Dies ist ein Beitrag zum Thema Reformeinzelheiten im Unterforum Situation der Betreuer/innen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Folgenden Gedanken/Antrag würde ich hier gerne mal zur Diskussion stellen da ich an dieser Stelle selbst auch eine Art von ...
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06.03.2021, 09:21 | #1 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Beiträge: 14,097
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Reformeinzelheiten
Folgenden Gedanken/Antrag würde ich hier gerne mal zur Diskussion stellen da ich an dieser Stelle selbst auch eine Art von Unsicherheit verspüre.
Zitat:
Ich benenne dazu mal die Gedanken die mir dabei durch den Kopf gehen, z.B. die Schädigung des Vermögens. Betreuter leidet an einer psychischen Erkrankung und rafft einfach nicht, dass sein Geld sinnlos verschwinden wird wenn er so weitermachen kann. Er selbst hat eine absolut andere Lebenseinstellung die er sich nur aufgrund seines derzeit jüngeren Lebensalters leisten kann. "Zukunft" besteht für ihn höchstens aus den nächsten zwei Jahren, da sichert er sich damit ab die Miete und die KV Beiträge vorauszuzahlen. Der Rest der Jahre die noch zurückgelegt werden müssen ist für ihn scheinbar ein Buch mit 7 Siegeln. Von diesen Kandidaten habe ich im Moment zwei. Zum Einen machen solche Persönlichkeiten die (geregelte) Arbeit ungeheuer schwierig. Verständigung über strittige Fragen und Anforderungen werden schon fast grundsätzlich mit Verweigerung und Ignoranz beantwortet. Ansonsten herrscht Friede, Freude, Eierkuchen- hauptsächlich wenn der Betreuer einige Dinge umstellt die zunächst den Betreuten nicht gross tangieren aber die für "Ordnung" und den Überblick sorgen. Da wird nett zusammen geplaudert und der Widerspruch als solcher weg-ignoriert. Bei der nächsten ist es noch krasser. Solange sie selbst mit ihrer Situation zufrieden ist, ist ihr der Rest egal. Da stehe ich mittlerweilen vor dem Problem demnächst einen "Zwangsumzug" durchführen zu müssen. Ehemals eigene Wohnung unbrauchtbar gemacht und gekündigt. Einweiung der Stadt in ein Hotel dankbar angenommen. Behandlung - wenn man reine Gespräche so nennen will-abgebrochen. Beide sind gegen ihren Willen betreut und nach knapp drei Jahren Plackerei frage ich mich ob das wirklich noch o.k. ist? Das Argument "unbetreubar" zieht nicht, es geht ja. Aber nur mit Druck in manchen Situationen, unsichtbarer ständiger Aufsicht und wirklich einer Menge an Arbeit und Nerven. Ab und an denke, lass doch einfach laufen und jeden in sein (scheinbar) selbstgewähltes Unglück rennen. Was wäre dann? Es gäbe mit der Zeit immer mehr Auffälligkeiten, das Leben auf der Strasse, Polizei und Psychiatrie (die dann auch noch ohne KV). Learning by doing ist nicht zu erwarten wegen der verqueren Gedankenwelt in der beide sich immer noch aufhalten. Im Ergebnis also zwei weitere Durchgeknallte um die sich keiner kümmert. Wäre das gesellschaftlich zu verantworten oder wird auch bei solchen "Plänen" und Vorschlägen hier nur genauso kurz gedacht wie bei der oben geschilderten Entwurfsidee?
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06.03.2021, 17:58 | #2 |
Forums-Geselle
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Hallo Michaela,
in der Stellungnahme der Monitoringstelle vom Dt. Institut für Menschenrechte heißt es dazu: "In der UN-Behindertenrechtskonvention ist verankert, dass die betroffene Person das Recht hat, Unterstützung abzulehnen und das Unterstützungsverhältnis jederzeit zu beenden oder zu ändern.2 § 1814 Absatz 2 BGB-E wird diesen menschenrechtlichen Vorgaben nicht gerecht. (..) Die Rechtsprechung grenzt den freien Willen und den natürlichen Willen voneinander ab. Während der freie Wille stets zu achten ist, kann ein_e Betreuer_in gegen den natürlichen Willen bestellt werden, wenn die betroffene Person nach Auffassung des Gerichts nicht einsichtsfähig beziehungsweise unfähig ist, nach dieser Einsicht zu handeln. Im Gegensatz dazu stehen die Vorgaben aus der UN-BRK. Der Wortlaut von Artikel 12 UN-BRK lässt keine Differenzierung zu, der zufolge eine Einschränkung aufgrund der Form oder des Grads der Beeinträchtigung oder wegen einer krankheitsbedingten Nichteinsichtsfähigkeit zulässig wäre." Nachzulesen unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Geset...cationFile&v=2 Mir geht es wie dir - ich frage mich auch immer, ok, und wie soll das in der Praxis laufen? Ich denke da an noch krassere Fälle als die von dir geschilderten, die mir schon begegnet sind: Mancher Mensch verelendet völlig, wie in Tier in seinen eigenen Exkrementen hausend. Die UN-BRK fordert andererseits auch Schutz für behinderte Menschen. Für mich geht das auch nicht wirklich zusammen. Ein soo schlauer Fuchs bin ich offenbar nicht.. |
06.03.2021, 21:13 | #3 |
Admin/Berufsbetreuer
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Moin moin
Solche Betreute habe ich auch und ich gehe davon aus, dass wohl jeder BB solche Kundschaft hat und damit klar kommen darf. Aber das ist unser Job. Und das ist auch gut so. sollten diese Menschen sonst (über)eben? Insbesondere, wenn man sich die Vorstellungen der UN-BRK oder der WHO zu menschenwürdigen Lebensverhältnissen oder Gesundheit anschaut. Manchmal habe ich das Gefühl, dass in der UN-BRK Menschen das Sagen haben, die entweder keine gesundheitlichen Einschränkungen - im Sinne von Behinderungen - haben oder schlimmstenfalls Arm-ab oder Bein-ab. Ich gehe nicht davon aus, dass unter den Platzhirschen der UN-BRK auch Menschen mit psychischen Erkrankungen oder geistiger Behinderung zu finden sind. Größenwahnsinnige vielleicht oder welche mit einer hochgradigen Selbstüberschätzung. Die Lebenspraxis und die Lebens-Probleme unserer Klientel scheint m.E. dort nicht besonders geläufig zu sein. Das BTHG ist schließlich auch eine Antwort auf Forderungen der UN-BRK und sicherlich für absolut jede*n anspruchsberechtigte*n vollkommen einfach zu verstehen und durchzusetzen... Etwas Gutes zu wollen ist sicherlich nicht gleichzusetzen mit etwas Gutes zu machen. Dafür sollte man auch wenigstens Gutes können. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
07.03.2021, 09:54 | #4 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
Registriert seit: 22.08.2005
Ort: Darmstadt
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Zitat:
In der RUB läuft gleichzeitig eine Diskussion über die sog. "anderen Hilfen" wo ich leider haargenau dasselbe Gefühl entwickele. Das BeWo soll zuständig sein für Antragsstellungen und somit eine Andere Hilfe darstellen die Betreuung entbehrlich machte. Nette Idee wenn man sich die Unmöglichkeiten und die Vernachlässigungen dabei übersieht. Das BeWo wird schlagartig vom Markt verschwinden wenn unter denselben Haftungsbedingungen wie bei gesetzlichen Betreuungen gearbeitet werden müsste. Nur als Beispiel. Bei mir hinterlässt das regelrecht das Gefühl in einer Art von Paralellwelt zu arbeiten die sich immer weiter nach "unten" verlagert. Um die vorhandenen realen Bedürfnisse der Betroffenen scheint es wirklich nicht mehr zu gehen.
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07.03.2021, 20:04 | #5 | |
Forums-Geselle
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Zitat:
das ist nicht nur eine nette Idee, sondern funktioniert bei Geschäftsfähigen in der Regel sehr gut, wenn das BeWo seinen Job versteht. Was für Unmöglichkeiten und Vernachlässigungen meinst du? |
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08.03.2021, 08:00 | #6 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Zitat:
Als Gründe dagegen werden genannt: 1. Unkenntnis der Rechtslage. Ab und an muss ich einigen BeWo`s noch den Unterschied zwischen ALGII und SGB XII erklären. 2. der Datenschutz, was ich in dem Fall sogar halbwegs nachvollziehen kann bei der Überlegung dem BeWo die gesamte Vermögenslage zu eröffnen. 3. die unentwegte Festsellung das "dürfe" man nicht, das sei Betreuersache. Was ich höchstes erreiche ist die reine Begleitung auf`s Amt in kritischen Situationen. Mit Unmöglichkeit und Vernachlässigung meine ich z.B. meine Haftung. Auch, dass diese bei Abgabefristen z.B. eintritt wenn der BeWo Mitarbeiter krank ist, Home office wgen fehlender Kinderbetreuung usw. macht, also nicht pünktlich vor Ort ist usw. usw. Bei uns darf das BeWo z.B. (angeblich) nicht per Mail kommunzieren, also fällt diese Möglichkeit zur Absicherung auch weg. Ich bin total irritiert, dass das woanders funktionieren sollte. Kann es sein, das wir aneinander vorbeireden? Ich kenne hier auch keinen anderen der es geschafft hätte oder auf die Idee gekommen wäre die Antagstellung für .....an das BeWo zu delegieren. Irgendwie stehe ich gerade komplett auf dem Schlauch. Was die Geschäftsfähigkeit betrifft...... gerade letzte Woche hat eine Betreute das gesamte BTHG Geld abgeräumt. Begründung: steht im BTHG das jeder den Anspruch auf die volle GruSi Summe von 400 und ebbes hat. Die Betreute ist geschäftsfähig. Nachfrage beim BeWo wo das herkommen könnte. Antwort: ich dachte, das sei jetzt so. Mehr weiss ich auch nicht.
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08.03.2021, 10:51 | #7 | |
Moderator
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Zitat:
Aber dafür muß man halt wissen, was und bei wem beansprucht werden kann. Wem schon der Unterschied SGB II/XIi nicht klar ist, wird wohl auch kaum den Rest kennen/können. Das eigentliche Problem werden die Mitwirkungspflichten sein, wenn Auskünfte eingeholt und Unterlagen von dritter Stelle neu beschafft werden müssen, dann muss man mit anderen Behörden, Banken oder Ärzten telefonieren oder diesen schreiben, das erfordert neben einer gewissen Routine ja auch eine adäquate Antwort auf die Rückfrage nach Vollmacht, Datenschutz und Schweigepflichtsentbindung. Ich sehe es so wie Michaela: ABW bestenfalls geeignet für persönliche Begleitung zu Terminen (was ja auch nicht unwichtig ist). Wenns positive Ausnahmen von der Regel gibt, umso besser.
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
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08.03.2021, 14:09 | #8 |
Forums-Geselle
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Ich habe es so verstanden, dass nicht der Anbieter nach § 106 SGB IX die Antragsstellung, Beratung usw übernehmen soll,
sondern die Behörde als Kostenträger. Das Ambulant Betreute Wohnen soll/ kann den Betreuten höchstens anleiten die notwendigen Schritte zur Leistungsbeantragung selbst zu vollziehen, im Sinne von Verselbstständigung. Hinsichtlich der Haftungsfrage stimme ich den Bedenken von Michaela zu! Bewo KANN unterstützend die Antragstellung beim Betreuten pädagogisch begleiten, eine Rechtspflicht besteht jedoch meiner Kenntnis nach hierzu nicht. |
08.03.2021, 14:25 | #9 |
Forums-Geselle
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Hallo,
tja, dann lebe ich wohl auf der Insel der Seeligen und mache heute Abend drei Kreuze. Was BeWos / Pers. Budget leisten soll, hat unser Bezirk hier festgehalten: https://www.bay-bezirke.de/data/down...ungshilfen.pdf Wenn ihr da jetzt unter Punkt 2 schaut, sticht folgendes heraus: - im Umgang mit Geld - bei Post- und Behördenangelegenheiten - Klärung von Ansprüchen (z.B. Wohngeld etc.) - beim Erhalt des Wohnraums bzw. bei der Wohnraumsuche Wenn ein BeWo-Anbieter mault oder eine Betreuung anregt, soll er mir erstmal erklären, warum er das nicht leisten kann. Meist wird der dann schnell kleinlaut. Wenn also der Betr. Post bekommt, kann / soll der diese mit dem BeWo-Betreuer besprechen, gemeinsam schauen, worum es geht, muss man einen Termin machen, ein Formular ausfüllen, Kontoauszüge zusenden etc. Was er offenbart, liegt beim Betroffenen, ebenso, wie viel Hilfe er in Anspruch nehmen will. Das BeWo haftet freilich nicht. Wenn der Bet. GESCHÄFTSFÄHIG ist, meint das, dass er grundsätzlich seine Geschäfte selbst zu führen im Stande ist, vielleicht nicht jeden Tag gleich gut, wie jeder andere auch. Und dann ist eine andere Hilfe im Normalfall ausreichend. Ich sage ja nicht, dass JEDE Betreuung durch eine andere Hilfe ersetzt werden kann. Viele bei ausreichendem Angebot anderer Hilfen eben schon. Schließlich kriegen die BeWos Fachleistungsstunden, davon können Betreuer nur träumen. Also sollen sie auch was tun für ihr Geld, nicht bloß "Kaffee trinken", um mal ein Sozialarbeiter-Klischee zu bedienen. |
08.03.2021, 16:17 | #10 | |
Moderator
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