Dies ist ein Beitrag zum Thema Mitwirkungspflicht"drohung" im Unterforum Situation der Betreuer/innen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Mal was ganz anderes aus dem Allltag.
Seit einiger Zeit steht stereotyp unter jedem z.B. GruSi Bescheid/Bewilligung
..... aus fiskalischen ...
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11.02.2020, 07:38 | #1 |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Mitwirkungspflicht"drohung"
Mal was ganz anderes aus dem Allltag.
Seit einiger Zeit steht stereotyp unter jedem z.B. GruSi Bescheid/Bewilligung ..... aus fiskalischen Gründen wird die sofortige Vollziehung ...bla bla... angeordnet. Weiter dann kommt der allseits beliebte Satz über die Mitwirkung: es wird darauf hingewiesen dass man nach § xy zu Mitwirkung verpflichtet ist da ansonsten die Leistung versagt werden kann. Der steht z.B. auch unter einem Schreiben was am 9.2. bei mir ankam mit einer Fristsetzung zum 15.2. Dem vorausgegangen war eine Antragstellung Anfang Dezember mit der Mitteilung zu Ende Januar die Nicht-Zuständigkeit festgestellt zu haben. Mein Antrag sei weitergegeben worden. Na , was denkt ihr? Die erste Seite wurde weitergegeben, sonst nichts denn prompt kam die Aufforderung (fast) alles noch mal neu abzugeben. Das ist eher Alltag aber diese ständige Drohung geht mir gewaltig auf den Keks. Solche Bescheide erhalten ja auch ganz normale Bürger ohne Betreuer. Dem geschätzte Kollesch hier ist letzte Woche spontan der Kragen geplatzt deswegen. Er hat einen Satz angefügt von dem ich hoffe dass er ihn auch hier preis gibt. Sehr trefflich formuliert. Klar manchmal brauchen Schluris bißchen Dampf- aber doch nicht jeder und immerzu! Was ist das für ein Umgang mit Menschen die einen Anspruch haben aber evtl. noch Anlaufschwierigkeiten diesen für sich umzusetzen oder überhaupt zu verstehen? Nicht als BB (Berufsbetreuerin) sondern als BB (Bundesbürgerin) will ich zumindest mal wieder für eine Zeitlang dagegen angehen. Ich überlege mir einen ähnlichen/entsprechenden "footer" zu basteln der zukünftig unter jedem Brief ans Amt stehen wird. Habt ihr diese Sätze nicht unter den Bescheiden stehen?
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11.02.2020, 09:00 | #2 |
Moderator
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Die Mitwirkungspflicht ergibt sich schon kraft Gesetzes (§§ 60 - 67 SGB I). Das muss nicht im Bescheid stehen, ist eine sinnlose Doppelung (die aber auch nicht schadet). Bei ablehnenden Bescheiden (nicht wenn wie beantragt bewilligt wurde), muss eine Rechtsmittelbelehrung drinstehen (§ 36 SGB X), fehlt diese, ist die Widerspruchsfrist 1 Jahr (§§ 66, 84 SGG).
Die Sache mit der sofortigen Vollziehbarkeit ist bei einer Bewilligung auch so eine sinnlose Formulierung. Das bedeutet nur, der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung (= das bewilligte Geld wird trotz Widerspruches ausgezahlt). Kann nur dann inhaltlich Sinn machen, wenn um ein Detail gestritten wird (zB Höhe der Umzugskosten). Sagen wir mal der Betreuer hat 500 € beantragt, die Behörde hat nur 300 bewilligt. Dann ist das ein gemischter Bescheid (begünstigender VA über 300, belastender VA über 200 €. Wenn man wegen der fehlenden 200 Widerspruch einlegt, ist eigentlich auch der Betrag von 300 erst mal nicht auszuzahlen (aufschiebende Wirkung). Das vermeidet man durch die AO der sofortigen Vollziehung. Ich denke an diesem Beispiel wird klar, warum das sinnlos ist, wenn alles bewilligt wurde, was beantragt ist. Wahrscheinlich ist das eh ein Textbaustein, der immer automatisch drin ist, egal obs passt oder nicht. Oder der Sachbearbeiter versteht die Grundlagen des Verwaltungsrechtes nicht.
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11.02.2020, 12:49 | #3 | |||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Zitat:
Der GruSi Empänger der seine Leistung beantragt hat wird darauf hingewiesen dass die Kohle auch dann käme wenn er beschlossen hätte lieber zu verhungern! Hut ab, das ist Fürsorge! Letztlich ist eine völlig unverständliche und unklare Drohung und damit eine ungeheure Frechheit. Zitat:
Zitat:
Ja ja ich weiss, das wirkt mal wieder unsinnig wo doch so viel Wichtigeres anliegt aber ich will nicht zurück zu den "guten alten" Zeiten wo man im Amt noch ein Herrscher war. Peinlicherweise oder vielleicht auch nicht geschieht das alles unter einem "grünen" OB. Auch lesenswert
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11.02.2020, 13:12 | #4 |
Moderator
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Bitte keine Verschwörungstheorien. Ich halte es mit Albert Einstein: „2 Dinge sind unendlich: das Universum und die Dummheit der Menschen. Aber beim Universum bin ich mir noch nicht sicher.“
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11.02.2020, 16:15 | #5 |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Hallo Horst, das ist keine Verschwörungstheorie sondern leider die bittere Realität deren Ausprägungen uns Betreuern täglich begegnet.
Es handelt sich bei solchen Dingen weder um ein Versehen, noch ein Missverständnis, noch eine Eigenmächtigkeit des Sachbearbeiters sondern um kaltes rechnerisches Kalkül.
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11.02.2020, 17:33 | #6 |
Stammgast
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Es ist sogar noch schlimmer. In Sozialbehörden jeder Couleur gibt es interne Dienstanweisungen nach welchen Bescheide zu verfassen sind. Diese verstoßen zum Teil bewusst gegen Recht und Rechtsprechung. Dabei wird billigend Inkauf genommen, dass die Bescheide unrichtig und anfechtbar sind. Ziel ist es, Geld zu sparen, und zwar auf Kosten der Ärmsten. Die Statistiken sprechen eine deutliche Sprache. Nicht umsonst ist die Aufhebungsrate vor den Sozialgerichten so hoch. Das sind keine Rechenfehler. Hier geht es nach dem Motto, wir machen die Bescheide falsch und gucken, ob wir damit durch kommen.
Jeder x-beliebige Brief, der von Sozialbehörden abgeschickt wird, enthält 2 oder mehr Seiten Gesetzestext zu den Pflichten der Antragsteller. Gehst du jedoch mit dem Gesetzestext und / oder entsprechender Rechtsprechung in die Behörde hinein, bekommst du nur einen Verweis auf die Dienstanweisung. Und so, wie es im Gesetz steht, ist es ohnehin nicht gemeint. Das belegt auch die Tatsache, die ich im anderen Thread schon angesprochen habe. Die Verlängerung des Prüfzeitraumes von 3 auf 6 Monate beruhe auf einer Entscheidung des BSG. Nach Nachfrage meinerseits hat der Mitarbeiter der Sozialbehörde nunmehr zugegeben, dass es lediglich eine Auslegung der bisherigen Rechtsprechung sei, es jedoch keine neue gibt. Meine weitere Intervention, warum in einem besonderen Falle auf die Vorlage von Kontoauszug über einen Zeitraum von 6 Monaten bestanden wird, erklärte er mir, es bestehe ja die Möglichkeit für ein Jahr zu bewilligen. Hierauf teilte ich ihm mit, dass diese Möglichkeit eben nachgerade nicht bestehe, da die Ehefrau Arbeitseinkommen in unregelmäßiger Höhen (beide Einkommen in sozialbetrugsverdächtiger Höhe, zum einen 150-160 € Werkstattlohn / geschützter Arbeitsplatz sowie zum anderen 2-5 € für Zeitungaustragen) erhält und damit nur eine vorläufige Bewilligung für ein halbes Jahr in betracht kommt. Damit liefe die regelmäßige Prüfung von 6 Monaten auf eine Vollprüfung hinaus. Diese ist natürlich unzulässig, was das Amt aber nicht hindert, diese dennoch zu verlangen und ansonsten mit den Mitwirkungspflichten und der Leistungseinstellung zu drohen. Ich verstehe Michaela voll und ganz. Wir müssen duckmäusern, damit wir die Leistungen unserer Betreuten nicht aufs Spiel setzen. So geht das nicht. Die Herrschaften gehen an manchen Stellen einfach zu weit. Andere Behörden beantragen ohne unser Wissen und ohne uns davon in Kenntnis zu setzen Renten oder Rentenüberprüfungen. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Ich zitiere mal einen unter Rechtspflegern bekannten und geschätzen Autor (Otto Wesche, Rechtspfleger u.a. an den AG Goslar und Wernigerode / ehemals Dozent an der Rechtspflegerschule des Landes Sachsen-Anhalt in Benneckenstein): "Betreuung macht nur Spaß, wenn alle sich lieb haben." Das meint nicht, dass man immer gleicher Meinung sein muss, aber man muss sich mit Respekt und vor allem Offenheit begegnen. Und gerade daran lassen es viele Sozialbehörden ermangeln.
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11.02.2020, 19:14 | #7 |
Routinier
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Ich erinnere hier an einen der schockierendsten Fälle:
Eine Frau mit Missbrauchserfahrung (sexueller Missbrauch durch den eigenen Vater) beantragt wegen Obdachlosigkeit die Kostenübernahme für eine Übergangswohnung (§ 67 SGB XII). Das erste was der Leistungsträger macht, bevor die Kostenübernahme überhaupt bewilligt wird, ist, den Vater um Unterhalt zu bitten und dabei die Adresse der Tochter im Bescheid zu nennen. Obwohl der Behörde sowohl der Hintergrund als auch die Tatsache bekannt war dass der Vater weiterhin gefährlich ist. Das war sicher kein Versehen, sondern volle Absicht. Was der Tochter dann passiert war, erspare ich euch besser. |
11.02.2020, 19:19 | #8 |
Moderator
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Zum letzten Fall: ich hoffe doch, dass gg diesen Mitarbeiter Dienstaufsichtsbeschwerde, Anzeige beim Landesdatenschutzbeauftragten wegen Datenschutzverstoss und Schadenersatzklage (Amtshaftung) eingereicht wurde. U.U. Ist das sogar eine Straftat gewesen.
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11.02.2020, 19:33 | #9 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Zitat:
(Mach bitte was eigenes auf wenn du darüber reden willst und hänge dich mit solchen Beispielen nicht hier dran) Bei dem was ich moniere geht es um eine breit angelegte, oft unwidersprochene, Kampagne gegen alle Hilfeeempfänger mit scheinbar grundsätzlicher Natur. Ich will hier auch kein Behörden- Bashing vom Zaun brechen, einzelne Mitarbeiter finden diese Sätze ebenfalls grauenhaft aber- sie kommen "von oben". Und das ist das eigentlich Verwerfliche daran.
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11.02.2020, 21:42 | #10 |
Berufsbetreuer
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Verlegung ins Wohnheim im Januar. Grusi-Antrag mit Mietbescheinigung vorab gestellt. Meldebescheinigung und Wohn- und Betreuungsvertrag wird vom Sozialamt nachgefordert. Meldebescheinigung reiche ich nach Umzug und Ummeldung zackig ein, Wohn- und Betreuungsvertrag habe ich noch nicht. Bitte um Start der Leistungsgewährung.
Sozialamt schreibt Anfang Februar, ohne den Wohn- und Betreuungsvertrag gibt es gar nix, Also binnen zwei Wochen einreichen, sonst kann der Antrag abgelehnt werden Übliche Belehrung und Androhung nach § 66 SGB I. Ich übersetze das mal: Wir, das Amt wissen zwar alles, was wir brauchen, aber solange wir die Akte noch nicht zu 100% schön haben, weil noch eine ergänzende Unterlage zu den KdU fehlt, gibt es gar nix, auch nichts zu essen und keine Krankenversicherung. Hierüber habe ich meinen heiligen Zorn über das Sozialamt ergossen, zumal das Gelingen der Mitwirkung ja auch von Dritten abhängt. Ich habe -unprofessionell wie ich nunmal bin- ergänzend mitgeteilt, dass ich als Bürger nicht wünsche, dass meine hilfsbedürftigen Mitbürger so schmählich unter Druck gesetzt und bedroht werden und in der Konsequenz sogar ohne gesetzlich zustehende Hilfen gelassen werden würden. Und weil ich dann gerade so schön in Fahrt war, habe ich sportlichen Ehrgeiz bei der Verhinderung zustehender Hilfen unterstellt (solchen nehme ich bei diesem Sozialamt tatsächlich wahr). Nun denn, genützt hat es jedenfalls. Der Regelsatz kam ebenso zackig aufs Konto wie die Nachfrage auf meinen Schreibtisch, wohin man die KdU zahlen solle. Der Wohn- und Betreuungsvertrag könne dann irgendwann nachgereicht werden. |
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