Dies ist ein Beitrag zum Thema wahnhafte Betreute in der eigenen Wohnung im Unterforum Situation der Betreuer/innen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Hallo an alle Betreuer,
ich bräuchte etwas Rat in einer neuen Betreuungsangelegenheit.
Seit 3 Wochen betreue ich eine junge Frau, ...
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05.01.2021, 12:48 | #1 |
Einsteiger
Registriert seit: 12.09.2016
Beiträge: 20
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wahnhafte Betreute in der eigenen Wohnung
Hallo an alle Betreuer,
ich bräuchte etwas Rat in einer neuen Betreuungsangelegenheit. Seit 3 Wochen betreue ich eine junge Frau, welche seit dem Sommer in einer Neubauwohnung lebt. Aufgrund der massiven Auffälligkeiten wurde durch den Vermieter eine Betreuung angeregt und dabei festgestellt, dass bereits eine Betreuung besteht, durch die große Distanz jedoch ein Betreuerwechsel notwendig ist. Frau X wohnte wohl früher in einem Die Betreute Frau X war in den letzten Monaten massiv auffällig, sie beschimpfte Passanten und Nachbarn, beschimpft die Menschen um sich herum, riss wohl auch Blumen (mit Wurzeln) aus dem Vorgarten einer Arztpraxis, man hat wohl Originalzeugnisse von ihr zerrissen in der Mülltonne gefunden. Sie schreit nachts über längere Phasen wütend in ihrer Wohnung und knallt dann fortwährend mit den Türen. Insgesamt ist sie in Gesprächen sehr wahnhaft. Im November wurde sie durch den Notarzt, der von den Nachbarn gerufen wurde, in die Psychiatrie eingewiesen, kurze Zeit später jedoch wieder entlassen. Anschließend gingen die Auffälligkeiten jedoch weiter. Nun trat der Vermieter an mich heran, dass ich als Betreuerin doch aktiv werden müsste, die Nachbarn lassen das nicht mehr mit sich machen. Frau X ist mit der Betreuung nicht ganz einverstanden, sie ist der Meinung, ihre Angelegenheiten selbst erledigen zu können. Es ist also zunächst schwierig, an alle Informationen zu kommen und eine Strategie zu erarbeiten. Meine Aufgabenkreise sind: Gesundheitssorge, Vermögenssorge,Wohnungsangelegenheiten und Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten. Habt ihr Ideen, wie ich als Betreuerin hier aktiv werden kann, wenn die Betreute selbst alle Hilfen ablehnt? lieben Dank im Vorraus für eure Antworten! lg davi |
05.01.2021, 14:57 | #2 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 11.03.2019
Ort: BaWü
Beiträge: 192
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Was steht denn im Betreuungsgutachten drin über ihre Krankheit und wieso wurde sie aus der Psychiatrie wieder entlassen? Gibt es einen Entlassbrief?
Hat sie jemals sich oder andere gefährdet? |
05.01.2021, 18:37 | #3 | ||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Neben allem anderen:
Zitat:
Bei Belästigungen und Störungen müssen diese selbst die Polizei rufen. Bevor du versuchst Strategien zu erarbeiten würde ich erst mal einige Wochen damit zubringen mir selbst ein Bild von der Frau zu machen. Das ist oft besser wie das Studium der Akten oder sich auf Hören-Sagen zu verlassen. Total dringenden und sofortigen Handlungsbedarf kann ich in deiner Schilderung zunächst nicht erkennen. Erzähle ihr nach einiger Zeit von den Störungen die sie verursacht und frage sei was ihr dagegen unternehmen könntet dass sie die Wohnung nicht verliert? Vielleicht hat sie ja irgendwelche Ideen oder entwickelt dadurch ein kleines Bewusstsein für das Problem. Könnte sein, muss aber nicht. Hängt vom Ausmass der Krankheit ab. Zitat:
Welche waren das? Gleichzeitig besorgst du dir den Klinikbericht und meldest dich bei allen in Frage kommenden Stellen als Neu-Verantwortlicher. Nach weiteren 3 Wochen der Erforschung und Erkundung bist du mit Sicherheit in deinen Erkenntnissen über die Frau etwas weiter und erst dann macht es Sinn zu versuchen Handlungsstrategien für sie/evtl. auch mit ihr zu entwickeln.
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diese kommunikation wurde im rahmen der überwachungsgesetze auf ihre kosten dauerhaft gespeichert und wird jederzeit weltweit gegen sie verwendet werden. danke für ihre kooperation. |
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05.01.2021, 19:01 | #4 |
Stammgast
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: NRW
Beiträge: 662
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Abwarten und Tee trinken...
Hallo Davienne,
bin da bei Michaela Mohr, kein dringender Handlungsbedarf durch den gesetzl. Betreuer erkennbar. Wie sieht es mit einem ABW aus, geht die Betreute zum Hausarzt oder Psychiater, ist eine kurzfristige medikamentöse Einstellung möglich? Insgesamt hört sich das Krankheitsbild in der Ferndiagnose nach einer paranoid-schizophrenen Störung, kurz vor einer weiteren Entgleisung, an. Schäden von anderen abzuwenden, also etwa durch eine Einweisung zur Gefahrenabwehr, ist grundsätzlich öffentlich-rechtlich möglich. Du müsstest dazu an die zuständige Ordnungsbehörde herantreten, die den Sachverhalt ggf. prüfen würde. Allerdings ist die Notwendigkeit dafür zunächst nicht so eindeutig Deinen Schilderungen zu entnehmen. Und außerdem könnten das die Nachbarn oder der Vermieter in der Akutsituation auch selbständig anregen. Ich wäre wohl, wie auch Michaela Mohr meinte, zunächst zurückhaltend, sofern nicht weiter ausufernd...Der geschilderte Fall kommt mir schon recht bekannt vor - eigentlich ja Standard. Oft meint man ja handeln zu müssen, schließlich werden fremde Sachen beschädigt, gar Straftaten ggü. Nachbarn usw. begangen. Gerade Vermieter wollen immer möglichst schnell Ruhe haben und fordern Handeln des Betreuers ein. Die Betreuung dient aber ja vor allem dem Eigenschutz des Betreuten. Und sich selbst gefährdet die Betreute hier ja nicht. Es gibt allerdings Ansichten, die meinen, dass ein Schutz des Betreuten vor der fortgesetzten Begehung von durch ihn selbst begangene Straftaten z. N. anderer aus dem Betreuungsrecht heraus möglich (und notwendig) sein soll. Schließlich schütze man den Betreuten so (bspw. durch eine Unterbringung) vor repressiven Maßnahmen, dem Aufbau einer Strafakte, Ansprüchen Dritter usw. Weitgehend werden diese Ansichten jedoch abgelehnt; dies entspricht grds. auch meiner Meinung. Grüße Florian |
07.01.2021, 08:25 | #5 |
Einsteiger
Registriert seit: 12.09.2016
Beiträge: 20
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vielen Dank für eure Antworten,
ich erkenne eine Bestätigung meiner eigenen Argumente gegenüber dem Vermieter. Ich habe ihm ebenfalls geraten, bei Beschwerden die Nachbarn darüber zu informieren, dass bei sehr starken Entgleisungen und damit verbundenen Gefahren oder hochgradigen Belästigungen mit ggf. körperlichen Aggressionen jeder selbst den Notarzt, mit dem Hinweis auf eine psychische Erkrankung und ggf. dem Hinweis auf Selbst- oder Fremdgefährdung, rufen kann. Insgesamt kann die Betreute an ihrem Verhalten nichts falsches finden, schätzt sich selbst grundsätzlich anders ein und wehrt sich nur, wenn sie bedroht wird. sie "weiß" was die anderen alles Böses denken und tun und daher ist ihre Handlung in ihren Augen völlig normal bzw. leugnet sie ihre Handlungen oder besteht darauf, dass es noch eine gleiche Person mit gleichem Namen gibt etc. Ja, das ist mir auch von anderen Betreuten mit gleichem Krankheitsbild bekannt, aber ein großer Teil dieser Betreuten befindet sich bereits in einem Wohnheim, so dass einige Hilfen und Strukturen bereits vorhanden sind. Da können Akutphasen besser aufgefangen werden, als in einer Wohnung. Den Entlassungsbericht aus der psychiatrischen Klinik habe ich jetzt erhalten. Hier steht eine deutliche Stabilisierung der Psyche durch die Medikamenteneinnahme. Allerdings kann die Regelmäßige Medi-Einnahme ja leider nicht sichergestellt werden, oder fallen euch da Möglichkeiten ein? Im Entlassungsbrief steht die Empfehlung zu einer APP (Ambulant psychiatrischen Pflege) das werde ich weiter verfolgen. Vielen Dank für die Gedankenansätze und Unterstützung lg davi |
07.01.2021, 08:30 | #6 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 21.04.2017
Ort: bei Heidelberg
Beiträge: 239
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Hallo,
Mir fallen 2 Möglichkeiten ein eine Medikamenteneinnahme sicher zu stellen. Das eine ist eine depot Spritze. Das andere ist Medikamentengabe durch einen Pflegedienst das kann der Hausarzt verordnen. Freundliche Grüße Ela |
07.01.2021, 08:35 | #7 |
Einsteiger
Registriert seit: 12.09.2016
Beiträge: 20
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ja, über eine Medikamentengabe durch den Pflegedienst hatte ich auch nachgedacht, diesen Gedanken jedoch wieder verworfen, da die Betreute ständig unterwegs ist und abgesprochene Zeiten nicht einhält.
Nichtsdestotrotz, ist es einen Versuch wert. Eine Depotspritze wäre da natürlich sinnvoller, wenn sie selbst zustimmt.. ich werde beide Möglichkeiten weiterverfolgen und mit ihr besprechen. |
07.01.2021, 09:00 | #8 |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
Beiträge: 14,097
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Pflegedienst Medi Vergabe funktioniert in der Regel nur bei "braven" Klienten. Es wrd ausserdem sehr auf die Einhaltung der Arbeitszeiten geachtet. Bei Medigabe sind das höchstens 5 Minuten. Überzeugungsarbeit kann nicht geleitetet werden.
Das wäre in deinem Fall also eher schlecht. Eine andere Möglichkeit besteht im Betreuten Wohnen für psychisch/seelisch Erkrankte. Die Mitarbeiter dort sind etwas flexibler und könnten z.B. Arztbesuche verbindlich begleiten. Evtl. auch die Gesamtsituation etwas entschärfen und dich entlasten.
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09.03.2021, 18:15 | #9 |
Einsteiger
Registriert seit: 06.03.2021
Beiträge: 23
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Ahoi ... und, wie geht es der Betreuten aktuell? Welche "Maßnahmen" konnten, wenn, installiert werden? Danke ... und Grüße!
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10.03.2021, 11:53 | #10 |
Einsteiger
Registriert seit: 12.09.2016
Beiträge: 20
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Hallo,
leider ist der aktuelle Weg lediglich ein Weg, den Schaden zu minimieren. Nach einer Abmahnung aufgrund massiver nächtlicher Lärmbelästigungen und einer fristlosen Kündigung u.a. auch, weil Müll und Geschirr vom Balkon geworfen wurde, befindet sich die Betreute aktuell bei ihrer Mutter. Nach wie vor lehnt die Betreute alle Impulse von mir ab, beispielsweise Gespräche über die Erkrankung, Verhalten in der Wohnung (Hausordnung) Einnahme Medikamente, Umgang mit Abmahnung und fristloser Kündigung etc. Die Betreute ist nicht krankheitseinsichtig und verweigert die ärztliche Behandlung. lg davi |
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