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Überlegungen eines Anfängers

Dies ist ein Beitrag zum Thema Überlegungen eines Anfängers im Unterforum Situation der Betreuer/innen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Hallo! Seit einigen Wochen arbeite ich - Sozialarbeiter - als Berufsbetreuer. Nach schleppendem Beginn werde ich nun von Anfragen überhäuft. ...


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Alt 27.09.2007, 17:44   #1
Berufsbetreuer
 
Registriert seit: 30.07.2007
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 2,642
Standard Überlegungen eines Anfängers

Hallo!

Seit einigen Wochen arbeite ich - Sozialarbeiter - als Berufsbetreuer. Nach schleppendem Beginn werde ich nun von Anfragen überhäuft. Zu meinen bisherigen sechs Betreuungen erhielt ich nun innerhalb einer Woche weitere sechs Anfragen von mehreren Amtsgerichten.
Nun mag zwar die Zahl von 12 Betreuungen für die "alten Hasen" unter den Berufsbetreuern lächerlich klingen, als Anfänger habe ich jedoch Probleme damit, dass diese Betreuungen nun alle zeitgleich beginnen sollen. Bei allen Betreuungen handelt es sich um Fälle mit allumfassender Sorge, hauptsächlich Suchtkranke mit Schulden. Pflegedienste müssen organisiert werden, Banken und Ärzte konsultiert, von den Hausbesuchen ganz abgesehen.
12 Betreuungen wären für ich im Normalfall kein Problem - aber alle beginnen nebeneinander.
Da ich aus finanziellen Gründen jetzt nicht unbedingt alles an mich reißen muss, spiele ich mit dem Gedanken, erst mal meine bisherigen Betreuungen ins Laufen zu bringen, bevor ich weitere annehme.

Gelte ich nun als Weichei oder ist meine Absicht nachvollziehbar? Welche Erfahrungen habt Ihr diesbezüglich in Eurer Anfangsphase gemacht?
Ich denke, wenn ich auf einmal mehrere Problemfälle annehme, leidet die Qualität meiner Arbeit darunter. Vielleicht bin ich auch zu kleinlich und sollte oberflächlicher arbeiten um mehr Aufträge zu beackern.
Angeblich reagieren einige Betreuungsbehörden bzw. Amtsgerichte ja allergisch, wenn man ihnen einen Korb gibt und ignorieren dann künftig die Betreuer, wenn diese wieder Kapazitäten frei haben. Ist dies wirklich so?

mfg
carlos ist offline  
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Alt 27.09.2007, 18:09   #2
Heinz
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Hallo Carlos,

unter Juristen gibt es das geflügelte Wort, trau-schau-wem. Es umschreibt die Gutgläubigkeit im Vertragsrecht.

Im übertragenen Sinn gilt es auch im Umgang mit den Gerichten. Sprich deine Situation mit den RichterInnen und RechtspflegerInnen durch und beschreib denen deine Einstellung und Praxis. Ich denke, sie werden es aktzeptieren, ob du es langsam angehen lässt, auch wenn du die Betreuung übernommen hast oder aber erst einmal für dieses Jahr abwinkst und erst im nächsten Jahr neue Betreuungen übernimmst. Es kann natürlich durchaus sein, dass du dann im nächsten Jahr eine Anlaufschwierigkeit hast. Andererseits hast du mit den gerade übernommenen schon genug zu tun. Wichtig ist aber auch die Anerkennung als Berufsbetreuer, auch wenn du noch keine 11 Betreuungen hast. Auch das würde ich vorab mit dem Gericht klären.

Viel Erfolg
Heinz
 
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Alt 27.09.2007, 18:21   #3
Berufsbetreuer
 
Registriert seit: 30.07.2007
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 2,642
Standard

Danke für die Antwort.

Die Sache mit den 11 Betreuungen wird anscheinend von vielen Behörden und Gerichten sehr eng ausgelegt. Dass man auch mit weniger als 11 Betreuungen Berufsbetreuer sein kann, nämlich wenn man mindestens 20 Std. in der Woche arbeitet, ignoriert man gerne - obwohl es so im Gesetz steht. Theoretisch kann man - laut Fachliteratur - auch mit nur einer Betreuung schon als Berufsbetreuer geführt werden.
Im übrigen denke ich - wenn ich meine bisherigen Fälle so anschaue -, dass sechs Betreuungen u.U. mehr Arbeit machen können als zwölf.
Vor meiner Zeit als Berufsbetreuer führte ich zwei Betreuungen ehrenamtlich.
Von deren Sorte hätte ich wohl zwanzig haben können, der Aufwand wäre geringer gewesen als mit meinen jetzigen sechs.
mfg
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Alt 28.09.2007, 07:53   #4
Gesperrt
 
Registriert seit: 04.04.2004
Ort: NRW
Beiträge: 2,294
Standard

Hallo Carlos,

wenn Du so viele Angebote bekommst, könntest Du das auch als Kompliment auffassen. Gerade Berufsanfänger haben es doch schwer genügend Fälle zu bekommen, weil die Kapazität der "alteingessenen" Betreuer zuerst abgedeckt wird. So wird das jedenfalls bei uns gehandhabt. Dazu kommt, dass man bei uns für direkte Anfragen vom Gericht schon ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben muss, ansonsten wird immer erst einmal bei der Betreuungsbehörde nachgefragt, dort wird der passenden Betreuer ausgewählt. Du bist also wahrscheinlich durch gute Arbeit aufgefallen!

Auf der anderen Seite solltest Du darauf achten, dass Du ein gewisses Mischverhältnis hast. Habe ich z.B. ein paar schwierige Fälle übernommen, dann möchte ich natürlich auch mal ein paar leichtere übernehmen, sonst würde ich mit meinen Stunden gar nicht mehr klar kommen. Schwierig und leicht ist immer relativ, denn die leichten Fälle entpupppen sich oftmals auch als schwieriger als gedacht, oder aber es werden ein paar Dinge schlichtweg vergessen, bei denen man hinterher aus allen Wolken fällt. Aber bei Suchterkrankungen ist es eigentlich klar, dass sich die Führungen solcher Betreuung zeitaufweniger sind als z.B. ein älterer Mensch im Heim oder auch zu Hause, mit umfassender Hilfe. Genauso sollte man schauen wie viele Heimklienten man hat und wie viele Menschen, die zu Hause leben.


Zitat:
Angeblich reagieren einige Betreuungsbehörden bzw. Amtsgerichte ja allergisch, wenn man ihnen einen Korb gibt und ignorieren dann künftig die Betreuer, wenn diese wieder Kapazitäten frei haben. Ist dies wirklich so?
Ich habe auch schon Absagen erteilt, die direkt vom Gericht kamen, weil ich einfach keine Kapazität hatte. Es ist oftmals so, dass die Richter Eilsachen reinbekommen und dann einfach bei Betreuern nachfragen, weil es schneller geht. Ich habe schon erlebt, dass ich danach von Kollegen hörte, dass man auch bei ihnen nachgefragt hatte. Negativ hat sich das nicht ausgewirkt, selbst wenn mich ein Richter nicht mehr anrufen sollte, gibt es die Betreuungsbehörde, bei der ich anrufe, wenn ich wieder Luft habe und dann bekomme ich wieder Fälle. Dort gebe ich auch Bescheid, wenn ich keine Kapazität mehr habe und das wird dann vermerkt. Diese Stelle ist in erster Linie für die Verteilung zuständig und ich habe noch nie erlebt, dass man mich von dort aus vorgeschlagen hätte und ich den Fall nicht bekommen hätte, weil ich irgendwann mal einem Richter abgesagt habe.

Ich habe schon mit meinem allerersten Fall abrechnen können, da ich beabsichtigte in naher Zukunft mehr als 10 Betreuung zu übernehmen. Auf meiner ersten Bestellung stand "Berufsbetreuer", darauf sollte ich immer achten, damit ich auch tatsächlich abrechnen konnte. Diese Fälle habe ich alle langsam nacheinander bekommen und konnte mich erst einmal einarbeiten.

6 solcher Fälle sind viel. Auch alte Hasen würden sich damit schwer tun. Wenn ich 2 schwierige Betreuungen aufeinmal bekomme, dann drehe ich mich zeitweise auch um die eigene Achse. Es läuft ja nicht alles nur routinemäßig ab, jeder Fall ist anders und die anderen Betreuungen müssen ja auch weiterlaufen. Momentan habe ich z.B. ganz schwer mit einem alten Fall zu kämpfen, bin seit Tagen mit fast nix anderem beschäftigt, bei dem ich sonst nie viel zu tun hatte. Der Ehemann einer alten Dame ist verstorben. Ich habe ihn auch betreut. Die Nachlassgeschichten sind gar nicht mein Ding, ich bin immer froh, wenn ich das nach Tod abgeben kann.. Hier ist es anders, da ich die Witwe auch betreue. Neben dem ganzen Papierkram kommt noch hinzu, dass sie nicht mehr alleine in ihrer Wohnung bleiben kann...
Dazu habe ich noch 2 neue Betreuungen bekommen..

Also Carlos, es geht anderen ähnlich wie Dir und ich bin knapp 7 Jahre als Berufsbetreuerin im Amt. Zu Beginn sagte man mir, dass man immer entweder zu wenig oder zu viel Betreuungen hat, ein Mittelmaß ist fast gar nicht hinzubekommen. Trotzdem sollest Du die Fälle erst einmal in Ruhe abarbeiten und dann kannst Du immer noch für neue Betreuungen nachfragen.

Alles Gute für Dich!!!!!!

Mit freundlichen Grüßen

Tina L.
Tina L. ist offline  
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Alt 28.09.2007, 08:28   #5
Berufsbetreuer
 
Registriert seit: 30.07.2007
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 2,642
Standard

Danke für die ausführliche Antwort, Tina.
Deine Ausführungen bestärken mich darin, dass meine Ansicht, als Anfänger nicht gleich mehrerer komplizierte Betreuungen parallel zu bearbeiten, nicht völlig unangemessen erscheint, gerade wenn man als "Einzelkämpfer" fungiert - ohne Bürogemeinschaft oder die Unterstützung von Kanzleipersonal.
Die Arbeit macht mir zwar im Grunde schon Spaß. Dennoch kann einem eine übergroße Hektik durch mehrere Problemfälle in der Anfangsphase, diesen gehörig verderben. Bei meinen ersten Berufs-Fällen merkte ich schnell, dass viele komplizierte Rechtsthemen zu bearbeiten sind (Prüfung von Bescheiden, Einlegen von Widerspruch, Prüfung der Finanzen, freiheitsentziehende Unterbringungen u.a.). Während die Mühlen der Justiz dabei oft recht langsam mahlen, drängt man den Betreuer oft zu unverzüglichem Handeln.
Da ich Sozialpädagogik studiert habe, sind mir zwar die grundlegenden Rechtsthemen nicht fremd, dennoch komme ich mir manchmal mehr wie ein Anwalt als ein Betreuer vor. Dies erfordert m.E. ein gewisses Maß an Routine, die erst noch (unhektisch) erarbeitet werden will.

Schön, dass es dieses Forum gibt, wo man auch mal "Dampf ablassen" kann.
mfg
carlos ist offline  
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Alt 28.09.2007, 08:45   #6
Gesperrt
 
Registriert seit: 04.04.2004
Ort: NRW
Beiträge: 2,294
Standard

Lieber Carlos,

es hört nie auf, dass man als Betreuer nicht ALLES weiß. Das ist das Spannende, man lernt immer mehr dazu und doch nie aus... Irgendwie sind wir Multitalente, von denen manchmal sogar fast Zauberei erwartet wird. Lass Dir Deine Freude an dem Job nicht vermiesen, er hat nämlich auch sehr, sehr gute Seiten. 8) Du schaffst das schon!

Mit freundlichen Grüßen

Tina L.
Tina L. ist offline  
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Stichworte
anzahl betreuungen, berufsbetreuer, betreueraufgaben

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