr-Wiki was ausspuckt... Hut ab, Herr Deinert! ): Geldanlage ? Betreuungsrecht-Lexikon Zitat:
Zitat:
Bei allem, was darüber hinaus geht, würde ich mir wie gesagt Hilfe suchen. Und das Argument, dass ja alle Menschen und insbesondere Finanzmenschen ach so böse seien *buhu*, bringt einem im Schadenersatzprozess nicht wirklich Punkte. Jeder Berufsbetreuer sollte doch ohnehin mindestens einen guten Steuerberater an der Hand haben. Und Steuerberater wissen zumeist sehr wohl den einen oder anderen seriösen Finanzberater zu nennen oder übernehmen den Job auch selbst - Steuer- und Finanzberater sollten bei solchen Beträgen ohnehin eng zusammenarbeiten. Ich persönlich arbeite nach dem Prinzip (auch für eigenes Kapital): Jede Anlageform, die ich auch nach dreimaliger Erklärung durch den Steuerberater nicht kapiert habe, kommt gar nicht in Frage. Hat sich als erstes Grobraster bei der Auswahl durchaus bewährt... Zitat:
Das ist ja einer der Gründe, warum ich persönlich die hier so ungeliebten Grundsatzdiskussionen eigentlich schon sehr gerne führe - um andere Blickwinkel und Argumente kennzulernen, auch wenn ich ihnen dann zumeist doch widerspreche... Zitat:
Zitat:
Ganz so einfach ist das - glaube ich - dann doch nicht. Zitat:
@ steka: Prima formuliert. Derzeit macht es tatsächlich wenig Sinn, Anlagen langfristig oder kompliziert vorzunehmen - allerdings mag es auch hier gewisse Ausnahmen im Bereich von Extremvermögen geben, da möchte ich nicht verallgemeinern und das kann sich in wenigen Monaten schon wieder völlig verändert haben. Zitat:
Zeiten, wenn ein Betreuer von einer "riskanten Anlage" spricht, dann ist das etwas völlig anderes, als das, was z. B. ein Börsenmakler damit meinen würde. Im Sinne des Betreuungsrechts müsste man genau genommen hergehen und alles, was nicht fest und sicher verzinst ist bis zum Sanktnimmerleinstag als "riskant" bezeichnen. Die in § 1807 Abs. 1 Nr. 4 und evtl. auch Nr. 1 BGB angegebenen Anlagen können u. U. in diesem Sinne bereits als "riskant" zu verstehen sein. Und selbst so bombenfest und auf Jahre hin festgeschrieben verzinste Anlagen können "riskant" sein, weil sich der Markt durchaus so entwickeln kann, dass sich Zinssätze erheblich steigern und dann eine vorher zinsgünstige Langzeitanlage plötzlich gar nicht mehr gut aussieht... Zitat:
Zitat:
Da muss man doch wieder abstellen auf die leidige Frage der Geschäftsfähigkeit: Legt ein geschäftsfähiger Betreuter sein ganzes Vermögen in Hedgefonds an, gibt es rein gar nichts, was ich als Betreuer dagegen machen kann. Bei geschäftsunfähigen Betreuten sieht das anders aus - wobei hier durchaus der rekonstruierbare Wille vor Eintritt der Geschäftsunfähigkeit zu beachten ist... aber m. E. eben nur bis zu einer gewissen, schwer zu definierenden Grenze, wie oben bereits angedeutet. Ich schlage wirklich vor, diesen Aspekt des Betreutenwillens und der Geschäftsfähigkeit aus der Diskussion rauszulassen - das sind Themen, die ohnehin schon kompliziert sind und das hier gegenständliche, auch nicht unkomplizierte Thema ganz vogelwild aufblähen würde, meine ich. Zitat:
a) sehr hohem Anlagevermögen UND b) Renditeunterschieden von deutlich mehr als 1% UND c) einem hypothetischen Gesamtschaden deutlich jenseits von 50 € oder meinetwegen auch 100 € pro Jahr UND d) fehlendem pflichtgemäßen Ermessen bei Wahl der Anlage durch den Betreuer (Fehlbarkeit an sich ist kein Haftungsgrund). Da muss also schon sehr viel zusammen kommen. Wenn jedoch mal a) bis c) allerdings zusammen kommen, heißt es, größte Sorgfalt walten zu lassen, damit eben d) nicht passiert.
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Geändert von Chesterfield (21.03.2010 um 11:48 Uhr) |
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21.03.2010, 12:27 | #14 | |||||
"Räuberbraut"
Registriert seit: 17.07.2009
Beiträge: 779
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Zitat:
Zitat:
guck mal: Zitat:
und die sachen aus deinem paragrafen, sind alle total sicher, weil da in letzter konsequenz der deutsche staat für garantiert. restrisiko (was aber nicht als solches sehen kann) wäre ein staatsbankrott. Zitat:
abgesehen von deinem superreich-beispiel meine ich nämlich, dass diese regressmöglichkeit wegen zu wenig zinsen nur da besteht, wo der betreuer total pennt. das war ja in diesem gerichtsurteil beispiel der fall. weil damals war ja bekannt, dass man (auch bei den gnaz sicheren sachen) locker fast überall 8% oder so kriegen kann. das war ne alt allgemeinbildung. das konnte man jeden tag in der zeitung lesen und in den nachrichten.... gruß, zeiten |
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22.03.2010, 13:32 | #15 |
Berufsbetreuer
Registriert seit: 30.07.2007
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 2,643
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Hallo,
wäre es tatsächlich so, dass man einen Betreuer wg. eines Minimalzinsertrages in die Haftung nehmen könnte, hätten wir in dem undurchsichtigen Finanz- und Anlagewesen tatsächlich einen Garanten, der für mögliche Zinsverluste riskanter Geldanlagen (also alles außer Sparbuch- bzw. Festgeldkonten) geradesteht: Wie gesagt, der Betreuer. Solch einen Super-Experten, der sich quasi hundertprozentig sicher ist - und dafür auch persönlich haftet - kann meines Wissens weltweit kein Geldinstitut aufweisen, dafür aber die Betreuungsgerichte ? (komischerweise wurde hierüber noch in keinem Wirtschaftsmagazin berichtet). Eigentlich sollte Betreuern mit diesem Weitblick eine horrende Vergütung zustehen (anglehnt an Bankmanagergehälter würde ich sagen). Spaß beiseite: Dass Betreuer- wie man von ihnen erwartet - neben vielfältigem Expertenwissen auch noch die Garantien für unsichere Geldanlagen abgeben sollen, halte ich für anmaßend übertrieben. Die Handungsweise kann daher nur lauten: Nur absolut sichere Geldanlagen - auch wenn kaum Zinserträge zu erwarten sind, und Hände weg von allem, wo Aktien- und/oder Rentenpapiere oder andere Wackelanleihen drin sind. Dann brauche ich mir auch keine anderen Berater oder Experten ins Boot holen. Dass keine höheren Beträge auf dem Girokonto rumliegen dürfen, versteht sich von selbst. mfg |
22.03.2010, 13:42 | #16 |
"Räuberbraut"
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