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Operation gegen den Willen des Betroffenen

Dies ist ein Beitrag zum Thema Operation gegen den Willen des Betroffenen im Unterforum Situation der Betreuer/innen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Moin, Bitte um Erfahrungsberichte aus vergleichbaren Fällen: Mein Betreuter (40J) leidet neben einer Virusenzephalitis mit Laehmung der Beine an einer ...


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Alt 04.09.2019, 13:49   #1
Held der Arbeit
 
Registriert seit: 03.07.2013
Ort: Bürostandort Oldenburg/Niedersachsen
Beiträge: 401
Standard Operation gegen den Willen des Betroffenen

Moin, Bitte um Erfahrungsberichte aus vergleichbaren Fällen:



Mein Betreuter (40J) leidet neben einer Virusenzephalitis mit Laehmung der Beine an einer nicht behandelten Schizophrenie. Ich hatte ihn Anfang des Jahres zur Diagnostik mit Beschluss in der Psychiatrie, als Ergebnis wurde er als zwar behandlungsbeduerftig, aber nicht als selbst/fremdgefaehrdend eingestuft und wieder entlassen.

Im Normalzustand sitzt er im Wesentlichen im 1. OG im Wohnungsflur (eigene Geschichte) vor seinem PC, das hat seine Kehrseite wohl nich auf Dauer verkraftet:

Nach laengerer Pause habe ich vor ca. 4 Wochen wieder Kontakt zu ihm bekommen. Im Ergebnis ist er jetzt wegen mehrerer hochgradiger Dekubiti im Krankenhaus.


Die Wunden liegen nahe am Darmausgang und sind daher kaum steril zu halten und zu versorgen. Er wird mit Antibiose stabil gehalten, eine Wundheilung erfolgt faktisch nicht. Es besteht permanent das Risiko einer fortschreitenden Infektion - Sepsis - Exitus.

Die Aerzte raten DRINGEND zur Anlage eines kuenstlichen Darmausgangs, um die Wunden vernuendtig - ggf. auch transplantativ - versorgen zu koennen. Danach soll der "Rueckbau" erfolgen. Das lehnt er vehement ab wegen des nicht zu leugnenden Restrisikos, dass aus dem temporaeren ein dauerhafter Darmausgang wird. In seiner Argumentation bleibt er aber vor allem in seinem Wahnsystem - kann ja sein, dass der Operateur mental attackiert wird und dann einen Behandlungsfehler begeht.

Ich habe beim Gericht die Zustimmung zu diesem Eingriff beantragt. Es gibt ein psychiatrisches Gutachten, dass die freie Willensbildung zu dieser Frage verneint. Den Willen zum Überleben hat der Betreute klar formuliert. Ein somatisches Gutachten zur Notwendigkeit des Eingriffs ist in Arbeit. Das Gericht hat die Zustimmung angekuendigt, sobald das zweite Gutachten vorliegt und den Sachverhalt bestaetigt.


Aber:

Was pasiert dann?

Wie ist so ein Beschluss dann praktisch umzusetzen?


PS:

Die Folgeversorgung und die Frage des Erhalts des eigenen Wohnraums ist noch eine andere Geschichte. Konsens mit ihm ist zumindest, dass eine KZP zur Wundversorgung wohl Sinn macht, es mangelt grad nur an Plaetzen.
__________________
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K.Wagner ist offline  
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Alt 04.09.2019, 15:49   #2
Stammgast
 
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Ort: NRW
Beiträge: 650
Standard

Zitat:
Zitat von K.Wagner Beitrag anzeigen
Aber:

Was pasiert dann?

Wie ist so ein Beschluss dann praktisch umzusetzen?

Ganz vereinfacht: Venöser Zugang, Analgesie & Narkose, OP durch den behandelnden Arzt mit Deiner dem Behandler ggü. ausgesprochenen Einwilligung im Sinne von §§ 1904, 1906a BGB.


Die Rechtsfolgen des § 1906a BGB stellen ja ein einschneidenderes Mittel als die des § 1904 BGB dar, weil hier nicht, aus objektiver Sicht, ein bejahender Wille und damit der Zweck des Patientenwohles grundsätzlich angenommen wird, sondern ja ein (natürlicher) Wille dem entgegensteht. Allerdings ist in diesem Fall ja ohnehin fraglich, ob ein Wille des Betreuten überhaupt wirksam entegensteht (schriebst Du ja weiter oben), weil diesem scheinbar psychotische Wahnvorstellungen zugrundeliegen.


Jedenfalls wäre im Zweifelsfall, mit Deiner Einwilligung, nach Zustimmung des Betreuungsgerichtes eine zwangsweise Umsetzung der Maßnahme denkbar. Problem, und danach fragtest Du ja eingangs, ist die Durchführung nach ergangenem Beschluss zur Durchsetzung der Zwangsbehandlung. Hierzu fehlen konkrete gesetzliche Regelungen.


Du als Betreuer darfst keinen Zwang anwenden, dieser ist Hoheitsträgern vorbehalten. § 326 FamFG umfasst auch die Zuführung zum stationären Aufenthalt, also analog, mangels spezieller Verfahrensregelung (s. o.) eventuell auch die stationäre Behandlung als solche (sonst wäre die Zuführung ja sinnfrei). Im Zweifelsfall könnte die Betreuungsbehörde i. V. m. der Polizei oder dem Ordnungsamt (Amtshilfe, § 326 Absatz 2 Satz 1 BGB) tätig werden, etwa wenn der Betreute zum Anlegen eines venösen Zugangs festgehalten werden müsste...hört sich martialisch an, ist aber die ultima ratio in diesem Fall.


Unproblematisch ist die Zwangsanwendung jedenfalls nicht. Sie muss, auch bei Vorliegen eines gerichtlichen Beschlusses über die Zulässigkeit, fortlaufend, auch während der Maßnahme, hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit i. e. S. geprüft werden.



Meist lassen sich die Menschen am Ende ja dann doch noch auf gutes Zureden ein...
Florian ist offline  
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Alt 04.09.2019, 20:28   #3
Stammgast
 
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: NRW
Beiträge: 650
Standard

Wichtig wäre zusätzlich ggf. auch die explizite betreuungsgerichtliche Genehmigung der Gewaltanwendung, § 326 Abs. 2 S. 1 FamFG, zur Durchsetzung der genehmigten Zwangsmaßnahme i. S. v. § 1906a BGB.


Meist nimmt das Gericht dazu aber automatisch in seinem Beschluss kurz Stellung.
Florian ist offline  
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