Als Betreuerin kurz vor dem Kollaps

[K.Wagner]

Eigentlich ist schon alles gesagt:
Schütz dich selbst, es wird kein anderer tun.

Zitat von Silke77

Die Mutter versucht mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln ihren Willen durchzusetzen, u.a. auch, wieder Betreuerin zu werden. Problem ist, dass die Tochter zwar mega genervt ist, sich aber nicht wehren kann und im letzten Moment regelmäßig zurückrudert. So scheiterte zB schon ein Umzug.

Dann geht nur ein "Hauruck-Umzug". Ok einholen von der Betreuten (auch für das folgende Verfahren), alles organisieren und dann mit der Spedition irgendwann vor der Tür stehen. Ergo: Keine Zeit für querschießen.
Oder es gibt eben keinen Umzug.

Zitat von Silke77

Sie setzt "Ultimaten". Einmal soll man 1.000€ bringen, dann 15.000, dann wieder andere Beträge. Sie hat bereits Unterschriften der Tochter gefälscht, ist wegen Verleumdung der früheren Betreuerin verurteilt worden und gegen sie läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Freiheitsberaubung an der Tochter. Es interessiert sie nicht.

Die Idee mit den "Giftmüll" als Email-Ordner fand ich prima. Alternative: Komplett blocken. Du bist nicht verpflichtet, mit dieser Person zu kommunizieren.

Zitat von Silke77

Die Mutter schickt täglich zig E-Mails mit immer wieder den gleichen Verleumdungen. Diese Mails gehen an alle möglichen Behörden, Gerichte, Anwaltskanzleien etc. Ihre Telefonnummer habe ich bereits blockiert. Dies führt dazu, dass ich täglich von verschiedenen Stellen angerufen werde, weil man dort wissen will, was los ist. Oder kurz gesagt, ich bin derzeit den halben Tag nur mit dieser Betreuung beschäftigt.

Stereotyp antworten, dass Du nicht die Betreuerin der Mutter bist und zu ihren Eingaben trotz allem Verständnis für die Nachfrage keinerlei Kommentar abgeben wirst. Beschwerden könne man an das Betreuungsgericht senden. (Als Spickzettel neben dem Telefon und als Textbaustein im Emailprogramm). Alles weitere ignorieren

Zitat von Silke77

Wer schützt eigentlich uns Betreuer?

Wir selbst

Zitat von Silke77

Ehrlich, ich stehe kurz vor dem BurnOut.

Kann ich GUT verstehen.
Nimm dir einen Tag (oder mehr) frei und bürste dir den Schmutz von der Seele. Warne ggf. deine Vertretung vor ;-)
Geh einen Tag nicht ans Telefon und kümmere dich NUR um andere Betreute. Der beste Zeitpunkt um seinen Schreibtisch aufzuräumen ist dann, wenn der Schreibtisch VOLL ist.

Und wenn die Damen dich weiter beleidigt, dann werte das als Kompliment. Dann bist Du in Ihrer Welt wichtig. Anzeigen wegen Verleumdung schließt das natürlich nicht aus.

[Imre Holocher]

Moin moin


Du fragst nach "miese Sau spielen" und paradoxer Intervention.
Das muss nicht immer gleichzeitig sein.



Bei der üblen Mutter meines Betreuten habe ich daran erkannt, wie sie zu knacken ist, dass sie bestimmte Erwartungen an alle anderen Personen hat, die sie mit ihren eigenen Techniken durchzusetzen versucht. Z.B. stehen einem beim Telefonieren die Nackenhaare schon zu berge, bevor sich sich einfach nur mit ihrem Namen gemeldet hat. Da steht man stramm und ist erst mal winzig klein.
Einmal habe ich nicht gleich gemerkt, dass sie am Telefon war, hatte richtig gute Laune und sie entsprechend freudig begrüßt. So im Sinne "Schön, dass sie mich anrufen". Das hat sie völlig aus dem Konzept gebracht und sie hat nur noch gestottert, weil ich nicht sofort geschrumpft bin. Daran ist mir aufgefallen, dass sie sich einfach nur eine Technik angeeignet hat, mit der sie viel Erfolg hatte. Sie war nicht in der Lage ihre Taktik anzupassen, wenn die gewohnte Herangehensweise nicht funktioniert.
Das habe ich mir gemerkt und ausgenutzt.



Bei einem späteren und zufälligen Treffen (Irgendein Tag der offenen Tür) hatte sie sich zu mir gesetzt und erst mal vollgetextet. Dann hat sie gesagt, dass sie es sich zur Lebensaufgebe gemacht hat, ihren Sohn aus dem Heim herauszuholen und in ein Krankenhaus zu bringen, damit er dort gründlich untersucht wird (bis die Krankheit diagnostiziert wird, die sie gerne auch diagnostiziert hätte...). Da habe ich ihr in ganz freundlichem Ton geantwortet, dass ich sie dabei nicht unterstützen könnte. Wenn ich Ihren Sohn nach ihrem Wunsch in das von ihr gewünschte Krankenhaus und dann auch Heim geben würde, dann hätte sie ja nicht nur ihre Ziele erreicht sondern auch keinen Grund mehr weiterzuleben. Das kann ich nicht verantworten.

Danach hatte ich jahrelang Ruhe.


Andere Geschichte:

Eine ältere Betreute (damals noch Betreutes Wohnen) war etwas schlicht und gerade depressiv. Sie will nicht mehr leben. Ich bin mit ihr zum Pastor, ins Cafe für einen Kaffee und Kuchen und nix hat gezogen. Sie war am heulen und völlig aufgelöst. Dann standen wir vor meinem Auto. Ich habe den Schlüssel nicht gleich gefunden und vor mich hingemurmelt, dass wir nicht ins Auto können. Der Schlüssel ist weg. Das hat sie so aus ihren Depressiven Gedanken gerissen, dass sie mir unbedingt helfen wollte, das Auto zu öffnen. Alle Suizidgedanken und Depris waren wie weggeblasen.

Ich wußte wohl, dass sie normalerweise sehr hilfsbereit ist, aber dass ich damit so einen Treffer landen könnte, war mir nicht klar.

Also merken: sowas kann klappen.



Die psychotische Schwester der Betreuten hatte die Wohnung über ihr gehabt. Sie hat immer, wenn sei meinte, dass es der Schwester unten nicht gut geht, mit dem Besen auf Fußboden geklopft. Dann ging es dieser natürlich auch nicht gerade gut. So was nervt ja auch.

Gutes Zureden und strenge Worte haben nicht geholfen.

Dann habe ich die Betreute einen Brief an ihre Schwester schreiben lassen. "Liebe Wilma, gestern hast Du wieder mit dem Besen auf den Boden geklopft. Das war aber kein richtiger Rhythmus. Bei einem Vierer-Rhythmus liegt die Hauptbetonung auf der 1 und die Nebenbetonung auf der 3. Auch ein 3/4 Takt war es nicht, denn da liegt die Betonung nur auf der 1. Das mußt Du noch mal üben. Deine Klara".
Das hat Wilma so aus dem Takt gebracht, dass sie nicht mehr geklopft hat. Sie hat es vorgezogen in eine andere Wohnung 6 Monate später) unzuziehen und dort als ein Engelchen ihren Lebensabend zu verbringen.



Warum soll man immer nur etwas rationales tun, wenn das nicht hilft und etwas "verrücktes" bessere Ergebnisse erzielen kann?
Erst recht, wenn das Ausprobieren schon mit Spaß verbunden ist.

Nur muss man die Menschen recht gut kennen, wenn man das passende finden will.



MfG


Imre

[Silke77]

Danke, Imre, für diese Beispiele.

Es könnte tatsächlich so sein, dass man die Mutter mit "wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben, ist Ihr Lebensziel erfüllt" kriegen kann. Aber ich weiß es nicht. Die Frau ist völlig unberechenbar.

Sie hat nun auch meine Handynummer herausgefunden. Wie auch immer sie das geschafft hat... Seit vorgestern kommen nachts Anrufe...Ich habe mein Handy nachts auf lautlos, aber sowas geht halt nicht. Sie ruft auch nachts im Büro an. Ich weiß nicht, ob sie erwartet, dass dann jemand rangeht.

Ja, die Idee, mich einen Tag pro Woche für 2 Stunden nur auf diese Betreuung zu konzentrieren, hatte ich auch schon. Praktisch wohl kaum umsetzbar. Aber einen Versuch wert.

[Imre Holocher]

Moin moin

Zitat von Silke77

Sie hat nun auch meine Handynummer herausgefunden. Wie auch immer sie das geschafft hat... Seit vorgestern kommen nachts Anrufe...Ich habe mein Handy nachts auf lautlos, aber sowas geht halt nicht. Sie ruft auch nachts im Büro an. Ich weiß nicht, ob sie erwartet, dass dann jemand rangeht.

Smartfones sind derzeit die härtesten Sozialverhandler, die es gibt. Sie versklaven die BesitzerInnen, wo sie nur können. Es liegt aber auch an den BesitzerInnen, ob sie es schaffen...
Nachts ist meins einfach aus.


Du könntest spaßeshalber mal tief nachts zurückrufen und der Frau die Nummer der Telefonseelsorge oder der Akutpsychiatrie geben und dabei überhaupt nicht auf ihr Thema eingehen.

Einfach so, als wärest Du eine Telefonansage...

(Widerrede wird einfach ignoriert) und dann auflegen.



Das kannst Du auch, wenn sie anruft. Jedes mal! Was meinst Du wie lange sie Lust darauf hat, Dich anzurufen...


Wenn in Dir beim Erfinden des Textes klammheimliche Vorfreude auf die Umsetzung aufkommt, bist Du auf dem richtigen Weg.



MfG


Imre

[Frankreichfahrer]

Imre,
ich finde deine Tips einfach toll!
...weil brauchbar und lustig!

[Forenfuchs]

Ich finde es vernünftig, nachts das Handy auszuschalten - bzw. nicht nur nachts, sondern halt Bürozeiten an und danach geht automatisch der AB ran. Die wenigsten können sich so gut abgrenzen, dass es anders funktoniert (auch wenn es hier bestimmt rühmliche Ausnahmen gibt). Für Notfälle gibts schließlich die Kollegen mit dem Blaulicht auf dem Dach..

Mir fällt noch ein: man kann eine Extra-Antwort an Absender bestimmter Mail-Adressen senden. (Ich habe das mal mit schwieriger Kundschaft gemacht, die dann glaubte, die Email-Adresse gäbe es nicht mehr. Meine Antwort sah nämlich aus wie der "Mailer-Daemon".) Das Schöne ist eben, dass das nur die eine Person erhält, andere davon nichts bemerken. Je nach Anbieter geht das unter "Regeln einrichten".

Die Antwort könnte bei dir ja, wie Imre empfohlen hat, auf die Telefonseelsorge etc. verweisen und den Standard-Text haben, dass du nur für die Belange einer Betreuten zuständig bist und daher nicht länger zulässt, dass deine Kommunikationskanäle zugemüllt werden.

[Silke77]

Zitat von Imre Holocher

Du könntest spaßeshalber mal tief nachts zurückrufen und der Frau die Nummer der Telefonseelsorge oder der Akutpsychiatrie geben und dabei überhaupt nicht auf ihr Thema eingehen.

Tatsächlich kam mir der Gedanke auch schon.

[HorstD]

Thema Smartphone abschalten. Das ist aber gar nicht smart. Die Geräte können doch erheblich mehr (jedenfalls die mit dem Apfel, ich vermute aber, auch die mit dem Roboter.)

Bei meinem gibts in den Einstellungen die Funktion „nicht stören“, die man zeitabhängig automatisch aktivieren kann, zB von 20:00 - 8:00. Msn kann auch bestimmte Anrufer (Beim Apfel heißen die Favoriten) dennoch durchkommen lassen, dito wiederholte Anrufe (oder halt auch nicht), sowie automatische Nachrichten an Anrufer.

Bestimmte Nummern ganz sperren ging m.W sogar damals schon mit den nicht smarten Nokias.

[mimi91]

Ja natürlich, man kann den Teilnehmer blockieren oder Auto-Antworten schicken lassen. Das kann bei lernfähigen oder "harmlosen" Menschen wirken.
Aber in einem Fall wie diesem gerät man dann in eine Spirale eines andauernden zermürbenden "Verteidigungsmodus".
Es gilt das alte Sprichwort "Angriff ist die beste Verteidigung".

[Imre Holocher]

Man kann aber auch Strom sparen, weil man in einem Funkloch wohnt und sowieso nachts pennt.