Diskussionsteil über den Betreuungsrechtentwurf
Moin moin
Na, das kann ja spannend werden. Dass die Berufsbetreuer sich registrieren lassen sollen finde ich grundsätzlich erst mal nicht schlecht. Das kommt im Prinzip auch einer Verkammerung entgegen, die von den Verbänden inzwischen ja auch verfolgt wird. (Das habe ich dem bdb im Jahr 2000 schon mal vorgeschlagen, damals aber nur nicht-verstehendes Gelächter geerntet...). Jedenfalls ist das ein Schritt in Richtung anerkannter Beruf. Paradox ist allerdings die auch weiterhin verbleibende Aufteilung der Vergütungsklassen. Ich fände es schon besser, wenn man klar sagen würde, dass BBs in Zukunft bitte schön eine Uni-Ausbildung mitbringen müssen und die Vergütungen auf dem C-Niveau vereinheitlicht werden. Wer ausschließlich von der Betreuervergütung leben und womöglich eine Familie ernähren will, ist mit einer A oder B Einstufung ziemlich in den Hintern gekniffen - oder zumindest verdächtig nah am ergänzenden ALG 2-Anspruch. Sofern nicht irgendwo noch klammheimlich und durch die kalte Küche Verschlechterungen eingebaut werden (zuletzt war es der Wegfall der Verpflegung, die betreute WGs von einer Wohnungs- zu einer Heim-Vergütung degradiert haben) kann man zumindest über den Entwurf diskutieren. Highlights und Pferdefüße werden sich sicherlich noch herausstellen. MfG Imre |
Zitat:
Das ist letztlich nicht neu denn dort müssen wir bereits alle bekannt sein und die "üblichen" Standards nachweisen um überhaupt vorgeschlagen werden zu können. Zitat:
Zitat:
|
Diskussionsteil über den Betreuungsrechtentwurf
Ich dachte neben der reinen Vorstellung des Entwurfs hier mal einen Thread zu eröfffnen zur inhaltlichen Diskussion über die Vor-und/oder Nachteile die diese Planung für uns mit sich bringt.
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Geset...tml?nn=6712350 |
Da nicht jeder hier die Zeit und Lust hat 500 Seiten durchzulesen will ich mal die wesentlichen Änderungen für Betreuer zusammenfassen:
* Zum Betreuer (ehrenamtlich oder beruflich) kann künftig nur noch bestellt werden, wer geeignet ist; überschuldete Personen oder solche mit erheblichen Vorstrafen sind künftig von der rechtlichen Betreuung ausgeschlossen. Zudem müssen berufliche Betreuer einen Sachkundenachweis führen; zuständig ist die Betreuungsbehörde am Wohnsitz des Betreuers (d. h. die bisherige Praxis, sich an mehreren Amtsgerichts als Betreuer zu bewerben, entfällt). Berufsbetreuer können nicht mehr Erbe des Betreuten sein. * Die Betreuervergütung wird zukünftig quartalsweise ausgezahlt. Die bisherige Pflicht, regelmäßig Vergütungsanträge zu stellen, entfällt. * Bei der Frage der Mittellosigkeit des Betreuten wird zukünftig nur noch das Vermögen, nicht mehr das Einkommen betrachtet. Damit entfällt die fehleranfällige Einkommensanrechnung genauso wie der Verweis auf (in der Praxis schwer durchzusetzende) Unterhaltsansprüche gegen die Familie. * Geschwister sind zukünftig befreite Betreuer * Befreite Betreuer müssen keine Schlussrechnung mehr erstellen * Die Schlussrechnung wird nur noch nach dem Tod des Betreuten oder auf Antrag geprüft * Ein neuer Anfangsbericht wird eingeführt, den jeder Betreuer (außer Familienangehörige) zu Beginn seiner Betreuung erstellen muss und die persönlichen und sozialen Verhältnisse des Betreuten umfasst. Der Anfangsbericht muss in den Jahresberichten entsprechend aktualisiert werden. * Das Vermögensverzeichnis des Betreuers bekommt zukünftig auch der Betreute zu Gesicht * Die Genehmigungspflichten im Bereich des Aufenthalts des Betreuten werden deutlich ausgeweitet und umfassen künftig nicht nur die Kündigung eines Mietvertrags, sondern jede Verlegung des Betreuten (auch z. B. vom Elternhaus in ein Heim oder von einem Heim in ein anderes Heim). Es gilt zukünftig der Grundsatz "ambulant vor stationär", sodass ein Betreuer einen Betreuten nicht mehr aus bloßer Bequemlichkeit in ein Heim verlegen kann. * Bei der Betreuerhaftung gilt künftig eine Beweislastumkehr zulasten des Betreuers. |
Was weiter neu ist, ist die Planung dass Ehegatten im Krankheits bzw. Krankenhausfall sich in den ersten 3 Monaten gegenseitig vertreten können sollen damit kein Betreuer bestellt werden muss.
|
Zitat:
|
Zitat:
|
Zitat:
Zitat:
Ich habe jetzt nochmal weitergelesen und was mir etwas bitter aufstösst ist der gesamte Duktus in dem Entwurf. Die Erleichterung oder auch Verbesserungen für Angehörige und Ehrenamtler kriege ich letztlich nicht mit meinen Erfahrungen aus dem Alltag zusammen. Es wäre vieleicht spannend auch mal ne Statistik zu haben wie viele BB`s bestellt werden mussten weil die (für meine Begriffe) im Entwurf benannten engen persönlichen Bindungen letztlich doch einen anderen Hintergrund als eben sorgende und wohlwollende Fürsorge hatten. Hierin sehe ich schon eine mögliche Gefährdungssituation für die jeweiligen Betreuten entgegen des erhöhten Selbstbestimmungsrechtes was erreicht werden soll. Meinem Gefühl nach würde ich heute sagen, das ist insofern ein Schuss vor den Bug falls man denkt Betreuungen würden ewig weiterlaufen. Es ist an der Stelle auch wieder mein Gefühl, wenn ich sage (ich werde das zum Glück nicht mehr miterleben müssen), das ist ein weiterer Schritt in die Richtung Betreuungen gaaaanz langfristig abschaffen zu wollen. Einfaches Beispiel dazu: es wird ausführlich ausgeführt warum ab evtl. demnächst eine Änderung bei der Wortwahl "Wohl" des Betreuten getroffen werden sollte. Der Schwerpunkt habe bei (den BB`s) auf dem Wort "Wunsch" zu liegen. Wenn ich das bis jetzt richtig verstanden habe wäre der neue Orientierungspunkt nicht mehr das objektive Wohl. Dazu aber gleichzeitig, wenn es um die Wünsche bei einer Betreuerbestellung ginge, habe auch der ausdrückliche Wunsch eines (vermögenden) Betreuten nach einem BB keinen Vorrang vor einem Ehrenamtler. Mir ist nicht klar warum? An den Kosten kann es schliesslich nicht liegen aber jetzt geht auf einmal der Wunsch dann doch nicht soweit. |
Erst mal besten Dank an Pilchemu für die Zusammenstellung oben. Wollte schon mit dem Gleichen beginnen; jetzt kann ich mich auf die Ausnahme/Übergangsregeln beschränken.
Michaela: das mit dem Wunschvorrang war eigentlich schon seit 1992 beabsichtigt, nur nicht deutlich genug im Gesetz ausgedrückt (so die Vertreter des BMJ in der Reformarbeitsgruppe). Wird aber seit 2009 in der Gesundheitssorge an § 1901a Abs. 1 und 2 BGB deutlich. Da gibts keine „Wohlschranke“ mehr. In der Vermögenssorge hat der BGH den Wunschvorrang schon 2009 verdeutlicht: https://lexetius.com/2009,2038 Das mit einer Befristung der Betreuung gabs auch schon „immer“. Kann man an den Entwürfen des ursprünglichen Betreuungsgesetzes sehen. Es soll also nur das bekräftigt werden, was man schon vor 30 Jahren wollte. Jedenfalls was diese Punkte betrifft. Die Sache mit der Betonung und dem Vorrang des Ehrenamtes kommt von der Seite der Länder, die Panik haben, dass es viel teurer wird, wenns (fast) keine ehrenamtlichen Betreuungen mehr gibt. Daher auch der Plan zum Ehegattenvertretungsrecht. |
Zitat:
Zitat:
Auch hier kommt es mit Sicherheit darauf an ob damit nicht öfter als gedacht/gewünscht der Bock zum Gärtner gemacht wird. |
Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 17:48 Uhr. |
Powered by vBulletin® Version 3.8.11 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.